TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/1 W229 2104322-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

01.02.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W229 2104322-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, BNr. XXXX gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 30.10.2013, AZ XXXX, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2008, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 03.04.2008 stellte die Beschwerdeführerin einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2008 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen. Die Beschwerdeführerin ist Bewirtschafterin der Alm mit der BNr. XXXX.

2. Mit Bescheid der AMA vom 30.12.2008, AZ XXXX, wurde der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2008 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 890,50 gewährt. Dabei wurden 15,08 Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche im Ausmaß von 18,67 ha, davon 6,46 ha Almfläche, ein Minimum Fläche/ZA von 15,08 ha, sowie eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 15,08 ha zugrunde gelegt, sodass sich keine Differenzfläche.

3. Mit Bescheid der AMA vom 28.07.2010, AZ XXXX, wurde der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2008 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 890,50 gewährt. Dabei wurden 15,08 Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche im Ausmaß von 18,67 ha, davon 6,46 ha Almfläche, ein Minimum Fläche/ZA von 15,08 ha, sowie eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 15,08 ha zugrunde gelegt, sodass sich keine Differenzfläche ergab. Der Bescheid wurde erlassen, weil sich eine Änderung des Zahlungsansprüche ergeben habe.

4. Am 12.11.2010 fand am Heimbetrieb der Beschwerdeführerin eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der diverse Flächenabweichungen festgestellt wurden. Die Vor-Ort-Kontrolle ergab eine Differenzfläche von 3,66 ha.

5. Am 29.10.2012 fand auf der Alm mit der BNr. XXXX eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der diverse Flächenabweichungen festgestellt wurden. Die Vor-Ort-Kontrolle ergab eine Almfutterfläche von lediglich 5,32 ha.

6. Mit Bescheid der AMA vom 30.10.2013, AZ XXXX, wurde der Bescheid vom 28.07.2010 abgeändert und der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2008 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 819,05 gewährt und der Betrag iHv EUR 71,45 rückgefordert. Dabei wurden 15,08 Zahlungsansprüche, eine beantragte Fläche im Ausmaß von 18,67 ha, davon 6,46 ha Almfläche, ein Minimum Fläche/ZA im Ausmaß von 15,08 ha, sowie eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 13,87 ha, davon 5,32 ha Almfläche, zugrunde gelegt, sodass sich eine Differenzfläche im Ausmaß von 1,21 ha.

Begründend wurde auf die Vor-Ort-Kontrolle vom 12.11.2010 verwiesen bei der Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden seien, weshalb der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt worden sei. Die vierjährige Verjährungsfrist sei bereits verstrichen, weshalb keine (zusätzliche) Sanktion verhängt worden sei.

7. Mit Schreiben vom 12.11.2013 erhob die Beschwerdeführerin Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen den Bescheid vom 30.10.2013 und stellte die Anträge:

1. den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, andernfalls

2. den angefochtenen Bescheid in der Weise abzuändern, dass

a) die Bemessung der Rückzahlung nach Maßgabe ihrer Berufungsgründe erfolge

b) jedenfalls keine Kürzungen und Ausschlüsse verfügt werden

3. auszusprechen, dass die Rückzahlung bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens aufgeschoben sei,

4. jedenfalls ihr sämtliche Prüfberichte der kontrollierten Alm(en) im Rahmen seines Parteiengehörs vorzulegen,

5. einen Augenschein an Ort und Stelle durchzuführen und

6. mit einem eigenen Feststellungsbescheid die Alm-Referenzfläche auszusprechen.

Weiters brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, im Jahr 2012 sei eine Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt worden. Diese Vor-Ort-Kontrolle habe eine Fläche von 5,09 ha festgestellt. Im Zuge der Referenzflächenfeststellung durch die AMA im Frühjahr 2013 sei eine Futterfläche von 5,32 ha festgestellt worden. Dieses Ergebnis sei auch durch die Vor-Ort-Kontrolle 2013 bestätigt worden. Sie habe immer mit besten Wissen und Gewissen sich an die Richtlinien der AMA gehalten. Sie habe sich bei der Antragstellung immer auf die amtlich festgestellten Futterflächen der AMA verlassen. Sie habe sich gemäß § 9 der geltenden Invekos-GIS-VO auf das jeweilige amtliche Ergebnis auch verlassen können, da es weder in der Natur noch in der Bewirtschaftungsänderungen gegeben habe. Es liege ein Irrtum der zuständigen Behörde aufgrund der früheren (unzuverlässigeren) Mess-Methode vor. Die Rückzahlungsverpflichtung sei bereits verjährt.

8. Die Beschwerde wurde gemäß § 14 Abs 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Hinsichtlich der Feststellung des Sachverhalts wird auf die in Punkt I. "Verfahrensgang" gemachten Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und wurden nicht bestritten. Die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht substantiiert bestritten und werden der gerichtlichen Entscheidung daher zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Allgemeines

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels spezieller Bestimmung besteht Einzelrichterzuständigkeit.

Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007, ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.

Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl. Nr. 376/1992, können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die aufgrund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen

Die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21.04.2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003 und (EG) Nr. 73/2009 des Rates sowie mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates, ABl. L 141 vom 30.04.2004, S. 18, im Folgenden VO (EG) 796/2004, lautet auszugsweise:

"Artikel 2

[...]

22. "Ermittelte Fläche": Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten;"

"Artikel 12

Inhalt des Sammelantrags

(1) Der Sammelantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere

a) die Identifizierung des Betriebsinhabers;

b) die betreffenden Beihilferegelungen;

c) die Identifizierung der Zahlungsansprüche entsprechend dem Identifizierungs- und Registrierungssystem gemäß Artikel 7 im Rahmen der Betriebsprämienregelung;

d) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und gegebenenfalls ihre Nutzung mit dem Hinweis, ob die Parzelle bewässert wird;

[...]

f) eine Erklärung des Betriebsinhabers, dass er von den Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen hat."

"Artikel 19

Berichtigung offensichtlicher Irrtümer

Unbeschadet der Artikel 11 bis 18 kann ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt."

"Artikel 22

Rücknahme von Beihilfeanträgen

(1) Ein Beihilfeantrag kann jederzeit schriftlich ganz oder teilweise zurückgenommen werden. [...]

Hat die zuständige Behörde den Betriebsinhaber jedoch bereits auf Unregelmäßigkeiten im Beihilfeantrag hingewiesen oder ihn von ihrer Absicht unterrichtet, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, und werden bei dieser Kontrolle Unregelmäßigkeiten festgestellt, so können die von einer Unregelmäßigkeit betroffenen Teile des Beihilfeantrags nicht zurückgenommen werden.

(2) Rücknahmen nach Absatz 1 versetzen den Antragsteller wieder in die Situation, in der er sich vor Einreichung des betreffenden Antrags oder Antragsteils befand."

"Artikel 23

Allgemeine Grundsätze

(1) Die in dieser Verordnung geregelten Verwaltungskontrollen und Vor-Ort-Kontrollen werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfen und die Anforderungen und Standards für die anderweitigen Verpflichtungen eingehalten wurden."

"Artikel 50

Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen

(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.

(2) Ergibt sich bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt.

(3) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], die im Sammelantrag angegebene Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe, unbeschadet der gemäß den Artikeln 51 und 53 vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.

[...]"

"Artikel 51

Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von Übererklärungen

(1) Liegt bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen, [...], über der gemäß Artikel 50 Absätze 3 und 5 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.

Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt.

Beläuft sich die Differenz auf mehr als 50 %, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal bis zur Höhe des Betrags, der der Differenz zwischen der angegebenen Fläche und der gemäß Artikel 50 Absätze 3 und 5 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche entspricht, von der Beihilfegewährung auszuschließen. [...]"

"Artikel 68

Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse

(1) Die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

(2) Die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet.

Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation."

"Artikel 73

Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge

(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 3 berechneten Zinsen verpflichtet.

[...]

(4) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.

Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist.

(5) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn zwischen dem Tag der Zahlung der Beihilfe und dem Tag, an dem der Begünstigte von der zuständigen Behörde erfahren hat, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt wurde, mehr als zehn Jahre vergangen sind.

Der in Unterabsatz 1 genannte Zeitraum wird jedoch auf vier Jahre verkürzt, wenn der Begünstigte in gutem Glauben gehandelt hat.

(6) Für Beträge, die aufgrund von Kürzungen und Ausschlüssen gemäß den Bestimmungen des Artikels 21 und des Titels IV zurückgezahlt werden müssen, gilt eine Verjährungsfrist von vier Jahren.

(7) Die Absätze 4 und 5 gelten nicht bei Vorschüssen."

3.2.2. Daraus folgt für die eingebrachte Beschwerde:

Im vorliegenden Fall wurden im Hinblick auf das Antragsjahr 2008 Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % bezüglich der betroffenen Alm festgestellt. Sanktionen bzw. Kürzungen und Ausschlüsse wurden im angefochtenen Bescheid nicht verhängt, weil die vierjährige Verjährungsfrist gemäß Art. 73 Abs 6 VO (EG) Nr. 796/2004 bereits verstrichen war. Sämtliches diesbezügliches Vorbringen geht daher ins Leere. Weder legt der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin nämlich ein Verschulden zur Last, noch werden darin Kürzungen und Ausschlüsse verhängt, sondern ordnet dieser eine verschuldensunabhängige Rückforderung der zu viel bezahlten Beihilfebeträge an.

Die Beschwerdeführerin geht in ihrer Beschwerde zudem von einem Irrtum der Behörde aus, weil sich die Messsysteme bzw. Messgenauigkeit geändert hätten. Nach den oben angeführten Rechtsvorschriften ist jedoch nur die tatsächlich genutzte Futterfläche beihilfefähig. Mit Bäumen bestandene Flächen können nur insoweit beantragt werden, als auf ihnen die Nutzung der Futterfläche unter denselben Bedingungen möglich ist wie auf Flächen, die nicht baumbestanden sind. Zur Erleichterung der Berechnung nach diesen beiden Kriterien stellte die AMA im Jahr 2000 einen Leitfaden zur Verfügung, der die Ermittlung der Futterfläche auf Almen erleichtern sollte ("Almleitfaden"). In diesem Leitfaden wurde zur Erleichterung der Feststellung des Überschirmungsgrades, also der unproduktiven Fläche unter Bäumen, eine Abschätzung in Prozentschritten vorgeschlagen. Für die Feststellung der nach Abzug der überschirmten Flächen noch verbleibenden unproduktiven Flächen, wie beispielsweise Geröllflächen, wurde keine spezielle Vorgangsweise vorgeschlagen. Jeder Antragsteller blieb dennoch verpflichtet, nur die beihilfefähigen Flächen zu beantragen (vgl. Pkt. 4 des Almleitfadens). Wenn die Beschwerdeführerin einen Irrtum der Behörde darin erblickt, dass diese unzulängliche Flächenfeststellungssysteme zur Verfügung gestellt hat, übersieht sie, dass die Behörde dem Antragsteller lediglich Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen hat, die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben aber beim Antragsteller verbleiben (VwGH 28.06.2016, 2013/17/0025-16). Es wäre in der Beschwerde konkret darzulegen gewesen, wie sich dieser Umstand auf die falsche Beantragung durch die Beschwerdeführerin ausgewirkt hat.

Die VO (EG) Nr. 796/2004 enthält in Art. 73 Abs. 5 spezielle Verjährungsbestimmungen. Danach gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen nicht, wenn zwischen dem Tag der Zahlung der Beihilfe und dem Tag, an dem der Begünstigte erfahren hat, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt wurde, mehr als 10 Jahre bzw. bei gutem Glauben mehr als 4 Jahre vergangen sind. Da die Beschwerdeführerin über ihre Beteuerung hinaus, sie habe keine bewusst falschen Angaben getätigt und sei sich keiner falschen Angaben bewusst, nicht belegt hat, guten Glaubens gehandelt zu haben, kann der Rückforderung des übersteigenden Betrages nicht Verjährung entgegen gehalten werden. Zudem kann der Rückforderung des übersteigenden Betrages auch deswegen nicht Verjährung entgegen gehalten werden, weil am 12.11.2010 und am 29.10.2010 eine Vor-Ort-Kontrolle durch die AMA erfolgt ist, durch die die Verjährungsfrist somit unterbrochen wurde (vgl. VwGH 2012/17/0198, 29.05.2015).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Vor diesem Hintergrund erübrigt sich ein Eingehen auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zum Beweisantrag, es mögen der Beschwerdeführerin sämtliche Prüfberichte der kontrollierten Alm vorgelegt werden, ist festzustellen, dass sämtliche Daten und Unterlagen, die Grundlage für die Gewährung der Beihilfe darstellen, dem Landwirt oder dem Almobmann als seinem Vertreter online im Rahmen der Internet-Applikation INVEKOS-GIS zur Verfügung stehen, soweit diese nicht ohnehin persönlich zugestellt werden (§ 10 INVEKOS-GIS-Verordnung). Darüber hinaus ist ebenso auf die ungenützte Möglichkeit zur Akteneinsicht zu verweisen.

Zum Begehren mit einem eigenen Feststellungsbescheid, die Alm-Referenzfläche auszusprechen, wird auf die diesbezügliche Rechtsprechung des VwGH verwiesen, wonach weder eine unionsrechtliche noch eine innerstaatliche gesetzliche Grundlage für eine gesonderte Festsetzung der Referenzfläche mittels Feststellungsbescheid besteht (VwGH 10.10.2016, Ra 2014/17/0014).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. eines Lokalaugenscheins konnte abgesehen werden, da das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft und die Tatsachenfeststellungen nicht substantiiert bestritten wurden. Das Gericht konnte so aufgrund des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte (VwGH 20.3.2014, 2013/07/0146). Auch der EuGH setzt offensichtlich voraus, dass die Flächenermittlung im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (INVEKOS) primär auf Basis der vorliegenden Orthofotos zu erfolgen hat (vgl. EuGH Urteil vom 27. Juni 2013, C-93/12 Agrokonsulting).

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter 3.2.2. angeführte umfangreiche Rechtsprechung des VwGH und des EuGH zu den in der Beschwerde angesprochenen Punkten).

Schlagworte

beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit, Bescheidabänderung,
Direktzahlung, einheitliche Betriebsprämie, Feststellungsantrag,
Feststellungsbescheid, Flächenabweichung, Gutgläubigkeit, INVEKOS,
Irrtum, konkrete Darlegung, Konkretisierung, Kontrolle, Kürzung,
Mehrfachantrag-Flächen, Prämienfähigkeit, Prämiengewährung,
Rückforderung, Verjährung, Verjährungsfrist, Verschulden,
Zahlungsansprüche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W229.2104322.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten