TE Vwgh Beschluss 2017/12/19 Ra 2017/06/0219

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2017
beobachten
merken

Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L82002 Bauordnung Kärnten;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §60;
BauO Krnt 1996 §22;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §28 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Dr. Bayjones und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des Gemeindevorstandes der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee in Pörtschach am Wörthersee, vertreten durch Mag. Dr. Karin Kostan, Rechtsanwältin in 9020 Klagenfurt, St. Veiter Straße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 21. August 2017, KLVwG-2513- 2514/47/2015, betreffend Aufhebung eines Bescheides über die Abänderung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: Ing. G F in P, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Peter Gatternig, Mag. Karl Gatternig LLM. in 1010 Wien, Renngasse 9; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 24. September 2010 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Pörtschach (im Folgenden: Bürgermeister) DI (FH) M L. und B G. (im Folgenden: Bauwerber) die Baubewilligung für die Errichtung eines Zweifamilienwohnhauses samt Photovoltaikanlage auf Grundstück Nr. X, KG S, nach Maßgabe näher genannter Projektunterlagen (vom 12. Mai 2010) und unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

2 Mit Eingabe vom 18. Mai 2011 beantragten die Bauwerber die Erteilung der Änderungsbewilligung für in der Baubeschreibung und den Einreichunterlagen näher genannte Änderungen, die im Wesentlichen eine höhenmäßige Änderung des Gebäudes um 23 cm, ein Durchziehen des Balkons im Obergeschoß genauso wie jener des Erdgeschoßes über die volle Gebäudelänge sowie eine Änderung des ursprünglich geplanten Geländes im Bereich "Garten West" umfassten.

3 Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in dem die Bauwerber unter anderem Änderungsprojektunterlagen vorgelegt hatten, erteilte der Bürgermeister mit Bescheid vom 18. Juli 2013 den Bauwerbern die beantragte Baubewilligung für die Abänderung der Baubewilligung vom 24. September 2010.

4 Die gegen diesen Bescheid - unter anderem vom Mitbeteiligten - erhobenen Berufungen wurden mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Pörtschach (im Folgenden: Gemeindevorstand) vom 22. Oktober 2013 unter gleichzeitiger Erteilung einer weiteren Auflage als unbegründet abgewiesen.

5 Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (LVwG) vom 10. Juli 2014 wurden der unter anderem vom Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 22. Oktober 2013 erhobenen, als Beschwerde zu behandelnden Vorstellung stattgegeben, der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 22. Oktober 2013 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an den Gemeindevorstand zurückverwiesen. In seinen Erwägungen hielt das LVwG im Wesentlichen fest, das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholte bautechnische Gutachten sowie die durchgeführte Verhandlung hätten ergeben, dass über die beantragten Änderungen der Baubewilligung vom 24. September 2010 hinausgehend auch eine Lageverschiebung des Gebäudes um 41 cm verbunden sei. Diese Änderung hätten die Bauwerber nicht beantragt. Das im Änderungsprojekt dargelegte Vorhaben lasse sich nicht mit dem bewilligten Vorhaben in Einklang bringen. Weiters sei im Änderungsplan die Terrasse im Dachgeschoß zur Gänze als bewilligter Bestand dargestellt worden. Der Vergleich mit den bewilligten Plänen ergebe, dass dies allerdings nur für Teile dieser Terrasse zutreffe. Im fortgesetzten Verfahren würden die Bauwerber ihre geplanten Änderungen sowohl in der Baubeschreibung als auch im Einreichplan vollständig darzulegen haben. Aufgrund der Änderung der Lage bzw. der Abmessungen des Gebäudes werde sich die Baubehörde damit zu beschäftigen haben, ob damit auch eine Überschreitung der Baulinie verbunden sei.

6 Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 16. September 2015 der Bescheid des Bürgermeisters vom 22. Oktober 2013, mit dem den Bauwerbern die baubehördliche Bewilligung der Abänderung der Baubewilligung vom 24. September 2010, Neubau Büro/Wohnhaus, auf dem Grundstück Nr. X erteilt worden war, bestätigt. Dem Bescheid lagen die Änderungseinreichung und die Baubeschreibung, beide vom 11. Mai 2015, zugrunde.

7 Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde wurde mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses des LVwG vom 21. August 2017 Folge gegeben und der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 16. September 2015 dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Bürgermeisters vom 22. Oktober 2013 aufgehoben wurde. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

8 Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Feststellung des Sachverhaltes führte das LVwG beweiswürdigend aus, die getroffenen Feststellungen stützten sich auf den Verwaltungsakt sowie das durchgeführte Beweisverfahren, wobei darauf hinzuweisen sei, dass die genannten Feststellungen seitens der Parteien nicht in Abrede gestellt worden seien. Insbesondere folge das LVwG den Ausführungen des hochbautechnischen Amtssachverständigen, wobei den für die Entscheidung relevanten Ausführungen des Amtssachverständigen von den Bauwerbern und dem Gemeindevorstand als belangter Behörde vor dem Verwaltungsgericht nicht substantiell entgegengetreten worden seien.

9 In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das LVwG unter anderem fest, Gegenstand des Verfahrens gemäß § 22 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996) sei die Abänderung der ursprünglichen Baubewilligung.

10 Nach der Beurteilung des hochbautechnischen Amtssachverständigen sei das ursprünglich bewilligte Bauvorhaben (Baubewilligung der Bürgermeisterin der Gemeinde Pörtschach am Wörthersee vom 24. September 2010) sowohl lagemäßig als auch höhenmäßig und in der Ausformung der Fassade der Innenwände und der Balkone geändert ausgeführt worden. Das tatsächlich ausgeführte Gebäude sei ca. 40 cm nach Süden verschoben und gegen den Uhrzeigersinn verdreht. Auch die Gebäudehöhe sei um ca. 70 cm erhöht.

11 Die in den Änderungseinreichplänen vom 11. Mai 2015 dargestellten Änderungen bezögen sich hingegen auf den in der Natur ausgeführten Bauzustand und nicht auf den mit Bescheid vom 24. September 2010 bewilligten Zustand. Unter anderem sei auch der in den Einreichplänen dargestellte Rückbau (von bereits ausgeführten Balkonüberständen) über das ursprünglich bewilligte Maß hinausgehend unrichtig dargestellt worden und es müsste richtiger Weise die Änderung aufgrund des ursprünglich bewilligten Planes vom 12. Mai 2010 dargestellt werden.

12 Die gegenständlich vorgenommene Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben sei im vorliegenden Fall deswegen wesentlich, weil die Abänderung auch eine höhenmäßige Änderung des Gebäudes mit sich gebracht habe. Die Höhe des Gebäudes habe sich um ca. 70 cm vergrößert. Das tatsächlich ausgeführte Gebäude sei darüber hinaus ca. 40 cm nach Süden verschoben worden und im Uhrzeigersinn gedreht.

13 Es sei daher vom ursprünglich bewilligten Bauvorhaben in einem Ausmaß abgewichen worden, dass de facto ein neues (anderes) Bauvorhaben zur Ausführung gelangt sei. Eine nachträgliche Baubewilligung könne somit nicht im Rahmen eines Planwechsels erwirkt werden. Es müsse daher um die Bewilligung eines Neubaues angesucht werden (Verweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

14 Auch das Erkenntnis des VwGH vom 3.9.1999, 98/05/0063, sei nicht dazu geeignet, eine anders lautende Entscheidung herbeizuführen, weil diesem Erkenntnis ein anders gelagerter Sachverhalt (Veränderung der Höhe der Gaupen von 70 cm auf 140 cm) zugrunde liege.

15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision des Gemeindevorstandes wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

19 Soweit die Zulässigkeitsbegründung der Revision im Zusammenhang mit der Begründungspflicht des angefochtenen Erkenntnisses einen Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, ist ihr nicht zu folgen. Ungeachtet der ausführlichen Wiedergabe des Verfahrensgeschehens lässt das angefochtene Erkenntnis nicht die Trennung der erforderlichen Begründungselemente (Tatsachenfeststellung, Beweiswürdigung, rechtliche Beurteilung) in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wäre. Ebenso wenig liegt eine solche maßgebliche Beeinträchtigung aufgrund eines Mangels an Klarheit bzw. Übersichtlichkeit der Zusammenfassung im Sinne des § 60 AVG vor (vgl. zu den genannten Anforderungen an Entscheidungen der Verwaltungsgerichte VwGH 21.11.2014, Ra 2014/02/0051, mwN).

20 Ferner wird in der Revision zu ihrer Zulässigkeit ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass das Bauvorhaben nach Maßgabe der beantragten Änderungen im Sinne der Planunterlagen mit Beschreibung der Änderungen vom 21. Juli 2015 genehmigungsfähig sei, also auch bewilligt worden wäre, wenn um Erteilung der Baubewilligung von Anfang an im Sinne der geänderten Planunterlagen angesucht worden wäre. Zu einer Versagung der Baubewilligung allein aufgrund des Umstandes der (geänderten) Gebäudehöhe und der (geänderten) Gebäudelage wäre es nicht gekommen. Das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zum Wortlaut der Bestimmung des § 22 K-BO 1996 und zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die die Erteilung einer Baubewilligung im Rahmen eines Planwechsels nur dann für unzulässig erkläre, wenn im Sinne der beantragten Änderungen ein neues (anderes) Bauvorhaben zur Ausführung gelangen solle. Dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu. Die vom LVwG zur Begründung ins Treffen geführte Verdrehung des Gebäudes um ca. 40 cm nach Süden und die gleichzeitige Vergrößerung der Gebäudehöhe um ca. 70 cm - diesen Änderungen stünden baurechtliche Bestimmungen nicht entgegen -, seien jedenfalls nicht mit einem neuen (anderen) Bauvorhaben gleichzusetzen, welches einer nachträglichen Bewilligung im Rahmen des Planwechselverfahrens nicht zugänglich wäre.

21 In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien keine allgemeinen Kriterien formuliert worden, bei deren Vorliegen von einem neuen (anderen) Bauvorhaben auszugehen wäre. Dass eine Vergrößerung der Bauhöhe und eine Verdrehung bzw. Verschiebung der Gebäudesituierung, obgleich es sich bei diesen Änderungen um genehmigungsfähige Änderungen handle, per se einer Baubewilligung im Rahmen eines Planwechsels im Sinne des § 22 K-BO 1996 bzw. im Sinne gleich oder ähnlich gefasster Bestimmungen der Bauordnungen anderer Bundesländer entgegenstünden, sei bisher vom Verwaltungsgerichtshof nicht judiziert worden.

22 Mit diesem Vorbringen wird schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil im vorliegenden Fall aufgrund des rechtskräftigen, den damals angefochtenen Bescheid des Gemeindevorstandes vom 22. Oktober 2013 aufhebenden und die Angelegenheit zurückverweisenden Beschlusses des LVwG vom 10. Juli 2014 die für das fortgesetzte Verfahren bindende Auffassung des LVwG maßgeblich ist, dass die Änderungsbewilligung gemäß § 22 K-BO jedenfalls nur bezogen auf die ursprüngliche Baubewilligung erteilt werden konnte. Eine Bewilligung einzelner, punktueller Änderungen unter Vorlage von Einreichplänen, die von der ursprünglichen Baubewilligung in weiteren Punkten abweichen, scheidet von vornherein aus.

23 Ein Antrag der Bauwerber auf Änderung der Baubewilligung konnte daher überhaupt nur dann Erfolg haben, wenn die dem Änderungsantrag zugrunde liegenden Einreichpläne die Änderungen gegenüber der ursprünglichen Bewilligung (und nicht gegenüber dem derzeitigen Zustand des Gebäudes) darstellten.

Gegen die mit dem angefochtenen Erkenntnis des LVwG erfolgte Aufhebung der Änderungsbewilligung könnte die Revisionszulässigkeit somit nur dann erfolgreich begründet werden, wenn im Zusammenhang mit der Frage, ob dem Erkenntnis des LVwG vom 10. Juli 2014 Rechnung getragen wurde, eine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt würde. Die allein in der Amtsrevision angesprochene (und auch im angefochtenen Erkenntnis behandelte) Frage, ob bzw. wann ein aliud vorliegt, ist für die gegenständliche Entscheidung nicht maßgeblich.

24 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017060219.L00

Im RIS seit

07.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

16.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten