TE Bvwg Beschluss 2018/1/23 W182 2183518-1

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Veröffentlicht am 23.01.2018
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Entscheidungsdatum

23.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W182 2183518-1/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2017, Zl. 1176863209, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, reiste am 16.12.2017 illegal mit einem gefälschten Pass ins Bundesgebiet ein und wurde bei ihrer Einreise am Flughafen festgenommen.

In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 17.12.2017 zum Gegenstand einer Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. zur Erlassung der Schubhaft gab die BF auf Befragen u.a. an, dass sie im dritten Monat schwanger sei und ihr Gatte mit ihrem anderen Kind in China wohne. Der BF wurden keine Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat zu Kenntnis gebracht.

Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesamtes vom 17.12.2017 wurde der BF gemäß §§ 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen die BF gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG idgF, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG wurde gegen die BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz der BF wurde gemäß bei § 18 Abs. 1 Z 2 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Im Bescheid wurden keine Länderfeststellungen getroffen.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes wurde binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Begründend wurden im Wesentlichen die Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Zur Rechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung wurde unter anderem geltend gemacht, dass keine Refoulement-Prüfung durchgeführt worden sei. So sei die Behörde im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nach § 37 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. I Nr. 51/1991 idgF, verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt, insbesondere zur abschiebungsrelevanten Lage in China zu ermitteln, Feststellungen zu treffen und der BF dazu Parteiengehör zu gewähren. Die Unzulässigkeit eine Abschiebung eines Fremden ergebe sich aus § 50 FPG und sei in jeder Lage des Verfahrens Amts wegen aufzugreifen, das heiße unabhängig davon, ob der Fremde einen entsprechenden Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe (vgl. VwGH 06.09.2010, Zl. 2019/21/0203). Aus dem aktuellsten Länderinformationsblatt der Behörde zu China, ebenso wie aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend jener gehe hervor, dass es notorisch sei, dass China das offizielle Ende seiner umstrittenen Ein-Kind-Politik verkündet habe, jedoch Paare auch jetzt noch ausschließlich mit staatlicher Erlaubnis zwei Kinder bekommen dürften. Dazu wurden entsprechende Textabschnitte aus den Länderinformationsblatt des Bundesamtes zitiert. Dazu wurde weiters ausgeführt, dass dem Bundesamt als Spezialbehörde die genannten Länderberichte bekannt wären und die BF in ihrer Einvernahme angegeben habe, dass ihr Mann mit ihrem anderen Kind in China lebe. Das Bundesamt hätte somit in Anbetracht dieser Länderberichte amtswegig prüfen müssen, ob der BF im Falle einer Abschiebung nach China eine Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK drohe. Den nach den länderkundliche Feststellungen hätte die BF um die Geburt eines Kindes im Vorhinein ansuchen müssen, dies sei im Falle der BF jedoch nicht geschehen. Zudem seien Durchsetzung und Kontrolle der staatlichen Familienplanung immer wieder mit gravierenden Verletzungen der Menschenrechte bis hin zu Zwangsabtreibungen in fortgeschrittenen Schwangerschaftsmonaten verbunden. Oft könnten sich den Länderfeststellungen zufolge die Eltern die Ausgleichs- bzw. Strafzahlungen, welche mitunter das Vielfache des Familieneinkommens betragen würden, nicht leisten. Der BF drohe somit im Fall einer Abschiebung nach China im schlimmsten Fall eine Zwangsabtreibung in fortgeschrittenen Schwangerschaftsmonaten. Eine Zwangssterilisation stelle einen nicht unerheblichen Eingriff in die körperliche Integrität da und sei daher jedenfalls als Verletzung des Art. 2 EMRK sowie als Verletzung des Art. 3 EMRK zu qualifizieren. Die vom Bundesamt erlassene Rückkehrentscheidung verletzte daher das Refoulement-Verbot und sei rechtswidrig. Dazu wurde als Beweis die Einvernahme der BF beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchteil A):

2. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Die BF machte in der Beschwerde ausdrücklich ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen (Art. 3 EMRK) geltend. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um "vertretbare Behauptungen" handelt, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinsichtlich der Situation der BF im Herkunftsland nicht hinreichend geklärt erscheint.

Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu Spruchteil B):

3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W182.2183518.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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