TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/24 W108 2135202-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.2018
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Entscheidungsdatum

24.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W108 2135201-1/13E

W108 2135202-1/12E

W108 2135203-1/11E

W108 2135204-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX , 3. und. 4. vertreten durch 1., alle vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, alle syrische Staatsangehörige, gegen jeweils Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 19.02.2016, 1. Zl. 1093365201/151675459, 2. Zl. 1093365408/151675424, 3. Zl. 1093365800/151675445, 4. Zl. 1081763310/151054055, jeweils wegen Nichtzuerkennung des Asylstatus nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.09.2017 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und 1. XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie 2. XXXX , 3. XXXX und 4. XXXX gemäß § 34 Abs. 2 AsylG iVm § 3 Abs. 1 AsylG der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass 1. XXXX , 2. XXXX ,

3. XXXX und 4. XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Vorbringen:

1. Die beschwerdeführenden Parteien sind syrische Staatsangehörige arabischer Abstammung moslemisch-sunnitischen Glaubens. Sie sind Angehörige einer Familie, und zwar die Mutter (die Erstbeschwerdeführerin) und ihre drei Töchter (die Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen). Die Erstbeschwerdeführerin hat weiters zwei Söhne. Der im Jahr XXXX geborene ältere Sohn der Erstbeschwerdeführerin XXXX stellte am 26.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: Antrag bzw. Asylantrag und AsylG), über den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) dahingehend entschied, dass ihm der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuerkannt wurde. Der jüngere im Jahr XXXX geborene Sohn der Erstbeschwerdeführerin XXXX stellte gemeinsam mit der Viertbeschwerdeführerin am 10.08.2015 ebenfalls jeweils einen Asylantrag, die Erstbeschwerdeführerin stelle mit der Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführerin solche Anträge am 02.11.2015, wobei die Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen in den Zeitpunkten der Asylantragstellung minderjährig und ledig waren und die Zweitbeschwerdeführerin mittlerweile volljährig ist. Die Erstbeschwerdeführerin fungiert bzw. fungierte im Rahmen der Verfahren ihrer Töchter als gesetzliche Vertreterin. Im Verfahren vor der belangten Behörde wurde folgendes Vorbringen erstattet:

Der jüngere Sohn der Erstbeschwerdeführerin gab an, er sei mit seinem älteren Bruder aus Syrien ausgereist, weil er zum Militär der syrischen Regierung hätte müssen. Er werde von der Militärbehörde gesucht. Sein Vater arbeite für das Militär, er teile die Soldaten ein, könne aufgrund dieser Position aber nicht verhindern, dass er zum Militär müsse. Sein Vater und die Familie seien wegen seines Vaters von der "Freien Syrischen Armee" (FSA) bedroht.

Die Erstbeschwerdeführerin gab an, sie habe Syrien illegal verlassen, weil in Syrien Krieg herrsche. Sie sei Sunnitin. Sie seien in Syrien öfters umgezogen. Zuletzt hätten sie sich in einem schiitischen Dorf aufgehalten. Dort habe es keinen Strom und nichts zu essen und zu trinken gegeben. Überall seien Bomben explodiert. In Syrien sei es überall gefährlich, man werde von der Regierung und der FSA verfolgt. Zuerst seien sie in XXXX bedroht worden, dann seien sie zur Schwiegermutter gezogen. Sie sei persönlich nicht bedroht worden, sondern die Kinder. Sie habe Angst um ihre Kinder gehabt, weshalb sie ihre Kinder in die Türkei geschickt habe. Sie sei dann wieder nach XXXX zu ihrem Ehemann gegangen, dort sei es aber auch gefährlich gewesen.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, ihr Vater arbeite bei der Armee und deshalb würden er und ihre Brüder von der FSA bedroht. Die FSA habe auch gedroht, alle Frauen und Mädchen zu vergewaltigen. Deswegen habe ihr Vater sie in die Türkei geschickt. Ihr Haus sei von der FSA übernommen worden.

2. Während die belangte Behörde dem jüngeren Sohn der Erstbeschwerdeführerin mit Bescheid vom 19.02.2015 ebenfalls den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuerkannte, wobei sie davon ausging, dass das syrische Regime gewollt hätte, dass er ins Militär einrücke, und er, um dies zu vermeiden, illegal aus Syrien ausgereist sei, wies sie mit dem nunmehr angefochtenen Bescheiden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (jeweils Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieser Bescheide wurde den beschwerdeführenden Parteien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihnen unter Spruchpunkt III. dieser Bescheide gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

In dem die Erstbeschwerdeführerin betreffenden Bescheid führte die belangte Behörde begründend aus, dass die Erstbeschwerdeführerin angegeben habe, zu befürchten, als Angehörige ihres Ehemannes vergewaltigt zu werden, weil ihr Ehemann gesucht und verfolgt werde. Der Ehemann lebe aber nach wie vor in Syrien und gehe seiner Arbeit beim Militär nach, was bei der angegebenen Bedrohung nicht denkbar sei. Es sei kaum davon auszugehen, dass der Ehemann, der das Ziel der Drohungen der FSA sei, in Syrien verbleibe, wenn die Bedrohung so gravierend sei wie vorgebracht. Die Erstbeschwerdeführerin habe keine persönliche Bedrohung oder Verfolgung vorgebracht und keine Bedrohung durch den syrischen Staat zu befürchten, da die Erstbeschwerdeführerin selbst angegeben habe, niemals Probleme mit staatlichen Institutionen gehabt zu haben und ihr Ehemann im Staatsdienst tätig sei.

3. Gegen Spruchpunkt I. der Bescheide (Versagung des Asylstatus) richtet sich die fristgerecht eingebrachten Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.

4. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerden samt den bezughabenden Akten der Verwaltungsverfahren dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Am 25.09.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache der beschwerdeführenden Parteien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher sich die beschwerdeführenden Parteien persönlich beteiligten.

Die Erstbeschwerdeführerin sagte u.a. aus, die Familie werde wegen ihres Ehemannes, bei dem es sich um einen Anhänger des Regimes und um einen Militärangehörigen (Oberst) handle, von der Opposition gesucht. Ihr Bruder sei im Jahr 2013 in XXXX wegen ihres Ehemannes bzw. weil sie ihren Bruder als Frau eines Militärangehörigen besucht habe, angehalten und gefoltert worden. Sie habe mit ihrem Ehemann und den Kindern in einer Wohnung im Zentrum von XXXX gelebt. Im Jahr 2011 habe sie mit ihren Kindern nach Bedrohungen durch die FSA XXXX verlassen und sei nach XXXX gegangen, ihr Mann sei jedoch in der Wohnung der Familie im Zentrum von XXXX geblieben. Anfang des Jahres 2013 habe ihr Ehemann an einer Mission des Regimes in einer Stadt im Norden XXXX , in der hauptsächlich Schiiten lebten und die von der Opposition belagert worden sei, teilgenommen und sie sei ihm mit ihren Töchtern dorthin gefolgt. Ihre Söhne seien hingegen mit der Großmutter wegen des ihnen bevorstehenden Militärdienstes in die Türkei ausgereist. Im Jahr 2015 habe sie ihrem Ehemann gesagt, dass sie mit ihren Töchtern ihre Söhne in der Türkei besuchen und dann zu ihm zurückkehren werde. Damit sei ihr Ehemann einverstanden gewesen. In der Folge sei sie mit ihren Töchtern illegal aus Syrien ausgereist, sie sei aber gegen den Willen ihres Ehemannes nicht wieder zu ihm nach Syrien zurückgekehrt. Sie habe sich von ihrem Ehemann getrennt und keinen Kontakt mehr mit ihm. Sie fürchte auch nach Rückeroberung XXXX durch die syrische Regierung weiterhin eine Bedrohung von der Opposition wegen ihres Ehemannes. Ihr drohe aber auch eine Verfolgung durch das Regime im Zusammenhang mit der Wehrdienstverweigerung ihrer in Österreich lebenden Söhne. Ihre Söhne hätten Einberufungsbefehle erhalten und ihr Ehemann sei in Syrien nach den Söhnen befragt worden. Ihr Mann habe die Situation in Bezug auf die Söhne und ihre Militärdienstverpflichtung gegenüber der syrischen Regierung so dargestellt, als wäre sie, seine Ehefrau, für die Wehrdienstverweigerung der Söhne verantwortlich und als hätte sie die Söhne zu diesem Zweck ins Ausland gebracht. Ihr Ehemann habe ihr die ganze Schuld zugeschoben und behaupte das, weil sie nicht mehr zu ihm zurückgekehrt sei und er nach wie vor als regimetreu gelten wolle. Deshalb werde sie verfolgt und nicht ihr Mann. Die Befürwortung des Regimes durch ihren Mann sei der Streitpunkt zwischen ihnen gewesen. Sie habe mit ihm Syrien verlassen wollen, er sei aber dagegen gewesen. Sie habe ihm immer wieder gesagt, sie müssten Syrien verlassen, weil sie von allen Seiten bedroht würden. Ihr Ehemann habe zwar nicht gewollt, dass seine Söhne als Kanonenfutter sterben, und sei damit einverstanden gewesen sei, dass die Kinder Syrien verlassen, habe aber sie hierfür beschuldigt. Sie würde in Syrien für die Weigerung ihrer Söhne, zum Militär zu gehen, zur Verantwortung gezogen.

6. Mit Stellungnahme vom 09.10.2017 führten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen Folgendes aus: Aus den in der Beschwerdeverhandlung erörterten Berichten ergebe sich eine Verfolgung von Familienangehörigen von Wehrdienstverweigerern. Es sei davon auszugehen, dass ein politisches Statement wie die Weigerung (der Söhne der Erstbeschwerdeführerin), den Militärdienst zu leisten, zu Festnahmen von Familienangehörigen führe. Aus diesem Grund distanziere sich der Familienvater der Regierung gegenüber von der Wehrdienstverweigerung seiner Söhne und stelle seine Frau gegenüber den Behörden als die Alleinverantwortliche dar, auch aus Angst davor, selbst wegen der Wehrdienstverweigerung seiner Söhne bestraft und verfolgt zu werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Es wird von dem im Punkt I. dargestellten Verfahrensgang und vom Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien ausgegangen. Es wird der Entscheidung daher zusammengefasst folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Die beschwerdeführenden Parteien sind syrische Staatsangehörige arabischer Abstammung moslemisch-sunnitischen Glaubens aus XXXX . Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen ist ein Anhänger des Regimes und ein Militärangehöriger. XXXX wurde zum Schauplatz der Aufstandsbewegung gegen das syrische Regime und des Bürgerkrieges mit Präsenz von oppositionellen Gruppierungen/Rebellen, insbesondere der "Freien Syrischen Armee" (FSA), bzw. Gegnern des Assad-Regimes und wurde von oppositionellen Gruppierungen/Rebellen (teilweise) kontrolliert und vom syrischen Regime Ende 2016/Anfang 2017 zurückerobert. Die Familie der beschwerdeführenden Parteien wurde in XXXX von der Opposition, insbesondere der FSA, wegen des Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin bedroht, so wurde auch der Bruder der Erstbeschwerdeführerin von der FSA angehalten, weshalb die Familie den Wohnsitz innerhalb Syriens wechselte und sich in Gebiete unter der Kontrolle des Regimes begab. Der Ehemann und der Bruder der Erstbeschwerdeführerin halten sich derzeit (wieder) in XXXX auf und sind dort keiner Verfolgung ausgesetzt. Zunächst verließen die Söhne der Erstbeschwerdeführerin, denen in Österreich der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde, Syrien unter anderem deshalb, weil sie ihre Einziehung in den Militärdienst der syrischen Regierung vermeiden wollten. Sie haben Einberufungsbefehle erhalten. Die Erstbeschwerdeführerin reiste in der Folge mit ihren Töchtern, den Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen, in die Türkei zu ihren Söhnen, wobei sie illegal aus Syrien ausreiste, und kehrte gegen den Willen ihres Ehemannes nicht wieder nach Syrien zurück. Die Erstbeschwerdeführerin hat sich von ihrem Ehemann getrennt und hat keinen Kontakt mehr mit ihm. Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin wurde in Syrien auf seine Söhne und ihre Militärdienstpflicht angesprochen und schob - auch um seine eigene Bestrafung wegen der Militärdienstverweigerung seiner Söhne zu vermeiden – gegenüber der syrischen Regierung die alleinige Verantwortung für die Nichtbefolgung der Einberufungsbefehle bzw. die Wehrdienstverweigerung seiner Söhne auf die Erstbeschwerdeführerin. Die Erstbeschwerdeführerin ist keine Anhängerin der syrischen Regierung und lehnt eine Unterstützung der syrischen Regierung, insbesondere auch durch Teilnahme ihrer Söhne im syrischen Konflikt in den Streitkräften der syrischen Regierung, ab.

Der beschwerdeführenden Parteien sind nicht straffällig geworden.

1.2. hinsichtlich der Lage in Syrien:

Opposition/Zuschreibung einer oppositionellen Gesinnung

Bestimmte Personen werden aufgrund ihrer politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen oder ihnen wird auf andere Weise Schaden zugefügt. Aber die Konfliktparteien wenden Berichten zufolge breitere Auslegungen an, wen sie als der gegnerischen Seite zugehörig betrachten. Diese basieren z.B. auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt.

Eine sich verstärkende Besonderheit des Konflikts in Syrien ist der Umstand, dass – auch - die syrische Regierung als Konfliktpartei oftmals größeren Personengruppen, einschließlich Familien, Stämmen, religiösen bzw. ethnischen Gruppen sowie ganzen Städten, Dörfern und Wohngebieten, eine politische Meinung unterstellt. Die Annahme, dass eine Person eine bestimmte politische Meinung hat, oder eine bestimmte Konfliktpartei unterstützt, basiert oft nur auf wenig mehr als der physischen Anwesenheit dieser Person in einem bestimmten Gebiet oder ihrer Abstammung aus diesem Gebiet oder auf ihrem ethnischen oder religiösen Hintergrund oder ihrer Stammeszugehörigkeit.

Personen, die tatsächlich oder vermeintlich die Regierung unterstützen

Bewaffnete oppositionelle Gruppen haben Berichten zufolge Familienangehörige von tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsanhängern einschließlich Mitgliedern der Regierung, Regierungstruppen und regierungsnaher Gruppen sowie politischer Parteien, die der Regierung verbunden sind, individuell aufgegriffen, um sie hinzurichten, zu entführen und Lösegeld zu erpressen oder einen Gefangenentausch zu erreichen oder eine Vergeltungsmaßnahme durchzuführen. Berichten ist zu entnehmen, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen den Begriff "regierungsnah" in einer breiten Auslegung auf die Zivilbevölkerung anwenden. Als regierungsnah werden u. a. Einwohner von Gebieten betrachtet, die unter der Kontrolle der Regierung stehen, Gebiete, auf denen sich Militäranlagen der Regierung oder deren Personal befinden (häufig in Wohngebieten stationiert), sowie Bevölkerungsgruppen, bei denen aufgrund ihres religiösen Hintergrunds davon ausgegangen wird, dass sie die Regierung unterstützen. Diese Zivilpersonen werden von bewaffneten oppositionellen Gruppen als gegnerisch angesehen. Als "regierungsnah" wahrgenommene Zivilpersonen, die in Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben, die sich derzeit oder vormals unter der Kontrolle der Regierung befinden bzw. befanden, werden Berichten zufolge regelmäßig von oppositionellen bewaffneten Gruppen angegriffen. Ähnlich werden vorwiegend von religiösen Minderheiten bewohnte Nachbarschaften, Städte und Dörfer Berichten zufolge von oppositionellen bewaffneten Gruppen angegriffen, da die Bewohner als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden. Zu den gewaltsamen Methoden, die oppositionelle bewaffnete Gruppen gegen Zivilpersonen einsetzen, die in als "regierungsnah" wahrgenommenen Ortschaften leben, gehören Mörser- und Raketenangriffe, Heckenschützenbeschuss, Selbstmordattentate und Autobomben sowie Bodenangriffe, begleitet von Geiselnahmen, extralegalen Hinrichtungen einschließlich Massakern sowie Plünderungen und Brandschatzungen. Aus Berichten geht außerdem hervor, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen einige Gebiete, die sie als regierungsnah ansehen, belagern oder Zivilpersonen in diesen Gebieten von grundlegender Versorgung und humanitärer Hilfe abschneiden. Zivile Bewohner von "regierungsnahen" Ortschaften werden Berichten zufolge als Geiseln für die Erpressung von Lösegeld oder für Gefangenenaustausch benutzt. Oppositionelle bewaffnete Gruppen haben Nubul und Zahra (Aleppo) sowie Foua’a und Kafria (Idlib) auch aufgrund der Vermutung belagert, dass diese vorwiegend von Schiiten und Alawiten bewohnten Dörfer die Regierung unterstützen.

Personen, die tatsächlich oder vermeintlich regierungsfeindliche Ansichten haben

Einwohner Syriens, die tatsächlich oder vermeintlich regierungskritische politische Ansichten im weitesten Sinne haben, sind als Personen anzusehen, die gefährdet sind durch die Regierung verfolgt zu werden. Es liegen schon seit längerem Berichte darüber vor, dass die syrische Regierung politischen Dissens durch Einschüchterung, Überwachung und Inhaftierung von politischen Aktivisten, Journalisten, Schriftstellern und Intellektuellen unterdrückt. Auf die im März 2011 aufkommenden Protestbewegungen und die sich anschließenden bewaffneten Aufstände, reagierten die Regierung und regierungsfreundliche Kräfte, wie aus Berichten hervorgeht, mit massiver Unterdrückung und Gewalt. Die Regierung wendet, wie berichtet wird, bei der Beurteilung von politischem Dissens sehr breite Kriterien an: jegliche Kritik, Opposition oder sogar unzureichende Loyalität der Regierung gegenüber, wie auch immer ausgedrückt – friedlich oder gewalttätig, organisiert oder spontan, im Rahmen einer politischen Partei, bewaffneten Gruppe oder individuell, virtuell im Internet oder im bewaffneten Konflikt – führte Berichten zufolge zu schweren Vergeltungsmaßnahmen für die betreffenden Personen. Es wurde berichtet, dass zahlreiche Protestteilnehmer, Aktivisten, Wehrdienstentzieher, Deserteure, Laienjournalisten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Ärzte und andere Personen, denen regierungsfeindliche Haltungen zugeschrieben wurden, willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft genommen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt, oder Opfer von extralegalen oder Massenhinrichtungen wurden. Gegen zahlreiche Personen wurden Berichten zufolge Strafverfahren gemäß dem Terrorbekämpfungsgesetz (Gesetz Nr. 19 vom 2. Juli 2012) durchgeführt. Das Gesetz sieht schwere Strafen – von langjährigen Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe – für Personen vor, bei denen festgestellt wird, dass sie "terroristische" Handlungen begangen haben. "Terrorismus" ist vage und mit sehr weiten Begriffen in den Gesetzen definiert, die viel Raum für Strafverfolgung wegen zahlreicher unterschiedlicher Aktivitäten bieten, einschließlich Teilnahme an Protesten, Äußerungen in sozialen Medien, Bereitstellung humanitärer Hilfsdienste, Schmuggeln von Arzneimitteln und Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen. Berichten ist zu entnehmen, dass die meisten Häftlinge nie förmlich angeklagt werden. Gegen tausende Zivilisten wurden Berichten zufolge von Strafgerichten, dem Antiterrorismus-Gericht in Damaskus und militärischen Feldgerichten Strafverfahren durchgeführt, die gegen die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren verstoßen. In der Regel gingen den Verfahren monatelange Untersuchungshaft in Einrichtungen der Sicherheitsdienste und erzwungene Geständnisse voraus. Es wird berichtet, dass die Strafen für jene Personen, die vor Gericht gestellt und verurteilt wurden, auch dann hart sind, wenn die fraglichen Aktivitäten selbst friedlich waren. Wie aus Berichten hervorgeht, überwacht die Regierung Korrespondenz, Online-Aktivitäten und politische Zusammenkünfte. Die Regierung hört Berichten zufolge mit Hilfe von entsprechender Ausrüstung Gespräche ab, installiert Spysoftware auf den Computern von Aktivisten, blockiert Textnachrichten und ortet Mobil- und Satellitentelefone. Aus Berichten geht hervor, dass die Online-Überwachung zu willkürlichen Verhaftungen, incommunicado Haft, Folter und Tötungen von zahlreichen politischen Dissidenten, Aktivisten, Laienjournalisten und anderen Personen geführt hat. Zahllose Personen wurden Berichten zufolge inhaftiert, nachdem sie über soziale Medien Fotos oder Videos, die regierungskritische Proteste oder Aufstände unterstützen, weitergeleitet, positiv bewertet oder kommentiert hatten. Wie berichtet wird, hackt die seit April 2011 bestehende so genannte Syrische Elektronische Armee mit stillschweigender Zustimmung der Regierung Websites und Seiten sozialer Medien von oppositionellen Gruppen, von bestimmten westlichen Medien und Menschenrechtsorganisationen und blockiert sie oder überflutet sie mit regierungsfreundlichen Inhalten. Wie aus Berichten hervorgeht, wurden nach Ausbruch der regierungskritischen Proteste im März 2011 Syrer, die im Ausland an solchen Protesten teilnahmen, durch Mitarbeiter syrischer Botschaften und durch andere Personen, die mutmaßlich im Auftrag der syrischen Regierung handelten, kontrolliert, eingeschüchtert und teilweise körperlich angegriffen. Berichten zufolge wurden die in Syrien gebliebenen Angehörigen von syrischen Staatsangehörigen, die sich an Protesten oder damit verbundenen Aktivitäten im Ausland beteiligt hatten, Befragungen unterzogen, durch telefonische Anrufe, E-Mails und Facebook-Nachrichten bedroht, sie wurden verhaftet, misshandelt oder sogar getötet. In Deutschland wurden vier Mitarbeiter der syrischen Botschaft, die mutmaßlich Aktivitäten syrischer Oppositionsmitglieder überwachten, ausgewiesen. Wie berichtet wird, befürchten im Exil lebende Syrer von Landsleuten, die aus eigener Initiative oder als Informanten im Auftrag der syrischen Regierung handeln, überwacht, bedroht oder in sozialen Medien als "regierungsfeindlich" dargestellt zu werden.

Die tatsächlich oder vermeintlich oppositionellen Ansichten einer Person werden häufig auch Personen in ihrem Umfeld, wie Familienmitgliedern, Nachbarn und Kollegen zugeschrieben. Die Familienangehörigen (beispielsweise Ehegatten, Kinder, Geschwister, Eltern und auch entferntere Verwandt) von (tatsächlichen oder vermeintlichen) Protestteilnehmern, Aktivisten, Mitgliedern von Oppositionsparteien oder bewaffneten oppositionellen Gruppen, Überläufern und Wehrdienstentziehern und anderen Personen wurden Berichten zufolge willkürlich verhaftet, in incommunicado Haft genommen, gefoltert und in sonstiger Weise ? einschließlich unter Anwendung sexueller Gewalt – misshandelt sowie auch willkürlich hingerichtet. Verläuft die Fahndung nach einem Regierungsgegner bzw. einer Person, die für einen Regierungsgegner gehalten wird, erfolglos, gehen die Sicherheitskräfte Berichten zufolge dazu über, die Familienangehörigen der betreffenden Person festzunehmen oder zu misshandeln. Dies geschieht entweder, um Vergeltung zu üben für die Aktivitäten bzw. den Loyalitätsbruch der gesuchten Person oder um Informationen über ihren Aufenthaltsort zu gewinnen und/oder mit der Absicht, die betreffende Person dazu zu bewegen, sich zu stellen bzw. die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu gestehen. Wie aus Berichten hervorgeht, wurden weibliche Verwandte verhaftet und als "Tauschobjekte" für Gefangenenaustausch mit regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen verwendet. Darüber hinaus liegen Berichte vor, dass sogar Nachbarn, Kollegen und Freunde verfolgt wurden.

Aus Angst, selbst inhaftiert und misshandelt zu werden, sehen Familienmitglieder, wie Berichten zu entnehmen ist, häufig davon ab, nach dem Aufenthaltsort von verhafteten Familienmitgliedern zu forschen oder sich über die Verhaftung zu beklagen. Wie aus Berichten hervorgeht, sehen sie sich stattdessen gezwungen, korrupten Staatsbediensteten Schmiergelder zu bezahlen, um Informationen über den Aufenthaltsort eines inhaftierten Angehörigen zu erhalten, seine Verlagerung von einer Haftanstalt des Sicherheitsdienstes in die zentrale Haftanstalt zu veranlassen oder für seine Freilassung zu sorgen – dabei besteht für sie keine Erfolgsgarantie. Amnestien durch den Präsidenten haben, wie berichtet wird, auch Richtern die Möglichkeit eröffnet, Bestechungsgelder von Familien entgegen zu nehmen, die die Freilassung eines inhaftierten Familienmitglieds erreichen möchten. In besonders schwerwiegenden Fällen wurden Berichten zufolge ganze Familien von Oppositionsmitgliedern oder Überläufern verhaftet oder extralegal hingerichtet, beispielsweise bei Hausdurchsuchungen.

Aufgrund verfügbarer Herkunftslandinformationen reicht allein der Verdacht, dass eine Person regierungskritische Ansichten hat oder mit einer Person in Verbindung steht, die solche Ansichten hat, für die Verfolgung aus.

Personen mit Wohnort oder Herkunftsort in Gebieten, die sich derzeit oder vormals unter der Kontrolle von regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen befinden bzw. befanden/Männer im wehrfähigen Alter aus Gebieten unter der Kontrolle von regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen

Mitglieder größerer Einheiten, ohne dass sie individuell ausgewählt werden, sind aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Unterstützung einer gegnerischen Konfliktpartei zum Ziel von Gegenschlägen verschiedener Akteure geworden, einschließlich Streitkräften der Regierung, ISIS und bewaffneter oppositioneller Gruppen. Laut übereinstimmenden Berichten sind ganze Gemeinden, denen eine bestimmte politische Meinung oder die Unterstützung einer bestimmten Konfliktpartei unterstellt wird, von Luftangriffen, Beschießungen, Belagerungen, Selbstmordattentaten und Autobomben, willkürlichen Verhaftungen, Geiselnahmen, Folterungen, Vergewaltigungen und sonstigen Formen sexueller Gewalt sowie von extralegalen Hinrichtungen betroffen. Berichten ist zu entnehmen, dass die Regierung davon ausgeht, dass Zivilpersonen, die aus Gebieten stammen oder in Gebieten wohnen, in denen es zu Protesten der Bevölkerung kam und/oder in denen bewaffnete oppositionelle Gruppen in Erscheinung treten oder (zeitweise) die Kontrolle übernommen haben, generell Verbindungen zur bewaffneten Opposition haben. Diese Zivilpersonen werden daher von der Regierung als regierungsfeindlich angesehen. Dies gehört Berichten zufolge zu einer umfassenden Politik, Zivilisten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, ihrer Anwesenheit in einem Gebiet oder ihrer Herkunft aus einem Gebiet anzugreifen, das als regierungsfeindlich betrachtet wird und/oder von dem vermutet wird, dass es oppositionelle bewaffnete Gruppen unterstützt. Es wird berichtet, dass die Regierung versucht, die breite Unterstützung von oppositionellen bewaffneten Gruppen auszuhöhlen, indem sie Zivilisten für die tatsächliche oder vermeintliche Opposition zur Regierung bestraft und das Leben in Gebieten unter deren Kontrolle für Zivilisten unerträglich macht. Zivilisten in diesen Gebieten sind Berichten zufolge im Rahmen von Bodenoffensiven, Hausdurchsuchungen und an Kontrollstellen von unterschiedlichen Strafmaßnahmen durch Regierungskräfte und regierungsnahe Kräfte betroffen, darunter Inhaftierung, Folter, sexuelle Gewalt und extralegale Hinrichtungen. Darüber hinaus wurden, wie berichtet wird, Häuser und Geschäfte von Personen, die als gegnerisch gelten, bei militärischen Überfällen durch Regierungskräfte und regierungsnahe Kräfte geplündert und zerstört. Nachdem die Regierung über einige Teile des Landes die Kontrolle verloren hat, ist sie Berichten zufolge nun dazu übergegangen, die Zivilbevölkerung in diesen Gebieten unter ausgedehnten Artilleriebeschuss zu nehmen und mit Bombardierung aus der Luft zu überziehen. Diese gezielten Angriffe, darunter auf Krankenhäuser, Beerdigungsprozessionen, öffentliche Märkte, Brottransporte und Bäckereien, wurden als eine Taktik beschrieben, mit der die in Gebieten unter der Kontrolle regierungsfeindlicher bewaffneter Gruppen oder ISIS lebende Zivilbevölkerung bestraft und terrorisiert werden soll und ihre Lebensbedingungen unerträglich gemacht werden sollen. Es wurde berichtet, dass die Regierung zahlreiche Gebiete, die unter der Kontrolle der Opposition stehen, belagert hat und auf diese Weise systematisch Zivilpersonen von der Grundversorgung – z. B. mit Lebensmitteln und medizinischer Versorgung ? abgeschnitten hat. Wie aus Berichten hervorgeht, wurden Personen, die versuchten belagerte Gebiete zu verlassen um medizinische Hilfe aufzusuchen, verhaftet, von Heckenschützen ins Visier genommen oder am Verlassen gehindert. Personen, die Nahrungsmittel oder andere Grundversorgungsgüter in belagerte Gebiete transportierten oder versuchten, aus einem belagerten Gebiet zu fliehen, wurden Berichten zufolge drangsaliert, festgenommen, inhaftiert, gefoltert und getötet. Die gegen Gebiete unter der Kontrolle von regierungsfeindlichen bewaffneten Gruppen gerichtete Belagerungstaktik der Regierung zielt Berichten zufolge darauf ab, die Zivilbevölkerung in diesen Gebieten zu bestrafen, die Unterstützung der bewaffneten Regierungsgegner in der Bevölkerung zu unterbinden und Zivilisten und Kämpfer zum Aufgeben zu zwingen.

Es wird berichtet, dass Regierungskräfte im Rahmen von lokalen Waffenstillständen zunehmend auf die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus Gebieten zurückgreift, die zuvor unter der Kontrolle regierungsfeindlicher bewaffneter Gruppen gestanden haben, häufig nach langen Phasen der Belagerung und Bombardierungen der betroffenen Gemeinschaften. Die Vereinten Nationen und unabhängige Beobachter haben ihre Besorgnis darüber ausgedrückt, dass diese Maßnahmen Zwangsvertreibung von Zivilisten darstellen. Außerdem weisen regierungskritische Quellen und unabhängige Beobachter auf die konfessionelle Dimension derartiger erzwungener Umsiedlungen von (sunnitischen) Bevölkerungsteilen aus ehemals von der Opposition kontrollierten Gebieten hin, da es Berichten zufolge in mehreren Fällen Mitgliedern religiöser Minderheiten, die als loyal der Regierung gegenüber galten, gestattet wurde, sich in den frei gewordenen Gebieten niederzulassen. Die Regierung wies dies zurück.

In den Gebieten, in denen die Regierung die Kontrolle wiedererlangt hat, nimmt sie Berichten zufolge zahlreiche Personen aufgrund der ihnen zugeschriebenen Unterstützung oder Sympathie für regierungsfeindliche bewaffnete Gruppen fest, insbesondere Männer sowie Jungen, die älter als zwölf Jahre alt sind.

Wie Berichten zu entnehmen ist, sind Männer und Jungen im Alter von über zwölf Jahren aus Gebieten unter der Kontrolle regierungsfeindlicher bewaffneter Kräfte dem Risiko ausgesetzt, aufgrund ihrer vermeintlichen Teilnahme an feindlichen Auseinandersetzungen mit Regierungskräften, ihrer vermeintlichen Unterstützung bewaffneter Gruppen oder, allgemeiner, ihrer vermeintlichen regierungsfeindlichen Ansichten gezielt verhaftet und zwangsverschleppt, gefoltert und extralegal hingerichtet zu werden, wenn Regierungskräfte ihrer habhaft werden. Es wird berichtet, dass diese Festnahmen häufig allein auf der Herkunft aus einem Ort basieren, in dem oppositionelle Kräfte aktiv sind. Zahlreiche Festnahmen finden Berichten zufolge häufig an Kontrollstellen, bei Angriffen in wiedereroberten Gebieten und bei Evakuierungen statt, jedoch auch an öffentlichen Orten wie Krankenhäusern, Büros der Behörden, Flughäfen und Grenzübergängen. Wenn betroffene Personen sich möglicherweise zusätzlich dem Militärdienst entzogen haben oder desertiert sind, dann erhöht dies wahrscheinlich das Risiko, festgenommen und anschließend schwer misshandelt zu werden. Wie aus Berichten hervorgeht, vermeiden Männer im wehrfähigen Alter und Jungen im Alter über zwölf Jahren daher Kontrollstellen der Regierung.

(Arabische) Sunniten werden im Allgemeinen und insbesondere, wenn sie aus Gebieten stammen, die bekanntermaßen mit der Opposition sympathisieren oder unter der de facto Kontrolle bewaffneter oppositioneller Gruppen stehen, als regierungsfeindlich wahrgenommen.

Wehrdienstverweigerer, Deserteure und ihre Familienangehörigen

Die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates zu Syrien und das Syrian Human Rights Committee berichteten 2013 über Exekutionen von desertierten Soldaten, über Verhaftungen von Familienangehörigen von Deserteuren und über willkürliche Verhaftungen von Personen, die sich nicht ausweisen können und aus umkämpften Gebieten geflohen sind.

Syrische Oppositionelle oder Deserteure sind im mit Syrien verbündeten Libanon ebenfalls von Verhaftung bedroht. Sogar Familienangehörige von Deserteuren und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, sind im Ausland in Gefahr.

Zivilisten, die für die Armee gearbeitet haben und die Armee verlassen haben, gelten als Verräter und werden wie Deserteure bestraft. Personen, die nach einem bewilligten Aufenthalt im Ausland nicht nach Syrien zurückkehren, werden als Wehrdienstverweigerer oder Deserteur eingestuft und dementsprechend bestraft.

Wenn die Personen, die vom syrischen Regime einberufen wurden, nicht freiwillig erscheinen, werden sie als Wehrdienstverweigerer gelistet und werden von den Behörden gesucht. Die Truppen der Regierung sind ausgedünnt und es mangelt an Militärs.

Wehrdienstentzieher, die sich nicht innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der festgelegten Frist zum Militärdienst melden, werden (in Friedenszeiten) mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft. Die Wehrdienstpflicht besteht dabei weiterhin fort. Wenn Personen sich innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der Frist freiwillig melden, wird die Strafe um 50 Prozent herabgesetzt. In Kriegszeiten wird Wehrdienstentziehung je nach den Umständen mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren bestraft. Nach Verbüßung der Strafe muss der Wehrdienstentzieher weiterhin den regulären Militärdienst ableisten.

Es wird berichtet, dass Wehrdienstentzieher in der Praxis festgenommen und unterschiedlich lange inhaftiert werden und danach in ihrer militärischen Einheit Dienst leisten müssen. Aus Berichten geht hervor, dass sie während der Haft dem Risiko der Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt sind. Die Regierung inhaftiert Berichten zufolge außerdem gezielt Familienmitglieder von Wehrdienstentziehern, um Druck auf Männer im wehrfähigen Alter auszuüben, in den Militärdienst zu treten. Wie aus Berichten hervorgeht, ist es unklar, auf welche Weise Personen über die Verpflichtung informiert werden, sich zum Militärdienst zu melden. Ferner ist unklar, wie viel Zeit vergeht, bis der Name einer Person, die dem Einberufungsbefehl nicht Folge leistet, an das Militär und an Personenkontrollstellen mit der Anweisung gemeldet wird, die betreffende Person aufgrund von Wehrdienstentziehung festzunehmen. Einzelne Berichte legen außerdem nahe, dass zumindest in manchen Fällen Personen nach ihrer Festnahme an Kontrollstellen in die Armee eingezogen wurden, ohne zuvor einen Einberufungsbescheid erhalten zu haben. Ungeachtet des genauen Zeitpunkts, zu dem eine Person gemäß anwendbarem syrischem Recht als wehrdienstpflichtig betrachtet wird (und sich daher strafbar macht, wenn sie dem Einberufungsbefehl nicht Folge leistet), kann nach Beobachtungen von UNHCR "eine Wehrdienstentziehung auch präventiv erfolgen, indem die betreffende Person noch vor Eintreffen des eigentlichen Erfassungs- oder Einberufungsbefehls handelt”, indem sie zum Beispiel das Land verlässt.

Die syrische Regierung betrachtet, wie Berichten zu entnehmen ist, Wehrdienstentziehung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen.

Jenen, die den Wehrdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen.

Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie könnte von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen.

Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert. Wenn ein Wehrdienstverweigerer von den Behörden aufgegriffen würde, würde er verhaftet und überprüft werden. Anschließend könnte die Person zum Dienst in der Armee geschickt werden. Die Konsequenzen hängen jedoch vom Profil und den Beziehungen der Person ab. Wenn es eine Verbindung zu einer oppositionellen Gruppe gibt, wären die Konsequenzen ernster.

Die Familien und besonders die Väter von Militärdienstverweigerern und Deserteuren werden üblicherweise schikaniert, um die Söhne zu zwingen, sich zu stellen. Die Behörden treten auch an bestimmte Gemeinschaften heran und verlangen, dass die Familien die Mitglieder, die für den Militärdienst gesucht werden, übergeben. Obwohl die Soldaten streng beaufsichtigt werden und ihre Familien bei Fahnenflucht mit Repressalien rechnen müssen, gibt es immer wieder Deserteure. Die meisten von ihnen seien Angehörige der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit. Das Regime verwendet weiterhin alle möglichen Druckmittel von bürokratischen Auflagen bis hin zu Gefängnis und Folter, um die syrischen Streitkräfte oder die paramilitärischen Verbände zu verstärken. Amnestien dienen im Endeffekt nicht dazu, den Wehrdienstverweigerern und Deserteuren eine Strafe zu ersparen, sondern ihrer habhaft zu werden, um sie zum Militärdienst und letztendlich zum Kampfeinsatz einziehen zu können. Auch Familienangehörige von Deserteuren, von Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, oder von Zivilisten, die bei der Armee gearbeitet haben, werden bestraft. Geschwister, Brüder und Schwestern, wie auch Mütter und Väter werden verhaftet. Neben Plünderung ihrer Häuser und Verhaftungen werden Familienangehörige von Deserteuren und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, häufig aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Die Maßnahmen gegen die Familien von Deserteuren variieren in den verschiedenen Regionen. Väter oder Brüder werden rekrutiert, um den Deserteur in der Armee zu ersetzen. Desertiert jemand mit der Waffe, werden die Familienangehörigen verhaftet. Wenn sie sich nicht mehr in Syrien aufhalten, werden sie auf eine der Suchlisten gesetzt.

Wie Berichte belegen, griffen Regierungskräfte zum Beispiel bei Verhaftungskampagnen in Gebieten, in denen ihrer Wahrnehmung nach die Opposition unterstützt wurde, gezielt Angehörige von Deserteuren heraus. Das Eigentum von Deserteuren wurde, wie berichtet wird, durch Plünderung und Brandstiftung zerstört.

Personen, die im Ausland auf bestimmte Weise aktiv sind

Wie aus Berichten hervorgeht, betrachtet die Regierung bestimmte Aktivitäten von im Ausland lebenden Syrern als Ausdruck einer oppositionellen Einstellung, darunter Anträge auf Asyl, Teilnahme an regierungskritischen Protesten, Kontakte zu Oppositionsgruppen oder andere Ausdrucksformen der Kritik an der Regierung, einschließlich über soziale Medien.

Frauen

Die Situation von Frauen verschlechtert sich durch den fortgesetzten Konflikt dramatisch, da Frauen aufgrund ihres Geschlechts zunehmend Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden. Berichten zufolge wurden Tausende von Frauen bei dem Beschuss ziviler Gebiete und durch Heckenschützen sowie im Rahmen von Überfällen und Massakern getötet. Andere werden inhaftiert, als Geisel genommen, gefoltert, sexueller und sonstiger Gewalt ausgesetzt, als menschliche Schutzschilde verwendet oder werden Opfer einer strengen Auslegung der Scharia. Zunehmend übernehmen Frauen die überwiegende oder ausschließliche Versorgung der Familie, da die männlichen Familienangehörigen verletzt, behindert, festgenommen, verschwunden, getötet oder aufgrund ihrer Beteiligung am Konflikt nicht vor Ort sind oder aus Angst vor Inhaftierung oder vor Massenhinrichtungen an Kontrollstellen nicht wagen, ihre Häuser zu verlassen. Diese Frauen und Mädchen sind besonderen Schwierigkeiten während ihrer Bemühungen ausgesetzt, ihr Leben neu aufzubauen und trotz erhöhtem Missbrauchs- und Ausbeutungsrisiko für ihre Familien zu sorgen.

Menschenrechtsverletzungen

Die syrische Regierung, ihre Streitkräfte und regierungsfreundliche Kräfte begehen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, wie Mord, Vernichtung, Folter, Vergewaltigung, Zwangsverschleppungen, Angriffe auf die Zivilbevölkerung und andere unmenschliche Akte. Im Zuge mehrerer großer Militäroperationen von Regierungs- und regierungsfreundlichen Truppen verübten diese Massenmorde, auch an Frauen und Kindern. Der fortgesetzte Konflikt führte zu einigen der abscheulichsten Bedingungen für Menschenrechte und humanitäre Lage weltweit, darunter Ermordungen, Folter, willkürliche Haft, Verschwindenlassen, Verweigerung des Zugangs zu Justiz, schwere Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Verfolgung von Frauen und Minderheiten. Kinder wurden ermordet, gefoltert und der Gewalt durch alle Parteien ausgesetzt. Es kommt auch zu frühen Zwangsheiraten von Mädchen. Die meisten Menschenrechtsverletzungen und Brüche des humanitären Gesetzes wurden systematisch von syrischen Regierungskräften und ihren verbündeten Gruppen begangen.

Der bewaffnete Konflikt in Syrien ist Berichten zufolge weiterhin von weit verbreiteten und systematischen Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts gekennzeichnet, die in einem Klima der Straflosigkeit stattfinden. Die Unabhängige UN-Untersuchungskommission zu Syrien und Menschenrechtsorganisationen haben syrische Regierungskräfte der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt. Es wird berichtet, dass Willkürliche und direkte Angriffe auf Zivilisten, Belagerungen und Verwehrung des Zugangs von humanitärer Hilfe sowie Angriffe auf medizinische Einrichtungen und Mitarbeiter haben sich Berichten zufolge als typisches Schema von Menschenrechtsverletzungen auf Seiten der syrischen Regierungskräfte erwiesen. Wie aus Berichten hervorgeht, haben syrische Regierungskräfte Waffen auf willkürliche Weise eingesetzt, darunter Artillerie, Luftangriffe, Fassbomben, Brandwaffen, Streumunition und chemische Waffen.

Aus den Berichten der unabhängigen UN-Untersuchungskommission und von Menschenrechtsorganisationen geht hervor, dass bewaffnete oppositionelle Gruppen Kriegsverbrechen in Form von Mord, Hinrichtung ohne Gerichtsverfahren, Folter, Geiselnahme, Rekrutierung von Kindern und deren Einsatz für Kampfhandlungen und für andere Zwecke sowie Angriffe auf Mitarbeiter medizinischer und religiöser Einrichtungen, Journalisten und geschützte Objekte begehen. Von der Regierung kontrollierte Ortschaften, einschließlich solcher Gebiete, die von religiösen Minderheiten bewohnt werden, sind Berichten zufolge häufig Ziel willkürlicher Mörser-, Raketen- und USBV-Angriffe durch bewaffnete oppositionelle Gruppen. Diese bewaffneten oppositionellen Gruppen haben Berichten zufolge Zivilgebiete, die als regierungsnah angesehen werden, belagert oder zeitweise von der Wasser- und/oder Stromversorgung abgeschnitten.

Behandlung bei Rückkehr nach Syrien aus dem Ausland

Es liegen kaum konkrete Informationen über die Behandlung von Rückkehrern nach Syrien vor. Quellen zufolge werden Personen an der Grenzübergangsstelle (Landgrenze, Flughafen) bei ihrer Einreise untersucht, um festzustellen, ob sie im Zusammenhang mit sicherheitsbezogenen Vorfällen (wie Straftaten, tatsächliche oder vermeintliche regierungsfeindliche Aktivitäten oder Ansichten, Kontakte zu politischen Oppositionellen im Ausland, Einberufung etc.) gesucht werden. Personen, deren Profil irgendeinen Verdacht erregt, insbesondere aus den unter den Risikoprofilen unten beschriebenen Gründen, sind Berichten zufolge dem Risiko einer längeren incommunicado Haft und Folter ausgesetzt. Es wird berichtet, dass für Rückkehrer außerdem das Risiko besteht, inhaftiert zu werden, weil Familienmitglieder von den Behörden gesucht werden, weil sie ihren Militärdienst nicht geleistet haben, weil sie aus einem Gebiet stammen, das sich unter der Kontrolle der Opposition befindet, oder weil sie aufgrund ihrer konservativen Kleidung als religiös wahrgenommen werden. Andere werden, wie berichtet wird, ohne bestimmten Grund entsprechend der weit verbreiteten Willkür und des Machtmissbrauchs durch Sicherheitsbeamte inhaftiert und misshandelt.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch (HRW) haben mehrere Fälle dokumentiert, in denen Syrer am Flughafen Damaskus oder an Landgrenzübergängen bei Ein- oder Ausreisen durch Sicherheitsdienste verhaftet und später gefoltert wurden und/oder gewaltsam verschwanden. Auch nach der ersten Einreise nach Syrien kann das Inhaftierungsrisiko weiterhin bestehen. Berichten der Unabhängigen UN-Untersuchungskommission zu Syrien zufolge wurde ein Syrer, der zwangsweise aus Jordanien nach Syrien zurückgewiesen wurde, an einer Kontrollstelle in einem ländlichen Gebiet des Gouvernements Homs verhaftet.

Länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) können von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen. Quellen des kanadischen IRB gaben an, dass Personen bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert werden. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar. Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert. Bei Rückkehr nach einem abgelehnten Asylantrag würde eine Person inhaftiert und im Zuge von Befragungen gefoltert werden. Die Person könnte für die Verbreitung falscher Informationen über Syrien im Ausland verurteilt werden, oder die Behörden würden versuchen durch Folter Informationen über andere Asylwerber oder die Opposition zu bekommen. Es kann jedoch auch sein, dass eine Person, trotz eines abgelehnten Asylantrages, auch nach der Rückkehr nach Syrien noch als Unterstützer des Asad-Regimes angesehen wird. Das Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Zuflucht zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden.

Den Berichten des UK Home Office ist zu entnehmen, dass die Asylantragstellung im Ausland als illoyaler Akt und als Zeichen oppositioneller Gesinnung gilt und dass bei (nach negativem Asylverfahren) nach Syrien zurückgeführten Personen die Gefahr der Inhaftierung/Misshandlung aufgrund einer ihnen unterstellten missliebigen politischen Gesinnung droht, sofern sie nicht (nach wie vor) als Unterstützer des Assad-Regimes betrachtet werden.

Risikoprofile

Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Mitglieder politischer Oppositionsparteien; Aufständische, Aktivisten und sonstige Personen, die als Sympathisanten der Opposition angesehen werden; Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen bzw. Personen, die als Mitglieder bewaffneter oppositioneller Gruppen angesehen werden; Wehrdienstverweigerer und Deserteure der Streitkräfte; Mitglieder der Regierung und der Baath-Partei, die ihre Ämter niedergelegt haben; Familienangehörige von tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsgegnern sowie andere Personen, die mit tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsgegnern in Verbindung gebracht werden; Zivilisten, die in vermeintlich regierungsfeindlichen städtischen Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben.

Personen, die tatsächlich oder vermeintlich die Regierung unterstützen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Mitglieder von Parteien, die der Regierung verbunden sind; tatsächliche und vermeintliche Mitglieder von Streitkräften der Regierung sowie Zivilbürger, von denen angenommen wird, dass sie mit Streitkräften der Regierung zusammenarbeiten; Familienangehörige von Personen, die tatsächlich oder vermeintlich die Regierung unterstützen; Zivilisten, die in vermeintlich regierungsnahen städtischen Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben.

Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner von ISIS sind, und sich in Gebieten aufhalten, in denen ISIS de facto die Kontrolle oder Einfluss ausübt.

Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner bewaffneter oppositioneller Gruppen sind, und sich in Gebieten aufhalten, in denen diese Gruppen de facto die Kontrolle ausüben.

Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner von PYD/YPG sind und sich in Gebieten aufhalten, in denen PYD/YPG de facto die Kontrolle ausüben.

Angehörige bestimmter Berufsgruppen, insbesondere Journalisten und andere in der Medienbranche tätige Personen, Laienjournalisten;

Ärzte und andere im Gesundheitswesen tätige Personen;

Menschenrechtsaktivisten; humanitäre Helfer; Künstler; Unternehmer und andere Personen, die tatsächlich oder vermeintlich vermögend oder einflussreich sind.

Mitglieder religiöser Gruppen, einschließlich Sunniten, Alawiten, Ismailis, Zwölfer-Schiiten, Drusen, Christen und Jesiden.

Personen, die vermeintlich gegen die Scharia verstoßen und in Gebieten leben, die unter der Kontrolle oder dem Einfluss extremistischer islamistischer Gruppen stehen.

Angehörige ethnischer Minderheiten, einschließlich Kurden, Turkmenen, Assyrer, Tscherkessen und Armenier.

Frauen, insbesondere Frauen ohne Schutz durch Männer, Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt, von Kinder- und Zwangsheirat, häuslicher Gewalt, Verbrechen zur Verteidigung der Familienehre ("Ehrendelikt") und Menschenhandel wurden, oder einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind.

Kinder, insbesondere Kinder, die in der Vergangenheit festgenommen wurden, oder die einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind; sowie Kinder, die Opfer von Zwangsrekrutierung als Kindersoldaten, sexueller und häuslicher Gewalt, Kinderarbeit, Menschenhandel und systematischer Verweigerung des Zugangs zu Bildungsangeboten wurden, oder die einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind.

Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und/oder geschlechtlicher Identität.

Palästinensische Flüchtlinge.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den beschwerdeführenden Parteien ergeben sich aus ihren glaubwürdigen, gleichbleibenden eigenen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht, gestützt vom glaubwürdigen persönlichen Eindruck, der von ihnen im Zuge der durchgeführten Beschwerdeverhandlung gewonnenen werden konnte. Nach der Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts erstatteten die beschwerdeführenden Parteien ein glaubwürdiges Vorbringen. Ihre Angaben sind im wesentlichen Kern gleichbleibend, substantiiert und sowohl in sich und als auch untereinander sowie auch hinsichtlich der Angaben des jüngeren Sohnes der Erstbeschwerdeführerin, in dessen Verfahren im Zuge der Beschwerdeverhandlung Einsicht genommen wurde, stimmig. Die Angaben sind auch plausibel, zumal sie (teilweise) mit Urkunden belegt wurden und mit der Situation in Syrien in Einklang gebracht werden können. Die zu den Söhnen der Erstbeschwerdeführerin getroffenen Feststellungen basieren auf den beigeschafften Akten bzw. Informationsauszügen. Die Geschehnisse in Syrien wurden nachvollziehbar und übereinstimmend geschildert, wobei die Erstbeschwerdeführerin erkennbar bereits vor der belangten Behörde bemüht war, die Anträge, auch als gesetzliche Vertreterin der Zweitbis Viertbeschwerdeführerinnen, zu begründen und zu substantiieren. Insbesondere wurden die Situation für die Erstbeschwerdeführerin als Mutter von jungen Männern, die den Militärdienst für das Regime verweigern, und die (sich daraus ergebende) Gefahr einer Verfolgung durch das Regime (als Angehörige von Wehrdienstverweigerern) sowie der mit dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin in Zusammenhang stehende Sachverhalt sehr anschaulich in der Beschwerdeverhandlung dargelegt. Mit Blick auf die in § 18 Abs. 1 AsylG normierte amtswegige Ermittlungspflicht, wonach insbesondere darauf hinzuwirken ist, dass allenfalls lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt werden, wurde die Erstbeschwerdeführerin in dieser Hinsicht im Verfahren vor der belangten Behörde nicht ausreichend befragt, obwohl dies schon aufgrund der Angaben ihrer Söhne in deren Verfahren sowie des Umstandes, dass die belangte Behörde den Söhnen der Erstbeschwerdeführerin den Asylstatus zuerkannt hat, angezeigt gewesen wäre. Es sind keine substantiierten Umstände ersichtlich, die gegen die persönliche Glaubwürdigkeit der beschwerdeführenden Parteien und die Richtigkeit ihres Vorbringens ins Treffen geführt werden können, weshalb von ihrem Vorbringen auszugehen war.

Die Feststellungen zur Herkunftsregion bzw. zur Wohnregion der beschwerdeführenden Parteien ergeben sich aus den Berichten zu Syrien, die auch mit den Angaben der beschwerdeführenden Parteien übereinstimmen.

Die Feststellungen zur illegalen Ausreise der Erstbeschwerdeführerin und zur Nichtrückkehr nach Syrien gegen den Willen ihres Ehemannes waren aufgrund ihrer glaubwürdigen Angaben zu treffen.

Dass die Erstbeschwerdeführerin keine Anhängerin der syrischen Regierung ist und eine Unterstützung des syrischen Regimes ablehnt, hat die Erstbeschwerdeführerin glaubwürdig ausgesagt. Sie hat ihre kritische und ablehnende Haltung gegenüber dem syrischen Regime im Rahmen des Asylverfahrens glaubwürdig dargelegt. Es ist ihr zuzugestehen, dass sie insofern eine von ihrem Ehemann, bei dem es sich um einen Regimeanhänger handelt, abweichende Meinung hat. Dass die Erstbeschwerdeführerin eine Anhängerin/Unterstützerin des syrischen Regimes wäre, wurde von der belangten Behörde auch nicht festgestellt.

2.2. Die Darstellung der Situation in Syrien ergibt sich aus den Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden und aus den in der Beschwerdeverhandlung erörterten Länderberichten (Herkunftsländerinformationen), wobei es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen handelt, die in den Kernaussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Bild der hier entscheidungswesentlichen Situation in Syrien ergeben. Insbesondere werden die Herkunftsländerinformationen des UNHCR (UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen [International Protection Considerations with regard to people fleeing the Syrian Arab Republic] Update II vom 22.10.2013, Update III vom Oktober 2014 und Update IV vom November 2015; Ergänzende aktuelle Länderinformationen, Syrien:

Militärdienst, vom 30.11.2016; Relevante Herkunftslandinformationen zur Unterstützung der Anwendung des UNHCR-Länderleitfadens für Syrien, Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus Syrien – "illegale Ausreise" aus Syrien und verwandte Themen, Februar 2017 [deutsche Version April 2017]), des UK Home Office (Operational Guidance Note Syria und Country Information and Guidance vom 21.02.2014, vom Dezember 2014 und vom August 2016), der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vom 23.03.2017: Syrien: Zwangsrekrutierung, Wehrdienstentzug, Desertion) und der Staatendokumentation (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 05.01.2017; Anfragebeantwortung vom 24.03.2016, Wehrpflicht: Einziger Sohn der Familie), die, teilweise in älteren Fassungen, auch von der belangten Behörde zur Sachverhaltsfeststellung herangezogen wurden, zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Zuerkennung des Asylstatus:

3.1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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