TE Bvwg Beschluss 2018/1/24 I414 2183750-1

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Veröffentlicht am 24.01.2018
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Entscheidungsdatum

24.01.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I414 2183750-1/3E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2018, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX StA. MAROKKO, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Fremde, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.03.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab der Fremde an, XXXX zu heißen, am

XXXX geboren und marokkanischer Staatsangehöriger zu sein.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.05.2013, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Zugleich wurde der Fremde gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen (Spruchpunkt III).

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Fremde fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof.

4. Mit Erkenntnis des – zwischenzeitlich dem Asylgerichtshof nachfolgefolgten – Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2015, Zl. I401 1435179-1/28E, wurde die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt II.).

5. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.12.2013, Zl. XXXX, wurde der Fremde wegen des Verbrechens nach § 28a Abs. 1 (5. Fall) und Abs. 2 Z 2 Suchmittelgesetz, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon 8 Monate bedingt (Probezeit 3 Jahre, Jugendstrafe), verurteilt.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXXvom 21.10.2014, Zl. XXXX, wurde der Fremde wegen §§ 15, 127 StGB sowie § 27 Abs. 1 Z 1 (Fall 1., 2 und 8.) und Abs. 3 Suchtmittelgesetz rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten (Jugendstrafe) verurteilt. Zugleich wurde die in der Erstverurteilung ausgesprochene bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe widerrufen.

7. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 17.12.2015, Zl. XXXX, wurde der Fremde wegen §§ 142, 143 (2. Fall) StGB sowie § 105 Abs. 1 StGB und wegen § 146 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten (Jugendstrafe) verurteilt. Zugleich wurde die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe anlässlich der Erst- und Zweitverurteilung, die unter einer Probezeit von 3 Jahren ausgesprochen worden war, widerrufen. Der Fremde erhob Beschwerde gegen den Widerruf der bedingten Haftentlassung und Berufung gegen die Strafhöhe. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 08.09.2016. Zl. XXXX, wurde sowohl der Berufung als auch der Beschwerde nicht Folge gegeben und das Urteil des Landesgerichtes

XXXX vom 17.12.2015 erwuchs mit 08.09.2016 in Rechtskraft.

8. Mit Schreiben des Bundeskriminalamtes vom 29.12.2015 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass der Fremde von der Interpol Rabat als XXXX in Casablanca, Staatsangehörigkeit Marokko, identifiziert worden ist.

9. Am 07.09.2016 wurde der Fremde in der Justizanstalt Innsbruck von einer Organwalterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er vor, vollkommen gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen.

Auf Vorhalt, dass er nunmehr als XXXX in Casablanca, Staatsagehörigkeit: Marokko, identifiziert worden sei, replizierte er, dass sein Name XXXX, und er am XXXX geboren sei. Er wisse nicht, wer dieser XXXX sein solle. Er sei 2013 illegal in das Bundesgebiet eingereist, befinde sich gegenwärtig in Haft und habe eine 16-jährige Freundin, die XXXX heiße. Wann sie genau geboren sei, wisse er nicht. Mit XXXX habe er eine am 27.03.2016 geborene gemeinsame Tochter namens XXXX, die, wie die Mutter des Kindes, österreichische Staatsangehörige sei. Die gemeinsame Tochter lebe bei der Mutter in Innsbruck in der "XXXX". Er sei nicht in der Geburtsurkunde der Tochter als Vater eingetragen, er habe aber die Vaterschaft anerkannt. Seit ca. einem Jahr befinde er sich nunmehr in Haft. Nach der Haftentlassung wolle er gemeinsam mit seiner Freundin und Tochter ein neues Leben beginnen. Seine Freundin besuche ihn jeden Dienstag und Donnerstag gemeinsam mit der Tochter in der Haftanstalt. Die Beziehung mit seiner Freundin führe er seit Juli/August 2014. In der Zeit vom 11.06.2015 bis September 2015 habe man gemeinsam bei den Eltern seiner Freundin gewohnt. Von der Schwangerschaft habe er im Juli 2015 erfahren.

Weitere Verwandte habe er in Österreich nicht. Er habe aber viele Freunde. Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation sei er nicht. Er spreche Deutsch auf dem Niveau A2 (Anm.: der Fremde legte dazu einen Nachweis [ÖSD-Karte, ZA 21600605] vor). In Marokko habe er 9 Jahre die Grundschule besucht. Einer legalen Beschäftigung sei er in Österreich nie nachgegangen. Er bekomme keine Unterstützung von Österreich. Derzeit laufe ein Gerichtsverfahren wegen der ausständigen Alimente für seine Tochter.

Auf Vorhalt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beabsichtige, gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu erlassen und der Aufforderung, alle Gründe zu nennen, die dieser Entscheidung entgegenstehen könnten, replizierte er, dass er Unterstützung brauche und er verspreche, ein neues Leben anzufangen. Er habe eine Tochter, er brauche eine Chance.

Die Aufforderung der Organwalterin, in die Länderberichte Einsicht zu nehmen und binnen zweiwöchiger Frist eine Stellungnahme dazu abzugeben, lehnte der Fremde ab und führte aus: "Nein, ich kenne die allgemeine Situation in meiner Heimat. Ich verzichte darauf. Ich möchte keine schriftliche Stellungnahme abgeben." Schließlich führte er aus, dass er in Österreich niemals Opfer von Gewalt, und auch nicht Zeuge oder Opfer von Menschenhandel geworden sei. Seine Tochter sei vollkommen gesund und brauche ihren Vater. Mit Erhebungen in seinem Heimatstaat erkläre er sich einverstanden. Er habe Gelegenheit gehabt, alles zu sagen. Sprach- oder sonstige Verständigungsprobleme habe es während der Einvernahme nicht gegeben. Alles sei korrekt protokolliert worden.

10. Mit Bescheid vom 06.10.2016, ZI. XXXX, dem Fremden zugestellt am 17.10.2016, entschied das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen wird. Es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Marokko zulässig ist und keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Das Recht zum Aufenthalt habe er ab dem 21.10.2014 verloren und es wurde ein Einreiseverbot auf die Dauer von sieben Jahren erlassen. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

11. Mit den Verfahrensanordnungen vom 11.10.2016 wurde dem Fremden von der belangten Behörde die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt und wurde dem Fremden eine verpflichtende Teilnahme an einem Rückkehrberatungsgespräch aufgetragen.

12. Der Bescheid, die Verfahrensanordnungen sowie ein Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise wurden dem Fremden am 17.10.2016 zugestellt.

13. Mit Schriftsatz vom 24.10.2016, am darauffolgenden Tag einlangend bei der belangten Behörde, erhob der Fremde, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48, 3. Stock, 1170 Wien (Vollmacht angeschlossen) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Zunächst wurde im Beschwerdeschriftsatz aufgeführt, dass der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtwidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang angefochten und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt werde.

14. Die Beschwerde und die Gerichtsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht am 31.10.2016 zur Entscheidung vorgelegt.

15. Am 15.12.2017 wurde die Beschwerde des Fremden gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2017, Zl. XXXX mit mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, Zl. L515 2179301-1/12Z, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

16. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2017, Zl. I411 1435179-2/7E, wurde die Beschwerde des Fremden als unbegründet abgewiesen.

17. Am 19.12.2017 stellte der Fremde einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Bei der am 20.12.2017 stattfindenden Erstbefragung "Folgeantrag" gab der Fremde an, dass seine Freundin, XXXX, geboren am XXXX sowie das gemeinsame Kind, XXXX, geboren am

XXXX in Innsbruck leben würden und er wolle seine Freundin heiraten und er wolle in Österreich leben. Befragt was er bei einer Rückkehr in sein Heimatland befürchte, führte der Fremde aus, dass er Österreich aufgrund seiner Tochter nicht verlassen wolle und zudem habe er keine Verwandten in Marokko.

18. Am 11.01.2018 wurde der Fremde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich Einvernommen. Dabei gab der Fremde befragt nach seinen Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass die Angaben aus der Erstbefragung der Wahrheit entsprechen würden. Als Grund für die neuerliche Antragstellung auf internationalen Schutz führte der Fremde aus, dass seine Freundin während seines Gefängnisaufenthaltes schwanger gewesen wäre, er habe jedoch davon nichts gewusst, dass seine Freundin ein Kind erwarten würde. Der Fremde bereue sein bisheriges Verhalten und habe inzwischen einen Deutschkurs der Stufe A2 abgelegt. Er würde gerne in Österreich mit seiner Frau und seiner minderjährigen Tochter ein neues Leben beginnen. Ein Vaterschaftstest würde bestätigen, dass er der Vater von XXXX sei, welche am XXXX geboren sei. Die Eltern und seine Geschwister würden in Italien leben und er habe keine Verwandten in Marokko.

19. Am 18.01.2018 wurde der Fremde neuerlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein der Rechtsberatung einvernommen. Im Wesentlichen brachte der Fremde dieselben Gründe vor und wiederholte das Vorbringen aus der niederschriftlichen Einvernahme vom 11.01.2018. Der Fremde fügte hinzu, dass er nach seinem vierjährigen Gefängnisaufenthalt gerne seine Tochter sehen würde und anschließend möchte er nach Italien zu seiner Familie gehen. Die Rechtsberatung beantragte im Zulassungsverfahren die Zeugeneinvernahme seiner Freundin, XXXX, um das schützenswerte Privat- und Familienleben und damit verbundenen die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung und Verhängung des Einreiseverbotes festzustellen.

20. Mit dem mündlichen verkündeten Bescheid vom 18.01.2018 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG auf.

21. Mit Schreiben vom 18.01.2018, eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts I414 am 23.01.2018, informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte zugleich den Akt zur Beurteilung der Aufhebung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Fremden

Die Identität und Staatsbürgerschaft des Fremden stehen fest.

Der (spätestens) am 05.03.2013 in das Bundesgebiet eingereiste Fremde ist volljährig, ledig, Staatsangehöriger von Marokko. Der Fremde leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist er daher auch erwerbsfähig.

Er spricht Deutsch auf dem Niveau A2 und er geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und er verfügt - von Hauptwohnsitzmeldungen in österreichischen Haftanstalten, von einer Nebenwohnsitzmeldung in einem Polizeianhaltezentrum sowie von vier Obdachlosenmeldungen abgesehen - über keine weiteren Wohnsitzmeldungen im österreichischen Bundesgebiet.

Der Fremde reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.03.2013 unter wahrheitswidrigen Angaben zu seiner Identität sowie zu seinen Fluchtgründen einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde zunächst mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.05.2013 gemäß den §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I und II) und wurde der Fremde gemäß § 10 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Die dagegen erhoben Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2015 im Hinblick auf Spruchpunkt I und II des bekämpften Bescheides als unbegründet abgewiesen und gemäß § 75 Abs. 20 AsylG wurde das Verfahren zu Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.12.2013, ZI. XXXX, wurde der Fremde wegen des Verbrechens nach § 28a Abs. 1 (5. Fall) und Abs. 2 Z 2 Suchtmittelgesetz, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, davon 8 Monate bedingt (Probezeit 3 Jahre, Jugendstraftat), verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21.10.2014, ZI. XXXX, wurde der Fremde wegen §§ 15, 127 StGB [versuchter Diebstahl] sowie § 27 Abs. 1 Z 1 (1., 2, und 8. Fall) und Abs. 3 Suchtmittelgesetz rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten (Jugendstraftat) verurteilt. Zugleich wurde die in der Erstverurteilung ausgesprochene bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe widerrufen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 17.12.2015, ZI. XXXX, wurde der Fremde wegen §§ 142, 143 (2.Fall) StGB [bewaffneter Raub] sowie wegen § 105 Abs. 1 StGB [Nötigung] und wegen § 146 StGB [Betrug] zu einer unbedingten Freiheitsstrafe 2 Jahren und 6 Monaten (Jugendstraftat) verurteilt. Zugleich wurde die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe anlässlich der Erst- und Zweitverurteilung, die unter einer Probezeit von 3 Jahren ausgesprochen worden war, widerrufen. Der Fremde erhob Beschwerde gegen den Widerruf der bedingten Haftentlassung und Berufung gegen die Strafhöhe. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 08.09.2016, ZI, XXXX, wurde sowohl der Berufung als auch der Beschwerde nicht Folge gegeben und erwuchs das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 17.12.2015 mit 08.09.2016 in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 06.10.2016, ZI. XXXX, dem Fremden zugestellt am 17.10.2016, entschied das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen wird. Es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Marokko zulässig ist und keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Das Recht zum Aufenthalt habe er ab dem 21.10.2014 verloren und es wurde ein Einreiseverbot auf die Dauer von sieben Jahren erlassen. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2017, Zl. I411 1435179-2/7E, wurde die Beschwerde des Fremden als unbegründet abgewiesen. Es liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.

Der Fremde ist der biologische Vater von XXXX, welche am XXXX geboren wurde.

Der Fremde geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und ist in keiner Institution oder Verein aktiv tätig.

Der Fremde befindet sich aktuell in Schubhaft.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:

Die Situation in Marokko hat sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2017 nicht wesentlich geändert. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Marokko eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Fremde keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Fremden im Bundesgebiet ist auch keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar. Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Marokko gilt gemäß § 1 Z 9 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung) als sicherer Herkunftsstaat. In Marokko herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Fremden vor diesem und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in den zu überprüfenden Bescheid.

2.1. Zur Person des Fremden

Die Feststellungen zur Person, seiner Herkunft, der Religionszugehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Fremden gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde sowie aus der Aktenlage.

Die Feststellung zu der strafgerichtlichen Verurteilung entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich am 22.01.2018.

2.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden

Der Fremde gab im gegenständlichen Verfahren keinen neuen Fluchtgrund an, er führte im Wesentlichen aus, dass er in Österreich beziehungsweise in Italien, in der Nähe seiner Tochter, leben würde. Im gegenständlichen Folgeantrag beruft sich der Fremde darauf, dass er der biologische Vater seiner Tochter sei und in Marokko keine Familienangehörigen oder Verwandte habe, seine gesamte Familie würde in Italien leben.

Der Antrag des Fremden deckt sich mit dem Vorverfahren und bringt letztlich allein wegen der belegten biologischen Vaterschaft zu seiner minderjährigen Töchter kein neues entscheidungsrelevante beziehungsweise berücksichtigungswürdige Faktum hervor. Der Fremde befand sich zwischen 03.10.2015 und 06.12.2017 in Strafhaft und befindet sich seit seiner Entlassung in Schubhaft.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Fremden ergeben sich aus den Aussagen des Fremden und aus dem Akteninhalt und der Aussage des Fremden in der niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Angesichts der Tatsache, dass der Fremde bei der Stellung seines Zweitantrages in Schubhaft angehalten wurde, liegt es nahe, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur stellte, um seine bevorstehende Abschiebung zu vereiteln. Diese Vermutung erhärtet sich auch durch den Umstand, dass der Fremde den ausgesprochenen Ausreiseverpflichtungen nicht nachgekommen ist.

Ein Abgleich zwischen den Feststellungen der vorangegangenen Asylverfahren und den Länderfeststellungen, welche der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt wurden, ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Marokko. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Fremden auch nicht behauptet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1.-gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2.-kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3.-im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4.-eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1.-gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2.-der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3.-die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Entscheidungen

§ 22. (10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

".

§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2015, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zunächst ist festzuhalten, dass der Fremde einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 Asylgesetz 2005 liegen im gegenständliche Fall vor:

Mit Bescheid vom 06.10.2016, ZI. XXXX, dem Fremden zugestellt am 17.10.2016, entschied das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen wird. Es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Marokko zulässig ist und keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Das Recht zum Aufenthalt habe er ab dem 21.10.2014 verloren und es wurde ein Einreiseverbot auf die Dauer von sieben Jahren erlassen. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.12.2017, Zl. I411 1435179-2/7E, wurde die Beschwerde des Fremden als unbegründet abgewiesen. Es liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.

Auch in seinem nunmehr zweiten Antrag auf internationalen Schutz bringt er dieselben Fluchtgründe wie in den vorherigen Anträgen vor. Seinem zweiten Asylantrag steht daher die Rechtskraft der Entscheidungen über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz entgegen (vgl. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783).

Wie auch schon der Erstantrag wird auch der gegenständliche Folgeantrag des Fremden voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Dem Vorbringen fehlt es an Asylrelevanz, sodass eine entscheidungswesentliche Änderung nicht zu erwarten ist.

Auch dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde an keiner existenzbedrohenden Krankheit leidet und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte, zumal der Fremde grundsätzlich gesund und daher erwerbsfähig ist. Außerdem besteht ganz allgemein in Marokko keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf dem Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Hinsichtlich des Familienlebens ist auszuführen, dass das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK das Zusammenleben der Familie schützt. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).

Das Bestehen eines Familienlebens liegt jedenfalls vor. Aus der Beziehung mit seiner Freundin entstammt eine minderjährige Tochter. Daher ist das Kindeswohl jedenfalls in Betracht zu ziehen. Das Familienleben zwischen Eltern und Kindern entsteht grundsätzlich mit der Geburt der Kinder und ist unabhängig von einem gemeinsamen Wohnsitz der Eltern; daher reichen regelmäßige Wochenendbesuche aus (VfGH 11.03.2014, U37-39/2013-13).

Der EGMR hatte in seinem Urteil vom 03.10.2014, J. gegen die Niederlande, Nr. 12.738/10 erklärt: "Gestattet ein Mitgliedstaat einer fremden Person, den Ausgang eines auswanderungsrechtlichen Verfahrens im Inland abzuwarten und ermöglicht er ihr so, ein Familienleben zu begründen, führt dies nicht automatisch zu einer aus Artikel 8 EMRK resultierenden Verpflichtung, die die Niederlassung zu erlauben. Wurde das Familienleben zu einer Zeit begründet, während der sich die betroffene Person über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus im Klaren war, kann ihre Ausweisung nur unter außergewöhnlichen Umständen gegen Artikel 8 EMRK verstoßen. Solche außergewöhnlichen Umstände können sich insbesondere aus einer sehr langen Aufenthaltsdauer und den Auswirkungen der Ausweisung auf die dadurch betroffenen Kinder ergeben. Wo Kinder betroffen sind, muss das Kindeswohl vorrangig berücksichtigt werden. Die Behörden müssen die Auswirkungen ihrer Entscheidung auf das Wohl der betroffenen Kinder prüfen. Im gegenständlichen Fall hatte der EGMR entschieden, dass die Ausweisung der Beschwerdeführerin, die seit mehr als

16 Jahren in den Niederlanden war und nie strafrechtlich verurteilt worden war, nicht rechtmäßig sei. Sie hatte in den Niederlanden drei Kinder und einen Ehemann, die alle die niederländische Staatsbürgerschaft hatten. Es war auch die Beschwerdeführerin, die sich im Alltag vorrangig um die Kinder kümmerte, sodass offensichtlich war, dass dem Wohl der Kinder am besten entsprochen werde, wenn ihre derzeitigen Lebensumstände nicht durch einen zwangsweisen Umzug der Mutter gestört würden. Auch wenn die Interessen der Kinder allein nicht entscheidend sein können, muss solchen Interessen auf jeden Fall erhebliches Gewicht beigemessen werden. Im gegenständlichen Fall war es daher unerheblich, dass das Familienleben zu einer Zeit geschaffen worden war, zu der den beteiligten Personen bekannt war, dass das Fortbestehen von Familienleben im Gaststaat wegen des Einwanderungsstatus einer von ihnen von Beginn an unsicher war."

Der gegenständliche Fall hat allerdings andere Voraussetzungen; der Fremde hält sich seit geraumer Zeit in Österreich auf, von der die überwiegende Dauer seines Aufenthaltes unrechtmäßig ist. Zudem befand sich der Fremde zwischen 03.10.2015 und 06.12.2017 in Strafhaft und befindet sich seit seiner Entlassung in Schubhaft.

Seine Freundin und die minderjährige Tochter sind Staatsangehörige Österreichs. Der Sachverhalt ist auch nicht mit dem vom EuGH in der Rechtssache Ruiz Zambrano, Urteil vom 08.03.2011, C-34/09, entschiedenen vergleichbar, da das Kind des Fremden bei einer Abschiebung des Vaters nicht gezwungen wären das Bundesgebiet zu verlassen.

Das hier relevante Familienleben wurde zu einem Zeitpunkt eingegangen, als der Aufenthaltsstatus des Fremden jedenfalls sehr unsicher war. Die Geburt des Kindes erfolgte nach der Ablehnung der Asylanträge. Aufgrund des Eingehens des Familienlebens trotz auf vorübergehender Basis fußenden Aufenthaltsstatus kann eine Verletzung von Art 8 EMRK nicht bejaht werden. Selbst wenn eine Trennung des Fremden von seinem Kind zu nachteiligen Auswirkungen auf das Wohl des Kindes nach sich zieht, wiegen die nachteiligen Folgen weniger schwer als das staatliche Interesse auf Verteidigung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

Würde sich ein Fremder nämlich generell in einer solchen Situation wie der Fremde erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist, wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichen Gehören zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde dem Fremden Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 11.01.2018 und am 18.01.2018 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, und es wurden ihm die Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.

Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist; da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, GFK,
Haft, mangelnder Anknüpfungspunkt, Schubhaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I414.2183750.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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