Entscheidungsdatum
26.01.2018Norm
BVergG 2006 §12 Abs1 Z3Spruch
W267 2183587-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Marcus Essl LL.M, M.E.S., als Einzelrichter im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "A10 Tauern Autobahn AB km 47,730 – 52,250 INS KN Pongau – Reittunnel und Ankerwand Egger – Bauleistung" (ID 12062) der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, Rotenturmstraße 5-9, 1011 Wien, vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien, als vergebender Stelle, auf Grund des Antrages der Bietergemeinschaft XXXX , vertreten durch die KESCHMANN Rechtsanwalts-GmbH, Servitengasse 4/20, 1090 Wien, vom 19.01.2018, der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens (in eventu: für die Dauer von sechs Wochen) die Erteilung des Zuschlags zu untersagen, wie folgt beschlossen:
A)
Der Auftraggeberin wird gemäß § 328 BVergG 2006 im Vergabeverfahren "A10 Tauern Autobahn, AB-km 47,730-52,250, INS Kn. Pongau-Reittunnel und Ankerwand Egger – Bauleistung" (ID 12062) die Erteilung des Zuschlages für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 19.01.2018, beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge auch kurz: BVwG) am selben Tage eingelangt, begehrte die gefährdete Partei XXXX (in der Folge auch: Antragstellerin) die Nichtigerklärung der Entscheidung der Gegnerin der gefährdeten Partei Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (in der Folge auch: ASFINAG oder Auftraggeberin) vom 09.01.2018, der XXXX (in der Folge auch: präsumtive Zuschlagsempfängerin), XXXX , den Zuschlag erteilen zu wollen, ferner die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren für Haupt- und Provisorialverfahren sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens (in eventu: für die Dauer von sechs Wochen) die Erteilung des Zuschlages untersagt werde.
Als Begründung für die Rechtmäßigkeit ihrer Anträge führte die Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt aus:
Mit dem gegenständlichen offenen Vergabeverfahren habe die ASFINAG Bauleistungen im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Vergebende Stelle sei die ASFINAG Bau Management GmbH. Die europaweite Auftragsbekanntmachung sei am 02.10.2017 im ABl 2017/S 191-390599 erfolgt. Gegenstand des nunmehr verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahrens sei ein Bauauftrag, der insbesondere folgende Leistungen umfasse:
Im Zuge von Instandsetzungsarbeiten auf der A10 Tauern-Autobahn, AB-km 47,730 - 52,250, sollen beide Richtungsfahrbahnen saniert werden. Dabei solle die bestehende Asphalt- bzw. Betondecke samt bituminösem Unterbau erneuert werden, wobei der neue Fahrbahnaufbau in Asphaltbauweise auszuführen und der Unterbau mittels Zementstabilisation zu adaptieren wäre. Des Weiteren seien die bestehende Entwässerung zu sanieren/adaptieren und die bestehenden Fahrzeugrückhaltesysteme zu ergänzen bzw. zu erneuern.
Zudem sei die im Bereich der AB-km 50,6 - 50,9 bestehende Ankerwand "Egger" auf der Richtungsfahrbahn Salzburg zu sanieren, wobei die diesbezüglichen Arbeiten in zwei aufeinanderfolgenden, sich durch unterschiedliche Verkehrsführungsmaßnahmen (4+0 bzw. 2-spuriger Verschwenk) unterscheidende Phasen zu erfolgen hätten.
Des Weiteren seien die bestehenden Lager des Talübergangs "Donnergraben" (AB-km 51,789 - 52,242) in den Achsen 2 und 7 (insgesamt 8 Stück Lager) im Zuge der Baumaßnahmen zu erneuern sowie eine Deckensanierung beim Zubringer Bischofshofen in Teilbereichen (Richtungsfahrbahn Bischofshofen – 1. FS) durchzuführen.
Der – bislang noch nicht erteilte – Zuschlag solle auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen. Das Vergabeverfahren sei im übrigen bislang auch nicht widerrufen worden.
Von den Qualitätskriterien wären für das gegenständliche Verfahren das Kriterium "Beschäftigung älterer Arbeitnehmer" gemäß Pos. 00B106P des geschlossenen Leistungsverzeichnisses Teil B.5 der Ausschreibungsunterlagen (in der Folge kurz: "B.5") sowie aus dem Kriterium "Erhöhung der Asphalteinbauqualität" das Sub-Kriterium "Durchgehender Antransport des Mischgutes mit Thermomulden" von Bedeutung.
Gemäß Pos. 00B106P der B.5 hatte jeder Bieter für das Qualitätskriterium "Beschäftigung älterer Arbeitnehmer" anzugeben, wie hoch – auf Basis von Vollarbeitsplätzen – der Prozentsatz der älteren Arbeitern unter jenen Mitarbeitern sein werde, die er im Durchrechnungszeitraum zur Ausführung des gegenständlichen Auftrags heranzuziehen beabsichtige. Diese Angabe sei sogar sanktionsbewehrt, da gemäß Pos. 00B411P Z der B.5 im Rahmen der Schlussrechnung die Einhaltung des Zuschlagskriteriums "Beschäftigung von älteren Arbeitern" (Pos. 00B106J) abschließend überprüft würde. Bei Unterschreitung des angebotenen Anteils an älteren Arbeitern im Durchrechnungszeitraum würde eine Pönale mit dem 1,5 fachen Wert jenes Vorteils, welcher dem Auftragnehmer im Zuge der Angebotsbewertung für dieses Zuschlagskriterium (bewertet in Euro) zu Gute gekommen war, fällig. Die Höhe der Pönale errechne sich aus den für dieses Kriterium erhaltenen Punkten, welche in Prozent bezogen auf den Angebotspreis umgerechnet und mit dem Faktor 1,5 multipliziert würden. Die Pönale würde anteilig für jene Teile des Zuschlagskriteriums fällig, die nicht eingehalten wurden.
Im Qualitätskriterium "Erhöhung der Asphalteinbauqualität" wiederum bewerte die Auftraggeberin als Sub-Kriterien "Maßnahmen, die über den Mindeststandard der Ausschreibung hinausgehen [ ]". Im Falle der Auftragserteilung wären die angebotenen Maßnahmen beim gesamten Asphalteinbau gemäß den zugehörigen Positionen im Leistungsverzeichnis durchgehend umzusetzen. Eines dieser in Pos. 00B106M der B.5 näher beschriebenen Sub-Kriterien sei "Durchgehender Antransport des Mischgutes mit Thermomulden". Dieses Sub-Kriterium wäre im Zusammenhang damit zu sehen, dass die Auftraggeberin die Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (in der Folge kurz: "RVS") über die maximale Transportweite für Mischgut von 80 km ersatzlos gestrichen und lediglich festgelegt habe, dass die "max. Erzeugungstemperatur lt. RVS sowie die minimale Einbautemperatur lt. RVS [ ] einzuhalten [seien], um somit eine entsprechende Mischgutqualität sicherzustellen" (vgl. Punkt 3.1.2.26 Abs. 3.5 der Technischen Vertragsbestimmungen Teil B.3 der Ausschreibungsunterlagen – in der Folge kurz "B.3").
Bejahe ein Bieter den durchgehenden Antransport mit Thermomulden, dürfe ein solcher nur in begründeten Ausnahmefällen und nur an maximal 10 % der Einbautage unterbleiben. Auch dieses Sub-Kriterium sei sanktionsbewehrt: Gemäß Pos. 00B411M der B.5 sei im Falle der Nichteinhaltung der gem. dem Zuschlagskriterium "Erhöhung der Asphalteinbauqualität" (Pos. 00B106M) angebotenen Maßnahmen eine Pönale vorgesehen.
Die Antragstellerin brachte weiters vor, dass die Ausschreibungsunterlagen zwei Mal berichtigt worden wären. Die Angebotsfrist hätte nach Verlängerung durch die erste Berichtigung am 13.11.2017, 14:00 Uhr, geendet. Über die Angebotsöffnung habe die Auftraggeberin das Angebotsöffnungsprotokoll (Beilage ./A, von der Antragstellerin als "Beilage ./1" bezeichnet) vom selben Tage erstellt.
Die Antragstellerin habe fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben.
Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe ein Hauptangebot sowie drei Abänderungsangebote abgegeben. Diesen sein gemein, dass im Qualitätskriterium "Beschäftigung älterer Arbeitnehmer" kein feststehender Prozentsatz, sondern lediglich ">20,00 %" angegeben worden sei. Im Qualitätskriterium "Erhöhung der Asphalteinbauqualität" behaupte die präsumtive Zuschlagsempfängerin zudem den "durchgehenden Antransport des Mischgutes mit Thermomulden". Dazu sei zu erwähnen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin ihren Sitz in Kärnten habe, wo sie auch über eine Mischanlage verfüge.
Der angebotene Gesamtpreis betrage bei der Antragstellerin EUR 10.942.863,04, bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zwischen EUR 9.779.986,63 und EUR 10.194.679,24. Ausweislich der Ergebnisse der Angebotsverlesung sei das Angebot der Antragstellerin nur Angeboten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nachgereiht. (s. Beilage ./A)
Mit Schreiben vom 09.01.2018 (Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, Beilage ./B, von der Antragstellerin als "Beilage ./2" bezeichnet), der Antragstellerin zugegangen am selben Tage, habe die Auftraggeberin ihr mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der nunmehr präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu erteilen, wobei das erfolgreiche Angebot deren Abänderungsangebot mit dem Gesamtpreis von EUR 9.978.111,99 sei.
Angefochten werde von der Antragstellerin daher die mit Schreiben der Auftraggeberin vom 09.01.2018 bekanntgegebene Zuschlagsentscheidung. Bei rechtskonformem Vorgehen hätte die Auftraggeberin das Hauptangebot und sämtliche Abänderungsangebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausscheiden müssen. In der Folge hätte sie die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin treffen müssen.
Ihr Interesse am Abschluss des Vertrages habe die Antragstellerin aufgrund der fristgerechten Abgabe eines ausschreibungskonformen Angebots, der fristgerechter Entsprechung der geforderten Nachreichung, ihr Schreiben an die Auftraggeberin vom 15.01.2018 (Beilage ./C, von der Antragstellerin als "Beilage ./3" bezeichnet) sowie durch Einbringung des vorliegenden Nachprüfungsantrages samt Antrag auf Einstweilige Verfügung und nicht zuletzt durch Entrichtung der dafür erforderlichen Gebühren ausreichend glaubhaft gemacht.
Der Antragstellerin drohe Schaden in Form der bislang durch das Vergabeverfahren im Vertrauen auf dessen rechtskonforme Durchführung entstandenen Kosten (einschließlich entrichteter Pauschalgebühren) von bislang insgesamt rund EUR 34.000,00, der noch entstehenden Verfahrenskosten sowie des Weiteren in Form der entgangenen Geschäftsmöglichkeit. Darüber hinaus habe der den Gegenstand der Ausschreibung bildende Auftrag – neben dem mit diesem für die Antragstellerin erzielbaren Gewinn – besonderen Wert für die Antragstellerin und jedes ihrer Mitglieder als Referenzauftrag für zukünftige Bewerbungen bei anderen Vergabeverfahren derselben Auftraggeberin, aber auch anderer Auftraggeber.
Die Antragstellerin brachte weiters vor, dass sie sich aufgrund der beschriebenen Umstände generell in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens sowie insbesondere in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aller Bieter, in ihrem Recht auf Einhaltung der bestandfesten Ausschreibungsbestimmungen sowohl durch die Bieter als auch durch den Auftraggeber, ferner in ihrem Recht auf Ausscheiden von Angeboten, wenn diese mit auch nur einem Ausscheidungsgrund belastet sind (insbesondere, wenn diese gegen die Ausschreibungsbestimmungen verstoßen oder eine spekulative Preisgestaltung aufweisen) sowie infolge gebotenen Ausscheidens der dem Angebot der Antragstellerin vorgereihten Angebote in ihrem Recht auf Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten und letztlich Zuschlagserteilung an sie verletzt erachte.
Inhaltlich begründete die Antragstellerin ihre Ansicht, dass das für den Zuschlag ausgewählte Angebot wie auch das zweite, ihr vorgereihte Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausgeschieden hätte werden müssen, insbesondere wie folgt:
Nach Ansicht der Antragstellerin hätte zum Qualitätskriterium "Beschäftigung älterer Arbeitnehmer" jeder Bieter einen fixen Prozentsatz anzugeben gehabt. Wenngleich die volle Punktezahl ab einem Anteil an älteren Arbeitnehmern von über 20 % erzielt werde, sei es nicht egal, um wieviel bei einem Bieter die 20 %-Grenze überschritten werde, da nicht die Grenze, sondern der konkret angebotene Wert für die Auslösung der Vertragsstrafe relevant sei. Gäbe ein Bieter – so wie die präsumtive Zuschlagsempfängerin – einfach nur ">20 %" an, dann sei fraglich, bei welchem Wert bei ihr die Vertragsstrafe fällig würde, weil ">20 %" keinen konkreten Wert darstelle. Bei allen anderen Bietern, die sich festgelegt hätten, sei hingegen der konkrete, 20 % übersteigende Wert ausschlaggebend. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hätte sich daher eine – in der Ausschreibung nicht vorgesehene – Bandbreite "herausgeholt", sodass bei ihr die Zahl der beschäftigten älteren Arbeitnehmer schwanken könne, solange diese prozentuell nur über 20 % ausmache. Von dieser, den Bestimmungen der Ausschreibung widersprechenden Angabe wären sowohl das Hauptangebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als auch jedes ihrer Abänderungsangebote betroffen, die sohin alle mit dem Ausscheidungsgrund des § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG belastet seien und auszuscheiden gewesen wären.
Hinsichtlich der Erfüllung des Qualitätskriteriums "Erhöhung der Asphalteinbauqualität" behaupte die präsumtive Zuschlagsempfängerin nach Ansicht der Antragstellerin unrichtigerweise, einen "durchgehenden Antransport des Mischgutes mit Thermomulden" gewährleisten zu können. Soweit der Antragstellerin bekannt, verfüge die präsumtive Zuschlagsempfängerin jedoch nicht über die für die Auftragsausführung erforderliche Anzahl an Thermomulden, sodass sie den "durchgehenden Antransport des Mischgutes mit Thermomulden" nicht hätte zusagen dürfen. Dies habe die Antragstellerin auch der Auftraggeberin in ihrem Schreiben vom 15.01.2018 (Beilage ./C) zur Kenntnis gebracht, die diese Bedenken jedoch in ihrer Antwort vom selben Tage (Beilage ./D, von der Antragstellerin als "Beilage ./4" bezeichnet) verworfen hätte.
Die Antragstellerin gehe ferner davon aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin für den Transport des Mischgutes mit Thermomulden weder Subunternehmer namhaft noch Gerätemietverträge oder dergleichen vorgelegt habe. Aufgrund der Entfernung der eigenen Mischanlage der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zur Baustelle wären für den durchgehenden Antransport des Mischgutes mit Thermomulden gut 20 Fahrzeuge erforderlich, um mit den wenigen Ausnahmetagen, die die Ausschreibung gewähre, das Auslangen zu finden. Die Verfügbarkeit der erforderlichen Thermomulden wäre nach Ansicht der Antragstellerin mit dem Angebot nachzuweisen gewesen. Gemäß Pos. 00B106M der B.5 seien nämlich im "Falle der Auftragserteilung [ ] die angebotenen Maßnahmen beim gesamten Asphalteinbau gemäß den zugehörigen Positionen im Leistungsverzeichnis durchgehend umzusetzen". Demnach habe also der Bieter nach Auftragserteilung auch tatsächlich auszuführen, was angeboten wurde.
Mit dieser Bekräftigung in Pos. 00B106M der B.5 sei jedoch nicht gemeint, dass die Auftraggeberin den Nachweis der erforderlichen technischen Ausstattung (und damit den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit) von der Angebotsphase in das Stadium der Auftragsausführung verschoben hätte. Ganz im Gegenteil ordne nämlich Pos. 00B104F der B.5 an, dass "eine Erklärung vorzulegen [ist], aus der hervorgeht, über welche Ausstattung, welche Baugeräte und welche technische Ausrüstung der Unternehmer für die Ausführung des Bauvorhabens verfügen wird." Diese Bestimmung zähle zur Pos. 00B104 und damit zu den Festlegungen zur Eignung. Die Vorlage der Erklärung über die Geräteausstattung könne nicht einem bloßen Selbstzweck dienen. Die Auftraggeberin hätte vielmehr anhand der Angaben in der Geräteliste zu prüfen gehabt, ob ein Bieter die von ihm angebotenen Leistungen überhaupt auszuführen in der Lage wäre.
In ihrer Erklärung über die Geräteausstattung hätte die präsumtiven Zuschlagsempfängerin daher zumindest plausibel darlegen müssen, wie sie mit ihrer technischen Ausrüstung einen Antransport des Mischgutes durchgehend mit Thermomulden bewerkstelligen werde bzw. mangels eigener Thermomulden, wie sie diese so beschaffen werde, dass sie ihr für die Auftragsausführung zur Verfügung stünden. Da dies nicht geschehen sei, hätten alle ihre Angebote schon mangels technischer Leistungsfähigkeit in Hinblick auf die konkret angebotenen Leistungen, nämlich den durchgehenden Antransport des Mischgutes mit Thermomulden, gemäß § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG ausgeschieden werden müssen.
Darüber hinaus bestehe die Vermutung einer spekulativen Preisgestaltung bei den Angeboten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Diese habe sich durch die Angabe "JA" zum Sub-Kriterium "Durchgehender Antransport des Mischgutes mit Thermomulden" die dafür zu erzielenden Punkte und damit einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie werde dabei – kalkulationsrelevant – einerseits darauf spekuliert haben, dass es die Auftraggeberin mit den Vertragsstrafen schon nicht so streng nehmen werde, oder dass sie über ausreichend Begründungsgeschick verfüge, um die Ausnahmemöglichkeiten voll auszuschöpfen. Der Kalkulation der präsumtiven Zuschlagsempfängerin müsse anderseits – zumindest im Kalkulationsformblatt K7 – jedenfalls zu entnehmen sein, welche Gerätemiete sie kalkuliert habe. Der Hinweis der Auftraggeberin im Schreiben vom 15.01.2018 (Beilage ./D) auf den europäischen Markt greife hier zu kurz: Zum einen benötige die präsumtive Zuschlagsempfängerin in Spitzenzeiten bis zu 28 Thermomulden zur Vertragserfüllung, die in dieser Anzahl zum relevanten Zeitpunkt im Binnenmarkt nicht zur Anmietung verfügbar wären. Zum anderen sei – selbst wenn es diese Thermomulden in ausreichender Anzahl verfügbar gäbe, wovon die Antragstellerin nicht ausginge – auszuschließen, dass eine Anmietun zu dem von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Preis bei Entsprechung der Anforderungen des § 125 Abs. 4 Z 1 BVergG ("alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze sowie die Personalkosten") möglich sein werde.
Unterstelle man, dass die Anlieferung des Mischgutes mit Thermomulden die höherwertige Leistung sei (andernfalls die Auftraggeberin dafür wohl keine Qualitätspunkte vergeben hätte), wäre auch in Hinblick auf § 125 Abs. 4 Z 2 BVergG ("der Einheitspreis [ ] für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringerwertige Leistungen") zweifelhaft, wie die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit allen fünf Angeboten die Billigstbieterin sein konnte. Das genaue Gegenteil wäre ja anzunehmen: Höhere Qualität bedinge in der Regel einen höheren Preis. Im Verhältnis der Zuschlagskriterien Preis und Qualität solle der Punktenachteil für den höheren Preis mit dem Punktevorteil für die höhere Qualität ausgeglichen werden.
In mehrfacher Hinsicht dürfte die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei der Preisgestaltung somit mit ihrem nachträglichen "Verhandlungsgeschick" gegenüber der Auftraggeberin, aber auch bei der Gerätebeschaffung darauf spekuliert haben, dass sich schon alles ausgehen werde. Vergaberechtlich sei dies aber unzulässig, weshalb das für den Zuschlag vorgesehene Abänderungsangebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, aber auch alle ihre anderen Angebote gemäß § 129 Abs. 1 Z 3 BVergG auszuscheiden gewesen wären.
Hinsichtlich der von der Auftraggeberin in ihrem Schreiben vom 15.01.2018 (Beilage ./D) ins Treffen geführten Angebotsreihung brachte die Antragstellerin vor, dass das Argument, dass ihr Angebot auch bei Nichtzuerkennung der Qualitätskriterien beim Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auf Rang 3 verbliebe und daher für eine Zuschlagserteilung nicht in Frage käme, unzutreffend sei. Eine bloße Nichtzuerkennung der Punkte in den Qualitätskriterien bei fehlender technischer Leistungsfähigkeit, ausschreibungswidrigen Angaben bzw. bei spekulativer Preisgestaltung käme nämlich nicht in Betracht. Die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wären allesamt auszuscheiden, sodass die Antragstellerin als legitime Bestbieterin an die erste Stelle rücke.
Die Antragstellerin erklärte in der Folge ihr (oben geschildertes) Vorbringen zum Nachprüfungsantrag vollinhaltlich auch zu ihrem Vorbringen im Sicherungsverfahren und führte diesbezüglich weiters aus, dass durch die von ihr beantragte einstweilige Verfügung verhindert werden solle, dass die Auftraggeberin vollendete Tatsachen schaffe.
Da seitens der Auftraggeberin auf Grund der Zuschlagsentscheidung vom 09.01.2018 die Erteilung des Zuschlages an die präsumtive Zuschlagsempfängerin beabsichtigt sei, drohe der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten ein Schaden im oben beschriebenen Ausmaß. Dieser könne nur durch die Verhinderung der Erteilung des Zuschlages abgewendet werden, weshalb das Verfahren bis zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag in einem Stand zu halten sei, der eine allfällige spätere Zuschlagsentscheidung und -erteilung an die Antragstellerin ermögliche. Die Untersagung der Zuschlagserteilung sei daher erforderlich, damit der – jedenfalls im Provisorialverfahren nicht von vornherein auszuschließende – Anspruch der Antragstellerin auf den Zuschlag wirksam gesichert werden könne.
Das Interesse der Antragstellerin an der Erlassung der Einstweiligen Verfügung ergäben sich aus dem ihr, wie oben dargelegt, drohenden Schaden. Einer vorläufigen Untersagung der Zuschlagserteilung stünden hingegen weder beachtlichen Interessen der Auftraggeberin noch ein besonderes öffentliches Interesse entgegen, noch überwögen Interessen der sonstigen beteiligten Bieter gegenüber jenen der Antragstellerin. Es sei auch nicht damit zu rechnen, dass durch das Innehalten im Vergabeverfahren für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens maßgebliche Nachteile für die Auftragsausführung entstehen könnten, zumal der Baubeginn flexibel mit "Auftragserteilung plus 21 Kalendertagen Dispositionsfrist" festgelegt wurde. Selbst in einer allfälligen Terminüberschreitung läge kein Nachteil, der in der Interessenabwägung Berücksichtigung finden dürfe, weil ein Auftraggeber es sonst durch entsprechendes Zeitmanagement bei der Auftragsvergabe in der Hand hätte, die Effizienz des Vergaberechtschutzes zu unterlaufen.
Am 19.01.2018 überwies die Antragstellerin Pauschalgebühren, die jene für den Erlass einer einstweiligen Verfügung jedenfalls abdecken (s. Zahlungsbeleg der Antragstellerin).
Am 19.01.2018 wurde die Auftraggeberin durch das BVwG gemäß § 323 Abs. 3 sowie § 328 Abs. 5 BVergG 2006 über den Nachprüfungsantrag und die beantragte einstweilige Verfügung informiert und unter anderem aufgefordert, innerhalb einer gesetzten Frist zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Stellung zu nehmen. Die Auftraggeberin wurde mit gleicher Benachrichtigung ferner aufgefordert, innerhalb gesetzter Frist dort näher bezeichnete allgemeine Auskünfte zum gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen sowie sämtliche diesbezüglichen Unterlagen zu übermitteln.
Am 23.01.2018 erteilten die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde von ihr lediglich mitgeteilt, dass hierzu kein Vorbringen erstattet werde. (OZ 6)
Am 25.01.2018 legte die Auftraggeberin dem BVwG die Unterlagen des Vergabeverfahrens vor und erstattete eine Stellungnahme im Nachprüfungsverfahren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat unter Einbindung der ASFINAG Bau Management GmbH als vergebender Stelle unter der Bezeichnung "A10 Tauern Autobahn, AB-km 47,730-52,250, INS Kn. Pongau-Reittunnel und Ankerwand Egger" (Vergabeverfahren ID-Nr. 12062) einen Bauauftrag mit dem CPV-Code 45233110-3 (Bauleistungen für Autobahnen) in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip ausgeschrieben. Der geschätzte Auftragswert beträgt EUR 10.585.761,66 (ohne USt.) Die Auftraggeberin hat den Auftrag u.a. am 02.10.2017 zur Zahl 2017/PROVIA ID-Nr: 12062 und im ABl. 2017/S 191-390599 veröffentlicht (Auskünfte der Auftraggeberin).
Gegenstand des ausgeschriebenen Bauauftrages sind insbesondere folgende Leistungen: Sanierung beider Richtungsfahrbahnen auf der A10 Tauern-Autobahn, AB-km 47,730 - 52,250 im Zuge von Instandsetzungsarbeiten. Dabei sollen die bestehende Asphalt- bzw. Betondecke samt bituminösem Unterbau erneuert werden, wobei der neue Fahrbahnaufbau in Asphaltbauweise auszuführen und der Unterbau mittels Zementstabilisation zu adaptieren ist. Des Weiteren sind die bestehende Entwässerung zu sanieren/adaptieren und die bestehenden Fahrzeugrückhaltesysteme zu ergänzen bzw. zu erneuern. Zudem sind die im Bereich der AB-km 50,6 - 50,9 bestehende Ankerwand "Egger" auf der Richtungsfahrbahn Salzburg zu sanieren, wobei die diesbezüglichen Arbeiten in zwei aufeinanderfolgenden, sich durch unterschiedliche Verkehrsführungsmaßnahmen (4+0 bzw. 2-spuriger Verschwenk) unterscheidende Phasen zu erfolgen haben. Zusätzlich sind die bestehenden Lager des Talübergangs "Donnergraben" (AB-km 51,789 - 52,242) in den Achsen 2 und 7 (insgesamt 8 Stück Lager) im Zuge der Baumaßnahmen zu erneuern sowie eine Deckensanierung beim Zubringer Bischofshofen in Teilbereichen (Richtungsfahrbahn Bischofshofen – 1. FS) durchzuführen. (Verfahrensakt)
Die Ausschreibungsunterlagen beinhalten unter anderem an von Bietern zu erfüllenden Qualitätskriterien die "Beschäftigung älterer Arbeitnehmer" (Pos. 00B106P des Leistungs-verzeichnisses Teil B.5) sowie die "Erhöhung der Asphalteinbauqualität" mit dem Sub-Kriterium "Durchgehender Antransport des Mischgutes mit Thermomulden".
Die Antragstellerin hat fristgerecht ein Angebot abgegeben. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat ein Hauptangebot und zumindest ein Änderungsangebot fristgerecht abgegeben (Auskünfte der Auftraggeberin; Verfahrensakt).
Die Angebotsöffnung erfolge am 13.11.2017. Es haben mehrere Bieter fristgerecht Angebote abgegeben, von denen keiner ausgeschieden wurde. An den ersten beiden Stellen der Reihung liegen Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (1. Änderungsangebot und Hauptangebot), an dritter Stelle das Angebot der Antragstellerin. (Auskünfte der Auftraggeberin).
Das Verfahren befindet sich im Stadium der Zuschlagsentscheidung, die den Bietern via PROVIA am 09.01.2018 mitgeteilt wurde. Darin gab die Auftraggeberin bekannt, dass beabsichtigt sei, der präsumtiven Zuschlagsempfängerin den Zuschlag zu erteilen (Auskünfte der Auftraggeberin; Verfahrensakt).
Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt. (Auskünfte der Auftraggeberin)
Die Antragstellerin brachte am 19.01.2018 einen Nachprüfungsantrag samt Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung über webERV ein. Sie bezahlte Pauschalgebühren in Höhe von EUR 9.234,00 (Verfahrensakt).
Die Auftraggeberin verzichtete ausdrücklich auf die Erstattung eines Vorbringens zum gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung (Verfahrensakt).
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann sowie eigene Wahrnehmungen des Gerichts im Rahmen einer Nachschau im Internet). Auskünfte der Antragstellerin betreffen ebenso ausschließlich mit der Auftraggeberin gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß Art 135 Abs. 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen eine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs. 1 BVergG 2006 ist im Anwendungsbereich dieses Gesetzes zwar grundsätzlich die Entscheidung durch Senate vorgesehen, einstweilige Verfügungen und verfahrensleitende Beschlüsse sind jedoch von der Senatszuständigkeit ausgenommen. Die gegenständliche Entscheidung ist daher durch einen Einzelrichter zu treffen.
Zu A)
Zur Zuständigkeit des BVwG und zur Zulässigkeit des Antrages
In der Bekanntmachung und den Angebotsunterlagen ist als Auftraggeberin der verfahrensgegenständlichen Vergabe die ASFINAG genannt. Diese ist nach ständiger Rechtsprechung öffentliche Auftraggeberin gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 und dem Bund gemäß Art 14b B-VG zuzurechnen.
Bei der gegenständlichen Ausschreibung von Bauarbeiten für Autobahnen handelt es sich um einen Bauauftrag gemäß § 4 Z 1 BVergG 2006. Der geschätzte Auftragswert übersteigt den Schwellenwert des § 12 Abs. 1 Z 3 BVergG 2006, sodass ein Verfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des BVergG 2006. Die allgemeine Zuständigkeit des BVwG zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung eines Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs. 2 BVergG 2006 iVm Art. 14 b Abs. 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.
Zumal laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und bislang kein Zuschlag wurde, ist das BVwG damit gemäß § 312 Abs. 2 BVergG 2006 zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen und zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung zuständig.
Bei der angefochtenen Entscheidung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden solle, handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit a sublit aa BVergG 2006.
Die angefochtene Entscheidung wurde der Antragstellerin am 09.01.2018 elektronisch über die Vergabeplattform PROVIA übermittelt. Der Nachprüfungsantrag ist daher gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 rechtzeitig.
Zur Zulässigkeit des Antrages
Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 zu prüfen, ob die Antragvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergab, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Zuschlagserteilung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung, nämlich der Zuschlagsentscheidung, behauptet wird, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 ist somit nicht gegeben.
Gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 sind Anträge auf Nachprüfungen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen. Die Antragstellerin hat von der ihr elektronisch im Wege der Vergabeplattform PROVIA übermittelten Zuschlagsentscheidung am 09.01.2018 Kenntnis erlangt. Der Nachprüfungsantrag ist am 19.01.2018 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden.
Die Pauschalgebühr wurde in gesetzlich vorgeschriebener Höhe entrichtet.
Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung zulässig ist.
Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 hat das BVwG auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006 hat das BVwG vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG 2006 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des BVwG über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Die Antragstellerin hat als vorläufige Maßnahme beantragt, der Auftraggeberin mittels einstweiliger Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens (in eventu: für die Dauer von sechs Wochen) die Erteilung des Zuschlags zu untersagen.
Da seitens der Auftraggeberin auf Grund der Entscheidung vom 09.01.2018 die Erteilung des Zuschlages an die präsumtiven Zuschlagsempfängerin beabsichtigt ist, dies aber bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin für den Zuschlag in Betracht kommen könnte, droht der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung der Erteilung des Zuschlages abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende eigene Anspruch der Antragstellerin auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das BVwG in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.
Die Auftraggeberin sprach sich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus. Hinzu kommt, dass aufgrund der dem Gericht bislang vorliegenden Unterlagen Teilen der Argumentationslinie der Antragstellerin nicht von Vornherein jegliche Berechtigung abgesprochen werden kann. Die genaue Überprüfung der jeweiligen Argumente geht jedoch über den Rahmen eines Sicherungsverfahrens hinaus, sodass dies dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben muss.
Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.
Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Angst/Jakusch/Mohr, EO15 (2012)[2008], E 4 zu § 391). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs. 4 BVergG 2006 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist.
Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des BVwG davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden.
Zum Antrag auf Gebührenersatz
Die Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung über den Ersatz der Pauschalgebühren gründet sich auf § 319 Abs. 1 BVergG 2006. Die Pauschalgebühren gemäß §§ 1 und 2 Abs. 4 BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe iVm § 318 Abs. 1 BVergG 2006 für den Antrag auf Nichtigerklärung und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Höhe von gesamt EUR 9.234,00 wurden von der Antragstellerin entrichtet. Der geschätzte Auftragswert übersteigt den Schwellenwert des § 12 BVergG 2006, erreicht jedoch nicht den zehnfachen Schwellenwert.
Die Entscheidung über den Antrag auf Gebührenersatz erfolgt gesondert.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138; VwGH 30.06.2004, 2004/04/0028; VwGH 01.02.2005, 2005/04/0004; VwGH 29.06.2005, 2005/04/0024; VwGH 01.03.2007, 2005/04/0239; VwGH 27.06.2007, 2005/04/0254; VwGH 29.02.2008, 2008/04/0019; VwGH 14.01.2009, 2008/04/0143; VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065; VwGH 29.09.2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bauauftrag der Oberschwelle, Bewertung, Dauer der Maßnahme,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W267.2183587.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.02.2018