TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/26 W155 2122787-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

Spruch

W155 2122787-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Silvia KRASA über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX,StA Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.12.2017, Zahl XXXX, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser behoben.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der unter Umgehung der Grenzkontrollen ins Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer stellte am 28.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab dabei an, dass er XXXX heiße, am 01.01.1990 in XXXX in Afghanistan geboren und, seine Muttersprache Dari sei sowie der Volksgruppe der Tadschiken angehöre. Er habe zuletzt in Mazar e Sharif gewohnt. Er habe die Grundschule von 1996 bis 2012 und von 2012 bis 2014 die Universität in XXXX besucht. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er Kontakt mit einem benachbarten Mädchen gehabt und ihre Familie diese Beziehung nicht akzeptiert habe. Die Familie namens XXXX habe ihn umbringen wollen. Da er arm sei und ihre Familie reich, hätte die Familie die Beziehung nicht gewollt. Bei einer Rückkehr in die Heimat fürchte er, dass er von der Familie XXXX umgebracht werde.

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.01.2016 korrigierte er sein Geburtsdatum auf XXXX, laut afghanischer Rechnung XXXX. Er habe zuhause als Schweißer in einer eigenen Werkstatt gearbeitet. Er habe Eisentüren und Tore gebaut. Er habe nach der Mittelschule diesen Beruf erlernt. Sein Vater sei LKW-Fahrer gewesen. Er habe vor der Ausreise mit seinen Eltern in XXXX gewohnt.

Er habe ein Mädchen gekannt, das in der Nachbarschaft gewohnt habe, sie hätten sich drei Jahre vom Sehen gekannt. Sie seien eigentlich befreundet gewesen, ihre Mutter habe von der Freundschaft gewusst, sonst niemand. Eines Tages hätte ein vermögender Juwelier um ihre Hand angehalten. Der Vater habe gewollt, dass die Tochter diesen heirate. Das Mädchen sei aufgrund der Beziehung zu ihm dagegen gewesen. Das Mädchen habe versucht, Selbstmord zu begehen. Der Vater sei dahinter gekommen, dass er der andere Verehrer sei und sei auch einmal in sein Geschäft gekommen. Er habe ihn dort geschlagen und aufgefordert, an einen ihm unbekannten Ort mitzufahre. Er sei nicht mitgefahren, sondern nach Kabul gefahren. Dort habe er gehört, dass das Mädchen außer Lebensgefahr sei und den Goldschmied geheiratet habe. Er sei dann nach XXXX zurückgefahren. Die sechs Brüder des Mädchens hätten erfahren, dass er der Freund gewesen sei, die Brüder hätten ihn angegriffen und mit einem Messer verletzt. Über diesen Vorfall habe nur ein Freund von ihm erfahren, seiner Mutter habe er es nicht erzählt. Eines Tages hätten zwei Brüder des Mädchens versucht, in das Haus einzudringen. Einer der Brüder sei verletzt worden, man habe den Mann zur Polizei bringen wollen. Er selbst habe das nicht gewollt, auch habe er den Streit nicht gewollt, sondern Afghanistan verlassen. Seine Mutter habe nach dem letzten Vorfall darauf gedrängt, dass er Afghanistan verlässt. Der Name des Mädchens sei XXXX, zirka 24 Jahre alt. Seine Mutter sei zur Familie gegangen wegen der Heirat, man habe sie aber weggeschickt, weil sie aus verschiedenen Gesellschaften gestammt hätten.

Er sei zirka einen Monat unterwegs gewesen. Er sei mit einem Reisepass, der vier Monate vorher ausgestellt worden sei, gereist. Im iranischen Konsulat in XXXX habe er ein Visum beantragt.

3. Mit Bescheid vom 24.02.2016 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen, der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 abgewiesen, ein Aufenthaltstitel nach §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Z 3 AsylG 2005 i.V.m. § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen. Nach § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Es wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Begründend wurde angeführt, dass das Vorbringen zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig sei. Er habe seine Fluchtgeschichte emotions-, inhaltsarm und zusammenhanglos geschildert. Darüber hinaus sei die extrem vage Art und Weise, wie er den behaupteten Fluchtgrund am 19.01.2016 geschildert habe, nicht geeignet, sein Vorhaben für glaubhaft befinden zu können. Er habe konkrete Angaben immer erst nach Nachfragen gemacht. Er habe in der freien Erzählung die von ihm vorgebrachten Gründe, die ihn zur Ausreise bewogen haben und von einer Rückkehr abhalten würden, nicht glaubhaft gemacht und könnten diese demnach nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft führen. Bei der vermeintlichen Liebesbeziehung habe er immer nur ein Mädchen bezeichnet und kein einziges Mal deren Namen erwähnt. Man gehe davon aus, dass es sich um eine erfundene Rahmengeschichte handle und er die wahren Gründe seiner Ausreise nicht bekannt geben wolle. Wenn er behaupte, eigentlich keine Beziehung mit dem Mädchen geführt zu haben und er nur aus dem missglückten Heiratsantrag bei den Eltern des Mädchens eine Gefährdung der Person abzuleiten versuche, sei dies unlogisch. Eine Ehrenschuld könne aufgrund einer Verehrung niemals entstehen, deshalb sei es abstrus, wenn er behaupte, dass die Brüder und der Vater des Mädchens ihn verfolgen sollten. Das Mädchen habe sich den Wünschen der Familie gefügt. Zu Beginn habe er angegeben, dass sich der Vorfall mit dem Vater in seiner Werkstatt ereignet habe, was er sodann auf sein Kleidergeschäft korrigiert habe. Aufgrund dieser Unsicherheit gehe die Behörde davon aus, dass er nicht die Wahrheit sage. Ungereimtheiten gebe es betreffend einzelner Vorfälle, aber auch seiner Reisepassbeantragung. Er habe diese Widersprüche auch nicht aufklären können.

Rechtlich wurde angeführt, dass die vorgebrachten Gründe, die ihn zur Ausreise bewogen hätten und von einer Rückkehr abhalten sollen, nicht glaubhaft seien und daher nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft führen. Für ihn bestehe in Afghanistan eine absolut taugliche Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und ein zumutbares Leben zu führen. Es hätten sich im Verfahren keinerlei Ansatzpunkte ergeben, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan seinen Lebensunterhalt nicht durch berufliche Tätigkeit bestreiten könnte. Er sei ein gesunder, erwachsener, arbeitsfähiger Mann und es wäre ihm auch nach der Rückkehr wie schon vor der Ausreise zumutbar, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Voraussetzungen des § 57 AsylG lägen nicht vor. Ebenso wäre eine Rückkehrentscheidung zulässig, weil er in Österreich über keinerlei Verwandtschaft verfüge, nur äußerst geringe Deutschkenntnisse habe und keiner Arbeit nachgehe. Sonstige private Bindungen zu Österreich habe er nicht. Er befinde sich erst seit kurzer Zeit in Österreich, sodass solche Bindungen nicht anzunehmen seien. Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben sei daher nicht festzustellen. Es seien keine Ansatzpunkte hervorgetreten, die die Vermutung einer besonderen Integration in Österreich rechtfertigen würden, demgegenüber stehe das Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens, wogegen er mit seiner illegalen Einreise verstoßen habe. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG komme daher nicht in Betracht. Bezüglich der Rückkehrentscheidung werde auf die zu Spruchpunkt II (betreffend subsidiären Schutz) dargelegten Erwägungen verwiesen.

4. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.08.2016 wurde die Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.2016, Zahl W178 2122787-1/20E, abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Fluchtgründe, das sind die Beziehung zu dem Mädchen, der Überfall und das versuchte Eindringen in das Haus der Familie nicht glaubwürdig seien. Andere Fluchtgründe seien nicht hervorgekommen. Beweiswürdigend stützte sich das Gericht auf die Recherchen des Amtssachverständigen XXXX vor Ort und erkannte dessen Gutachten als schlüssig und nachvollziehbar.

5. Am 31.10.2017 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Asylantrag. Im Rahmen der Erstbefragung vom 01.11.2017 brachte er vor, sich zwischen 20.01.2017 und 13.10.2017 in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten zu haben. Der Grund für seinen Asylantrag sei die neue Gefahr in Afghanistan, nachdem die österreichischen Behörden in seinem Wohnort XXXX Erhebungen durchgeführt hätten. Seine Feinde würden denken, dass er jemandem Bestechungsgeld bezahlt habe, um an Informationen zu gelangen. Daraufhin hätten seine Feinde (der Bruder eines Mädchens, mit der er in Afghanistan eine Beziehung gehabt habe und dessen Familie) seinen ältesten Bruder, den Ortsverantwortlichen seines Viertels und seinen Kickboxtrainer mit einer Pistole verletzt. Seinem Bruder habe man mit dem Pistolenschaft auf den Hinterkopf geschlagen, den Ortsverantwortlichen hätte man zwei mal in den Mund geschossen, wobei die Wange durchlöchert worden sei und sein Kickboxtrainer sei mit Schüssen in den Oberschenkel getroffen worden. Darüberhinaus habe man dem Beschwerdeführer erzählt, dass der Bruder seiner damaligen Freundin gedroht habe, ihn umzubringen, wenn sie ihn finden würden. Durch diese Bedrohung seien auch seine Verwandten (Mutter, Vater, seine zwei Brüder, die Frau seines Bruders und ihr drei Kinder) in den Iran geflohen. Er werde bestraft, weil er mit einem Mädchen Geschlechtsverkehr gehabt habe und in einer Beziehung gewesen sei, was durch die islamische Sharia verboten sei. Die Änderungen der Situation seien ihm seit der Durchführung der Erhebungen der österreichischen Behörde bekannt. Weiters stellte er klar, dass seine persönlichen Daten bis dato nicht richtig dargestellt wurden: er heiße mit Nachnamen XXXX und sei am XXXX geboren.

7. Im Rahmen einer Einvernahme durch die belangte Behörde am 16.11.2017 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er gesund sei. Er habe am 10.04.2017 vor einem Mullah in Deutschland die Ehe mit der minderjährigen XXXX geschlossen. Er habe einen neuerlichen Asylantrag gestellt, weil jemand Nachforschungen in Afghanistan angestellt habe und zur Familie gegangen sei, mit der er Probleme habe. Diese Familie habe gedacht, dass er diese Person geschickt habe. Diese Familie habe dann seine Familie bedroht und seinen Bruder geschlagen. Danach sei der Dorfälteste befragt worden, wer diesen Mann geschickt habe, was dieser nicht gewusst habe, woraufhin er in den Mund geschossen wurde. Diese Ereignisse hätten ein paar Tage, nachdem dieser Mann für Nachforschungen dort gewesen sei, stattgefunden. Er habe davon einige Tage danach erfahren. Vor eineinhalb Monaten sei seine Familie in den Iran geflüchtet, nunmehr sei sie auf dem Weg in die Türkei. Der Dorfälteste sei vor einem Jahr angeschossen worden, sein Trainer vor zwei bis drei Monaten. Nach der ersten Antragstellung habe er Österreich verlassen, er sei zwischen 29.01.2017 und 13.10.2017 in Deutschland gewesen, Europa habe er nicht verlassen. Die Person, die zu seiner Familie gekommen sei, habe Geld verlangt, zwei- bis dreitausend US-Dollar. Sie hätten die Wahrheit gesagt und das Geld nicht bezahlt. Wenn seine Geschichte nicht wahr wäre, hätte er nicht zugestimmt, dass dort in Afghanistan nachgeforscht werde. Sein Schwager und sein Trainer hätten Angst gehabt, weil sie gedacht hätten, dass der Mann von den Feinden, nicht von der Behörde komme. Im Rahmen dieser Einvernahme wurde er auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Länderinformationen der belangten Behörde zu Afghanistan hingewiesen.

8. Im Rahmen einer weiteren Einvernahme durch die belangte Behörde vom 05.12.2017 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er an keinen schwerwiegenden Krankheiten leide, er habe lediglich wegen seiner kranken Lebensgefährtin ein wenig Stress. Seiner Erachtens sei der Fall im ersten Verfahren nicht richtig bearbeitet und überprüft worden. Er sei seit einigen Tagen im Besitz von Fotos und Videos über den Box-Lehrer, diese habe er erst vor einigen Tagen von Facebook genommen, er hätte sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorlegen können. Seine Lebensgefährtin sei krank und möchte zu ihm nach Österreich kommen. In Afghanistan würde ihm Haft drohen. Er habe mit Afghanistan abgeschlossen, er wolle auch seinen Grundbesitz in Afghanistan verkaufen.

9. Mit undatiertem Schriftsatz, bei der belangten Behörde eingelangt am 12.12.2017, wiederholte er sein bisheriges Vorbringen zu den Übergriffen durch seine Feinde nach den durch das Gericht veranlassten Erkundigungen in Afghanistan.

10. Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 15.12.2017 wurden der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 FPG ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.)

Die belangte Behörde stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe, er Staatsangehöriger von Afghanistan, volljährig und gesund sei. Der Beschwerdeführer habe keine weiteren asylrelevanten Gründe vorgebracht bzw. habe sich kein neuer Sachverhalt ergeben. Er habe in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestünde. Seine minderjährige angebliche Lebensgefährtin XXXX, sei in Deutschland aufhältig. Der Beschwerdeführer habe keine sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden würden. Zum Einreiseverbot wurde festgestellt, dass er die gewährte Frist zur Ausreise nicht eingehalten habe, seinen Antrag auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet und missbräuchlich gestellt habe und seine Abschiebung durch Verlassen der Flüchtlingsunterkunft und unrechtmäßige Weiterreise nach Deutschland mutwillig und rechtswidrig verhindert habe. Zudem könne der Beschwerdeführer keine Mittel zum Unterhalt nachweisen.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde an, dass sich das Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren auf ein bereits rechtskräftig als unglaubwürdig qualifiziertes Vorbringen stütze, weshalb logischerweise kein neuer Sachverhalt vorliegen könne. Die vorgelegten Beweismittel seien zum Beweis dafür, dass die Verletzungen der abgelichteten Personen daher rühren, dass diese Person auf Grund von durchgeführten Erhebungen der österreichischen Behörde verletzt wurde. Auch habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass es ihm bereits im ersten Asylverfahren möglich gewesen wäre, die nun vorgelegten Beweismittel vorzulegen, er dies aber nicht für erforderlich gehalten habe. Im Ergebnis berge das Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren keinen glaubhaften Kern in sich.

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich über kein schützenswertes Privat- und Familienleben verfüge. Daher würde das öffentliche Interesse an seiner Außerlandesbringung überwiegen, weshalb eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen sei. Zum Einreiseverbot führte die belangte Behörde aus, dass eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot nach Art. 11 RückführungsRL einhergehe, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen worden sei. Der Beschwerdeführer sei nach Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.11.2016 am 29.01.2017 untergetaucht und habe sich in der Folge nach Deutschland abgesetzt, erst am 13.10.2017 sei er von deutschen Behörden nach Österreich rücküberstellt worden. Umgehungen bzw. Missachtungen der Vorschriften des Fremdenpolizeigesetzes seien keinesfalls als mindere oder geringfügige Fehlverhalten einzustufen, da auch zB die unrechtmäßige Einreise eines Drittstaatsangehörigen nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Wohnbevölkerung beeinflussen würde. Es liege nicht nur ein unrechtmäßiger Aufenthalt, sondern eine Missachtung eines Ausreisebefehls nach negativem Asylverfahren vor. Weiters treffe § 53 Abs. 2 Z 6 FPG zu.

11. In der binnen offener Frist eingebrachten Beschwerde bringt der Verein Menschenrecht für den Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde ohne weitere Prüfung der allgemeinen und Sicherheitslage in Afghanistan eine Abschiebung für möglich hält. Auch sei unklar, weshalb das Vorbringen, wonach das gesamte Umfeld des Beschwerdeführers durch Nachforschungen eines Verbindungsbeamten in Afghanistan in Schwierigkeiten gelangt sei, unberücksichtigt geblieben sei. Da er von angeführten Umständen erst nach rechtskräftig abgeschlossenem Beschwerdeverfahren Kenntnis erlangt habe, habe er diese Vorfälle nicht bereits im letzten Beschwerdeverfahren vorbringen können. Auch seine Familie sei erst später gezwungen worden, das Land zu verlassen. Seinem Antrag auf neuerliche Überprüfung im Heimatstaat habe die belangte Behörde ohne Begründung nicht entsprochen. Er habe im Rahmen der Erstbefragung und der Einvernahmen, ob in freier Erzählung oder auf Nachfrage, konkret und detailliert zu seinen Asylgründen Stellung genommen. Falls asylrelevante Antworten ausgeblieben seien, wäre er gerne bereit gewesen, weiter an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken. Die belangte Behörde habe sich lediglich rudimentär mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt, der Bescheid lasse eine nachvollziehbare Begründung für die Beurteilung der Asylrelevanz vermissen. Die Länderberichte der belangten Behörde seien sehr allgemein gehalten. Auch die rudimentäre Beweiswürdigung genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht. Durch die unterbliebene Beweisaufnahme liege eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung vor. Er verweise weiters auf die aktuellen Kurzinformationen der Staatendokumentation zu Afghanistan. Weiters habe der Beschwerdeführer in seiner Heimatprovinz keine familiären Anknüpfungspunkte, seine Familie sei aus Afghanistan geflohen. Die in den Länderinformationen aufgelisteten Selbsterhaltungskosten würden ihn mangels Familienanschluss in eine massive existenzielle Notlage bringen. Ein Rückkehrer riskiere, in die Armut abzurutschen, dies werde auch in den Länderfeststellungen bestätigt. Die belangte Behörde habe bezüglich der vom Beschwerdeführer gesetzten Integrationsschritte jegliche Feststellungen unterlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde

2.2. Res iudicata

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist regelmäßig die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat, soweit dieser angefochten wurde (VwSlg 7548A/1969, VfSlg 7240/1973, VwGH vom 8.10.1996, 94/04/0248; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1265 mwH).

Im vorliegenden Fall ist Sache des Rechtsmittelverfahrens somit die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des (zweiten) Asylantrages wegen entschiedener Sache. Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg 2066A/1951, VwGH vom 30.5.1995, 93/08/0207; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977, 2609/76). Die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht werden (VwGH 23.5.1995, 94/04/0081).

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, und andere). Identität der Sache liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 08.04.1992, 88/12/0169).

Der Begriff Identität der Sache muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden. Dies bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH vom 30.01.1995, 94/10/0162 ua). Einer neuen Sachentscheidung steht die Rechtskraft eines früher in der gleichen Angelegenheit ergangenen Bescheides gemäß § 68 Abs. 1 AVG nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten ist (VwGH 07.12.1988, 86/01/0164). Die Beantwortung der Frage, ob sich die nach dem früheren Bescheid maßgeblich gewesene Sachlage derart geändert hat, dass die Erlassung eines neuen Bescheides in Betracht kommt, setzt voraus, dass der bestehende Sachverhalt an der diesen Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsanschauung und ihrem normativen Hintergrund gemessen wird, und zwar nach derselben Methode, mit der er im Falle einer neuen Sachentscheidung an der Norm selbst zu messen wäre (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, fünfte Auflage, E 19 b zu § 68 AVG).

Das Erkenntnis des BVwG im ersten Asylverfahren wurde dem Beschwerdeführer am 14.11.2016 zugestellt und ist damit in Rechtskraft erwachsen. Der Beschwerdeführer bezog sich im nunmehrigen Verfahren auf die gleichen Fluchtgründe wie im ersten Verfahren, er erstattete hiezu ergänzendes Vorbringen und legte Fotos und Videos vor. Das Vorbringen bezieht sich auf den Zeitraum vor dem 14.11.2016 und erfuhr er davon – nach eigenen Angaben im Rahmen der Einvernahmen zum verfahrensgegenständlichen Antrag – noch während des ersten Asylverfahrens. Die Fotos und Videos hätte der Beschwerdeführer – nach eigenen Angaben im Rahmen der Einvernahmen zum verfahrensgegenständlichen Antrag – bereits im ersten Asylverfahren vorlegen können. Insgesamt sind Vorbringen und Beweisanbot somit als nova reperta zu bewerten, die im ersten Asylverfahren hätten vorgebracht werden können und müssen. Einer Berücksichtigung dieser Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren steht die rechtskräftige Erledigung des ersten Asylverfahrens entgegen.

Das entgegen stehende Vorbringen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer von den angeblichen, durch Nachforschungen eines Verbindungsbeamten im Umfeld des Beschwerdeführers in Afghanistan ausgelösten Gewalttätigkeiten erst nach rechtskräftig abgeschlossenem Beschwerdeverfahren Kenntnis erlangt habe, widerspricht diesbezüglichen Aussagen der beiden von der belangten Behörde durchgeführten Einvernahmen des Beschwerdeführers, weshalb ihm gemäß § 20 Abs. 1 BFA-VG keine Relevanz zukommt.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers im ersten Asylverfahren kein Glauben geschenkt wurde, daher kann aus der Fortführung dieses Vorbringens auch im hier gegenständlichen (zweiten) Verfahren nichts zu gewinnen sein.

Mit diesen Ausführungen ist klargestellt, dass in der persönlichen Sphäre des Beschwerdeführers keine Umstände eingetreten sind, welche geeignet wären, einen zulässigen neuerlichen Asylantrag zu begründen, sind doch diesem Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.

2.3. Rückkehrentscheidung und Art. 8 EMRK

Die belangte Behörde räumte dem Beschwerdeführer die Möglichkeit ein, zu den dort aufliegenden Länderberichten zu Afghanistan Stellung zu nehmen. Länderfeststellungen mit Stand Ende September 2017 wurden dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt. Diese entsprechen der asyl- und abschieberelevanten Lage in Afghanistan zum derzeitigen Zeitpunkt und werden somit der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

Der 27-jährige Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mann im erwerbsfähigen Alter. Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung, spricht Dari als Muttersprache, weiters Paschtu, Urdu, Englisch und Deutsch. Er ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens bis zu seiner Ausreise verbrachte. Er hat dort sogar Liegenschaftsbesitz und hat vor seiner Flucht als Schweißer in einer eigenen Werkstatt gearbeitet. Es sind somit keine Gründe ersichtlich, warum er sich nicht als gesunder Mann in erwerbsfähigem Alter in Afghanistan durch eigene Erwerbstätigkeit wiederum eine Existenzgrundlage aufbauen kann. Wenn man von den Angaben des Beschwerdeführers ausgeht, ist seine gesamte Familie in den Iran und dann weiter nach Europa geflohen. Auch wenn sich die Lage für Rückkehrer ohne familiären Rückhalt in XXXX hinsichtlich der Versorgungslage, Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche als schwierig erweist, kann der Beschwerdeführer durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise in XXXX das Auslangen finden.

In Zusammenschau ergibt sich, dass für den Beschwerdeführer die Möglichkeit einer den durchschnittlichen afghanischen Verhältnissen entsprechenden einfachen Lebensführung realistisch ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre oder in eine ausweglose Lage geraten würde. Nach menschlichem Ermessen ist daher davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar ist, sich unter Anspannung seiner Kräfte wieder in XXXX, alternativ in Kabul, niederzulassen und dort seine Existenz zu erwirtschaften. Sohin sind die Voraussetzungen für das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative gegeben, weshalb die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht in Betracht kommt und die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005 steht.

Bezüglich der Rückkehrentscheidung liegt keine wesentliche Sachverhaltsänderung vor, zumal keine fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers, der keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich hat, vorliegt. Zur in Deutschland lebenden Lebensgefährtin – die vor einem Mullah in Deutschland geschlossene Ehe kann in Österreich auf Grund des ordre public-Gedankens nicht anerkannt werden – ist zu sagen, dass deren Zusammenleben zu wenig lange gedauert hat, um von einem gefestigten Familienleben ausgehen zu können.

Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit Juni 2015 (mit Unterbrechung zwischen Jänner und Oktober 2017, somit seit zirka zwei Jahren) ist sehr kurz und wird dadurch relativiert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers sich teilweise auf unberechtigte Anträge auf internationalen Schutz stützte und teilweise (nach Rechtskraft des Erkenntnisses vom 10.11.2016 und Ablauf der zweiwöchigen Ausreisefrist) illegal war, wogegen er sein bisheriges Leben in Afghanistan verbrachte. Weitere Hinweise für eine erfolgte Integration des Beschwerdeführers in wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Hinsicht in Österreich wurden nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht hervorgekommen.

Es ist sohin davon auszugehen, dass im Falle des Beschwerdeführers kein relevanter Grad an Integration im Bundesgebiet erreicht worden ist, zumal die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf im Ergebnis nicht berechtigte Asylanträge gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, hingegen die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet als kurz zu bezeichnen ist, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort seine Mutter, seine Geschwister und Onkeln leben und der Beschwerdeführer die Sprache des Herkunftsstaates beherrscht sowie über Schulbildung verfügt, wogegen er im Bundesgebiet über keinerlei Familienangehörige verfügt und er auch sonst im Bundesgebiet keine fortgeschrittene Integration aufweist.

2.4. § 57 AsylG 2005

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor.

2.5. Einreiseverbot

Der Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot war stattzugeben, dies aus folgenden Erwägungen:

Die belangte Behörde stützte sich im Spruch auf § 53 Abs 1 iVm Abs. 2 FPG, ohne eine konkrete Ziffer zu benennen. In der rechtlichen Würdigung wurde dazu nur ausgeführt, dass keine der Ziffern des Abs. 2 zutreffe und dass diese Aufzählung nicht abschließend sei. In weiterer Folge stützte sich das BFA alleine darauf, dass gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) ein Einreiseverbot zu ergehen habe, wenn keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt werde.

Nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 2011, Zl. 2011/21/0237, und vom 15. Mai 2012, Zl. 2012/18/0029 muss aber für die Verhängung eines Einreiseverbotes jedenfalls eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegen.

Im erstgenannten Erkenntnis wurde unter Bezugnahme auf Art. 11 der Rückführungs-RL zur Dauer von Einreiseverboten ausgeführt:

"Wie sich aus alldem ergibt, stellt jedenfalls der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungs-RL noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde. Zwar kann eine Rückkehrentscheidung dessen ungeachtet mit einem Einreiseverbot einhergehen, eine zwingende Mindestdauer von 18 Monaten - mag sie auch häufig gerechtfertigt sein - in jedem Fall wird der Anordnung, wonach die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes ‚in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls' zu erfolgen habe, jedoch nicht gerecht. Letztere - zweifellos unmittelbar anwendbare - Richtlinienbestimmung steht daher § 53 Abs. 2 FPG insoweit entgegen, als dort - ohne Ausnahme - die Festsetzung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten vorgesehen ist. Umgekehrt kennt das FPG keine kürzere Frist für das Einreiseverbot. Es ist daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn sich das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist."

Im zweitgenannten Erkenntnis wurden diese Ausführungen bekräftigt. Im Anschluss daran hielt der Verwaltungsgerichtshof dann noch zusammenfassend fest, dass immer dann, wenn auf Grund des die öffentliche Ordnung (oder Sicherheit) bloß geringfügig beeinträchtigenden Fehlverhaltens des Drittstaatsangehörigen die Erlassung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten nicht gerechtfertigt ist, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen sei.

Im vorliegenden Fall hat es die belangte Behörde vollkommen unterlassen aufzuzeigen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung in irgendeiner Form gefährde und sohin der Tatbestand des § 53 Abs. 2 FPG verwirklicht sei.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt des Weiteren jegliche Kriterien vermissen, die im vorliegenden Fall für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbots herangezogen wurden und die letztlich für die Festlegung des Einreiseverbots im Ausmaß von 2 Jahren ausschlaggebend waren.

Zusammenfassend ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie hinsichtlich der Erlassung eines Einreiseverbotes die für die Begründung des Bescheides erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und diese damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer behördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

Da sich das Einreiseverbot als unrechtmäßig erweist, war Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 iVm.§ 27 VwGVG ersatzlos aufzuheben.

2.6. mündliche Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG kann das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weshalb im gegenständlichen Fall einer Beschwerde gegen eine Zurückweisungsentscheidung gemäß § 68 AVG, eine mündliche Verhandlung nicht abzuhalten war.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Begründungsmangel, Ehe, Einreiseverbot aufgehoben, Glaubwürdigkeit,
Identität der Sache, Interessenabwägung, nova reperta, öffentliches
Interesse, ordre public, Privat- und Familienleben, Prozesshindernis
der entschiedenen Sache, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W155.2122787.2.00

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten