TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/31 W120 2181765-1

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Veröffentlicht am 31.01.2018
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Entscheidungsdatum

31.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §34 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W120 2181765-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Eisner als Einzelrichter über die Beschwerde des minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch seine Mutter XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.12.2017, Zl 1071048209/150576134, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2, 4 und 5 AsylG 2005 stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 28.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 30.05.2015 fand die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

3. Am 29.11.2017 erfolgte eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte IV.-VI.).

5. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 27.12.2017.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der minderjähriger Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter

XXXX

(W120 2182326-1), nennt sich XXXX und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Der Beschwerdeführer hält sich derzeit gemeinsam mit seiner Mutter, seinem Vater XXXX (W120 2182331-1) und seinen Geschwistern XXXX (W120 1430299-1) und XXXX (W120 2181753-1) in Österreich auf.

Am 28.05.2015 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer minderjährig und ledig.

Der Beschwerdeführer ist nicht straffällig geworden.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.01.2018, Zl W120 2182326-1/4E, wurde der Beschwerde der Mutter des Beschwerdeführers XXXX stattgegeben und ihr der Status der Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt. Im Falle der Mutter des Beschwerdeführers ist kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Beschwerdeführers und jenem der Mutter des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Anhand der Ermittlungsergebnisse war davon auszugehen, dass sich die Mutter des Beschwerdeführers angesichts ihrer auf ein selbstbestimmtes Leben gerichteten Einstellung ("westliche Gesinnung") aus wohlbegründeter Furcht wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt zu werden, außerhalb Afghanistans befindet und in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren (vgl. das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.01.2018, W120 2182326-1/4E). Es liegt auch bezüglich der Mutter des Beschwerdeführers keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vor.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Der Beschwerdeführer ist der Sohn der Beschwerdeführerin XXXX (W120 2182326-1).

Somit ist der Beschwerdeführer als Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 zu betrachten.

Gemäß § 34 Abs. 2 iVm Abs. 5 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7 AsylG 2005).

Im vorliegenden Fall wurde der Mutter des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der Beschwerdeführer ist nicht straffällig geworden. Gegen die Mutter des Beschwerdeführers ist kein Asylaberkennungsverfahren anhängig. Dem Beschwerdeführer ist daher nach § 34 Abs. 4 iVm Abs. 5 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, dh der Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl. dazu auch Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 [2006], 499).

Der Beschwerde war daher stattzugeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm Abs. 2, 4 und 5 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Ein mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 21 Abs. 7

BFA-VG entfallen, da aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der Beschwerde stattzugeben ist.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Zur unproblematischen Anwendung des § 34 AsylG 2005 auch im Zusammenhang mit dem Begriff des Familienangehörigen gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 im Familienverfahren siehe etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2007, 2007/20/0281; 09.04.2008, 2008/19/0205; 25.11.2009, 2007/01/1153; 24.03.2011, 2008/23/1338; 06.09.2012, 2010/18/0398).

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W120.2181765.1.00

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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