TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/26 98/02/0191

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.05.2000
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
93 Eisenbahn;

Norm

AVG §46;
EisbKrV 1961 §18 Abs3;
EisenbahnG 1957 §54 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer, Dr. Klaus Krebs und Dr. Edeltraud Bernhart-Wagner, Rechtsanwälte in Wien I, Kärntner Ring 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. März 1998, Zl. UVS-03/P/21/00115/98, betreffend Übertretung der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 16. April 1997 um 11.53 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeugs eine durch Schrankenanlage gesicherte Eisenbahnkreuzung übersetzt, obwohl nach Öffnen der Schrankenbäume das rote Licht noch nicht erloschen gewesen sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 3 der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung begangen, weshalb über ihn gemäß § 54 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Unbestritten ist, dass die gegenständliche Eisenbahnkreuzung mit einer Schrankenanlage versehen ist, welche auch mit einer Lichtzeichenanlage ausgestattet ist.

In der Anzeige des Meldungslegers wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer die Eisenbahnkreuzung übersetzt habe, obwohl das Rotlicht der "aVLSA" noch nicht erloschen gewesen sei "und die Schrankenbäume erst zu ca. drei/viertel geöffnet" gewesen seien.

Die Eisenbahnkreuzung darf nach § 18 Abs. 3 leg. cit. erst übersetzt werden, wenn die Schrankenbäume wieder vollkommen geöffnet sind und bei Einrichtungen zur Abgabe von Lichtzeichen das gelbe und das rote Licht erloschen sind.

Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, es werde ihm auf Grund des Spruches des von der belangte Behörde bestätigten Straferkenntnisses vorgeworfen, eine Eisenbahnkreuzung übersetzt zu haben, "nachdem die Schrankenbäume wieder vollkommen geöffnet" gewesen seien. Gemäß § 18 Abs. 3 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung sei in diesem Fall aber das Übersetzen der Eisenbahnkreuzung zulässig. Es liege daher keine Verletzung des § 18 Abs. 3 leg. cit. vor, weshalb auch die Bestrafung nach § 54 Abs. 3 EisenbahnG rechtswidrig sei.

Entgegen der - offenbar auf einer unvollständigen Kenntnis der § 18 Abs. 3 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung beruhenden - Auffassung des Beschwerdeführers war aber ein Übersetzen der Eisenbahnkreuzung auch dann unzulässig, wenn selbst unter den Annahme einer vollständigen Öffnung der Schrankenbäume (siehe jedoch die anders lautenden Ausführungen des Meldungslegers in der Anzeige) das rote Licht der zusätzlich zur Schrankenanlage bei der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung angebrachten "Einrichtung zur Abgabe von Lichtzeichen" noch nicht erloschen gewesen sein sollte. Weshalb der Spruch des (von der belangten Behörde aufrecht erhaltenen) Straferkenntnisses im Hinblick auf § 18 Abs. 2 (erster Satz) leg. cit. - wo eine Anhaltepflicht näher geregelt wird - rechtswidrig sein soll, ist für den Gerichtshof nicht erkennbar.

Nach Meinung des Beschwerdeführers, der bestritten hat, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein, seien seine Verantwortung als Beschuldigter sowie die "Meldung" (Anzeige) des Meldungslegers jeweils in sich schlüssig und widerspruchsfrei. In diesem Fall komme der Aussage des Meldungslegers als Zeuge im Verhältnis zum Inhalt der Anzeige erhöhte Bedeutung zu. Es sei die Aussage des Meldungslegers als Zeuge der Entscheidung zu Grunde zu legen und nicht der Inhalt der "Meldung".

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass der Grundsatz der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, unter E 1 lit. b zu § 46 AVG, S. 338, wiedergegebene hg. Judikatur). Auch der Inhalt der Anzeige war daher zulässigerweise - insbesondere auch auf Grund des Verweises auf die Anzeige durch den als Zeugen vernommenen Meldungsleger - Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde und sohin ein Beweismittel, welches im Rahmen der Beweiswürdigung von der belangten Behörde berücksichtigt werden konnte. Dass der Meldungsleger bei seiner Zeugeneinvernahme am 19. Februar 1998, also lange Zeit nach der Tat, keine konkrete Erinnerung mehr hatte und nur auf die in der Anzeige enthaltenen Angaben verweisen konnte, macht die diesbezügliche Beweiswürdigung keineswegs bedenklich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1991, Zl. 90/03/0258).

Der Beschwerdeführer rügt ferner, der als Zeuge von der belangten Behörde einvernommene Meldungsleger habe im Zuge der mündliche Verhandlung nicht angegeben, dass er sich beim gegenständlichen Vorfall Notizen gemacht habe. Er habe derartige Notizen auch nicht vorlegen können und auf diese auch nicht verwiesen. Er habe nur angegeben, dass er dies "üblicherweise" mache. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei daher unrichtig und entspreche nicht den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens. Der Meldungsleger habe als Zeuge lediglich angegeben, dass er einen Irrtum in seiner Anzeige ausschließen könne. Dieser Aussage komme aber keine Bedeutung zu, weil sich der Meldungsleger nicht an den ursprünglichen Vorfall erinnern habe können.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal der Meldungsleger als Zeuge auch angab, dass er dann, wenn er das Kennzeichen und die Marke eines Kraftfahrzeugs nicht erkenne, den Vorfall nicht zur Anzeige bringe. Überdies haben die vom Meldungsleger in der Anzeige festgehaltenen Angaben zum Fahrzeug jedenfalls in Bezug auf Kennzeichen und Marke übereingestimmt (siehe auch diesbezügliche Bestätigung durch den von der Behörde am 11. September 1997 als Beschuldigter einvernommenen Beschwerdeführer).

Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, dass der Aussage des Meldungslegers die Aussagen von vier Zeugen gegenüber stünden, die übereinstimmend angegeben hätten, es habe am 16. April 1997 in der M.-Straße 16 eine Baubesprechung stattgefunden - und zwar in der Zeit zwischen 11.00 Uhr und zumindest 12.30 Uhr. an der auch der Beschwerdeführer teilgenommen habe. Der Beschwerdeführer sei an den immer am Mittwoch stattfindenden Baubesprechungen pünktlich um 11.00 Uhr anwesend gewesen und habe sich auch zwischendurch nicht entfernt. Diesbezüglich hätten die Zeugen sehr konkrete Erinnerungen gehabt. Der Zeuge S. habe auch angegeben, es wäre ihm aufgefallen, wenn sich der Beschwerdeführer zwischenzeitig entfernt hätte. Er habe aber angegeben, dass sich der Beschwerdeführer kein einziges Mal von einer derartigen Baubesprechung zwischendurch entfernt habe. Die Ausführungen der belangten Behörde, die Zeugen hätten keine konkrete Erinnerung an den 16. April 1997 seien sohin unrichtig. Die Zeugen hätten jeweils auf ihren Terminkalender verwiesen und angegeben, sie wüssten, wenn der Beschwerdeführer nicht anwesend gewesen wäre oder sich zwischendurch entfernt hätte. Im Umkehrschluss hätten diese Zeugen daher angegeben, dass der Beschwerdeführer anwesend gewesen sei und zwar die ganze Zeit hindurch, sohin zwischen 11.00 Uhr und 12.30. Uhr an der zuletzt angeführten Adresse. Es wäre daher auch dessen Fahrzeug mit dem näher genannten Kennzeichen vor diesem Ort gestanden.

Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht die Schlüssigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung zu entkräften und einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen. Der als Zeuge einvernommene Ing. W. (Elektroinstallation) hatte nämlich nach eigener Aussage keine konkrete Erinnerung an den Tattag. Er erinnerte sich an die am Tattag durchgeführte Baubesprechung nur auf Grund einer Kalendereintragung und konnte nur allgemein ausführen, dass ihm "keine einzige Baubesprechung in Erinnerung" sei, an der der Beschwerdeführer gefehlt habe. Auch der Zeuge S. (Fußbodenverleger) konnte sich nur noch allgemein an die regelmäßig am Mittwoch auf der Baustelle stattgefundenen Baubesprechungen erinnern. Er gab u. a. an, es wäre ihm aufgefallen und er wüsste es, wenn sich der Beschwerdeführer zwischenzeitlich entfernt hätte. Konkrete Angaben zum Tattag konnte auch dieser Zeuge nicht machen. Ferner hatte der Zeuge Kn. keine konkrete Erinnerung an den Tattag und konnte nur allgemein ausführen, dass "seines Wissens" der Beschwerdeführer zwischendurch die Baubesprechung nicht verlassen habe. Schließlich gab der Zeuge Kr. an, dass er am Tattag um 12.00 Uhr einen Termin, welchen er seinem Terminkalender entnommen habe, zwecks Besprechung der Neugestaltung und Sanierung des Gartens mit dem Beschwerdeführer gehabt habe. Insbesondere gab dieser Zeuge an, er wisse nicht mehr, wie der Beschwerdeführer am Tattag zur Baustelle gekommen sei. Die auf Grund dieser Zeugenaussagen vorgenommene Beweiswürdigung der Behörde erweist sich sohin als durchaus schlüssig und in Übereinstimmung mit der Aktenlage.

Schließlich rügt der Beschwerdeführer, der Meldungsleger habe in seiner Anzeige angegeben, das Fahrzeug des Beschwerdeführers sei dunkel gewesen. Gleichzeitig sei der Vorfall aber um 11.53 Uhr erfolgt, sohin zu Mittag; es sei davon auszugehen, dass ausgezeichnete Sicht und Tageslicht bestanden habe. Es sei daher nicht verständlich, wieso der Meldungsleger nicht die Farbe des angezeigten Kraftfahrzeugs erkannt habe. Es sei durchaus möglich, dass der Meldungsleger, wenn er die Farbe des angezeigten Fahrzeugs nicht erkannt habe, sich auch beim Kennzeichen geirrt habe.

Auch mit diesem Vorbringen, welches ausschließlich auf Mutmaßungen des Beschwerdeführers beruht, wird nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels dargetan, zumal dunkelblau jedenfalls als dunkel wahrgenommen wird und im Rahmen der nicht als unschlüssig zu qualifizierenden Beweiswürdigung durchaus davon ausgegangen werden kann, dass sich der Meldungsleger als geschultes Organ der Straßenaufsicht das Kennzeichen und die Marke des Tatfahrzeuges zum Tatzeitpunkt richtig wahrgenommen und in der Anzeige auch so wiedergegeben hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 2000

Schlagworte

Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen Grundsatz der Gleichwertigkeit Grundsatz der Unbeschränktheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998020191.X00

Im RIS seit

17.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten