Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BAO §167 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Baden Mödling in 2500 Baden bei Wien, Josefsplatz 13, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 26. Juli 2017, Zl. RV/7102097/2012, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2006 bis 2009 (mitbeteiligte Partei: B GmbH in B), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Im vorliegenden Fall hat das Bundesfinanzgericht - anders als das revisionswerbende Finanzamt - den von der mitbeteiligten Partei nachträglich angetretenen Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen nach Art. 7 Abs. 1 UStG 1994 (mit einer Ausnahme) in freier Beweiswürdigung als erbracht angesehen. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, eine Revision sei im Hinblick darauf, dass es sich bei den Streitfragen um auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachverhaltsfragen handle, nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
5 Die Revision führt dagegen im Vorbringen zu ihrer Zulässigkeit zunächst ins Treffen, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das Erfordernis eines zweifelsfreien Nachweises ab (Hinweis u.a. auf VwGH 27.11.2014, 2012/15/0192), weil es „lediglich auf die Glaubwürdigkeit der vorgelegten Urkunden“ abstelle. In den Revisionsgründen wird dazu unter dem Gesichtspunkt der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit im Wesentlichen dargelegt, das Bundesfinanzgericht habe einen falschen Maßstab - nämlich den einer bloß erforderlichen Glaubhaftmachung - angelegt, wenn es an einer Stelle seiner Entscheidungsgründe darlege, der erforderliche „Nachweis“ sei nicht gelungen, „wenn die Verbringungserklärung des Abnehmers oder seines Beauftragten fehlt und auch sonst keine gleichwertigen glaubhaften Nachweise für diese Beförderung vorgelegt wurden“. Es sei „widersprüchlich und unlogisch“, wenn das Bundesfinanzgericht von solchen (gemeint: nur) „glaubhaften“ Alternativnachweisen (im übernächsten Satz der Entscheidungsgründe) fordere, sie müssten das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit „zweifelsfrei bestätigen“.
6 Damit nimmt die Revision selbst darauf Bezug, dass das Bundesfinanzgericht einen zweifelsfreien Nachweis im Sinne der Judikatur als erforderlich angesehen hat. Dass es zu den dafür geeigneten, der fehlenden Verbringungserklärung „gleichwertigen“ Nachweisen auch darlegte, sie müssten „glaubhaft“ sein, ändert daran nichts.
7 Mit dem weiteren Vorbringen zur Zulässigkeit macht die Revision - unter Berufung auf völlig andersartige Sachverhalte betreffende Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes - geltend, das Bundesfinanzgericht habe seine Ermittlungspflichten verletzt und seine Beweiswürdigung sei nicht schlüssig. Schon mit dem ersten dieser Vorwürfe wendet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes, weil nur geltend gemacht wird, das Bundesfinanzgericht habe aus den vorgelegten Beweismitteln auf das Vorliegen der strittigen Voraussetzungen der Steuerfreiheit geschlossen, ohne Hilfstatsachen zu ermitteln, die nach der in der Revision vertretenen Ansicht erforderlich gewesen wären, um auch das revisionswerbende Finanzamt vom Vorliegen dieser Voraussetzungen zu überzeugen.
8 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird in der Revision auch insoweit nicht aufgezeigt. Das Bundesfinanzgericht ist in Auseinandersetzung mit den vorgelegten Beweismitteln (Rechnungen, vor den Verkäufen durchgeführte Abfragen der UID-Nummern, Nachweise über die Identität der Abholenden, nachträgliche eidesstattliche Erklärungen der Abnehmer, zum Teil auch Belege für die Zulassung der verkauften Fahrzeuge in Ungarn) und den vom Finanzamt dagegen erhobenen Einwänden zu der Überzeugung gelangt, dass an der Verbringung der Waren in andere Mitgliedstaaten, in denen der Erwerb steuerbar war, nicht zu zweifeln sei. Was die Revision dagegen ins Treffen führt, zeigt - auch unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Schlüssigkeit der Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes - keine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf. Eine solche ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beweismittel, auf die sich die Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes gründete, dem revisionswerbenden Finanzamt weniger aussagekräftig erscheinen als die Beweismittel, deren Ausreichen ein Finanzamt in dem mit dem (nur in den Revisionsgründen erwähnten) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 2012, 2009/15/0146, VwSlg 8776/F, entschiedenen Fall erfolglos bestritt.
9 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 20. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017130078.L00Im RIS seit
07.07.2020Zuletzt aktualisiert am
07.07.2020