TE OGH 2017/12/20 10ObS140/17m

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.12.2017
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter KAD Dr. Lukas Stärker und Dr. Reinhard Drössler (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Mag. Bertram Schneeberger, Rechtsanwalt in Hartberg, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 84–86, wegen Kostenerstattung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. September 2017, GZ 7 Rs 35/17x-20, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Kostenerstattung für (bereits erfolgte) Fahrten zu Dialysebehandlungen.

Die Vorinstanzen sprachen dem Kläger 2.457 EUR als Kostenerstattung für 150 Fahrten á 78 km von seinem Wohnort zu einem Dialysezentrum und zurück betreffend den Zeitraum von 29. 6. 2013 bis 2. 8. 2014 zu. Ausgehend davon, dass der Kläger vorgebracht hatte, die Fahrten in diesem Zeitraum mit einem (privaten) PKW durchgeführt zu haben („eigene Dialysefahrten“) wurde als Rechtsgrundlage § 24 Abs 3 und 4 der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft 2013 herangezogen (150 Fahrten zu je 78 km = 11.700 km 0,21 EUR [= Hälfte des amtlichen Kilometergeldes]). Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

In seiner außerordentlichen Revision vertritt der Kläger den Standpunkt, es hätten ihm für die 150 Fahrten in das Dialysezentrum 14.355 EUR, und zwar 150 x 95,70 EUR für Taxikosten bzw Kosten für Transporte durch ein Krankentransportunternehmen zugesprochen werden müssen, weil er „ebenso die Sachleistung (einzelne Krankentransporte) in Anspruch nehmen hätte können“.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:

1. Gemäß § 79 Abs 1 letzter Satz GSVG sind zur Inanspruchnahme der Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit auch die notwendigen Reise-(Fahrt-) und Transportkosten (§ 103 GSVG) zu gewähren.

2. Nach § 103 Abs 3 GSVG können bei Notwendigkeit des Transports gehunfähig Erkrankter zu besonderen Untersuchungen und Behandlungen über ärztlichen Antrag vom Versicherungsträger die Reise-(Fahrt-)kosten zur nächstgelegenen geeigneten Behandlungsstelle nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung übernommen werden.

3.1. Gemäß § 24 Abs 3 der Satzung der beklagten Partei in der anzuwendenden Fassung (SVGW 2013 avsv Nr 152/2012) werden Transporte für Beförderungen im Inland nach § 103 Abs 3 und 4 GSVG mit Krankenwagen von Krankenbeförderungseinrichtungen durchgeführt. Ist der gehunfähige Anspruchsberechtigte ohne Schaden für seine Gesundheit in der Lage, ein Taxi oder ein sonstiges geeignetes privates Kraftfahrzeug zu benutzen, können notwendige Transporte auch von konzessionierten Taxi- oder Transportunternehmen, gegebenenfalls auch von Privatpersonen durchgeführt werden.

3.2. Gemäß § 24 Abs 4 der Satzung wird bei Benutzung eines Privatfahrzeugs, bei der die Erstellung einer Kostenrechnung nicht möglich ist, ein Kostenersatz von 40 % des amtlichen Kilometertarifs gewährt. In den in § 86 Abs 5 GSVG und § 15a Abs 2 der Satzung angeführten Fällen, in denen der Versicherte keinen Kostenanteil zu tragen hat
– unter anderem bei der vom Kläger absolvierten Dialysebehandlung infolge Nierenerkrankung (§ 86 Abs 5 lit c GSVG) – gebührt ein Kostenersatz in Höhe des halben amtlichen Kilometergeldes.

4. Von dieser Rechtslage weichen die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht ab. Die Ansicht des Revisionswerbers, er habe als gemäß § 86 Abs 5 lit c GSVG von der Tragung des Kostenanteils befreiter Dialysepatient Anspruch auf Kostenersatz in „voller Höhe“, setzt sich darüber hinweg, dass sich diese Bestimmung auf vom Versicherungsträger gewährte Sachleistungen bezieht, sein Klagebegehren aber auf Kostenerstattung (also eine Geldleistung) gerichtet ist. Stellte die beklagte Partei dem Revisionswerber den Transport nicht als Sachleistung über eigene Einrichtungen oder über ihre Vertragspartner gegen direkte Verrechnung der Kosten mit dem Vertragspartner zur Verfügung, musste er sich diese Leistung zunächst selbst verschaffen und hat grundsätzlich deren Kosten selbst zu tragen, um nachher die satzungsgemäßen Geldleistungen mittels Leistungsklage auf Gewährung von Kostenersatz (Kostenerstattung oder Kostenzuschuss) liquidieren zu können. Ausgehend von den Feststellungen hat der Revisionswerber Kosten von 150 Fahrten á 95 EUR mittels eines Taxis oder Krankentransports nicht selbst getragen. Ein Anspruch auf Erstattung der den Krankenversicherungsträger treffenden Kosten von Sachleistungen in der Krankenversicherung besteht nicht.

Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Textnummer

E120506

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:010OBS00140.17M.1220.000

Im RIS seit

05.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten