TE Lvwg Erkenntnis 2017/12/13 VGW-251/037/RP11/14686/2017

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Veröffentlicht am 13.12.2017
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Entscheidungsdatum

13.12.2017

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §1
StVO 1960 §2 Abs1 Z10
StVO 1960 §89a Abs2
StVO 1960 §89a Abs2 lita
StVO 1960 §89a Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Landesrechtspfleger AR Peter Engelhart über die Beschwerde des Herrn R. H. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, vom 3.10.2017, Zl. MA 48-A3-39224/17, betreffend Vorschreibung von Kosten für das Entfernen und Aufbewahren eines Fahrzeuges, zu Recht e r k a n n t:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Entscheidungsgründe

Der angefochtene Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, vom 3.10.2017, Zl. MA 48/A3-39224/17, richtet sich an den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges und enthält folgenden Spruch:

„Das Fahrzeug PKW, Fiat ..., Fgnr.: ... war am 29.9.2017 in Wien, S.-weg ohne behördliche Kennzeichentafeln abgestellt und wurde in der Verwahrstelle der MA 48 4 Tage kostenpflichtig aufbewahrt.

Gemäß § 89a Abs. 7, 7a der StVO 1960, BGBL.Nr.159, in der derzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit §§ 2 u. 3 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 15.12.2016, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 50/16 werden Ihnen die Kosten für das Entfernen und Aufbewahren des Fahrzeuges vorgeschrieben.

Das Ausmaß der Kosten ist in den Tarifen I und II der zitierten Verordnung wie folgt festgesetzt:

Tarif I P.Nr.: 3 + 7 € 335,00 für das Entfernen des Fahrzeuges

Tarif II P.Nr.: 3 + 8  € 15,00 für jeden angefangenen Kalendertag nach

der Dauer der Aufbewahrung des

Fahrzeuges

Die Kosten betragen:

für das Entfernen für die Aufbewahrung für die Entsorgung daher insgesamt

€ 335,00 € 60,00 € 0,00 € 395,00

Der vorgeschriebene Kostenersatz ist binnen zwei Wochen mittels des angeschlossenen Zahlscheines an die Stadt Wien einzuzahlen.“

In der dagegen form- und fristgerecht eingebrachten Beschwerde brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor:

„Mein Fahrzeug wurde am 29.9.2017 in Wien, S.-weg von meinem Privatgrund behördlich abgeschleppt und zur Verwahrstelle der MA 48 verbracht.

Das Fahrzeug sei ohne Kennzeichentafeln auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gestanden.

Ich bestreite diesen Umstand, da es sich beim Abstellort um meinen Privatgrund handelt, der von dem übrigen Teil der Straße deutlich abgegrenzt ist, weshalb - ungeachtet der Eigentumsverhältnisse – nicht von einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinn des § 1 StVO auszugehen ist. Auf dem Lageplan ist der Abstellbereich als Vorgarten gekennzeichnet. (Anm.: hier ist eine handschriftliche Skizze der Liegenschaft des Beschwerdeführers eingezeichnet)

Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ist für jedermann erkennbar, dass dieser Bereich nicht für jedermann zu den gleichen Bedingungen benützbar ist und eben nicht in den Anwendungsbereich der StVO fällt.

Vor einigen Jahren wurde aufgrund eines gleichlautenden Vorwurfs bereits eine Überprüfung durch die Volksanwaltschaft durchgeführt, bei der es zu dem Ergebnis kam, dass eine Beanstandung nicht zulässig war, Dieser Vorfall ist der MA 48 bekannt und wurde auch Im Zuge der gegenständlichen Abschleppung bei der MA 48 in den Akten vorgefunden.

Erst im Vorjahr wurde von einem Mitarbeiter der MA 48 bei einem Lokalaugenschein mein Grundstück und der Abstellort meines Fahrzeuges geprüft und für ordnungsgemäß befunden.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass auch bei Polizeistreifen in unserer Siedlung keine entsprechenden Beanstandungen erfolgen, weshalb hier zusätzlich von einem rechtskonformen Verhalten meinerseits auszugehen ist.

Zusammenfassend stelle ich daher den Antrag, nach Durchführung einer hiermit beantragten mündlichen Verhandlung von der Vorschreibung der Kosten für Abschleppung und Verwahrung abzusehen und das Verfahren einzustellen.“

Verfahrenseinleitend war der Wahrnehmungsbericht der Magistratsabteilung 48, nach dem am 26.9.2017 um 12.47 Uhr von einem Organ der Magistratsabteilung 48 gemeldet wurde, dass ein PKW, Fiat ..., Kennzeichen laut Pickerl W-... in Wien, S.-weg ohne behördliche Kennzeichentafeln abgestellt sei. Dem Wahrnehmungsbericht der MA 48 sind drei Fotos des kennzeichenlosen Fahrzeuges auf der fraglichen Örtlichkeit beigeschlossen, so auch das untenstehende:

(Foto nicht anonymisierbar)

Dieses Fahrzeug wurde am 29.9.2017 durch die Magistratsabteilung 48 – Abschleppgruppe von der genannten Örtlichkeit entfernt und in die Verwahrstelle der Magistratsabteilung 48 verbracht.

Bei der Abholung des gegenständlichen Fahrzeuges von der Verwahrstelle der MA 48 am 2.10.2017 verweigerte der nunmehrige Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer die Bezahlung der Kosten und verlangte die Vorschreibung dieser Kosten.

In weiterer Folge erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

Im Beschwerdeverfahren wurde die belangte Behörde mit hg. Schreiben vom 7.11.2017 (unter Beischluss des Aktes) ersucht, zum Beschwerdevorbringen, wonach der gegenständliche Abstellort bereits von der Magistratsabteilung 48 bzw. der Volksanwaltschaft überprüft und für ordnungsgemäß befunden worden sei, Stellung zu nehmen. Daraufhin wurde folgende behördliche Stellungnahme vom 15.11.2017 übermittelt:

„Die Magistratsabteilung 48-Abschleppgruppe teilt nach Überprüfung mit, dass in unserem Computersystem lediglich eine Meldung von der Örtlichkeit ..., S.-weg vom 10.8.2007 unter der Aktenzahl MA 48/A3-31832/07 eingetragen ist. Damals wurde ein roter Fiat ... ohne Kennzeichen gemeldet. Der Abschleppauftrag wurde aber vom Disponenten wieder storniert. Da es keine weiteren schriftlichen Aufzeichnungen aus dem Jahr 2007 gibt, kann der Stornogrund nicht mehr nachvollzogen werden. Möglicherweise ist der Fahrzeugbesitzer vor der Entfernung zum Fahrzeug gekommen und hat das Fahrzeug weggestellt, oder die Kennzeichen angebracht.

Eine Überprüfung der Volksanwaltschaft zu dieser Adresse konnte ebenfalls nicht gefunden werden. Es gibt auch keine schriftlichen Aufzeichnungen, dass es sich bei dieser Adresse um einen Privatgrund handelt.

Wie auf den beigefügten Fotos ersichtlich, handelt es sich bei der Abschleppfläche eindeutig um eine öffentliche Grundfläche, die von Jedermann zu den gleichen Bedingungen benützt werden kann. Auf den Fotos des Meldungslegers ist feststellbar, dass keine Abgrenzung zur öffentlichen Fläche und auch kein Hinweis auf einen Privatgrund angebracht ist.“

Diesem Schreiben waren Planauszüge der fraglichen Örtlichkeit angeschlossen, die die gesamte Fläche vor dem Haus des Beschwerdeführers (also die Fahrbahn und die unmittelbar ans Haus angrenzende Fläche) als öffentlichen Grund ausweisen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 89a Abs. 2 StVO 1960 in der zum Abschleppzeitpunkt geltenden Fassung hat die Behörde die Entfernung eines Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen, wenn durch diesen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig sein oder nicht, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt wird.

Gemäß § 89a Abs. 2 lit. a StVO 1960 in der Fassung der 14. Novelle BGBl. Nr. 213/1987 ist die Entfernung eines auf der Straße stehenden Fahrzeuges ohne weiteres zu veranlassen, wenn zu vermuten ist, dass sich dessen der Inhaber entledigen wollte, sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Kraftfahrzeug oder Anhänger.

Gemäß § 89a Abs. 7 StVO 1960 erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war.

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde, dass es sich beim Abstellort um seinen Privatgrund handeln würde, der von dem übrigen Teil der Straße deutlich abgegrenzt sei, weshalb nicht von einer Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinn des § 1 StVO auszugehen sei; auf dem Lageplan sei der Abstellbereich als Vorgarten gekennzeichnet.

Aus den im Akt einliegenden Fotos von der Örtlichkeit Wien, S.-weg, ist ersichtlich, dass dieser Abstellort sich von der unmittelbar angrenzenden Fahrbahn kaum abhebt, sondern als befestigter Gehsteigbereich darstellt. Insbesondere ist dieser unmittelbar an die Fahrbahn grenzende Bereich von dieser weder abgegrenzt noch abgeschrankt. Auch ist dieser Ort in keiner anderen Weise als nicht allgemein zugänglicher Ort nach außen sichtbar gemacht worden.

Diese parallel zur Fahrbahn verlaufende Fläche erscheint daher für jedermann benutzbar. Die Verkehrsfläche ist frei zugänglich bzw. befahrbar.

Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 zweiter Satz StVO solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehen. Maßgeblich sind somit nicht die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benützbarkeit der Verkehrsfläche. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Straße ganz oder teilweise im Privateigentum steht, sondern maßgeblich ist, dass die Gemeindestraße von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann (vgl. VwGH 11.7.2001, 98/03/0165).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 10 StVO 1967 ist ein Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße.

Dafür, ob ein Gehsteig vorliegt, sind nur die äußeren Merkmale entscheidend. Einer behördlichen Widmung als Gehsteig bedarf es nicht. Es kommt auch nicht darauf an, ob bzw. in welchem Ausmaß die Verkehrsfläche von Fußgängern benötigt wird (vgl. VwGH 20.1.1986, 85/02/0192, ÖJZ 1986, 665).

Es kommt nicht darauf an, ob es sich den Eigentumsverhältnissen nach um öffentliches Gut oder um einen Privatgrund handelt, sondern maßgeblich ist, dass der Gehsteig von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann.

Entscheidend dafür, ob eine Straße mit öffentlichem Verkehr vorliegt oder nicht, sind somit allein die äußeren für den Verkehrsteilnehmer wahrnehmbaren Verhältnisse, nicht aber die für ihn nicht erkennbaren Rechtsverhältnisse an einer Verkehrsfläche.

Die gegenständliche Örtlichkeit befindet sich in Wien, S.-weg, und ist bei Zugrundelegung der obigen Ausführungen eine nach dem äußeren Anschein für den Fußgängerverkehr bestimmte Straßenfläche. Insbesondere ist diese Fläche in keinster Weise von der unmittelbar angrenzenden Fahrbahn abgegrenzt. Auch die geringfügig andere Beschaffenheit des Belags als die angrenzende Fahrbahn kann diesen Anschein nicht widerlegen.

Wie zuvor ausgeführt ist für die Qualifikation als Gehsteig bzw. als öffentliche Verkehrsfläche unwesentlich, in welchem Eigentum die jeweilige Fläche liegt.

Im Hinblick darauf sowie unter Berücksichtigung der vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen waren die Voraussetzungen zur Entfernung des Fahrzeuges erfüllt und erfolgte demnach die Abschleppung zu Recht.

Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß § 89a Abs. 5 StVO gesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer, mit Bescheid vorzuschreiben.

Gemäß § 89a Abs. 7, 7a und 8 der StVO wurden dem nunmehrigen Beschwerdeführer als Eigentümer und Inhaber des genannten Fahrzeuges die Kosten für die Entfernung (335,00 Euro) und Aufbewahrung für die Dauer von 4 Tagen (60,00 Euro) vorgeschrieben.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 89a Abs. 2 lit. a StVO 1960 rechtfertigt seit dem Inkrafttreten der 14. StVO-Novelle der bloße Umstand, dass an einem Kraftfahrzeug keine Kennzeichentafeln angebracht sind, bereits seine Entfernung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 16.12.1992, Zl. 92/02/0209).

Im Zusammenhang mit der Entfernung von Hindernissen und den damit verbundenen Kosten gilt das Verursacherprinzip und nicht das Verschuldensprinzip, somit kann das erkennende Verwaltungsgericht den Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner fehlenden Verantwortung an der gesetzwidrigen Abstellung des Fahrzeuges und den damit verbundenen Konsequenzen nicht folgen. Das Fahrzeug wurde erwiesenermaßen am 26.9.2017 um 12.47 Uhr ohne Kennzeichen in Wien, S.-weg vorgefunden.

Angesichts der gesetzwidrigen Aufstellung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers und der dadurch erfüllten Voraussetzungen zur Entfernung, erfolgte nicht nur die Entfernung des Fahrzeuges, sondern auch die Vorschreibung der entstandenen Kosten hinsichtlich Aufbewahrung zu Recht.

Die Höhe der Kosten für das Entfernen, Aufbewahren und Entsorgen des Kraftfahrzeuges gründet sich auf die Vorschrift der Tarifordnung des Magistrates der Stadt Wien, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 50/2016.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Zum Beschwerdeantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wird festgestellt, dass das Verwaltungsgericht Wien gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen kann, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.

Weiters kann gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG die Verhandlung entfallen, wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Schlagworte

Straße mit öffentlichem Verkehr, Privatgrund, öffentliches Gut, Gehsteig, öffentliche Verkehrsfläche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.251.037.RP11.14686.2017

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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