TE Lvwg Erkenntnis 2017/12/20 VGW-021/020/12131/2017

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Veröffentlicht am 20.12.2017
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Entscheidungsdatum

20.12.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §1 Abs4
GewO 1994 §366 Abs1 Z1
VStG §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerde des Herrn C. E., Wien, G.-gasse, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 18.08.2017, Zl. MBA ... - S 12177/17, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF,

zu Recht e r k a n n t:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zusammengefasst zur Last gelegt, er habe am 20.12.2016 in Wien, G.-gasse, mit der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, durch das Anbieten von den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeiten im Internet an einen größeren Kreis von Personen, wobei das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten sei, das freie Gewerbe: „Handelsgewerbe“ ausgeübt, ohne die hierfür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, indem er auf der Webseite mit der Internetadresse http://www.s... Nahrungsergänzungsprodukte zum Verkauf angeboten habe. Wegen Übertretung der im Spruch genannten Norm wurde eine Geldstrafe, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und wurde ein behördlicher Kostenbeitrag in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe zur Zahlung vorgeschrieben.

Innerhalb offener Frist erhob der Beschwerdeführer gegenständliche Beschwerde, mit welcher er darauf hinwies, dass er das Gewerbe des Handelsvertreters bereits seit 19.12.2012 in Deutschland offiziell eingetragen ausübe. Die Informationsseite habe der Firmengründung seiner Lebensgefährtin gedient, welche am 1.2.2017 selbst als Gewerbetreibende eingetragen worden sei. Seine Verantwortlichkeit reiche somit nur bis zum 1.2.2017. Mit dem Hinweis auf Unionsrecht wurde um Einstellung des Verfahrens ersucht.

Gemäß § 1 Abs. 4 GewO 1994 wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach dieser Vorschrift ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Was das unverwechselbare Feststehen der Identität der Tat betrifft, muss erstens im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen und gegebenenfalls auch im außerordentlichen Rechtsmittelverfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und muss zweitens der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. VwSlgNF 11.466 A - verst Sen; VwGH 15.4.1985, 83/10/0162, 14.1.1987, 86/06/0017).

Im Hinblick auf § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 wird das (in Rede stehende) Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 4 zweiter Satz GewO 1994 ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung (hier: Eintragungen im Internet) die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende Tätigkeit entfaltet wird (vgl. VwGH 22.11.1988, 88/04/0128, 2.6.1999, 98/04/0051).

Nach der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG wird beim Vorwurf einer unbefugten Gewerbeausübung durch das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen die Anführung des genauen und vollständigen Wortlautes dieser Ankündigungen im Spruch des Straferkenntnisses vorausgesetzt, da tatbestandsbegründend ist, dass sich hieraus das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit zweifelsfrei ergibt (vgl. VwGH 14.5.1985, 84/04/0140, 17.3.1987, 85/04/0210).

Diesbezügliche Ausführungen fehlen in der Tatanlastung des angefochtenen Straferkenntnisses zur Gänze, im Übrigen ist (auch) der Aufforderung zur Rechtfertigung keine dem Gesetz (§ 44a Z 1 VStG) und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechende Umschreibung der Taten zu entnehmen.

Sohin ist spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die dort angeführte Gesetzesstelle. Im Hinblick auf § 44 Abs. 2 VwGVG konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Freie Gewerbe; Handelsgewerbe; Internet; keine Gewerbeberechtigung; Konkretisierungsgebot; Spruch; Straferkenntnis; vollständiger Wortlaut

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.021.020.12131.2017

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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