TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/23 W235 2153920-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2018
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Entscheidungsdatum

23.01.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W235 2153920-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von mj.

XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gesetzlich vertreten durch: XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2017, Zl. 17-1146044009-170340763, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zweiter Satz des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"Für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz ist gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO Italien zuständig."

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der minderjährige, am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geborene Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, ist der Sohn von XXXX, die ebenfalls Staatsangehörige von Nigeria ist und die am XXXX09.2016 nach illegaler Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Mit Bescheid vom XXXX02.2017 wurde der Antrag der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen die Mutter des Beschwerdeführers die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Italien zulässig ist.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX03.2017, Zl. XXXX, gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen und gemäß § 61 Abs. 3 FPG die Durchführung der Außerlandesbringung der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers bis acht Wochen nach dessen Geburt aufgeschoben.

1.2. Am 17.03.2017 stellte der minderjährige Beschwerdeführer im Wege seiner gesetzlichen Vertreterin (= Mutter) den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am Tag der Antragstellung gab die Mutter des Beschwerdeführers im Wesentlichen an, dass der minderjährige Beschwerdeführer keine eigenen Verfolgungsgründe oder Rückkehrbefürchtungen habe und sie den Antrag stelle, weil sie wolle, dass der Beschwerdeführer in Österreich denselben Schutz erhalten solle wie seine Mutter.

Der gesetzlichen Vertreterin wurde weiters am 17.03.2017 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihr zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Italien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde der gesetzlichen Vertreterin am selben Tag übergeben und von ihr unterfertigt (vgl. AS 13).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der italienischen Dublinbehörde mit Schreiben vom 20.03.2017 die Geburt des Beschwerdeführers bekannt und verwies darauf, dass Italien als für die Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers zuständiger Mitgliedstaat nunmehr gemäß Art. 20 Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) auch für die Führung des Asylverfahrens des neugeborenen Beschwerdeführers zuständig ist.

1.4. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 06.02.2017 wurde dem Beschwerdeführer im Wege seiner gesetzlichen Vertretung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Italien angenommen wird.

1.5. Am 13.04.2017 wurde die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Beschwerdeführers nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei sie zunächst angab, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die Befragung zu absolvieren. Sie habe nichts Neues vorzulegen und verfüge auch nicht über Verwandte in Österreich oder im Gebiet der Europäischen Union. Sie lebe mit dem minderjährigen Beschwerdeführer in der Grundversorgung. Zur geplanten Vorgehensweise, den minderjährigen Beschwerdeführer (gemeinsam mit seiner Mutter) nach Italien zu überstellen, gab die gesetzliche Vertreterin an, dass sie nichts über Italien wisse. Die Italiener hätten auch nicht gewusst, dass die gesetzliche Vertreterin schwanger gewesen sei. Sie glaube nicht, dass der Beschwerdeführer gerne nach Italien gehen wolle. Es habe ihr in Italien nicht gefallen. Zu den Länderfeststellungen des Bundesamtes zu Italien gab die gesetzliche Vertreterin an, dass sie diese nicht haben wolle.

Dem während der gesamten Einvernahme anwesenden Rechtsberater wurde nunmehr die Möglichkeit gegeben, eine Stellungnahme abzugeben. Der Rechtsberater wollte weder eine Stellungnahme abgeben noch Anregungen vorbringen.

Im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte die gesetzliche Vertreterin nachstehende Unterlagen vor:

* Geburtsurkunde des minderjährigen Beschwerdeführers vom XXXX03.2017;

* Auszug aus dem Geburtseintrag vom XXXX03.2017 betreffend den minderjährigen Beschwerdeführer und

* Ambulanzbefund des minderjährigen Beschwerdeführers vom XXXX03.2017, vom XXXX04.2017 und vom XXXX04.2017 mit der Anmerkung "sehr guter AZ" und der Diagnose Frühgeborenenanämie

1.6. Laut einem im Akt befindlichen Schreiben vom 08.06.2015 garantiert das italienische Innenministerium, dass alle Familien mit minderjährigen Kindern, die im Zuge der Dublin III-VO nach Italien überstellt werden, zusammenbleiben und gemeinsam in einer familiengerechten und dem Alter der Kinder entsprechenden Unterkunft untergebracht werden. Einer Beilage zu diesem Schreiben ist zu entnehmen, dass 161 neue Unterbringungsplätze für Familien mit minderjährigen Kindern geschaffen worden seien, die auch explizit für diese Personengruppe reserviert seien. In einem weiteren Schreiben, das direkt an die österreichische Dublinbehörde gerichtet ist, wird diese Zusage unter Berufung auf das Urteil des EGMR vom 04.11.2014, Tarakhel gegen die Schweiz, wiederholt.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Italien zulässig ist. Die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung werde bis acht Wochen nach der Geburt des Beschwerdeführers aufgeschoben (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der Beschwerdeführer am XXXX in Österreich zur Welt gekommen sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass im Fall des Beschwerdeführers schwere psychische Störungen und oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestünden. Festgestellt werde, dass die Mutter des Beschwerdeführers am XXXX07.2016 in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden sei und sich Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO für die Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers für zuständig erklärt habe. Es liege ein Familienverfahren vor, das aus der Mutter des Beschwerdeführers und dem Beschwerdeführer bestehe. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 10 bis 46 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass aufgrund der vorgelegten Geburtsurkunde feststehe, dass der Beschwerdeführer am XXXX in Österreich geboren sei. Es hätten sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leide. Aufgrund des Eurodac-Treffers stehe fest, dass seine Mutter am XXXX07.2016 in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Der zuständige Dublinstaat Italien sei durch das Bundesamt am 20.03.2017 über die Geburt des Beschwerdeführers informiert worden. Die weiteren Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zu Italien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Seitens Italiens liege eine Zusicherung vom Feber 2015 vor, in welcher Italien bei Überstellung von Familien mit minderjährigen Kindern die Wahrung der Familieneinheit sowie die Unterbringung in einer familiengerechten Einrichtung sicherstelle. Mit Schreiben vom 08.06.2015 habe die italienische Dublinbehörde mitgeteilt, dass 161 Unterbringungsplätze für Familien mit minderjährigen Kindern geschaffen worden seien. Eine Liste mit Namen und Anzahl der Plätze sei dem Schreiben beigefügt. Diese Plätze seien im Rahmen des S.P.R.A.R. Programms geschaffen worden und würden eine "integrierte Aufnahme" für Familien mit minderjährigen Kindern beinhalten. Das Bundesamt kündige die Dublin Überstellung mindestens 15 Tage vor dem geplanten Überstellungstermin den italienischen Behörden an und sei bei Übernahme der Familie der österreichische Verbindungsbeamte am vereinbarten Überstellungsort anwesend, sodass sichergestellt sei, dass etwaige Koordinierungsfragen zwischen den Behörden auf kurzem Weg gelöst würden und die Unterbringung der Familie in den zugesicherten Unterbringungsplatz unterstützt werde. Aufgrund der vorliegenden Schreiben entfalle die Notwendigkeit zur Erteilung von individuellen Zusicherungen. Aus den Angaben der Mutter des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Italien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Im vorliegenden Fall handle es sich um ein Familienverfahren und habe sich für die Mutter des Beschwerdeführers dieselbe aufenthaltsbeendigende Maßnahme wie für den Beschwerdeführer ergeben. Darüber hinaus gebe es keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. von Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesem Aspekt zulässig sei. Italien sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen, Italien treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe daher bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei. Letztlich wurde zu Spruchpunkt III. ausgeführt, dass sich die Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers im Bereich des Mutterschutzes bzw. im Status der Schutzfrist befinde, weshalb der Durchführungsaufschub auszusprechen gewesen sei. Nachdem von einer ausreichenden medizinischen Behandlung in Italien auszugehen sei und keine Bedenken bestünden, dass nötige Untersuchungen oder Behandlungen auch in Italien durchgeführt werden könnten, spreche nichts dagegen, dass der Beschwerdeführer und seine Mutter nach dem achtwöchigen Mutterschutz, der mit 01.05.2017 ende, nach Italien überstellt würden.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege der ausgewiesenen Vertretung seiner gesetzlichen Vertreterin am 19.04.2017 fristgerecht Beschwerde und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Verweis der Behörde auf die aktuellen Länderfeststellungen nicht die tagesaktuellen Gegebenheiten widerspiegeln würde. Zahlreiche Berichte von Menschenrechtsorganisationen würden belegen, wie weit die tatsächliche Praxis von der Theorie abweiche. Die Situation für Dublin-Rückkehrer nach Italien sei bedenklich und sei die extrem hohe Anzahl an ankommenden Flüchtlingen in Italien für alle Beteiligten eine enorm belastende Situation. Im Jahr 2014 seien etwa 170.000 Flüchtlinge in Italien angekommen und sei diese Zahl im Jahr 2015 mit etwa 150.000 kaum gesunken. Im Jahr 2016 seien sogar über 180.000 Flüchtlinge in Italien angekommen und gebe es keine Strategien im Umgang mit den Flüchtlingsströmen. Die italienische Regierung sei nicht in der Lage, die Sicherheit, Versorgung und Gesundheit der Flüchtlinge zu garantieren. Es bestehe kein Grund an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu zweifeln, wenn er seine persönlichen Erfahrungen zu seinem Aufenthalt in Italien schildere, insbesondere, dass er über keine Unterkunft in Italien verfügt habe. In der Folge zitierte die Beschwerde zwei Berichte von "Ärzte ohne Grenzen" vom 12.04.2016 und vom 20.11.2015, in welchen ausgeführt wurde, dass viele Dublin-Rückkehrer in "inoffiziellen Unterkünften" landen würden und, dass auch die Standards in den bestehenden Unterkünften nicht tragbar seien. Insgesamt könne festgestellt werden, dass die Situation der Flüchtlinge in Italien im Allgemeinen nicht den Standards genüge, die das EU-Recht vorschreibe. Auch hätten bereits mehrere nationale europäische Gerichte entschieden, dass im Fall einer Zuständigkeit Italiens das eigentlich unzuständige Land seinen Selbsteintritt erklären müsse, um eine Verletzung von Art. 3 EMRK zu vermeiden. Weiters werde darauf hingewiesen, dass es sich im vorliegenden Fall um ein neugeborenes Kind handle, das die Obdachlosigkeit in Italien bestimmt nicht überleben könne. Die Behörde hätte daher eine spezielle Anfrage an die italienische Asylbehörde schicken müssen, um eine passende und sichere Unterkunft für den Beschwerdeführer und seine Mutter zu sichern.

4. Mit Bericht vom 14.09.2017 gab die Landespolizeidirektion Niederösterreich bekannt, dass der minderjährige Beschwerdeführer am selben Tag gemeinsam mit seiner Mutter auf dem Luftweg nach Italien überstellt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, wurde am XXXX in Österreich als Sohn einer nigerianischen Staatsangehörigen geboren. Seine Mutter stellte am 17.03.2017 für ihn den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zuvor stellte seine Mutter am XXXX09.2016 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX02.2017 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen wurde, dass Italien für die Prüfung dieses Antrags zuständig ist. Eine gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mangels österreichischer Zuständigkeit zur Führung des Asylverfahrens rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX03.2017 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 20.03.2017 gab das Bundesamt den italienischen Behörden die Geburt des Beschwerdeführers bekannt und verwies im Sinne von Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO auf die Zuständigkeit Italiens zur Übernahme des minderjährigen Beschwerdeführers.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Italien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Erkrankung leidet, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

Es bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet.

Am 14.09.2017 wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter auf dem Luftweg nach Italien überstellt.

1.2. Zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien:

Zum italienischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 10 bis 46 umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Dublin-Rückkehrer:

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen am Flughafen Rom-Fiumicino, einige auch am Flughafen Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Questura für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab.

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in IT gestellt hat, kann er dies tun, wie jeder andere auch.

2. Ist das Verfahren des AW noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere AW.

3. Hat er beim ersten Aufenthalt in Italien eine negative Entscheidung erhalten und dagegen keine Beschwerde eingelegt, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE gebracht werden.

4. Wurde das Verfahren des Rückkehrers negativ entschieden, dieser aber nicht informiert (weil er etwa schon weg war), kann er Beschwerde einlegen.

5. Hat der AW Italien vor seinem persönlichen Interview verlassen und erging folglich eine negative Entscheidung, kann der Rückkehrer ein neues Interview beantragen (AIDA 12.2015).

Im Falle einer 8-köpfigen afghanischen Familie, welche über Italien nach Österreich und weiter in die Schweiz gereist ist und welche im Rahmen der Dublin-Verordnung von der Schweiz nach Italien rückzuüberstellen war, hat der EGMR am 4.11.2014 festgestellt, dass eine Überstellung nach Italien das Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) verletzen würde, falls die Schweiz nicht vorab von Italien Einzelfallzusicherungen für eine altersgerechte Betreuung der Kinder und für die Wahrung der Einheit der Familie einholt (sogen. Tarakhel-Urteil) (EGMR 4.11.2014; vgl. AIDA 12.2015).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte IT im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind (AIDA 12.2015). Im Februar 2016 wurde in einem neuen Rundbrief diese Liste aktualisiert. Sie umfasst 23 SPRAR-Projekte mit zusammen 85 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (Mdl 15.2.2016).

b). Unterbringung:

Mit LD 142/2015 wurde ein 2-Phasen-Unterbringungssystem eingeführt, das im Wesentlichen dem davor Üblichen entspricht. Die erste Phase bilden die Ersthelfer- und Unterbringungszentren CPSA, Erstaufnahmezentren CPA und Notfallzentren CAS, sowie Unterbringungszentren CARA. In diesen Einrichtungen sollen AW nur temporär untergebracht werden, bis Verlegung in SPRAR möglich ist. Das SPRAR bildet die 2. Phase der Unterbringung. Fremde sind zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und wenn eine Bedürftigkeit besteht, welche auf Basis von Eigendeklaration festgestellt wird. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung (bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist). Bei Rechtsmitteln mit automatischer aufschiebender Wirkung besteht das Recht auch bis zu Entscheidung des Gerichts (AIDA 12.2015).

Die Praxis, dass der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der Verbalizzazione (formelle Registrierung des Antrags) gegeben ist, anstatt sofort nach Fotosegnalamento (erkennungsdienstliche Behandlung), bestand laut AIDA aber zumindest bis Ende September 2015 fort. Zwischen diesen beiden Schritten waren, abhängig von Region und Antragszahlen, vor allem in den großen Städten Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich. Betroffene AW waren daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen oder es drohte ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Auch ist nicht bekannt, wie sich die Situation momentan darstellt. Betroffen waren außerdem nur Personen, die ihren Antrag im Land stellten, keine auf See geretteten AW (AIDA 12.2015).

[...]

Die SPRAR-Projekte der Gemeinden (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) sind hauptsächlich Wohnungen oder kleine Zentren. Im Mai 2015 bestand das SPRAR aus 430 Einzelprojekten. Die Zahl der Unterbringungsplätze lag Ende 2015 bei 19.715, aber die Schaffung von 10.000 weiteren Plätzen wurde angekündigt. SPRAR-Projekte bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Integrationsberatung und Freizeitaktivitäten. Die Unterbringungsbedingungen sind besser als in CARA-Zentren. Es gibt eigene Projekte im Rahmen des SPRAR für UM bzw. geistig oder körperlich Behinderte, welche spezialisierte Leistungen bieten. Im SPRAR Untergebrachte erhalten EUR 60-75 Taschengeld. Das SPRAR verfügt über standardisierte Integrationsprogramme für AW und Schutzberechtigte, die auch Jobtrainings und Praktika umfassen. Auch wenn es Unterschiede zwischen den einzelnen Projekten gibt, werden die Integrationsmaßnahmen an den italienischen Zentren dennoch als unzulänglich kritisiert. Die max. Aufenthaltsdauer im SPRAR liegt bei 6 bis 12 Monaten (AIDA 12.2015; vgl. AIDA 12.3.2016).

[...]

Als größtes Problem für Rückkehrer wird die Unterbringungssituation betrachtet. Dublin-Rückkehrer (AW oder Schutzberechtigte), die zuvor in Italien nicht untergebracht waren, haben bei Rückkehr Zugang zu Unterbringung. Eine Aussage darüber, wie lange es dauert bis auch tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Berichten zufolge ist es in der Vergangenheit zu Fällen gekommen, in denen Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden konnten und sich selbst unterbringen mussten, mitunter in Behelfssiedlungen (AIDA 12.2015).

Gleichzeitig besagten ältere Berichte, dass ein AW, der dem Unterbringungszentrum ohne Genehmigung über eine bestimmte Frist fernbleibt, seinen Unterbringungsplatz verliert und danach nicht wieder in derselben Struktur untergebracht werden kann (AIDA 1.2015). Angeblich gilt dieses Verbot der erneuten Unterbringung für 6 Monate nach dem Verlassen der Unterbringung (SFH 5.2011).

Um die Unterbringungssituation von Dublin-Rückkehrern zu verbessern, wurden ab 2011 im Rahmen des Europäischen Flüchtlingsfonds (FER) Projekte nahe der Flughäfen finanziert, an denen diese am häufigsten ankommen (ARCO, ARCA, ASTRA am Flughafen Rom-Fiumicino; STELLA, ALI, TERRA am Flughafen Mailand-Malpensa; und weitere in Venedig, Bari und Bologna) (AIDA 1.2015). Informationen aus dem ital. Innenministerium zufolge, sind diese Projekte mittlerweile alle ausgelaufen und wurden von der EU nicht nachfinanziert. Die Betroffenen sind derzeit durchweg in den national unterhaltenen Zentren untergebracht (CPSA, CDA, CARA, CIE, SPRAR). Die genaue Aufteilung auf die diversen Arten von Einrichtungen ist nicht bekannt, jedoch die Aufteilung nach Region. Am 29.2.2016 waren insgesamt 107.387 Personen in diversen Einrichtungen untergebracht (VB 10.3.2016).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind (AIDA 12.2015). Im Februar 2016 wurde in einem neuen Rundbrief diese Liste aktualisiert. Sie umfasst 23 SPRAR-Projekte mit zusammen 85 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (Mdl 15.2.2016).

c). Medizinische Versorgung:

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. AW haben dieses Recht ab Registrierung ihres Asylantrages. Das gilt sowohl für untergebrachte als auch für nicht untergebrachte AW. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen: freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.);

Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung;

kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. In einem Zentrum Untergebrachte erhalten bei diesem Schritt Hilfe von ihren Betreuern. Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sich AW offiziell arbeitslos melden, um die Ticketbefreiung behalten zu können. Zum effektiven Zugang zu medizinischer Versorgung für Asylwerber und Schutzberechtigte erklärt AIDA, dass bei den Mitarbeitern im Gesundheitsbereich Desinformation und Mangel an Erfahrung in der Behandlung von Migranten häufig sind. Die Sprachbarriere ist aber das größte Zugangshindernis (AIDA 12.2015).

AW und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. In der Praxis können sie von spezialisierten Dienstleistungen profitieren, die im Rahmen des Nationalen Gesundheitsdienstes und von spezialisierten NGOs und Privaten angeboten werden. Verschiedene medizinische Zentren und Ärzte, die früher im sogenannten NIRAST (Italian Network for Asylum Seekers who Survived Torture) organisiert waren, arbeiten unter verschiedenen Finanzierungen weiter in der Unterstützung von Folteropfern (AIDA 12.2015).

Irreguläre Migranten haben das Recht auf medizinische Notversorgung und präventive Versorgung zum Schutz der individuellen und kollektiven Gesundheit. Damit haben sie dieselben Rechte wie italienische Staatsbürger (AIDA 12.2015).

Illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen - darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO - samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Auch wurden in den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides die von Italien aufgrund des Urteils des EGMR Tarakhel gegen die Schweiz unternommenen Maßnahmen zur Verbesserung insbesondere der Versorgungs- und Unterbringungslage für Asylwerber angeführt und stützen sich diese nahezu ausschließlich auf Quellen, welche (zum Teil weit) nach dem EGMR Urteil Tarakhel gegen die Schweiz (sohin nach dem 04.11.2014) entstanden sind.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Italien den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit sowie zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zu seiner Geburt in Österreich aus der vorgelegten Geburtsurkunde vom XXXX03.2017.

Die Feststellungen zum Asylverfahren der gesetzlichen Vertreterin bzw. der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers ergeben sich aus der Einsicht in deren Verwaltungs- und Gerichtsakt XXXX.

Die Feststellungen zur Bekanntgabe der Geburt des Beschwerdeführers an die italienische Dublinbehörde sowie zum Verweis auf deren Zuständigkeit zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Schreiben des Bundesamtes vom 20.03.2017.

Eine den minderjährigen Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Italien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers bzw. zum Nichtvorliegen einer körperlichen und/oder psychischen Erkrankung, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist, ergibt sich aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen nach der Geburt des Beschwerdeführers. Aus diesen Unterlagen ist zwar ersichtlich, dass der Beschwerdeführer an einer Frühgeborenenanämie gelitten hat, wobei jedoch darauf zu verweisen ist, dass sein Allgemeinzustand - auch das ist den vorgelegten ärztlichen Bestätigungen zu entnehmen - mit "sehr gut" bezeichnet wurde. Ferner hat auch die gesetzliche Vertreterin kein Vorbringen in Zusammenhang mit einer schwerwiegenden Erkrankung des Beschwerdeführers erstattet, die einer Überstellung nach Italien entgegengestanden wäre. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer bereits gemeinsam mit seiner Mutter nach Italien überstellt wurde und dem diesbezüglichen Abschiebebericht keine Hinweise auf etwaige gesundheitliche Probleme zu entnehmen sind. Da auch in der Beschwerde kein Vorbringen in Bezug auf etwaige gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers erstattet wurde, war sohin im Gesamtzusammenhang die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Erkrankung leidet, die einer Überstellung nach Italien entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

Die Feststellung zum Nichtvorliegen besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen in Österreich ergibt sich aus den Angaben der gesetzlichen Vertreterin in der Einvernahme vom 13.04.2017.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter am 14.09.2017 nach Italien überstellt wurde, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich.

2.2. Die Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Italien ergeben und in ihrer letzten Überarbeitung vom 16.03.2017 stammen. Darüber hinaus wird in den angeführten Berichten auch die Situation von Familien mit minderjährigen Kindern berücksichtigt und werden weiters Ausführungen zur Vorgehensweise bei der Überstellung solcher Familien getroffen. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und (jedenfalls zum Zeitpunkt der Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien) aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Italien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer bzw. seine gesetzliche Vertreterin nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab die gesetzliche Vertreterin lediglich an, dass sie die Länderfeststellungen des Bundesamtes nicht haben wolle (vgl. AS 153). Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen des Bundesamtes ist aus diesem Angaben nicht ersichtlich. Auch in der Beschwerde wurde den Länderberichten des Bundesamtes nicht substanziiert entgegengetreten. Es wurde lediglich vorgebracht, dass die Länderfeststellungen nicht die tagesaktuellen Gegebenheiten widerspiegeln würden und, dass die tatsächliche Praxis von der Theorie abweiche. Allerdings wurde dieses Vorbringen lediglich ohne nähere Begründung und ohne Beleg einfach in den Raum gestellt. Einer näheren Überprüfung auf seine Richtigkeit ist dieses Vorbringen sohin nicht zugänglich, zumal die einzigen Berichte, auf die sich die Beschwerde in ihren Ausführungen stützt, vom April 2016 und vom November 2015 stammen und sohin jedenfalls nicht hinreichend aktuell bzw. wesentlich älter als die vom Bundesamt herangezogenen Quellen sind, die in ihrer letzten Überarbeitung vom März 2017 stammen. Wenn in der Beschwerde unter Verweis auf die "persönlichen Erfahrungen" des Beschwerdeführers zu seinem Aufenthalt in Italien ausgeführt wird, dass kein Grund bestehe, an seiner Glaubwürdigkeit zu zweifeln (vgl. AS 161) ist dem entgegenzuhalten, dass es sich beim Beschwerdeführer um ein in Österreich geborenes, zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung wenige Wochen altes Kind handelt, das weder in Italien war noch über "persönliche Erfahrungen" hätte berichten können. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht sohin ins Leere.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art. 20 Einleitung des Verfahrens

(1) [...]

(2) [...]

(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.

(4) [...]

(5) [...]

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

Im gegenständlichen Fall ist die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz in materieller Hinsicht in Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO begründet, da die Situation des in Österreich nachgeborenen minderjährigen Beschwerdeführers untrennbar mit jener seiner Mutter verbunden ist, die vormals einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet gestellt hat. Da dieser Antrag aufgrund der italienischen Zuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen wurde, ergibt sich, dass Italien auch für die Prüfung des Antrags des Beschwerdeführers zuständig ist. Das Bundesamt hat auch vollkommen zu Recht für den in Österreich nachgeborenen Beschwerdeführer kein neues Zuständigkeitsverfahren mit Italien eingeleitet. Auch entspricht die Anwendung des Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO dem Kindeswohl, da der Verbleib eines Kleinkindes im Familienverband (hier: bei seiner Mutter) regelmäßig und auch im gegenständlichen Fall dem Kindeswohl entspricht.

Da das Bundesamt - wohl irrtümlich - im Spruch seines Bescheides die Zuständigkeit Italiens für das Verfahren des minderjährigen Beschwerdeführers auf Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO gestützt hat, obwohl es sich beim minderjährigen Beschwerdeführer um ein in Österreich nachgeborenes Kind handelt, und das Bundesamt diesen Umstand den italienischen Behörden unter Verweis auf Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO richtig bekanntgegeben hat, war der zweite Satz von Spruchpunkt I. entsprechend zu korrigieren.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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