Entscheidungsdatum
24.01.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W185 2163089-1/14E
W185 2163088-1/12E
W185 2163091-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX, geb. XXXX, 2.) XXXX alias XXXX, geb. XXXX und 3.) XXXX, geb. XXXX, alle StA. Ägypten, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2017, Zlen. 1.) 1141003700-170092808, 2.) 1140614604-170073773 und 3.) 1140614310-170074087, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin; der Drittbeschwerdeführer ist deren gemeinsamer, volljähriger Sohn.
Die Zweitbeschwerdeführerin stellte am 18.01.2017 für sich und den Drittbeschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich; zu diesem Zeitpunkt befand sich der Erstbeschwerdeführer in spitalsärztlicher Behandlung in Österreich und stellte nach seiner Entlassung am 23.01.2017 ebenfalls einen Asylantrag in Österreich.
Es liegen keine EURODAC-Treffermeldungen hinsichtlich der Beschwerdeführer vor. In der österreichischen Visa-Datenbank konnte erhoben werden, dass die Beschwerdeführer im Besitz eines tschechischen Visums mit der Gültigkeit vom 09.11.2016 bis 21.02.2017 waren.
Im Verlauf der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.01.2017 brachte die Zweitbeschwerdeführerin zusammengefasst vor, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Am 1.11.2016 sei sie mit einem von der tschechischen Botschaft in Kairo ausgestellten und für 90 Tage gültigen Visum nach Tschechien geflogen. In Tschechien hätten sich die Beschwerdeführer bis 05.01.2017 aufgehalten. In Tschechien sei es "nicht gut" gewesen. Ihr Zielland sei immer Österreich gewesen, da sie gehört habe, dass Österreich ein sicheres Land sei. Der Erstbeschwerdeführer befinde sich derzeit stationär in einem Krankenhaus, da dieser ein Blutgerinnsel im Kopf behandeln lassen müssen. Sobald der Erstbeschwerdeführer aus dem Spital entlassen würde, werde er auch einen Asylantrag in Österreich einbringen. Der Drittbeschwerdeführer sei bei einer Demonstration gegen das Regime von einem Geschoss am Kopf verletzt worden und sei seitdem schwer behindert (gelähmt; könne nicht mehr sprechen). Sie wolle in Österreich bleiben und stelle auch für ihren mitgereisten volljährigen (behinderten) Sohn einen Asylantrag.
Der Erstbeschwerdeführer gab im Zuge seiner Erstbefragung vom 23.01.2017 an, Blutungen im Gehirn gehabt zu haben, weshalb er in Österreich behandelt werde. Er sei von der ägyptischen Polizei gefoltert und geschlagen worden, was zu den genannten Verletzungen geführt habe. Er sei mit einem tschechischen Visum über die Türkei nach Tschechien gekommen. In Tschechien hätten sich die Beschwerdeführer etwa einen Monat lang aufgehalten; sei es dort aber "nicht gut" gewesen. Außer in Österreich hätten die Beschwerdeführer nirgends um Asyl angesucht.
Der Erstbeschwerdeführer legte einen ärztlichen Entlassungsbrief einer Neurologischen Abteilung eines Klinikums vom 16.01.2017 sowie einen Patientenbrief vom 20.01.2017 vor. Aus diesen ärztlichen Schreiben geht hervor, dass der Erstbeschwerdeführer am 05.01.2017 aufgrund einer plötzlich aufgetretenen Sprachstörung sowie einer Schwäche auf der rechten Seite stationär aufgenommen und am selben Tag eine Bohrlochtrepanation links parietal durchgeführt worden sei. Am 08.01.2017 habe der Drain nach einer CCT-Kontrolle entfernt werden und der Erstbeschwerdeführer am 10.01.2017 in gutem Allgemeinzustand an die neurologische Abteilung rücktransferiert werden können. In einer weiteren CCT Kontrolle vom 13.01.2017 habe sich das Subduralhämatom links nicht mehr nachweisen lassen, jedoch habe sich an der gleichen Stelle der linken Großhirnhälfte ein bis 6cm großer, glatt begrenzter Defekt gezeigt. Diesbezüglich seien entsprechende medizinische Maßnahmen eingeleitet worden. Eine bereits vor dem Aufenthalt etablierte Therapie mit Catopril und Digitoxin sei während des stationären Aufenthaltes pausiert worden; die Therapie sei bereits in Ägypten etabliert worden und in dieser Form hierorts nicht zugänglich. Der Erstbeschwerdeführer sei am 20.01.2017 in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen worden, wobei eine INR Kontrolle am 23.01.2017 empfohlen worden sei. Zum Zeitpunkt der Entlassung sei er selbstständig gewesen und habe keine Unterstützung durch professionelle Pflege gebraucht. Dies beziehe sich nicht auf die Unterstützung, welche er vor oder nach dem Krankenhausaufenthalt im häuslichen Umfeld benötigt habe oder benötigen werde. Die Diagnosen bei der Entlassung lauteten wie folgt: "Chronisch subdurales Hämatom mit frischer Einblutung und Mittellinienshift; bradykardes Vorhofflimmern; arterielle Hypertonie". Es wurden die Einnahme von Medikamenten, engmaschige INR Kontrollen sowie eine internistische/kardiologische Abklärung zur Evaluierung der Medikation empfohlen.
In weiterer Folge wurden noch Überweisungsschreiben und Terminvereinbarungen für den Erstbeschwerdeführer in Vorlage gebracht.
Nachdem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Konsultationsverfahren mit Tschechien gem. der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: "Dublin III-VO") einleitete, stimmten die tschechischen Behörden mit Schreiben vom 03.03.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu, die Beschwerdeführer aufzunehmen (vgl. Aktenseite 81 des Verwaltungsaktes des Erstbeschwerdeführers; Aktenseite 73 des Verwaltungsaktes der Zweitbeschwerdeführerin; Aktenseite 83 des Verwaltungsaktes des Drittbeschwerdeführers; infolge kurz: AS).
Für die Zweitbeschwerdeführerin wurden - neben einer Nutzungsvereinbarung zwischen ihr und einem näher bezeichneten Unterkunftgeber - folgende medizinische Unterlagen in Vorlage gebracht:
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ein Befundbericht vom 14.02.2017 mit einem unauffälligen Befund zur Halswirbelsäule A.P. und seitlich; in Hinblick auf die Lendenwirbelsäule A.P. und seitlich wurde Folgendes festgehalten:
"Es besteht Zustand nach PLIF L3-L5. Die Pedikelschrauben regulär. Flachbogige, linkskonvexe Krümmung. Zustand nach Ersatz der Bandscheibe L3/L4, diese unauffällig. Die übrigen Bandscheibenräume regulär. Keine Listhese"; IDU in situ.
? ein elektroneurodiagnostischer Befund vom 13.03.2017 mit der Beurteilung, dass der Befund für ein incipientes CTS rechts (Karpaltunnelsyndrom) spreche;
? eine Terminvereinbarung für den 24.03.2017 bei einem Facharzt für Urologie und Andrologie;
? eine Bestätigung für die Abholung einer orthopädischen Einlage;
? Terminvereinbarungen für eine Physiotherapie
? Für den Drittbeschwerdeführer wurden ebenfalls einige medizinische Unterlagen vorgelegt:
? ein vorläufiger ambulanter Patientenbrief einer Neurologischen Abteilung eines Krankenhauses vom 16.02.2017 ;
? ein Patientenbrief vom 21.02.2017, wonach der Drittbeschwerdeführer im oben genannten Krankenhaus vom 17.02.2017 bis zum 21.02.2017 in stationärer Behandlung war und folgende Diagnosen gestellt wurden: "Fronto-temporo-parietale Encephalomalazie links nach Kopfschussverletzung 7/2013; milde diffuse zerebelläre Atrophie; St.p. 2x Schädel-OP mit Entdeckelung; milde Tracheastenose nach trachealer Intubation; St.p. hyperbare O2-Sitzungen 6x privat in Ägypten; St.p. TE"; Klinisch ausgeprägte Aphasie; spatische Hemiparese rechts. Es seien entsprechende Maßnahmen ergriffen worden (EEG, Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie); dem Drittbeschwerdeführer wurde eine Medikamenteneinnahme und eine ambulante Physiotherapie und Logopädie sowie alternativ die Anmeldung einer Reha, BB Kontrollen und eventuell eine selbstständige Terminvereinbarung auf einer neurochirurgischen Abteilung empfohlen;
? eine Entlassungsbrief vom 21.02.2017 mit der Pflegediagnose "gehen beeinträchtigt; Selbstpflege Kleiden, beeinträchtigt";
? eine fachärztliche Zuweisung für eine tagesklinische Neurorehabilitation vom 28.03.2017 bei den folgenden Diagnosen:
"Fronto-temporo-parietale Encephalomalazie links nach Kopfschussverletzung 7/2013; milde diffuse zerebrale Atrophie; St.p. 2x Schädel-OP mit Entdeckelung; milde Tracheastenose nach trachealer Intubation; St.p. hyperbare O2-Sitzungen 6 x privat in Ägypten;
St.p. TE";
? MRT Befunde aus Ägypten
? Aus einem Schreiben einer Abteilung für Ergotheraphie vom 22.02.2017 geht hervor, dass der Drittbeschwerdeführer 2 Mal in der Ergotherapie war;
Am 16.03.2017 langte eine Vollmachtsbekanntgabe von RA Dr. Michael Velik ein.
Am 31.03.2017 wurden die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer nach durchgeführter Rechtsberatung einer gemeinsamen Einvernahme in Anwesenheit einer Rechtsberaterin und einer Vertrauensperson unterzogen. Hierbei gab die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen an, nicht mehr von RA Dr. Velik vertreten zu werden. Sie fühle sich physisch und psychisch in der Lage, Angaben zum Vergabeverfahren zu machen. Sie sei im Juni 2016 in Ägypten eine Operation am Rücken gehabt zu haben; zurzeit befinde sie sich in ärztlicher Behandlung, da sie an beiden Handgelenken operiert werden solle. Sie habe eine Nervenkrankheit im Armbereich. Der Drittbeschwerdeführer gab über Befragen an, abgesehen von seiner Kopfverletzung und den Folgen dieser Verletzung "gesund" zu sein; er könne "nur nicht gut reden". An dieser Stelle brachte die anwesende Vertrauensperson zu Protokoll, dass der Drittbeschwerdeführer drei Mal in der Woche Besuch von einem Logopäden und vier Mal in der Woche Besuch von einem Physiotherapeuten bekomme und die Weiterführung von physikalischen Therapien in einem Spital beantragt worden seien. Die Beschwerdeführer hätten weder in Österreich noch sonst in der EU Angehörige oder sonstige Verwandte. Es entspreche den Tatsachen, dass die Beschwerdeführer am 04.01.2017 mit einem gültigen tschechischen Visum in Österreich eingereist seien. Die Beschwerdeführer hätten sich zuvor ca. eineinhalb Monate in Tschechien aufgehalten; ihr Zielland sei jedoch stets Österreich gewesen. Die Beschwerdeführer hätten sofort nach ihrer Ankunft in Österreich um Asyl ansuchen wollen; der Erstbeschwerdeführer habe bei der Ankunft jedoch eine Gehirnblutung erlitten und hätte sofort in einem Spital versorgt werden müssen. Die Antragstellung habe sich daher verzögert. Nachdem den Beschwerdeführern die Absicht der Überstellung nach Tschechien mitgeteilt wurde, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, nicht nach Tschechien zurückkehren zu wollen, da die Menschen dort sehr ausländerfeindlich seien. Sie selbst sei dort belästigt, bestohlen und von einem Einheimischen sowie von einem Polizisten ausgelacht worden. Die Zweitbeschwerdeführerin gab weiters an, in Tschechien eine Entzündung an den Fingern gehabt zu haben, weshalb sie ins Krankenhaus habe gehen und dort 900 Kronen habe zahlen müssen; sie habe nur ein Rezept für schmerzstillende Medikamente erhalten und sei wieder weggeschickt worden. Die Medikamente habe sie selbst bezahlen müssen. In Österreich würden die Beschwerdeführer von einem Verein in jeder Hinsicht unterstützt, wohingegen sie in Tschechien niemanden hätten. Die im Verein ehrenamtlich arbeitenden Personen würden die Beschwerdeführer zu Arztterminen begleiten und auch die Miete bezahlen. Sämtliche Beschwerdeführer hätten (in Österreich) bereits mit der medizinischen Behandlung begonnen und würden diese auf keinen Fall unterbrechen wollen. Am Ende der Einvernahme beantragte die anwesende Rechtsberaterin aufgrund der schwerwiegenden Krankengeschichte der Beschwerdeführer sowie deren laufenden, erforderlichen medizinischen Behandlung und der vorhandenen Unterstützung in Österreich, die Zulassung zum Verfahren, da eine Abschiebung Art. 3 EMRK verletzen würde.
Die ebenfalls für den 31.03.2017 angesetzte Einvernahme des Erstbeschwerdeführers musste letztlich aufgrund dessen schlechten Gesundheitszustandes bzw. aufgrund seiner ärztlich belegten Einvernahmeunfähigkeit (AS 227 seines Verwaltungsaktes) verschoben werden und fand in weitere Folge am 05.04.2017 (in Anwesenheit seiner Ehefrau, einer Rechtsberaterin sowie einer Vertrauensperson) statt. Hierbei gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass es ihm derzeit gesundheitlich "nicht so gut gehe und er regelmäßig Medikamente einnehmen" müsse. Er habe eine Herzkrankheit, sei bereits am Herzen operiert worden und benötige noch eine weitere Operation. Er habe am 03.05.2017 einen Termin bei einem Herzspezialisten und bekomme danach einen konkreten Operationstermin. Zudem habe er zwei Gehirnschläge erlitten und leide an Kopfschmerzen; seine rechte Körperseite sei gelähmt, weshalb er bewegungseingeschränkt sei. Er müsse regelmäßig ins Spital zu Kontrolluntersuchungen des Herzens und des Gehirns. Österreich sei das Zielland der Beschwerdeführer gewesen; diese würden in Österreich von einer Organisation unterstützt werden, welche für die Beschwerdeführer eine Wohnung gemietet habe und die Beschwerdeführer auch in ihren gesundheitlichen Belangen unterstütze. So würden sie die Beschwerdeführer zu Arztterminen begleiten, ihnen einen Logopäden und Physiotherapeuten zur Verfügung stellen und ihnen auch alle erforderlichen Medikamente kaufen. Über Vorhalt der beabsichtigten Überstellung nach Tschechien erklärte der Erstbeschwerdeführer, nicht dorthin zurückkehren zu wollen. In Tschechien seien die Menschen sehr ausländerfeindlich. Die Beschwerdeführer seien in Tschechien bestohlen worden. Die Zweitbeschwerdeführerin sei sogar einmal auf der Straße von einem Passanten und von einem Polizisten ausgelacht worden. Obwohl diese wegen ihrer Hand in einem Spital gewesen sei, sei sie dort nicht behandelt, sondern einfach weggeschickt worden. In Österreich würden die Beschwerdeführer von der bereits erwähnten Organisation bestens betreut und in jeder Hinsicht unterstützt werden. Die Beschwerdeführer seien krank und auf die Hilfe der genannten Organisation angewiesen. In Tschechien wären die Beschwerdeführer allein und hätten keine Unterstützung. Alle Ägypter würden von Tschechien nach Ägypten abgeschoben werden; das wisse er aus den Medien bzw aus dem Internet. Muslime seien dort nicht willkommen. 3 Tage nachdem die Beschwerdeführer nach Österreich gekommen seien, habe der Erstbeschwerdeführer eine Gehirnblutung erlitten und sei sofort operiert und bestens behandelt worden; wenn ihm dasselbe in Tschechien passiert wäre, wäre "mittlerweile tot". Über Nachfrage gab der Erstbeschwerdeführer an, in Tschechien nicht bei einem Arzt gewesen zu sein.
Im Zuge der Einvernahme legte der Erstbeschwerdeführer neben Kopien von Medikamentenverpackungen noch einen ärztlichen Befund vor. Dieser beinhaltet einen Blutbefund sowie die folgende medizinische Interpretation: "Tachykardes Vorhofflimmern, ventrikuläre Extrasystolen, Bigeminus Lagetyp normal, unvollständiger Rechtsschenkelblock, unspezifisch abnormales ST-T (Hebung)".
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Tschechien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Tschechien wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen Folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
1. Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MVCR 19.8.2014a; vgl. MVCR o.D.a; MVCR o.D.b; für weitere Informationen siehe dieselben Quellen)
Quellen:
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Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015, http://ec.europa.eu/eurostat/documents/4168041/6742650/KS-QA-15-003-EN-N.pdf/b7786ec9-1ad6-4720-8a1d-430fcfc55018, Zugriff 30.6.2016
-
Eurostat (3.3.2016a): Statistics explained, File: Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q4 2014 – Q4 2015.png,
http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q4_2014_%E2%80%93_Q4_2015.png, Zugriff 31.3.2016
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Eurostat (18.9.2015a): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016
-
Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016
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Eurostat (10.12.2015): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 3rd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_3rd_quarter_2015.png, Zugriff 22.2.2016
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Eurostat (3.3.2016b): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 4th quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_4th_quarter_2015.png, Zugriff 31.3.2016
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (19.8.2014a): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx, Zugriff 16.8.2016
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.a): Course of administrative proceedings for granting international protection, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/course-of-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 16.8.2016
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 16.8.2016
2. Dublin-Rückkehrer
Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren. Wenn ein vorheriges Asylverfahren eingestellt wurde weil sich der Antragsteller dem Verfahren entzogen hat (z.B. Nichterscheinen zum Interview), wird ein neuer Antrag inhaltlich behandelt. Wenn ein Rückkehrer bereits eine inhaltlich negative Asylentscheidung in der Tschechischen Republik erhalten hat, muss ein Folgeantrag neue Elemente enthalten um zulässig zu sein. Dublin-Rückkehrer haben denselben Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und Unterbringung wie andere Antragsteller (MVCR 16.8.2016).
Quellen:
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MVCR – Tschechisches Innenministerium (16.8.2016), per E-Mail
3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Unbegleitete Minderjährige (UMA) müssen während des Verfahrens von einem Vormund vertreten werden (MVCR o.D.a). In der Tschechischen Republik gibt es 4 Arten von Vormunden: den Verfahrensvormund, den Vormund für den Aufenthalt, den Vormund für die Ausweisung und den Vormund für die Haft. In der Praxis ist das immer dieselbe Person, üblicherweise ein Anwalt der NGO Organizace pro pomoc uprchlík?m (OPU) (FTDA 2012).
In der Tschechischen Republik werden spezielle Bedürfnisse von vulnerablen AW im Interview erhoben. Als Vulnerable gelten UMA, Kinder mit speziellen Bedürfnissen, Opfer von Menschenhandel, Personen mit medizinischen oder psychologischen Bedürfnissen/Traumatisierte und Menschen mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis. UMA und Vulnerable werden in eigenen Bereichen der Zentren, getrennt von anderen AW untergebracht (EMN 2014).
Quellen:
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EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 16.8.2016
-
FTDA - France terre d’asile (2012): Le droit d’asile des mineurs isolés étrangers dans l’Union Européenne. Etude comparative dans les 27 pays de l’UE
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.a): Course of administrative proceedings for granting international protection, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/course-of-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 16.8.2016
4. Non-Refoulement
Personen, welche die Bedingungen für internationalen Schutz nicht erfüllen, aber wegen eines Risikos ernster Gefährdung nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, können subsidiären Schutz erhalten (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Czech Republic, https://www.ecoi.net/local_link/322586/462063_de.html, Zugriff 16.8.2016
5. Versorgung
Die Tschechische Republik verfügt zur Unterbringung von Asylwerbern über Empfangszentren, Unterbringungszentren und Integrationsasylzentren. Sie alle unterstehen dem tschechischen Innenministerium und werden von der Refugee Facility Administration verwaltet. Zuerst kommen Antragsteller in ein geschlossenes Reception Center (ReC). ReC gibt es in Zastávka u Brna und am Flughafen Prag Ruzyn?. Der Aufenthalt dort ist verpflichtend, es erfolgen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung und eine medizinische Untersuchung. Weiters gibt es dort soziale und psychologische Dienste, Workshops etc. Danach kommen AW bis zum rechtskräftigen Ende ihres Verfahrens in ein offenes Residential Center (RC). Sie haben das Recht auf Unterkunft, Verpflegung usw., sowie ein Taschengeld. Sozialarbeit hat einen hohen Stellenwert. Wenn AW über Finanzmittel über dem Existenzminimum verfügen, müssen sie sich an den Kosten für Unterkunft und Essen beteiligen. Besondere Aufmerksamkeit wird Vulnerablen gewidmet (UMA; alleinstehende Frauen mit Kindern; Behinderte; Opfer von physischer oder psychologischer Gewalt). AW haben unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auch außerhalb des Unterbringungszentrums privat zu wohnen. AW können dann auch, wiederum unter bestimmten Bedingungen, für 3 Monate finanzielle Zuwendungen erhalten. RC gibt es in folgenden Gemeinden:
Kostelec nad Orlicí und Haví?ov (MVCR 19.8.2014b; vgl. RFA o.D.).
Die Höhe des Taschengeldes liegt in den Zentren in denen Essen bereitgestellt wird, bei 1,20 Euro pro Person und Tag. In den Zentren in denen selbst gekocht werden kann, liegt sie bei 4,50 Euro. Die Qualität der Unterbringung wird alle 6 Monate kontrolliert. Unabhängige Überprüfungen durch den Ombudsmann sowie das Gesundheitsamt sind möglich. Tschechien verfügt über etwa 673 Unterbringungsplätze, inklusive jener für Vulnerable und UMA. In den Empfangszentren gibt es Büchereien, Interneträume, Sportplätze, Gelegenheiten zur künstlerischen, handwerklichen und musischen Betätigung, Bereiche für Kinder und Basis-Sprachkurse. In den Unterbringungszentren, welche offene Institutionen sind, gibt es zusätzlich Möglichkeiten außerhalb der Zentren, wie etwa Ausflüge. Nach Ablauf eines Jahres ab Antragstellung, haben AW legalen Zugang zum Arbeitsmarkt (EMN 2014).
Es gibt darüber hinaus noch eine Schubhafteinrichtung in B?lá pod Bezd?zem (RFA o.D.).
Quellen:
-
EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 16.8.2016
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (19.8.2014b): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx?q=Y2hudW09Mw%3d%3d, Zugriff 16.8.2016
-
RFA – Refugee Facility Administration (o.D.): Asylum Centers, http://www.suz.cz/en/our-centres/what-we-do/, Zugriff 16.8.2016
5.1. Medizinische Versorgung
AW genießen die Leistungen des öffentlichen Krankenversicherungssystems (MVCR o.D.b).
Das tschechische Finanzministerium bezahlt die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge für bestimmte Gruppen wirtschaftlich inaktiver Personen, darunter auch Asylwerber (HiT 2015).
Quellen:
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HiT - European Observatory on Health Systems and Policies: Health Systems in Transition, Vol. 17 No. 1 2015; Czech Republic, Health system review, 2015,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1441871505_czech-hit.pdf, Zugriff 16.8.2016
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 16.8.2016
Die Identität der Beschwerdeführer stehe fest. Die Einreise in die EU sei mit einem tschechischen Visum erfolgt. Die Beschwerdeführer hätten in Österreich keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Der Erstbeschwerdeführer leide laut den eingebrachten Befunden an einem chronisch subduralen Hämatom mit frischer Einblutung und Mittellinienshift, bradykardem Vorhofflimmern und arterieller Hypertonie. Bei der Einvernahme habe er angegeben, an einer Herzerkrankung zu leiden und 2 Gehirnschläge erlitten zu haben, weshalb die rechte Körperhälfte gelähmt sei. Der Zustand der Zweitbeschwerdeführerin sei nach einer in Ägypten erfolgten Operation an der Hals- und Lendenwirbelsäule unauffällig. In Österreich sei deshalb eine Rehabilitation durchgeführt worden. Darüber hinaus sei ein beginnendes Karpaltunnelsydrom an der rechten Hand festgestellt worden. Beim Drittbeschwerdeführer seien folgende Diagnosen gestellt worden: "Fronto-temporo-parientale Encephalomalzie links nach Kopfschuss im Juli 2013, milde diffuse zerebelläre Atrophie, St.p. 2x Schädel-OP mit Entdeckelung, milde Tracheastnose nach trachealer Intubation, St.p. hyperbare O2-Sitzungen und St.p. TE". Aus dem gesamten vorliegenden Sachverhalt ergebe sich keine Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei den Beschwerdeführern um lebensgefährlich Erkrankte handle und daher eine Überstellung nach Tschechien von vornherein als unzulässig angesehen werden müsste. In Tschechien sei ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet. Asylwerber würden die Leistungen des öffentlichen Krankenversicherungssystems genießen. Das Tschechische Finanzministerium bezahle die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge für best. Gruppen wirtschaftlich inaktiver Personen, darunter auch Asylwerber. Tschechien sei als sicherer Staat im Sinne des Asylgesetzes anzusehen. Bei allfälligen Problemen gebe es dort jedenfalls die Möglichkeit, sich an die dortigen Polizeibehörden zu wenden. Zudem sei in Tschechien eine ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet. Im Fall der Beschwerdeführer könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese konkret Gefahr liefen, in Tschechien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Durch die Ausweisung sämtlicher Beschwerdeführer aus Österreich nach Tschechien bleibe die Einheit der Familie gewahrt, weshalb die im gegenständlichen Fall getroffene Ausweisungsentscheidung keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Familienleben darstelle. Es seien auch keine Anhaltspunkte für eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich ersichtlich. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin-III-VO sowie von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMKR führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können; ein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts habe sich nicht ergeben.
Gegen die Bescheide richten sich die, für alle Beschwerdeführer gleichlautenden, Beschwerden. Darin wird zusammengefasst festgehalten, dass aufgrund des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführer eine Überstellung nach Tschechien eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC gewährten Rechte darstelle; dies betreffe sowohl den Überstellungsvorgang an sich als auch die Unterbrechung und nicht gewährleistete Fortsetzung der medizinischen Behandlung der Beschwerdeführer in Tschechien. So leide der Erstbeschwerdeführer an einer Herzkrankheit, sei bereits am Herzen operiert worden und benötige noch eine weitere Herz-Operation. Dieser habe auch bereits zwei Gehirnschläge erlitten und leide unter Kopfschmerzen. Seine rechte Seite sei gelähmt, weshalb er sehr bewegungseingeschränkt sei. Er sei auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe eine Operation am Rücken gehabt und sei wegen einer Nervenkrankheit an beiden Handgelenken operiert worden. Bei der Zweitbeschwerdeführerin sei an der rechten Hand ein Karpaltunnelsyndrom festgestellt worden. Auch sie sei auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen und befinde sich derzeit im Krankenhaus. Der Drittbeschwerdeführer habe eine Kopfverletzung erlitten und sei durch deren Folgen massiv beeinträchtigt. Er sei sprachgelähmt und in seiner Bewegungsmöglichkeit stark eingeschränkt; er könne beispielsweise nur mit Hilfe einer stützenden Person gehen. Er erhalte mehrmals wöchentlich logopädische und physiotherapeutische Behandlungen und nehme Medikamente ein. Auf die Erkrankungen der Beschwerdeführer, welche mittels zahlreicher Befunde dargelegt worden seien, sei nicht hinreichend eingegangen worden. Auch der Behandlungsbedarf und der Bedarf an Unterstützung durch die Bekannten in Österreich (es handle sich hierbei um Freiwillige einer näher bezeichneten Organisation) sei nicht hinreichend geprüft worden. Zudem würden die angefochtenen Bescheide lediglich rudimentäre Feststellungen zur medizinischen Versorgung in Tschechien enthalten. Die belangte Behörde habe im gegenständlichen Fall keine ausreichenden Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer und zur Frage ihrer Überstellungsfähigkeit nach Tschechien vorgenommen. Im Übrigen seien die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Tschechien unvollständig, einseitig und teilweise nicht mehr aktuell. Anhand dieser Berichte könne jedenfalls nicht beurteilt werden, ob die Beschwerdeführer die für ihre Erkrankungen erforderliche spezifische Behandlung erhalten würden und gewährleistet sei, dass ihnen diese umgehend nach einer Überstellung zur Verfügung stehe. Die Einholung von diesbezüglichen Auskünften sei der belangten Behörde jedenfalls zumutbar. Die Beschwerdeführer würden in Österreich in medizinischer Behandlung stehen, deren Fortsetzung unbedingt erforderlich sei. Sie seien auf die ständige Unterstützung durch ihre Bekannten in Österreich angewiesen; diese würden sie zu Arztterminen begleiten und sich auch sonst umfassend um sie kümmern. Aufgrund der unzureichenden Ermittlungen über die Situation der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Tschechien (diesbezüglich sei auch die Entscheidung des EGMR vom 04.11.2014 im Fall Tarakhel gegen die Schweiz beachtlich), seien sowohl die Beweiswürdigung als auch die daraus folgende rechtliche Beurteilung im gegenständlichen Fall unrichtig. Vor dem Hintergrund aktueller Länderberichte hätte die belangte Behörde überdies zum Schluss kommen müssen, dass es wahrscheinlich sei, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Außerlandesbringung dem Risiko einer Inhaftierung unter erniedrigenden und unmenschlichen Bedingungen im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wären. Zudem könne nicht ohne weiteres von einer Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit Tschechiens ausgegangen werden.
Den Beschwerden sind zum einen die bereits bekannten ärztlichen Schreiben, aber zum anderen auch die folgenden neuen ärztliche Unterlagen beigefügt:
? eine Zusammenfassung des Ergebnisses der Vorsorgeuntersuchung vom 28.03.2017 den Erstbeschwerdeführer betreffend; darin wurden die bereits bekannten Erkrankungen (chron. subd. Hämatom mit frischer Einblutung u. Mi; bradykardes VHF; milde diffuse zerebelläre Atrophie; milde Tracheastenose nach trachealer Intubation;
spastische Hemiparese li.; Prostatahyperplasie; St.p. Subduralhämatom) sowie neu entdeckte Krankheiten (Hyperfibrinogen;
Vit D Mangel; FE Mangel; CPK Erhöhung) festgehalten;
? ein Arztbrief vom 03.05.2017 den Erstbeschwerdeführer betreffend mit den folgenden Diagnosen: "chronisches SDH mit frischer Einblutung 01/2017; VHF – OAK; Art. Hypertonie; Z.n. mechan. MKE;
wirksame Trikuspidalinsuffizienz III-IV; RA Dilatation; chronische
RHBZ";
? ein ärztliches Schreiben vom 31.05.2017 den Erstbeschwerdeführer betreffend mit denselben Diagnosen wie im Arztbrief vom 03.05.2017;
Herzsonographie am 04.07.2017 vorgesehen;
? ein Befundbericht vom 23.03.2017 die Zweitbeschwerdeführerin betreffend, wonach eine Mammographie bds. bei ihr folgendes Ergebnis gebracht habe: "kleiner intramammärer Lymphknoten rechts und links laterokranial; sonst unauffälliger Befund";
? ein Befundbericht vom 05.05.2017 die Zweitbeschwerdeführerin betreffend mit folgenden Diagnosen: "Hallux valgus bds, Tendinitis stenosans de Quervain li, Senkspreizfuß bds, Z.n. WS OP, Cervikalsyndrom, CTS re";
? ein Ambulanzprotokoll vom 21.06.2017, wonach bei der Zweitbeschwerdeführerin eine "Arthrosis. retropatellaris gen. dext."
festgestellt worden sei und sie als Erstversorgung u.a. eine Schiene bekommen habe
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2017 wurden die für die Beschwerdeführer eingebrachten, gleichlautenden Beschwerden gem. § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückgewiesen, nachdem zum Verspätungsvorhalt vom 03.07.2017 keine Stellungnahme erfolgte.
Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 01.08.2017 wurde dem gestellten Antrag, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, Folge gegeben.
Am 11.10.2017 hob der Verfassungsgerichtshof den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2017 mit der Begründung auf, dass die Bestimmung des § 16 BFA-VG zum Teil als verfassungswidrig aufgehoben wurde, weshalb die Beschwerdeführer somit wegen der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden seien.
Mit Schriftsatz der nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung (RA Mag. Ronald Frühwirth) vom 22.11.2017 wurde (erneut) auf den schlechten Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers und des Drittbeschwerdeführers und deren Bedarf einer regelmäßigen medizinischen Behandlung hingewiesen, sodass sich nach deren Ansicht eine Überstellung nach Tschechien – aus dem Blickwinkel des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC – wegen des Überstellungsvorgangs an sich sowie der damit im Zusammenhang stehenden Unterbrechung der medizinischen Behandlung, als unzulässig erweisen würde. Zur Untermauerung dieses Vorbringens sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass seitens der belangten Behörde vor der ursprünglich für den 01.08. bzw. 02.08.2017 in Aussicht genommenen Abschiebung nach Tschechien der medizinische Dienst des BMI mit der Frage befasst worden sei, ob einer Überstellung auf dem Landweg medizinische Gründe entgegen stehen würden. Im entsprechenden Antwortmail vom 18.07.2017 sei darauf hingewiesen worden, dass bei der beabsichtigten Überstellung eine Arztbegleitung erforderlich sei, da beim Erstbeschwerdeführer aufgrund wiederholten Einblutens um das Gehirn im Vorfeld von bereits erfolgten operativen Eingriffen durch Bagatell-Verletzungen durch Anstoßen des Kopfes derartige Einblutungen erneut ausgelöst werden könnten. Zudem würden weitere medizinische Unterlagen vorgelegt, die aus der Zeit nach der im ersten Rechtsgang erlassenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stammen und erneut die Notwendigkeit einer operativen Versorgung einer der Herzklappen des Erstbeschwerdeführers ansprechen würden. Nachdem der Erstbeschwerdeführer im vorliegenden Fall eine besonders schwere Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes behauptet habe, die für ihn erhebliche Folgen durch die Durchführung der Überstellung haben könnte, bestehe somit die Verpflichtung für das Bundesverwaltungsgericht, den Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers zu prüfen und die Frage zu klären, ob seine Überstellung (auch unter ärztlicher Begleitung auf dem Landweg) für ihn mit einer tatsächlichen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK verbunden wäre. Demnach werde die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt.
Der Stellungnahme sind die Beurteilung der Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführer und zwei ärztliche Schreiben vom 11.08.2017 sowie vom 17.08.2017 (im Wesentlichen mit den bereits bekannten Diagnosen) den Erstbeschwerdeführer betreffend beigefügt. Aus dem Schreiben hinsichtlich der Überstellungsfähigkeit der Beschwerdeführe geht hervor, dass beim alleinigen Transfer der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers keine Arztbegleitung erforderlich sei. Beim Erstbeschwerdeführer bestehe eine Einschränkung der Herzleistung durch die Fehlfunktion einer Herzklappe. Ihm sei die operative Versorgung dieser Herzklappe empfohlen worden. Eine weitere Herzklappe sei bereits operiert worden und sei es durch die dadurch erforderliche Hemmung der Blutgerinnung zu einer typischen Komplikation, nämlich zum wiederholten Einbluten um das Gehirn gekommen. Dies habe operativ behandelt werden müssen. Bagatellverletzungen durch Anstoßen des Kopfes könnten derartiges erneut auslösen. Aus diesen Gründen sei eine Arztbegleitung erforderlich.
Am 28.11.2017 wurde dem erkennenden Gericht über Nachfrage mitgeteilt, dass es – entgegen einer anderslautenden Nachricht im Akt – bislang zu keiner Überstellung der Beschwerdeführer nach Tschechien gekommen sei. Die Beschwerdeführer seien aus der Haft entlassen worden, nachdem der VfGH der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt hatte.
Mit Eingabe vom 12.12.2017 erstattete der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer einen - den Erstbeschwerdeführer betreffenden - Fristsetzungsantrag. Nach Aufhebung des Beschlusses des BVwG vom 10.07.2017 durch den VfGH am 11.10.2017, sei die Beschwerde wieder beim BVwG anhängig. Über die Beschwerde sei bis dato nicht entschieden worden. Es sei auch keine Entscheidung hinsichtlich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgt. Komme das BVwG dieser Verpflichtung nicht nach, könne diese Unterlassung – als Verletzung der Entscheidungspflicht – mittels Fristsetzungsantrags geltend gemacht werden. Im Übrigen wurde das bisherige Vorbringen wiederholt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige aus Ägypten, reisten mit einem vom 09.11.2016 bis zum 21.02.2017 gültigen tschechischen Schengen-Visum legal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein. In Tschechien haben sich die Beschwerdeführer etwa eineinhalb Monate lang aufgehalten. Am 18.01.2017 suchten die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer und am 23.01.2017 der Erstbeschwerdeführer in Österreich um die Gewährung internationalen Schutzes an.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 23.01.2017 Aufnahmeersuchen an Tschechien, welchen die tschechischen Behörden mit Schreiben vom 03.03.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 der Dublin-III-VO ausdrücklich zustimmten.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Tschechien an.
Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Tschechien Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Die Beschwerdeführer leiden an keinen Krankheiten, die eine (unter ärztlicher Begleitung erfolgende) Überstellung nach Tschechien unzumutbar machen würden.
Der Erstbeschwerdeführer leidet an folgenden Erkrankungen:
"Chronisch subdurales Hämatom mit frischer Einblutung und Mittellinienshift; bradykardes Vorhofflimmern; arterielle Hypertonie; Z.n. mechan. MKE; wirksame Trikuspidalinsuffizienz III-IV; RA Dilatation; chronische RHBZ; milde diffuse zerebelläre Atrophie; milde Tracheastenose nach trachealer Intubation; spastische Hemiparese li.; Prostatahyperplasie; Hyperfibrinogen; Vit D Mangel; FE Mangel; CPK Erhöhung". Er nimmt Medikamente ein. Eine Herzklappenoperation wurde bereits durchgeführt, eine zweite Operation steht noch aus.
Bei der Zweitbeschwerdeführerin wurde nach einer Lendenwirbeluntersuchung Folgendes festgehalten: "Zustand nach PLIF L3-L5. Die Pedikelschrauben regulär. Flachbogige, linkskonvexe Krümmung. Zustand nach Ersatz der Bandscheibe L3/L4, diese unauffällig. Die übrigen Bandscheibenräume regulär. Keine Listhese. IDU in situ" Zudem wurden bei ihr folgende Erkrankungen diagnostiziert: "kleiner intramammärer Lymphknoten rechts und links laterokranial; sonst unauffälliger Befund (nach einer durchgeführten Mammographie bds.); Hallux valgus bds; Tendinitis stenosans de Quervain li; Senkspreizfuß bds; Z.n. WS OP; Cervikalsyndrom; CTS re; Arthrosis. retropatellaris gen. dext." Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Ägypten im Jahre 2016 an den Bandscheiben operiert. In Österreich wurden zwei Operationen betreffend ein Karpaltunnelsyndrom durchgeführt. Physiotherapie ist erfolgt.
Beim Drittbeschwerdeführer liegen folgende Diagnosen vor:
"Fronto-temporo-parietale Encephalomalazie links nach Kopfschussverletzung 7/2013; milde diffuse zerebelläre Atrophie; St.p. 2x Schädel-OP mit Entdeckelung; milde Tracheastenose nach trachealer Intubation; St.p. hyperbare O2-Sitzungen 6x privat in Ägypten; St.p. TE"; klinisch ausgeprägte Aphasie; spastische Hemiparese rechts. Der Drittbeschwerdeführer nimmt Medikamente ein. Er befindet sich in Physiotherapie und Logotherapie. Eine Ergotherapie endete nach 2 Sitzungen.
In Tschechien ist eine ausreichende medizinische Versorgung für Asylsuchende gewährleistet. Es sind dort alle Krankheiten behandelbar und alle gängigen Medikamente erhältlich. Es kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern in Tschechien die erforderliche medizinische Behandlung vorenthalten wurde bzw dort vorenthalten werden würde.
Besondere private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im Bundesgebiet nicht. Die Beschwerdeführer werden nach eigenen Angaben in Österreich von einem Verein unterstützt.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellte Tatsache hinsichtlich der legalen Einreise der Beschwerdeführer in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Tschechien mittels eines gültigen Schengen-Visums ergibt sich aus einer Einsicht in die österreichische Visa-Datenbank sowie den Angaben der Beschwerdeführer in Zusammenschau mit der Zustimmungserklärung der tschechischen Behörden gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer seitens Tschechiens basiert auf dem durchgeführten Konsultationsverfahren – der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein – zwischen der österreichischen und der tschechischen Dublin-Behörde.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den ausreichend aktuellen Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.
Aus den in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das tschechische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Tschechien, den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die Beschwerdeführer nicht dargetan. Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Tschechien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten).
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus der Aktenlage (insbesondere aus den vorgelegten ärztlichen Schreiben). Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die festgestellten persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus den eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberühr