Index
L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, in der Beschwerdesache des A in Keutschach, vertreten durch Dr. Wolf Günther Auer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Priesterhausgasse 3, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 14. Oktober 1997, Zl. Ro-368/4/1997, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf (nachträgliche) Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung einerAnschüttung im Ausmaß von ca. 500 m2 auf der Parzelle Nr. 1200/2 der KG P. abgewiesen. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 57 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 (NSchG), verpflichtet, bis spätestens 31. März 1998 den rechtmäßigen Zustand auf näher beschriebene Art und Weise wiederherzustellen. Begründend legte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und Darstellung der Rechtslage dar, die vom Beschwerdeführer getätigten Anschüttungen im Ausmaß von ca. 500 m2 mit einer Höhe von ca. 1 m seien im Bereich eines Feuchtgebietes im Sinne des § 8 NSchG gelegen. Nach der schlüssigen Stellungnahme des fachlichen Naturschutzes sei die Anschüttung in einem Bruchwald, nämlich einem Schwarzerlenbruch mit Bruchwaldtorf und Staunässe sowie der entsprechenden Vegetation, vorgenommen worden. Durch die Anschüttungsmaßnahme sei ein Lebensraum seltener, gefährdeter oder geschützter Pflanzen- und Tierarten verschüttet und damit zerstört worden. Somit sei eine nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur im Sinne des § 9 Abs. 2 lit. b NSchG jedenfalls gegeben, weshalb keine Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 3 lit. a KNSchG erteilt werden dürfe. Eine Interessenabwägung nach § 10 Abs. 3 lit. b KNSchG erübrige sich schon deshalb, weil die vom Beschwerdeführer als Zweck der Maßnahme genannte Anlage eines Gemüsegartens in einem Bereich außerhalb der Feuchtfläche auf der gegenständlichen Parzelle möglich wäre und somit ein öffentliches Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles nicht gegeben sei. Zu der in der Berufung vertretenen Auffassung, der Beschwerdeführer habe im Hinblick auf die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 14. April 1997, Zl. KUVS-236/7/97, mit der ein wegen Übertretung des NSchG geführtes Strafverfahren eingestellt worden sei, und der Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft vom 28. Februar 1994, Zl. 20.013/94-III, wonach für die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück keine naturschutzbehördliche Bewilligung erforderlich sei, weil ein Bebauungsplan vorliege, annehmen dürfen, dass er sich rechtmäßig verhalte, legte die belangte Behörde dar, der Schutz der Feuchtflächen nach § 8 NSchG gelte auch bei Vorliegen eines Bebauungsplans.
Dagegen richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 KNSchG ist in Moor- und Sumpfflächen, Schilf- und Röhrichtbeständen sowie in Au- und Bruchwäldern die Vornahme von Anschüttungen, Entwässerungen, Grabungen und sonstigen den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden Maßnahmen verboten.
Gemäß § 9 Abs. 2 lit. b KNSchG liegt eine nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur vor, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben der Lebensraum seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigt oder vernichtet würde.
Gemäß § 10 Abs. 3 KNSchG dürfen Ausnahmen von den Verboten des § 8 bewilligt werden, wenn a) durch das Vorhaben weder das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst würde noch das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum oder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde oder b) das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Feuchtgebietes vor störenden Eingriffen.
Gemäß § 57 Abs. 1 KNSchG ist die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen angemessen festzusetzender Frist aufzutragen, wenn Maßnahmen, die nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung verboten oder bewilligungspflichtig sind, entgegen dem Verbot, ohne Bewilligung oder abweichend von der Bewilligung ausgeführt wurden.
Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde habe "keine objektive Überprüfung dahingehend vorgenommen, dass Parzelle Nr. 1200/2 KG P. kein Feuchtgebiet im Sinne des § 8 NSchG ist, konkret kein Bruchwald, insbesondere kein Schwarzerlenbruch mit Bruchwaldtorf gegenständlich vorliegt." Sie habe auch "keinen Ortsaugenschein unter Beiziehung meiner Person" vorgenommen.
Die belangte Behörde hat auf Grund von Befund und Gutachten eines Amtssachverständigen festgestellt, dass sich im Bereich der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Anschüttung ein - seiner Beschaffenheit nach näher beschriebener - Bruchwald befinde. Nach der Definition des § 8 NSchG zählen Bruchwälder zu den nach dieser Vorschrift geschützten Feuchtgebieten. Durch die Wiederholung des schon im Verwaltungsverfahren vorgetragenen, bloß eine formelle Bestreitung der Eigenschaft als Bruchwald darstellenden, weder konkretisierten noch fachkundig untermauerten Vorbringens des Beschwerdeführers kann nicht aufgezeigt werden, dass die belangte Behörde Befund und Gutachten des Amtssachverständigen ihren Feststellungen nicht hätte zu Grunde legen dürfen und zu den oben erwähnten Feststellungen somit auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens gelangt wäre (vgl. das Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, 93/10/0190). Das Gesetz ordnet auch die Beiziehung der Parteien zum Augenschein durch Sachverständige nicht an (vgl. das Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/10/0015).
Auch die - im Übrigen neuen - Hinweise der Beschwerde auf Erklärungen von nicht näher genannten Organen der Gemeinde K. und des "Amtes für Wasserwirtschaft", wonach Anschüttungsmaßnahmen auf dem Grundstück des Beschwerdeführers zulässig bzw. sogar erforderlich wären, zeigen keine Rechtswidrigkeit auf. Die Beschwerde leitet aus dem soeben erwähnten Vorbringen ab, dass "die Anschüttungsmaßnahme auf Grund behördlicher Vorgaben erfolgt ist und gegenständlich ein Feuchtgebiet im Sinne des § 8 NSchG nicht vorliegt". Dem ist entgegen zu halten, dass selbst die Beschwerde keinen Sachverhalt behauptet, aus dem abgeleitet werden könnte, gegenüber dem Beschwerdeführer wäre in der Rechtskraft fähiger Weise die Vornahme von Anschüttungen genehmigt oder aufgetragen worden; es ist nicht ersichtlich, dass den nicht näher konkretisierten "Darlegungen seitens des Amtes für Wasserwirtschaft und der Gemeinde K." der Charakter einer normativen Anordnung zugekommen wäre. Es kann somit auf sich beruhen, in welchem Verhältnis selbst eine solche Anordnung zum Verbot des § 8 NSchG stünde. Feststellungen in Richtung der in der Beschwerde enthaltenen Behauptungen waren auch unter dem Gesichtspunkt entbehrlich, dass sie keinen Beitrag zur Lösung der auf Grund der objektiven Gegebenheiten zu beurteilenden Frage des Vorliegens eines Feuchtgebietes im Sinne des § 8 NSchG hätten leisten können.
Die Beschwerde macht weiters - sowohl unter dem Gesichtspunkt von Verfahrens- und Feststellungsmängeln als auch jenem der Rechtswidrigkeit des Inhaltes - geltend, die belangte Behörde habe weder auf die Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft vom 28. Februar 1994, wonach die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück des Beschwerdeführers keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung bedürfe, weil ein Bebauungsplan bestehe, noch auf die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates Kärnten vom 21. Jänner 1997, mit der das gegen den Beschwerdeführer wegen der gegenständlichen Anschüttung eingeleitete Strafverfahren eingestellt worden sei, Bedacht genommen. Die Beschwerde enthält sich einer rechtlichen Einordnung dieses Vorbringens; sie beschränkt sich auf die Erklärung, es sei "unverständlich", wenn angesichts dieser Vorgeschichte mit einer Wiederherstellungsverfügung nach § 57 NSchG vorgegangen werde.
Die von der Beschwerde angeführten Vorgänge sind im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens eines Verbotstatbestandes nach § 8 NSchG und der Rechtmäßigkeit eines Wiederherstellungsauftrages nach § 57 NSchG ohne rechtliche Relevanz:
Entscheidend sind im vorliegenden Zusammenhang die anhand der objektiven Gegebenheiten zu lösenden Fragen nach dem Vorliegen eines Feuchtgebietes, dem Eingriffscharakter der Anschüttung, gegebenenfalls dem öffentlichen Interesse an der Ausführung des Vorhabens und dem Vorliegen einer Bewilligung. Der Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft vom 28. Februar 1994 kommt nach der Aktenlage und den Beschwerdebehauptungen kein normativer Charakter zu; schon deshalb ist das erwähnte Vorbringen im vorliegenden Zusammenhang nicht zielführend. Abgesehen davon besteht nach dem Inhalt der Mitteilung kein Bezug zu den im vorliegenden Verfahren zu lösenden Fragen. Die Mitteilung behandelt die Frage einer Bewilligungsbedürftigkeit des Bauvorhabens (Wohnhaus) auf dem Grundstück des Beschwerdeführers offenbar unter Gesichtspunkten des Schutzes der freien Landschaft (§ 5 NSchG). Weder die Frage der Zulässigkeit einer Anschüttung noch des Vorliegens eines Feuchtgebietes war Gegenstand dieser Mitteilung; sie lässt nicht einmal erkennen, ob der Behörde die Existenz des in der Folge festgestellten Feuchtgebietes auf dem Grundstück überhaupt bekannt war. Das Vorliegen einer raumordnungsrechtlichen Regelung begründet auch keine Ausnahme vom Verbot des § 8 NSchG (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/10/0015).
Auch die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates Kärnten vom 21. Jänner 1997 ist im vorliegenden Zusammenhang ohne rechtliche Relevanz; hier geht es - anders als im Strafverfahren - nicht darum, ob die Vornahme einer Anschüttung auf dem Grundstück dem Beschwerdeführer subjektiv vorzuwerfen ist, sondern allein um den objektiven Tatbestand.
Die Beschwerde macht weiters geltend, die belangte Behörde habe sich mit der Frage, ob durch die Maßnahme im Sinne des § 10 Abs. 3 lit. a NSchG das Landschaftsbild nachteilig beeinflusst oder das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum oder der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt werde, nicht auseinander gesetzt.
Auch damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf. Der Amtssachverständige hat dargelegt, auf der fraglichen Fläche befinde sich ein Bestand an Frühlingsknotenblumen (streng geschützte Art), weißes und gelbes Buschwindröschen, Sumpfdotterblume, gelbes Schaumkraut, Straußenfarn, Sumpfschwertlilie (vollkommen geschützte Art), Sumpf- Segge, Faulbaum, Sumpf-Schachtelhalm. Das Belassen der Anschüttung würde zur Zerstörung des Lebensraumes dieser seltenen, gefährdeten und geschützten Pflanzen führen. Diesen Darlegungen ist der Beschwerdeführer nicht entgegen getreten; die belangte Behörde konnte ihrem Bescheid somit ohne Rechtswidrigkeit die Annahme einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Natur im betroffenen Lebensraum zugrundelegen.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997100231.X00Im RIS seit
18.01.2002