TE Vwgh Beschluss 2017/12/21 Ra 2017/21/0219

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Veröffentlicht am 21.12.2017
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs2;
FrPolG 2005 §67 Abs3 Z1;
FrPolG 2005 §70 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des A E in S, vertreten durch Mag. Julian A. Motamedi, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Baumannstraße 9/12A, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. September 2017, G311 2162849- 1/5E, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist ungarischer Staatsangehöriger und hält sich seit Juli 2015 in Österreich auf. Er wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Mai 2017 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten (davon 16 Monate bedingt nachgesehen) verurteilt. Dem Schuldspruch zufolge wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, am 22. Februar 2017 Suchtgift in einem die Grenzmenge übersteigenden Ausmaß, nämlich ca. 300 Gramm (netto) Kokain, gegen ein Entgelt von EUR 16.500,- einem verdeckten Ermittler überlassen und 9,7 Gramm "Speed" nicht zum ausschließlichen Eigenkonsum erworben und besessen zu haben.

2 Im Hinblick darauf erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 13. Juni 2017 gegen den Revisionswerber gemäß § 67 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.) und erteilte gemäß § 70 Abs. 3 FPG einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat (Spruchpunkt II.).

3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 22. September 2017 wurde der gegen das Aufenthaltsverbot erhobenen Beschwerde (nur) insoweit stattgegeben, als dessen Dauer auf zwei Jahre herabgesetzt wurde. Weiters sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

6 Dem diesbezüglichen Revisionsvorbringen ist entgegenzuhalten, dass die einzelfallbezogene Beurteilung betreffend die Gefährdungsprognose und die Interessenabwägung bei einem Aufenthaltsverbot dann nicht revisibel ist, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (so schon VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0033, und zahlreiche daran anschließende Entscheidungen).

7 Das ist hier in Bezug auf die am Maßstab des § 67 Abs. 1 FPG erstellte Gefährdungsprognose und die gemäß § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung der Fall, weil sich der Revisionswerber erst etwa zwei Jahre in Österreich aufhält und der Beobachtungszeitraum seit der bedingten Entlassung aus der Strafhaft am 1. August 2017 viel zu kurz ist, um auch nur annähernd von einem Wegfall der aus der gravierenden Suchtmitteldelinquenz ableitbaren besonderen Gefährdung öffentlicher Interessen ausgehen zu können (siehe zum letztgenannten Gesichtspunkt etwa VwGH 22.5.2014, Ra 2014/21/0014, und daran anschließend beispielsweise VwGH 28.1.2016, Ra 2016/21/0013). An dieser Beurteilung vermögen weder die in Österreich ausgeübte Beschäftigung des Revisionswerbers als Arbeiter noch der Aufenthalt von (nicht näher genannten) "mehreren" Familienangehörigen etwas zu ändern. Gleiches gilt im Übrigen für die - allerdings unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot - in der Revision noch ins Treffen geführte (nicht weiter konkretisierte) Behauptung, der Revisionswerber "hat auch eine Lebensgefährtin in Österreich, mit der er sich ein gemeinsames Leben aufbauen möchte". Den im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Umständen hat das BVwG aber ohnehin durch deutliche Herabsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ausreichend Rechnung getragen. Bei den dazu in der Revision angestellten Berechnungen ist im Übrigen schon die Prämisse verfehlt, weil bei dem als Ausgangspunkt dieser Überlegungen genannten Beispiel der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren nicht nur die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von zehn Jahren, sondern gemäß § 67 Abs. 3 Z 1 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zulässig wäre. Außerdem stellt die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbotes keinen rein mathematischen Vorgang dar.

8 Schließlich wird auch mit der Rüge, das BVwG hätte die in der Beschwerde beantragte mündliche Verhandlung durchführen müssen, die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan, zumal das BVwG in diesem eindeutigen Fall - wie bereits erwähnt - ohnehin alle vom Revisionswerber in der Beschwerde ins Treffen geführten Umstände zu seinen Gunsten berücksichtigte (siehe zur Möglichkeit des ausnahmsweisen Entfalls einer mündlichen Beschwerdeverhandlung bei Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des § 21 Abs. 7 BFA-VG des Näheren VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316, Rn. 7, unter Bezugnahme v.a. auf VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, mwN). Nicht zielführend ist in diesem Zusammenhang auch der Einwand in der Revision, das BVwG habe keine ausreichenden Feststellungen zu den Straftaten des Revisionswerbers getroffen, weil die im angefochtenen Erkenntnis vorgenommene, dem strafgerichtlichen Schuldspruch folgende Darstellung der dem Revisionswerber zur Last gelegten Delikte samt ergänzender Anführung der vom Strafgericht angenommenen Milderungs- und Erschwerungsgründe fallbezogen ausreichen, um Art und Schwere seines (Fehl-)Verhaltens und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild zu beurteilen.

9 Die Revision erweist sich somit mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig. Sie war daher schon deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017210219.L00

Im RIS seit

02.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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