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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Strasser, über die Revision des K in P, vertreten durch Dr. Peter Sellemond, Dr. Walter Platzgummer, Mag. Robert Sellemond, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Speckbacherstraße 25, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 7. November 2017, Zl. LVwG-S-579/001-2017, betreffend Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 2 Z 1 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Scheibbs), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 7. März 2017 wurde über den Revisionswerber wegen einer Übertretung von § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 Z 1 StVO eine Geldstrafe von EUR 1.600,- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) verhängt.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab; eine Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, ein besonders geschultes und von der Behörde ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht habe beim Revisionswerber deutlichen Alkoholgeruch sowie einen schwankenden Gang und eine unklare Stimme wahrgenommen, sodass der Verdacht des Lenkens eines Fahrzeuges im alkoholisierten Zustand bestanden habe. Der Revisionswerber habe sich nach der von ihm verstandenen Aufforderung durch das Straßenaufsichtsorgan geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Diese Feststellungen stützte das Verwaltungsgericht auf die ihm plausibel und glaubhaft erscheinenden Schilderungen des Polizeibeamten. Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, dass der Polizeibeamte - unabhängig von seinem Einschreiten aufgrund einer Fehlauslösung der Alarmanlage im Haus des Revisionswerbers - berechtigt vom Verdacht des Lenkens eines Fahrzeuges im alkoholisierten Zustand ausgegangen sei und der Revisionswerber die Aufforderung zur Durchführung des Alkotests verstanden habe. Dass sich im Führerscheinentzugsverfahren herausgestellt habe, dass der Revisionswerber das Fahrzeug tatsächlich nicht gelenkt habe, sei irrelevant, weil es auf den Eindruck des Straßenaufsichtsorgans bei der Amtshandlung ankomme. Die Verweigerung der Untersuchung stelle eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO dar.
4 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe kommentarlos das Ergebnis des Führerscheinverfahrens übergangen, welches deshalb eingestellt worden sei, weil der Revisionswerber am Tag der hier vorgeworfenen Übertretung kein Fahrzeug gelenkt habe. Der Verdacht des Lenkens beruhe vielmehr auf einem Missverständnis in der Kommunikation zwischen dem Revisionswerber und dem Organ der Straßenaufsicht. Ebenso seien die Ausführungen des Organs vom Revisionswerber nicht so verstanden worden, wie sie das Organ gemeint habe. Auch zu diesem Faktum gebe es "umfangreiche Inhalte in den Akten". Das Einschreiten des Polizeibeamten auf Grund einer Fehlauslösung der Alarmanlage sei in keinem Konnex mit dem Straßenverkehr gestanden und vom Revisionswerber weder angenommen noch den Unterredungen zu Grunde gelegt worden. Der Revision komme deshalb über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weil eine zu leichtfertige Zugrundelegung der Verdachtslage in Hinblick auf Alkoholisierung einerseits und das Lenken eines Fahrzeugs in alkoholisiertem Zustand andererseits durch Behörden und Organe jedenfalls in Fällen, in denen die Amtshandlung an sich überhaupt keinen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr habe, zu einer rechtsstaatlich und gesetzlich nicht vorgesehenen und nicht wünschenswerten Verhängung von Strafen wegen des Verweigerungstatbestands in Zusammenhang mit § 5 Abs. 2 Z 1 StVO führe. Die Revision sei jedenfalls auch zur Klarstellung der Rechtslage zuzulassen (Hinweis auf VwGH 25.9.2017, Ra 2017/02/0135 und OGH 20.4.2016, 5 Ob 7/16i).
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Soweit sich der Revisionswerber gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung über den Verdacht des Lenkens eines Fahrzeuges und über die Aufforderung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wendet, ist er darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 27.4.2017, Ra 2017/02/0081). Dass dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall ein derartig krasser Fehler der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, ist aber nicht zu erkennen.
9 Auf den vom Revisionswerber vermissten Konnex des durch einen Fehlalarm ausgelösten Einschreitens des Polizeibeamten mit dem Straßenverkehr kommt es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht an, weil es für die Zulässigkeit der Bestrafung nach § 5 Abs. 2 StVO belanglos ist, aus welchem Anlass der Behörde die Lenkung eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand zur Kenntnis kommt (ZVR 1973/211). Die zuletzt genannte Bestimmung differenziert nicht nach dem Grad des Verdachtes (vgl. etwa § 5 Abs. 1 StPO), weshalb schon der klare Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 2 Z 1 StVO der von der Revision angestrebten erhöhten Intensität einer Verdachtslage entgegensteht.
10 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 15. Jänner 2018
Schlagworte
Alkotest VoraussetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020002.L00Im RIS seit
02.02.2018Zuletzt aktualisiert am
15.02.2018