TE Vwgh Beschluss 2018/1/16 Ra 2017/22/0216

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Veröffentlicht am 16.01.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §55;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des D K, vertreten durch die Kocher & Bucher Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Friedrichgasse 31, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2017, L507 2116767-1/21E, betreffend Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 und Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2008 in Österreich ein und stellte einen Asylantrag, der abgewiesen wurde (rechtskräftig am 16. Dezember 2008); gleichzeitig wurde er aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Ein Antrag im Jahr 2014 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz wurde ebenfalls abgewiesen.

5 Verfahrensgegenständlich ist nun der Antrag des Revisionswerbers vom 27. April 2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Die Beschwerde gegen die abweisende Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) als unbegründet abgewiesen. Eine ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

6 In ihrer Zulässigkeitsbegründung verweist die Revision zunächst auf die hg. Judikatur zur im Einzelfall vorzunehmenden Beweiswürdigung und führt weiter aus, dass eine einzelfallbezogene Interessenabwägung im Allgemeinen, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgte, nicht revisibel sei (Hinweis auf VwGH 25.4.2014, 2014/21/0033). Fallbezogen sei jedoch der Umstand der familiären Integration des Revisionswerbers - er lebe mit seiner Frau, seinem Sohn und seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt - viel zu gering gewichtet worden. Seine familiären Beziehungen seien so stark, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Revisionswerber auf Dauer unzulässig sei. Die Interessenabwägung sei nicht nach den in der Rechtsprechung ausgearbeiteten Grundsätzen durchgeführt worden, "dies aus den gleich nachstehenden Gründen".

7 Dazu ist zunächst auszuführen, dass nach ständiger hg. Rechtsprechung die Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in der Zulässigkeitsbegründung selbst zu erfolgen hat und ein Verweis auf die Ausführungen in den Revisionsgründen (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) der Anforderung einer gesonderten Darstellung der Revisionszulässigkeitsgründe nicht gerecht wird (vgl. etwa VwGH 26.9.2017, Ra 2017/05/0217, mwN).

Im Übrigen ist fallbezogen ein Abweichen von den im Rahmen der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht zu erkennen. Das BVwG berücksichtigte bei seiner Entscheidung - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die lange Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers in Österreich, seine familiären Bindungen insbesondere zu seiner Ehefrau, seinem Sohn sowie seinen Eltern und drei Geschwistern, seine Unbescholtenheit und die vorgelegte Beschäftigungszusage. Dem hielt das BVwG jedoch entgegen, dass sich der Revisionswerber seit Dezember 2008 - und somit auch zum Zeitpunkt seiner Eheschließung im Juli 2015 - nicht mehr rechtmäßig in Österreich aufhalte und seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, nicht in den heimischen Arbeitsmarkt integriert sei und Deutschkenntnisse nur auf sehr niedrigem Niveau aufweise. Weiter stellte das BVwG fest, dass die Ehefrau des Revisionswerbers zwischen November 2016 und März 2017 von diesem getrennt gelebt habe (zuerst im Frauenhaus, später in einer Wohnung), bevor sie wieder zum Revisionswerber zurückgekehrt sei; zwischen August 2008 und April 2014 sei der Revisionswerber auch nicht im Bundesgebiet gemeldet gewesen.

Von diesem Sachverhalt ausgehend durfte das BVwG die Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers als relativiert ansehen und insgesamt nach Verschaffung auch eines persönlichen Eindrucks in einer mündlichen Verhandlung bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG - in vertretbarer Weise - zu einem betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels negativen Ergebnis kommen. Auch das steht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Zulässigkeit einer Revision entgegen (vgl. etwa VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0340, mwN).

8 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. Jänner 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017220216.L00

Im RIS seit

02.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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