TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/29 98/10/0316

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Veröffentlicht am 29.05.2000
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Index

L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;
L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;

Norm

NatSchG Bgld 1990 §5 lita Z1;
RPG Bgld 1969 §20 Abs1;
RPG Bgld 1969 §20 Abs4;
RPG Bgld 1969 §20 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des K in Schattendorf, vertreten durch Dr. Eugen Radel, Dr. Willibald Stampf und Dr. Christian Supper, Rechtsanwälte in 7210 Mattersburg, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 20. November 1997, Zl. IV-B-820/9-97, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 13. Jänner 1994 hatte die belangte Behörde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der nachträglichen naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Obstlagerhütte auf den Grundstücken Nr. 1282 und 1285/4 KG Sch. gemäß § 50 Abs. 6 iVm 56 Abs. 1 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes 1990 - NG 1990, LGBl. Nr. 27/1991, als dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Sch. widersprechend abgewiesen.

Mit Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, Zl. 96/10/0212, hatte der Verwaltungsgerichtshof den oben erwähnten Bescheid der belangten Behörde aufgehoben, nachdem zuvor der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. September 1996, G 59/96 u.a., ausgesprochen hatte, dass eine Wortfolge in § 50 Abs. 6 NG 1990 verfassungswidrig war.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz)Bescheid vom 20. November 1997 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß §§ 5 lit. a Z. 1 und 56 Abs. 1 NG 1990 iVm § 20 Abs. 1, 4 und 5 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes 1969, LGBl. Nr. 18/1969 (RPG), neuerlich ab. Begründend wurde nach Darstellung der Rechtslage ausgeführt, gemäß § 20 Abs. 1, 4 und 5 RPG habe die Naturschutzbehörde als Voraussetzung einer Bewilligung festzustellen, ob die beabsichtigte Maßnahme dem Flächenwidmungsplan nicht widerspreche, insbesondere, ob sie für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sei. Ein Bauvorhaben im Grünland sei unzulässig, wenn bereits auf Grund der Planunterlagen erkennbar sei, dass es nicht einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb diene. Aus Befund und Gutachten des Sachverständigen ergebe sich, dass das vorliegende Bauvorhaben auf Grund seiner Gestaltung (Terrasse mit Balkon, Kamin) Freizeitzwecken diene. Die Baumaßnahme bleibe somit nicht auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung im Sinne von § 20 Abs. 5 lit. c RPG eingeschränkt. Es sei auch nicht üblich, vielseitig verwendbare Maschinen und Geräte in Gerätehütten im Grünland aufzubewahren. Diese würden grundsätzlich an der Hofstelle abgestellt. Auf die subjektiv in der Person des Bewilligungswerbers gelegenen Gesichtspunkte wie die Entfernung seines Wohnsitzes von der Obstkultur sei bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Bauführung für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung nicht Bedacht zu nehmen. Im Übrigen stelle die Entfernung zwischen Wohnhaus und Obstkultur von ca. 2,5 km eine sehr geringe und ortsübliche Wegstrecke dar. Aus Befund und Gutachten des Sachverständigen ergebe sich weiters schlüssig, dass die Hütte nicht als Obstlager geeignet sei. Angesichts der Ausmaße der Obstlagerhütte (überdachter Bereich insgesamt 25,35 m2, davon Nutzfläche 8,64 m2 und 9,75 m2 überdachte Fläche einer Terrasse) könne auch von einem geringfügigen Bau nicht gesprochen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Aus Anlass der vorliegenden Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. März 1998, Zl. A 22/98, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt, in § 20 Abs. 1 RPG die Wortfolge "sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften" als verfassungswidrig aufzuheben, weil das oben erwähnte zu § 50 Abs. 6 NG 1990 ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes das Bedenken erweckt hatte, § 20 Abs. 1 RPG sei aus denselben Gründen verfassungswidrig wie § 50 Abs. 6 NG 1990.

Diesem Antrag wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1998, G 32/98 u.a., im Wesentlichen mit der Begründung keine Folge gegeben, § 20 Abs. 1 RPG habe trotz ähnlicher Formulierung wie § 50 Abs. 6 NG einen essentiell anderen Inhalt. § 20 Abs. 1 RPG zufolge sei zwar eine der Voraussetzungen für die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung etwa eines Bauvorhabens, das dieses dem Flächenwidmungsplan nicht widerspreche. Dieses Erfordernis sei aber lediglich ein solches, dass zusätzlich zu den (genuin) naturschutzrechtlichen Voraussetzungen trete. § 20 Abs. 1 RPG erlaube - anders als § 50 Abs. 6 NG 1990 - eine verfassungskonforme Auslegung derart, dass die Naturschutzbehörde lediglich als Vorfrage zu beurteilen habe, ob das von ihr zu entscheidende Projekt dem Flächenwidmungsplan widerspreche oder nicht. Sie sei daher an eine allenfalls von der - kommunalen - Baubehörde ergangene, über die Vereinbarung desselben Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan entscheidende Erledigung gebunden; falls ein solcher Bescheid erst nach Abspruch der Naturschutzbehörde erlassen würde und im Widerspruch zur naturschutzbehördlichen Beurteilung stünde, bilde dies einen Wiederaufnahmsgrund. Damit werde gewährleistet, dass die zuständigen Behörden in den von ihnen zu entscheidenden Fragen jeweils das letzte Wort hätten. Gegen die Berücksichtigung von raumplanerischen Gesichtspunkten durch die Naturschutzbehörde bestünden jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die belangte Behörde die Verwertung von Befund und Gutachten des Sachverständigen im angefochtenen Bescheid geltend. Das Gutachten sei als Entscheidungsgrundlage ungeeignet, weil es von unrichtigen Prämissen ausgehe und auch für einen Laien erkennbar unschlüssig und vor allem unvollständig sei. Der Sachverständige lasse unberücksichtigt, dass der Beschwerdeführer seine Obstkultur im Ausmaß von ca. 5000 m2 als landwirtschaftlichen Nebenbetrieb führe. Ein Nebenerwerbslandwirt könne eine solche Kultur sinnvoll landwirtschaftlich nur nützen, wenn die erforderlichen Geräte und sonstigen Utensilien am Grundstück gelagert und das Obst am Grundstück zwischengelagert werden könne. Da eine dauernde Lagerung nicht beabsichtigt sei, sei eine teure Adaptierung nicht notwendig. Durch die Zwischenlagerungsmöglichkeiten und durch die Unterbringung der Gerätschaften in der Obstkultur selbst sei es möglich, auch ohne Benützung eines Transportmittels die notwendigen Arbeiten in der Obstkultur durchzuführen. Dadurch würden die Kosten der Bewirtschaftung gesenkt. Die Hütte sei somit ohne Adaptierung für eine Zwischenlagerung von Obst und für die Unterbringung der wichtigsten Geräte zur Bewirtschaftung der Obstkultur geeignet. Sie sei somit zwingend notwendig, um das Grundstück weiterhin landwirtschaftlich zu nutzen.

Gemäß § 20 Abs. 1 RPG sind Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. Gemäß § 20 Abs. 4 erster Satz leg. cit. fallen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkung der Abs. 1 und

2.

Gemäß § 20 Abs. 5 leg. cit. ist die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, dass

a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht,

b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,

c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und

d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild etc.) nicht entgegenstehen.

Die belangte Behörde hat die Notwendigkeit im Sinne des § 20 Abs. 4 RPG auf der Grundlage ihrer Feststellungen verneint, dass das Bauvorhaben auf Grund seiner Gestaltung (Terrasse mit Balkon, Kamin) ersichtlich Freizeitzwecken diene und es nicht üblich sei, vielseitig verwendbare Maschinen und Geräte in Gerätehütten im Grünland aufzubewahren. Dieser Beurteilung ist nicht entgegenzutreten; es ist auch angesichts der oben wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde nicht ersichtlich, inwiefern die erwähnten tragenden Feststellungen des angefochtenen Bescheides auf einer unschlüssigen Grundlage beruhen sollten. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.

Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht die Beschwerde geltend, es widerspreche den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 26. September 1996, wenn die Naturschutzbehörde prüfe, ob die zu bewilligende Maßnahme dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde widerspreche. Nur die Baubehörde habe im Bauverfahren darüber abzusprechen, ob die Bebauung der Grundfläche dem Flächenwidmungsplan widerspreche.

Es genügt, die Beschwerde mit diesen Darlegungen auf das auch zum vorliegenden Anlassfall ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1998, G 32/98 u.a., und dessen oben auszugsweise wiedergegebene Begründung zu verweisen. Danach hat die Naturschutzbehörde zu beurteilen, ob das zur Bewilligung beantragte Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspricht. Die Verneinung dieser Frage stellt eine Voraussetzung für die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung dar, die - verfassungsrechtlich zulässigerweise - gleichberechtigt zu den übrigen Bewilligungsvoraussetzungen hinzutritt. Bereits die Nichterfüllung dieser (einen) Bewilligungsvoraussetzung hindert die Erteilung der Bewilligung (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2000, Zl. 98/10/0341).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998100316.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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