Entscheidungsdatum
18.12.2017Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §39Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde des Herrn Dr. H. A. vom 19.1.2017 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 22.12.2016, Zahl MBA ...- S 43277/16, wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall iVm § 81 GewO 1994, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 24.10.2017, zu Recht erkannt:
Der Schuldspruch wird dahingehend geändert, dass die Wortfolge „abgeändert hat“ durch die Wortfolge „geändert betrieben hat“ ersetzt wird und der Klammerausdruck „(58 dB)“ entfällt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Dem Beschwerdeführer werden Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 52,00 Euro auferlegt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
B E G R Ü N D U N G
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, erkannte den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 22.12.2016 schuldig, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39 und 370 Abs. 1 GewO; Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeehauses) der C. KG mit Standort in Wien, S.-gasse zu verantworten, dass diese am 21.8.2016 die mit rechtskräftigen Bescheiden, erstmals vom 17.2.1964, MBA ... – Ba 19013/1/64, und Folgebescheid vom 17.9.1981, MBA ... – Ba 16529/2/81, genehmigte Betriebsanlage in Wien, S.-gasse, insofern abgeändert habe, als dass diese eine Musikanlage, bestehend aus einem JB System Mix 5.2 und einem Audio Power Amplifier, aufgestellt und Musik dargeboten habe, welche bei einer Messung der Musiklautstärke in Gastraummitte in 1,5 m Höhe über dem Fußboden, gemessen mit der Anzeigedynamik „schnell“ (fast) einen Grenzpegel von 71,3 dB erreicht und somit Hintergrundlautstärke (58 dB) deutlich überschritten habe. Der Betrieb sei am 21.8.2016 ohne die erforderliche rechtskräftige Genehmigung dieser Änderung erfolgt, obwohl diese Änderung geeignet sei, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen (§ 74 Abs. 2 Z 2 GewO).
Wegen Verletzung des § 366 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall iVm § 81 GewO verhängte die belangte Behörde gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 260 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 15 Stunden) und schrieb gemäß § 64 VStG einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 26 Euro vor.
Gegen das Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde. In dieser wird im Wesentlichen vorgebracht, dass eine unkorrekte Messung durch ein unbekannt gebliebenes Organ mit einem unbekannten Messgerät durchgeführt worden sei, wobei eine allfällige Eichung des Gerätes und die technische Qualifikation des Organes nicht überprüfbar seien. Außerdem sei das Lokal zum Tatzeitpunkt „zum Bersten voll“ gewesen, sodass eine Messung der Musiklautstärke alleine nicht möglich gewesen wäre. Auf den Gästelärm hingewiesen, erwiderte das Organ, „sein Gerät könne das“. Am 22.8.2016 habe der Beschwerdeführer eine Überprüfung durch einen zertifizierten Tontechniker veranlasst, welcher die bescheidkonforme Maximallautstärke bestätigt habe.
Am 24.10.2017 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher der Vertreter des Beschwerdeführers erschien und im Rahmen derer R. K., T. P. (Lokalbetreiber) und Ing. M. S. (Messorgan) als Zeugen einvernommen wurden. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.
Unter Zugrundelegung des Aktenvermerkes der belangten Behörde vom 22.8.2016, der Betriebsanlagengenehmigungs bzw.-änderungsbescheide vom 17.2.1964, Zl. MBA ... – Ba 19013/1/64, und vom 17.9.1981, Zl. MBA ... - Ba 16529/2/81, des Parteienvorbringens in der Beschwerde und mündlichen Verhandlung sowie der Aussagen der Zeugen P. und Ing. S., stellt das Verwaltungsgericht Wien folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt als erwiesen fest:
Am 21.8.2016 um 00:20 Uhr erfolgte im Zuge einer behördlichen Schwerpunktation in der Betriebsanlage „Kr.“ der C. KG in Wien, S.-gasse eine Schallpegelmessung. Im Lokal wurde mittels Musikanlage, bestehend aus einem JB System Mix 5.2 und einem Audio Power Amplifier, Musik dargeboten. Bei der Messung der Musiklautstärke in der Gastraummitte in 1,5 m Höhe über dem Fußboden, gemessen mit der Anzeigedynamik „schnell“ (fast), betrug der A-bewertete energie- äquivalente Dauerschallpegel 71,3 dB, der C-bewertete Messwert 75,3 dB, wobei die im Lokal anwesenden Personen der Aufforderung des Vertreters der Betriebsinhaberin, während der Messung still zu sein, entsprachen.
Diese Feststellungen gründen sich auf den Aktenvermerk von Maga. F. vom 22.8.2016 im Zusammenhalt mit den Angaben des Messorganes Ing. S. anlässlich dessen Zeugeneinvernahme sowie auf die Aussage des Zeugen P. in der mündlichen Verhandlung. Soweit die Aussagen der beiden Zeugen divergierten (Messwerte bzw. Geräusche durch Stimme), schenkte das Verwaltungsgericht der Aussage des Zeugen S. mehr Glauben als dem Zeugen P., da letzterer eine massive Voreingenommenheit gegenüber der behördlichen Kontrolle und speziell gegenüber dem Messorgan zeigte, das im persönlichen Eindruck einen aufrichtigen, zuverlässigen und kompetenten Eindruck vermittelte. Den Angaben des Beschwerdeführers konnte, soweit sie die konkrete Kontrolle betrafen, nicht gefolgt werden, war doch der Beschuldigte nicht anwesend und beruhten seine diesbezüglichen Angaben
nicht auf eigenen Wahrnehmungen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f GewO).
Wurde die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt, so sind gemäß § 370 Abs. 1 GewO Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.
Der Beschwerdeführer ist und war zur Tatzeit gewerberechtlicher Geschäftsführer der Betriebsanlage der C. KG.
Nach § 81 Abs. 1 GewO bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
Wenn auch darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes in denen bloße Hintergrundmusik dargeboten wird, die leiser als der übliche Gesprächston der Gäste ist, (wenn die übrigen Voraussetzungen ebenso vorliegen) einem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegen und darüber hinaus die 2. Genehmigungsfreistellungsverordnung Betriebsanlagen mit bloßer Hintergrundmusik, die leiser als der übliche Gesprächston der Kunden, anders als Betriebsanlagen, in welchen im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit musiziert oder, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird, nicht von der Verordnung ausnimmt, so ist im Beschwerdefall zu berücksichtigen, dass der gewerbebehördliche Konsens der gegenständlichen Betriebsanlage (siehe Betriebsanlagengenehmigungs- bzw. Änderungsbescheide vom 17.2.1964, Zl. MBA ... - Ba 19013/1/64, und vom 17.9.1981, Zl. MBA ... - Ba 16529/2/81) nicht die Darbietung von Musik (auch nicht von Hintergrundmusik!) mitumfasst.
Hintergrundmusik definiert sich durch den Schalldruckpegel gemäß ÖAL-Richtlinie Nr. 33 LAeq von maximal 58dBA bzw. LA01 von maximal 65dBA.
Bei einer Prüfung gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 iVm § 81 GewO geht es nicht um die Genehmigungsfähigkeit der Änderung der Betriebsanlage. Gegenstand des Verfahrens ist vielmehr die Änderung der Betriebsanlage im Verhältnis zu der im § 81 GewO normierten Genehmigungspflicht, nämlich die Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit der Änderung im Hinblick auf die Regelung des § 81 GewO, das heißt die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine solche Änderung handelt, dass sich neue oder größere Auswirkungen im Sinne der angeführten Bestimmung ergeben können (VwGH 17.2.1987, Zl. 85/04/0191).
Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens und daher Tatbestandselement der angelasteten Tat ist somit die nach § 74 Abs. 2 GewO mit der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung, die dort näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen. Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen. Es bedarf daher keiner Feststellungen im Einzelfall darüber, ob solche Gefährdungen, Beeinträchtigungen und Belästigungen von der konkreten Betriebsanlage tatsächlich ausgehen (VwGH 11.11.1998, Zl. 97/04/0161; 22.1.2003, Zl. 2002/04/
0197). Die Genehmigungspflicht ist immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen nicht auszuschließen sind (VwGH 16.12.1998, Zl. 98/04/0056; 25.2.2004, Zl. 2002/04/0013).
Solche Auswirkungen können im Falle des Aufstellens und Betreibens einer Musikanlage in einem Gastronomiebetrieb, wie dem gegenständlichen, bei dem gemessenen Schallpegel nicht ausgeschlossen werden (VwGH 24.4.1981, Zl. 1145/80) und wäre daher die Genehmigung der Änderung der – bereits genehmigten – Betriebsanlage zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO umschriebenen Interessen (hier: Schutz der Nachbarn vor Lärm) erforderlich gewesen.
Da die C. KG die genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung in geändertem Zustand betrieb, ist der objektive Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.
Bei Ungehorsamsdelikten – um ein solches handelt es sich bei einer Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z 3 GewO – wird dann, wenn der objektive Tatbestand erwiesen ist, die Schuld des Täters (in Form der Fahrlässigkeit) bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteiles präsumiert (§ 5 Abs. 1 2. Satz VStG). Mit seinem Vorbringen vermochte der Beschwerdeführer nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden traf. Demnach ist auch die subjektive Tatseite erfüllt.
Die Spruchabänderung diente der Präzisierung des Tatvorwurfes sowie der Eliminierung unwesentlicher Tatbestandselemente.
Strafbemessung
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die vorliegende Verwaltungsübertretung schädigt das als besonders bedeutende und strafrechtlich geschützte Rechtsgut am Schutz des in § 74 GewO genannten Personenkreises (hier: Nachbarn); der objektive Unrechtsgehalt der vorliegenden Tat ist, selbst wenn keine konkreten nachteiligen Folgen eingetreten sind, keinesfalls unbedeutend.
Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist nicht hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Beschwerdeführers nicht als geringfügig angesehen werden.
Dem Beschwerdeführer kommt der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute, erschwerend war kein Umstand.
Der Beschuldigte hat es trotz gebotener Gelegenheit unterlassen, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekanntzugeben, weshalb von durchschnittlichen allseitigen Verhältnissen auszugehen war; die Sorgepflicht für ein Kind wurde berücksichtigt.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis 3 600 Euro reichenden Strafsatz, erweist sich die von der belangten Behörde verhängte Strafe als ohnehin als milde bemessen, eine Herabsetzung der Strafe kam somit nicht in Betracht. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde in angemessenem Verhältnis dazu festgesetzt.
Die Auferlegung der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gründet sich auf
§ 64 Abs. 1 und 2 VStG, wonach der Beitrag für das Verwaltungsstrafverfahren mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen ist.
Ferner ist gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, wobei der Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen ist.
Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung oder ist diese als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Betriebsanlage; Abänderung; Musikanlage; Nachbarn; Lärm; SchallpegelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.021.014.1971.2017Zuletzt aktualisiert am
01.02.2018