TE Bvwg Beschluss 2018/1/16 W111 2153342-1

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Veröffentlicht am 16.01.2018
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Entscheidungsdatum

16.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W111 2153342-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, gesetzlich vertreten durch das XXXX, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.03.2017, Zl. 1110342303-160479144, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheids behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, insoweit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein minderjähriger Staatsangehöriger Somalias, seinen Angaben zufolge Angehöriger der Volksgruppe der Madhibaan und der moslemischen Glaubensrichtung, stellte am 04.04.2016 infolge illegaler Einreise den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am darauffolgenden Tag gab der Beschwerdeführer auf die Frage nach seinen Ausreisegründen an, einem Minderheitenstamm in Somalia anzugehören, welcher von größeren Stämmen verfolgt werde. Die Terrorgruppe Al Shabaab sei im Jahr 2007 zu ihm nach Hause gekommen und habe ihm mitgeteilt, dass er für sie kämpfen solle. Da der Beschwerdeführer und eine Mutter sich geweigert hätten, sei seine Mutter getötet worden. Befragt, weshalb er seine Heimat erst zehn Jahre später verlassen hätte, gab der Beschwerdeführer an, seine Heimat auch wegen der Bürgerkriegssituation verlassen zu haben, da er kein normales Leben in Somalia hätte führen können. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer bei dem zuvor geschilderten Vorfall erst sechs Jahre alt gewesen wäre, und befragt, was die Terrorgruppe von ihm gewollt hätte, erklärte der Beschwerdeführer, dies nicht zu wissen.

Am 09.02.2017 wurde der Beschwerdeführer im Beisein seines gesetzlichen Vertreters sowie einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Somali vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen (vgl. die Seiten 99 bis 123 des Verwaltungsakts). Dabei gab er kurz zusammengefasst an, bislang wahrheitsgemäße Angaben erstattet zu haben, welche korrekt protokolliert und rückübersetzt worden wären. Bis zu seiner Ausreise im Dezember 2015 habe er sich in der somalischen Stadt XXXX aufgehalten; wo sich seine Familienangehörigen aktuell aufhielten, sei ihm nicht bekannt. Die wirtschaftliche Lage seiner Familie hätte sich als sehr schwer gestaltet, manchmal hätten sie nichts zu essen gehabt. Nachgefragt, wisse er nicht, von wem seine Heimatstadt regiert worden sei. Seine Flucht sei durch seine Großmutter organisiert und durch die Genannte sowie Leute, welche er unterwegs getroffen hätte, finanziert worden. Nach dem fluchtauslösenden Moment für das Verlassen seiner Heimat gefragt, führte der Beschwerdeführer aus, er gehöre einer Minderheit an, wodurch er sehr viele Probleme gehabt hätte. Er habe nicht frei leben und sich bilden können, man hätte ihn verfolgt und verspottet. Ein weiteres Problem sei die Al Shabaab gewesen. Diese sei oft zu ihnen nach Hause gekommen und hätte den großen Bruder des Beschwerdeführers, welcher mittlerweile verstorben wäre, mitnehmen wollen. Seine Mutter habe dies nicht gewollt und den Bruder des Beschwerdeführers zu einer Tante nach XXXX geschickt. Als Al Shabaab bemerkt hätte, dass der Bruder des Beschwerdeführers nicht mehr da wäre, habe man als nächstes den Beschwerdeführer mitnehmen wollen. Seine Mutter habe sich abermals geweigert und sei schließlich selbst durch Al Shabaab mitgenommen worden. Später hätten sie gehört, dass die Genannte umgebracht und deren Leiche in einen Busch geworfen worden wäre. Danach hätten sie niemanden mehr gehabt und die Großmutter väterlichstes hätte sich fortan um sie gekümmert. Al Shabaab hätte trotzdem weiterhin versucht, den Beschwerdeführer mitzunehmen. Schließlich habe Al Shabaab dem Beschwerdeführer mitgeteilt, er hätte fünf Tage um sich zu entscheiden, ansonsten würde etwas passieren. Die Großmutter des Beschwerdeführers habe dann innerhalb von drei Tagen dessen Flucht organisiert. Im Falle einer Rückkehr müsste der Beschwerdeführer sich Al Shabaab ergeben, andernfalls würde er umgebracht werden. Der gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers wurden anschließend Länderfeststellungen zur Lage in dessen Herkunftsstaat ausgehändigt und eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer allfälligen schriftlichen Stellungnahme gewährt. Nach Rückübersetzung seiner Angaben bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit und Vollständigkeit der aufgenommenen Niederschrift durch seine Unterschrift.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 09.03.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers vom 04.04.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und diesem gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 09.03.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Minderjährigkeit sowie die Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit, nicht jedoch die präzise Identität, des Beschwerdeführers fest. Desweiteren erwog das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der vom Beschwerdeführer angegebene Fluchtgrund in Form von Problemen aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit erwiese sich ebensowenig wie dessen Bedrohung durch Al Shabaab-Milizen als glaubhaft. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in Somalia konkreten seine Person betreffenden Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen sei oder solche für die Zukunft zu befürchten wären. Eine Rückkehr erscheine derzeit jedoch aufgrund der prekären Lage in seiner Heimatprovinz in Zusammenschau mit dem Fehlen eines familiären Netzwerkes als nicht zumutbar. Der Entscheidung wurde ein allgemeiner Ländervorhalt zur Situation in Somalia zugrunde gelegt, in welchem sich insbesondere Ausführungen zu den Themen Süd-/Zentralsomalia, Bakool, Bay, Sicherheitsbehörden sowie Bevölkerungsstruktur und Clanschutz finden (vgl. die Seiten 12 bis 21 des angefochtenen Bescheides).

Beweiswürdigend wurde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen festgehalten (vgl. die Seiten 22 bis 25 des angefochtenen Bescheides), der Beschwerdeführer habe im Zuge seiner Erstbefragung sowie anlässlich seiner Einvernahme vor der belangten Behörde im Wesentlichen gleichlautende Fluchtgründe vorgetragen, doch hätten sich Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit ergeben. So habe sich das von ihm angeführte Geburtsdatum nicht als im Einklang mit dem durchgeführten Handwurzelröntgen erwiesen. Zum Vorbringen betreffend eine Gefährdung durch Al Shabaab sei zu entgegen, dass Al Shabaab zwischenzeitlich aus der Heimatstadt des Beschwerdeführers zurückgedrängt worden wäre. Angriffe würden, wenn überhaupt, hauptsächlich auf Ziele der Regierung oder des Militärs verübt werden und sei in der XXXX zuletzt eine massive Verstärkung des Sicherheitsapparats vollzogen worden. Hinzu kämen die vagen und detailarmen Aussagen des Beschwerdeführers, welche dessen Unglaubwürdigkeit unterstreichen würden. So sei es nicht nachvollziehbar, weshalb Al Shabaab sich von der Mutter des Beschwerdeführers von einer Entführung seiner Person hätte abhalten lassen sollen, ebensowenig, weshalb Al Shabaab ihn so oft hätte "besuchen" sollen, bevor man versucht hätte, diesen mitzunehmen. Auch hinsichtlich der Problematik aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Madhibaan werde dem Beschwerdeführer kein Glaube geschenkt, zumal sich dieser überhaupt nicht mit Volksgruppen im Allgemeinen auskennen würde. Selbst im Falle einer Glaubwürdigkeit seiner Schilderungen, würden sich diese lediglich auf einzelne Diskriminierungshandlungen beschränken, welche in keiner Weise eine Intensität erreichen würden, um Asylrelevanz zu erlangen. Auch die Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der geschilderten Ereignisse noch jugendlich gewesen wäre, führe zu keinem anderen Ergebnis.

Mit Verfahrensanordnung vom 09.03.2017 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für eine allfällige Beschwerdeerhebung zur Seite gestellt.

3. Gegen den dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht am 10.04.2017 durch die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt (im Detail vgl. Verwaltungsakt, Seiten 211 bis 219), der Beschwerdeführer gehöre der diskriminierten Volksgruppe der Madhibaan/Gabooye an und habe Somalia wegen Diskriminierungen aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie Drohungen durch die Al Shabaab verlassen. Das Bundesamt habe eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Diskriminierungen aufgrund der Volksgruppe verabsäumt und in diesem Sinne wesentliches Parteienvorbringen ignoriert. Insofern die Angaben des Beschwerdeführers seitens der Behörde als vage bezeichnet werden, wäre die mangelnde Bildung seiner Person zu berücksichtigen gewesen und habe dieser vor dem Bundesamt altersentsprechende Angaben getätigt. Aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers wäre insgesamt ein milderer Maßstab bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit anzuwenden gewesen (vgl VfGH vom 26.6.2013, U 1343 sowie VwGH vom 24.9.2014, Ra 2014/19/0020). Der Beschwerdeführer sei in Somalia konkreten, seine Person betreffenden Verfolgungshandlungen, der Gefahr der Rekrutierung durch Al Shabaab sowie ethnischer Diskriminierung ausgesetzt. Außerdem müsste er sich im Falle einer Rückkehr wieder durch Al Shabaab-Gebiet bewegen und würde als Deserteur getötet werden. Die Befürchtungen des Beschwerdeführers würden in Einklang mit den Länderfeststellungen stehen. Dem Beschwerdeführer drohe in Somalia unmittelbare Gefahr für Leib und Leben durch die ihm drohende Zwangsrekrutierung, politische und religiöse Verfolgung aufgrund der extremistischen islamistischen Terrorgruppe der Al Shabaab sowie Diskriminierung aufgrund seiner Volksgruppe, wogegen der Staat, sofern man überhaupt von einem Staat sprechen könne, nicht in der Lage sei, Schutz zu bieten, da dieser keine effektive flächendeckende Herrschaftsgewalt ausübe.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 18.04.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 VwGVG trat dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 2014 in Kraft. Gemäß Abs. 2 leg. cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A:

1.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2.

Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013)

§ 28 VwGVG Anm. 11).

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für

eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung d.h. im Tatsachenbereich zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen (vgl. VwGH 19.01.2009, 2008/07/0168; VwGH 23.5.1985, 84/08/0085).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer obersten Berufungsbehörde (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der ‚obersten Berufungsbehörde‘ beginnen und zugleich – abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof – bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung."

Es besteht kein Grund zur Annahme, dass sich die dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die neue Rechtslage übertragen ließe. Es liegt weiterhin nicht im Sinne des Gesetzes, wenn das Bundesverwaltungsgericht erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, sodass es seine umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Eine ernsthafte Prüfung des Antrages soll nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden.

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und folgende für die Auslegung des § 28 VwGVG maßgeblichen Gesichtspunkte aufgezeigt:

Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, auch dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt. Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist. Angesichts des in §?28?VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlange das im §?28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck finde, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werde. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen würde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt habe. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, in nunmehr ständiger Rechtsprechung, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN, 14.421/1996, 15.743/2000).

2. Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

2.1. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Asylverfahren missachtet worden, dies aus folgenden Erwägungen:

Der aus XXXX stammende Beschwerdeführer brachte zusammenfassend vor, seinen Herkunftsstaat aufgrund der in Zusammenhang mit seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Madhibaan erlebten Diskriminierungen sowie der Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab verlassen zu haben, von welcher er wiederholt aufgefordert worden wäre, sich dieser anzuschließen.

Ihrer Entscheidung legte die Behörde Auszüge aus einem allgemeinen Ländervorhalt zum Herkunftsstaat Somalia zugrunde, welche jedoch keinerlei Ausführungen zur Problematik der Zwangsrekrutierungen durch al Shabaab enthalten. Derartige Feststellungen erweisen sich jedoch im Hinblick auf die seitens höchstgerichtlicher Rechtsprechung geforderte Würdigung eines Vorbringens vor dem Hintergrund der objektiven Situation im Herkunftsstaat des Antragstellers im gegenständlichen Verfahren als unerlässlich, zumal es sich hierbei um das zentral fluchtauslösende Vorbringen des Beschwerdeführers handelt. Ohne eine derartige Tatsachengrundlage ist eine Beurteilung des Risikos einer den Beschwerdeführer in XXXX treffenden individuellen, von Al Shabaab ausgehenden, Gefährdungslage sowie die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der vorgebrachten fluchtkausalen Geschehnisse nicht möglich. Dabei wird nicht verkannt, dass Al Shabaab zufolge der herangezogenen Länderberichte zwischenzeitlich aus der Stadt XXXX zurückgedrängt worden sei. Gleichzeitig wird jedoch festgehalten, dass der Übergang der Gebiete von somalischer Regierung und AMISOM zu jenen der Al Shabaab fließend und unübersichtlich sei und Al Shabaab in den meisten Städten unter Kontrolle der Regierung und AMSIOM über eine verdeckte Präsenz sowie über ausreichende Kapazitäten zur asymmetrischen Kriegsführung verfüge. Vor diesem Hintergrund hätte die Gefahr einer den Beschwerdeführer in seiner Heimatregion treffenden Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab nicht vorweg ausgeschlossen werden dürfen, sondern wären weitergehende Feststellungen zu diesem Punkt erforderlich gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt darauf hingewiesen, dass von den Asylbehörden eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten ist und die Behauptungen des Asylwerbers auch im Vergleich zu der Berichtslage in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will, zu messen sind (VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/20/0113).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sohin zunächst konkrete Feststellungen zur aktuellen Gefahr einer Zwangsrekrutierung im Gebiet von XXXX sowie Ermittlungen zur Vorgehensweise der Al Shabaab gegenüber Personen, die sich der Rekrutierung entzogen bzw. einen Anschluss an die Al Shabaab verweigern, tätigen müssen. Hiezu fehlen in der angefochtenen Entscheidung, wie dargelegt, jegliche Feststellungen.

Ebensowenig lassen sich dem angefochtenen Bescheid Feststellungen dahingehend entnehmen, ob der Beschwerdeführer allenfalls vor dem Hintergrund seiner Jugend oder seiner Volksgruppen-/Clanzugehörigkeit einem erhöhten individuellen Risiko einer Verfolgung bzw Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab unterliegen würde. Dem Beschwerdevorbringen ist insofern zu folgen, als dem angefochtenen Bescheid keine konkreten Feststellungen dahingehend zu entnehmen sind, ob sich die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Minderheit der Madhibaan allenfalls auf dessen Gefährdung hinsichtlich einer Zwangsrekrutierung auswirken könnte.

Als weiteren fluchtauslösenden Grund brachte der Beschwerdeführer seine Zugehörigkeit zur Minderheit der Madhibaan und die damit in Zusammenhang erlittenen Diskriminierungen vor. Diesbezüglich findet sich im Rahmen der getroffenen Länderfeststellungen zwar die Information, dass die Minderheit der Madhibaan zu den Berufskasten zähle und werden die typischerweise von deren Angehörigen ausgeübten Berufe genannt. Weitergehende Feststellungen zur Lage von Angehörigen jener Minderheit lassen sich dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht entnehmen. So resultiert die Mangelhaftigkeit des durchgeführten Ermittlungsverfahrens gegenständlich insbesondere daraus, dass die Behörde keinerlei objektiven Feststellungen zur Situation der Minderheit der Madhibaan, insbesondere auch in der Heimatregion des Beschwerdeführers, in ihre Entscheidungsfindung miteinbezogen hat, welche die Annahme stützten würden, dass sie Zugehörigkeit zu jener Minderheit keine Gefahr einer individuellen Verfolgung begründen würde. Insofern die Behörde eine Glaubwürdigkeit der in Zusammenhang mit seiner Volksgruppenzugehörigkeit geschilderten Problemlage verneint, zumal es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, zu den in seiner Herkunftsregion vorherrschenden Volksgruppen Auskunft zu geben, müssen das Alter und der geringe Bildungsstand des Beschwerdeführers berücksichtigt werden, vor deren Hintergrund es nicht als ausgeschlossen erachtet werden kann, dass der Beschwerdeführer die entsprechenden Kenntnisse auch im Falle des tatsächlichen Erlebens der geschilderten Bedrohungslage nicht besitzen würde. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher aktuelle und ausreichend ausführliche Feststellungen zur Clanzugehörigkeit des Beschwerdeführers sowie zur aktuellen Situation von Angehörigen jener Minderheit in Somalia bzw in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers treffen zu haben und die Feststellungen mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in einen Kontext zu stellen haben.

Insofern ist dem Bundesamt vorzuwerfen, dass es im vorliegenden Fall einerseits keine ausreichenden Ermittlungen in Hinblick auf das fluchtrelevante Vorbringen des Beschwerdeführers getätigt hat, den Beschwerdeführer nicht in der gebotenen Tiefe befragt und zudem insbesondere keine ausreichenden Feststellungen in Hinblick auf die ihn im Falle einer (denkbaren) Rückkehr konkret zu erwartende Lage getroffen hat. Im fortgesetzten Verfahren wird sohin nach ergänzender Einvernahme des Beschwerdeführers und nach Heranziehung entsprechender aktueller, auf das individuelle Vorbringen bezugnehmender, Herkunftslandquellen die Glaubwürdigkeit des fluchtrelevanten Vorbringens des Beschwerdeführers zu beurteilen und anschließend auf dieser Basis einer rechtlichen Würdigung zu unterziehen sein.

Insofern bedarf es jedenfalls detaillierter Erhebungen der die Person des Beschwerdeführers treffenden Sachlage, um zu einer haltbaren Beweiswürdigung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit und zu einer tragbaren Entscheidung überhaupt im Verfahren gelangen zu können.

Im Ergebnis fehlt dem Bundesverwaltungsgericht jedenfalls die maßgebliche Entscheidungsgrundlage für eine abschließende Beurteilung des Vorbringens des Beschwerdeführers in asylrechtlicher Hinsicht. Durch das vom Beschwerdeführer (potentiell) gesetzte Verhalten, nämlich die offensichtliche Ablehnung der Unterstützung der Al Shabaab, könnte dem Beschwerdeführer seitens der islamistischen Gruppe Al Shabaab eine missliebige politische Gesinnung unterstellt werden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat das Verfahren mit einem schweren Ermittlungsfehler belastet, indem es die Fluchtgründe des Beschwerdeführers keiner ausreichenden Überprüfung unterzogen und keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat (vgl. dazu VwGH vom 27.1.2015, Zl. 2014/19/0112, in dem ausgesprochen wurde, dass es entscheidend sei, mit welchen Reaktionen der Mitglieder der Al Shabaab der Beschwerdeführer aufgrund seiner Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, rechnen müsste und ob in seinem Verhalten eine – sei es auch nur unterstellte – politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird). Folgt man den Ausführungen unter Punkt 1.3. hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bloß ansatzweise Ermittlungen getätigt, sodass eine Zurückverweisung der Sache an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl schon unter diesem Gesichtspunkt als gerechtfertigt erscheint.

2.2. Die belangte Behörde hat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Offizialmaxime, der sie zur amtswegigen Erhebung des gesamten wahren Sachverhaltes verpflichtet, keine umfassenden Ermittlungen getätigt und daraus resultierend auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die aufgezeigte Mangelhaftigkeit ist wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren Vermeidung für den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Antragstellung auf internationalen Schutz zu einem günstigeren Ergebnis hätte führen können.

Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt.

Von einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Parteivorbringens kann im vorliegenden Fall somit nicht gesprochen werden und sind die im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend angeführten Argumente im zu beurteilenden Fall keinesfalls zur Begründung einer negativen Entscheidung geeignet.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in umfassender Weise auseinanderzusetzen zu haben. Im Rahmen einer ergänzenden Befragung des Beschwerdeführers und nach ergänzenden Länderfeststellungen wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die oben angesprochenen Punkte einer Klärung zuzuführen zu haben.

Unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer konkret und gezielt gegen den Beschwerdeführer gerichteten Bedrohung von Seiten der Al Shabaab respektive aufgrund seiner Minderheitenzugehörigkeit, und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung des Beschwerdeführers in Hinblick auf den Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten wie oben dargelegt als so mangelhaft, dass weitere Ermittlungen diesbezüglich unerlässlich erscheinen.

2.3. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann – im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG – nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist – angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Zu Spruchpunkt B:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. VwGH 26.?6.?2014, 2014/03/0063). Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Behebung und Zurückverweisung eines angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG wegen Ermittlungsmängel folgt konzeptionell im Wesentlichen der Bestimmung des § 66 Abs. Abs. 2 AVG (bzw. des § 41 Abs. 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012). Die zu diesen Bestimmungen ergangene Judikatur ist ausführlich und auf den hier in Betracht kommenden § 28 Abs. 3 2. Satz VwGG infolge seiner konzeptionellen Ausgestaltung anwendbar (vergl. z.B. 17. 10. 2006, 2005/20/0459 und grundsätzlich zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG in Asylverfahren VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315, 2000/20/0084 und insbesondere VwGH vom 21. 6. 2010, 2008/19/0379, wo der VwGH ausdrücklich einen Vergleich zwischen den beiden Normen § 66 Abs. 2 AVG und § 41 Abs. 3 ASylG 2005 zieht).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aktuelle Länderfeststellungen, Behebung der Entscheidung,
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W111.2153342.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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