Entscheidungsdatum
18.01.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W132 2151799-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat der Beschwerdeführerin am 05.08.2015 einen bis 31.07.2020 befristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH eingetragen sowie die Zusatzeintragung "Osteosynthesematerial" vorgenommen.
2. Mit Bescheid vom 10.09.2015 hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 21.08.2015 auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 abgewiesen.
3. Die Beschwerdeführerin hat am 18.08.2016 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gestellt.
3.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 28.11.2016, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
3.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Dem Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie beigelegt.
4. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage eines innerfachärztlichen Arztbriefes Dris. XXXX vom 01.09.2016 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die angefochtene Entscheidung nicht nachvollziehbar sei, da sie aufgrund einer Chemotherapie mit vielen körperlichen Schmerzen leben müsse. Sie benötige Hilfe im Haushalt und könne die meisten Tätigkeiten nur im Sitzen ausüben. Sie könne alleine keine Wege zurücklegen und brauche für Wege außer Haus die Hilfe ihres Mannes. Aufgrund der starken Wirbelsäulenschmerzen und ihrer Atemprobleme sei es ihr nicht möglich Strecken von über 30 m ohne Sitzpause zurückzulegen. Die starken Schmerzen der Beine auf Grund der Neuropathie seien auch nicht mit Schmerzmitteln zu lindern. Auch seien ihre COPD Werte durch die Chemotherapie so schlecht, dass sie Strecken von mehr als 30 m nicht ohne Erschöpfung zurücklegen könne. Sie könne ihre Arzttermine nur mit dem PKW wahrnehmen.
4.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes Sachverständigengutachten von der bereits befassten Gutachterin Dr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder aus dem Beschwerdevorbringen noch den vorgelegten Beweismitteln eine geänderte Beurteilung resultiert.
4.2. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.
Die Beschwerdeführerin hat zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Wesentlichen vorgebracht, dass das Gutachten Dris. XXXX nicht nachvollziehbar sei. Sie habe keine Gehhilfe bei der Untersuchung mitgehabt, weil ihr Mann sie gestützt habe. Durch die COPD könne sie keine 100 m gehen. Bergauf gehen sowie Stiegen steigen, bereite große Probleme. Sie habe starke Schmerzen in der Wirbelsäule, das rechte Bein sei taub und eine Operation sei aufgrund der COPD nicht möglich. Sie wisse nicht woher die Schmerzen in den Beinen herrühren. Es sei ihr gesagt worden, die Schmerzen seien auf die Chemotherapie zurückzuführen. Auf Grund ihrer unerträglichen Schmerzen könne sie keinesfalls mit dem Zug oder der Straßenbahn fahren. Hinsichtlich der Schmerzmittel sei sie bei Morphium angelangt, was aber auch nicht helfe. Es sei ihr unmöglich ohne Auto ins Spital oder zu den behandelnden Ärzten zu kommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.
1.2. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand adipös. Caput/Collum:
Unauffälliges Hör- und Sehvermögen. Thorax: Symmetrisch, elastisch. Narbe nach Mammateilresektion rechts, submammär rechts Rötung nach Bestrahlungsbehandlung. Atemexkursionen seitengleich, sonorer
Klopfschall. VA. HAT rein, rhythmisch. RR: 140/80. Abdomen: Über Thoraxniveau. Narbe nach Bauchwandoperation median oberhalb des Nabels, geringgradige Rektusdiastase, sonst klinisch unauffällig. Keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz. Integument unauffällig.
Schultergürtel und beide obere Extremitäten: Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Geringgradiges Lymphödem rechte obere Extremität. Bewegungsschmerzen und Druckschmerzen werden im Bereich des linken Schultergelenkes angegeben bei sonst unauffälligem Gelenk. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit:
Schultern endlagig eingeschränkt. Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig. Die grobe Kraft in etwa seitengleich. Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide untere Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich. Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen. Die Sensibilität wird im Bereich der Füße als gestört angegeben. Die Beschwielung ist etwa seitengleich. Bewegungsschmerzen werden im Bereich der Hüftgelenke und Kniegelenke bei sonst unauffälligen Gelenken angegeben. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüfte, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot. Regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Deutlich Hartspann im Bereich der Schulter- und Nackenmuskulatur und deutlich paralumbal. Mäßig Klopfschmerz über der Lendenwirbelsäule und paralumbal Druckschmerz auslösbar. Bewegungsschmerzen bei der Rotation im Bereich der unteren LWS. ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Aktive Beweglichkeit: HWS in allen Ebenen frei beweglich. BWS/LWS: FBA: Fingerkuppen 10 cm unter Kniegelenk, in allen Ebenen zur Hälfte eingeschränkt beweglich. Lasegue beidseits negativ. Muskeleigenreflexe seitengleich auslösbar.
Status psychicus: Allseits orientiert. Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig. Stimmungslage ausgeglichen.
Art der Funktionseinschränkungen:
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Mammakarzinom rechts, Zustand nach Mammateilresektion, Chemotherapie und Bestrahlungsbehandlung, geringgradiges Lymphödem rechte obere Extremität, sensibles Polyneuropathiesyndrom der unteren Extremitäten.
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Asthma-COPD-overlap-Syndrom, keine Sauerstoffversorgung erforderlich
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Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenveränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, kein sensomotorisches Defizit
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Obstruktives Schlafapnoesyndrom, nächtliche Maskenbeatmung
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Schilddrüsen-Unterfunktion, medikamentös eingestellt.
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die Beschwerdeführerin kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne Unterbrechung zurücklegen bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich – auch im Gesamtbild – nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule erreichen auch im Zusammenwirken mit den mäßigen Einschränkungen der unteren Extremitäten kein Ausmaß, welches das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln maßgebend behindern würde. Die Polyneuropathie ist von geringer Ausprägung. Es ist eine für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates gegeben.
Das Gangbild ist zwar schwerfällig, insgesamt jedoch raumgewinnend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet sind. Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist hinreichend möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit der Beschwerdeführerin sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend.
Die Lungenerkrankung liegt nicht in einem Stadium vor, welches zu einer dauernden Verminderung der Lungenfunktion in einem Ausmaß führen würde, dass öffentliche Verkehrsmittel nicht erreicht oder benützt werden könnten. Die Dyspnoe ist geringgradig.
Es liegen weder erhebliche dauerhafte Einschränkungen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Leistungsfähigkeit vor.
Die vorgebrachten Schmerzen liegen nicht in einem Ausmaß vor, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwert. Ein Ausmaß an Schmerzen, welches eine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangleistungsminderung für kurze Wegstrecken nach sich zieht, oder das Festhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln gravierend erschwert, kann nicht festgestellt werden.
Bei der Beschwerdeführerin liegen auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen gründen sich – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte ärztliche ergänzende Sachverständigengutachten ist in Verbindung mit dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. In den Sachverständigengutachten wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 28.11.2016 erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die Sachverständige fasst deren wesentlichen Inhalt nachvollziehbar wie folgt zusammen:
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Befund Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie vom 13.07.2016: Prolaps L5/S1, Lumboischialgie rechts, Polyneuropathie, chronisches Schmerzsyndrom, Fersensporn rechts. Infiltration. Der Befundbericht enthält eine Diagnoseliste und dokumentiert die Therapie mit Infiltration L4 bis ISG beidseits. Die Diagnoseliste enthält teilweise keine aktuellen Angaben (angegebener Prolaps L5/S1 konnte im MRT der LWS vom 26.07.2016 (siehe unten) nicht mehr bestätigt werden, es wird lediglich eine Protrusion beschrieben) und aufgrund des fehlenden Status ist eine Vergleichbarkeit mit aktuellem Status nicht möglich.
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MRT der LWS und Röntgen der gesamten Wirbelsäule vom 26.07.2016 :
Größenzunahme der Bandscheibenprotrusion L3/L4, Osteochondrose L4/L5, Protrusion L4/L5 und L5/S1. Befunde werden der Beurteilung zugrunde gelegt, maßgeblich sind jedoch klinisch objektivierbare, für beantragte Zusatzeintragung relevante funktionelle Einschränkungen.
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Elektroneurodiagnostischer Befund vom 23.06.2016: Mäßig ausgeprägtes sensibles Neuropathiesyndrom an der unteren Extremität. Befund wird der Beurteilung zugrunde gelegt. Maßgeblich ist, dass ein vorwiegend sensibles Neuropathiesyndrom an den unteren Extremitäten nachgewiesen wurde, ein motorisches Defizit liegt nicht vor.
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Tabelle mit Angabe der Patientengeschichte einschließlich Datum und Spital sowie Medikamentenliste und Allergie - keine neuen Informationen, sämtliche Diagnosen und aufgelisteten Medikamente wurden berücksichtigt.
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Befund Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, vom 01.09.2016: Anamnese: Belastungsatemnot seit Chemotherapie 05/2015. Echokardiographie normale globale systolische und diastolische Linksventrikelfunktion. EF 58 %. Ergometrie: 57 % von Zielleistung, Abbruch wegen Beinschwäche. Zum Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit wird die Durchführung eines Herzkatheters für 28.09.2016 vereinbart. Nachgewiesen ist eine gute Herzleistung, ein Befund über eine koronare Herzkrankheit liegt nicht vor.
Die vorgelegten Beweismittel sind nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen überzeugend in Frage zu stellen.
Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Die Beurteilung der Mobilität der Beschwerdeführerin als ausreichend, begründet die Sachverständige nachvollziehbar und fachärztlich überzeugend, dass die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenveränderungen und deutlichen Verspannungen und eingeschränkter Beweglichkeit im Bereich der Lendenwirbelsäule ohne sensomotorische Defizite keine hochgradige Gangbildbeeinträchtigung oder Einschränkung der Gesamtmobilität bewirken und das Gangbild zwar schwerfällig, aber insgesamt raumgewinnend und ohne Gehhilfe möglich ist und ein neurologisches Defizit auch im elektroneurodiagnostischen Befund nicht nachgewiesen werden konnte, wobei das sensible Polyneuropathiesyndrom in der Liste der Funktionseinschränkungen angeführt wird, ein radikuläres neurologisches Defizit oder eine Ataxie mit höhergradiger Gangbildbeeinträchtigung jedoch nicht festgestellt werden konnten. Betreffend die oberen Extremitäten führt Dr. XXXX schlüssig aus, dass die Ellbogengelenke, die Unterarmdrehung, die Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich sind, Grob- und Spitzgriff uneingeschränkt durchführbar sind, der Faustschluss komplett ist, die grobe Kraft seitengleich ist und die aktive Beweglichkeit lediglich in den Schultern endlagig eingeschränkt ist, wobei der Nacken- und Schürzengriff uneingeschränkt durchführbar sind.
Dr. XXXX beschreibt die im Rahmen der persönlichen Untersuchung wahrgenommene Gesamtmobilität anschaulich, dass die Beschwerdeführerin selbständig gehend mit Halbschuhen in Begleitung des Gatten ohne Gehhilfe zur Untersuchung kommt, das Gangbild mit Schuhen und barfuß schwerfällig, insgesamt raumgewinnend ist, das Aus- und Ankleiden zum Teil selbständig im Sitzen durchgeführt wird, wobei der Gatte die Schuhe anzieht und lediglich eine geringgradige Dyspnoe beim Aus- und Anziehen besteht.
Eine höhergradige Einschränkung der Herzleistung konnte anhand des Befundes vom 01.09.2016 nicht dokumentiert werden, vielmehr liegt eine gute Linksventrikelfunktion vor. Befunde über eine koronare Herzkrankheit liegen nicht vor und eine hochgradige Atemnot schon bei geringsten körperlichen Anstrengungen ist aus dem Untersuchungsbefund nicht ableitbar und auch fachärztlich nicht belegt, somit liegen keine Hinweise auf erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit im Sinne von Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen, hochgradiger Rechtsherzinsuffizienz, eine Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie, COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie, Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie oder nachweisliches Erfordernis eines mobilen Gerätes mit Flüssigsauerstoff vor, vergleichbare Zustände konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung nicht objektiviert werden und wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.
Aus dem Bewegungsablauf der Beschwerdeführerin während der Untersuchung sind keine derart erheblichen Schmerzen abzuleiten, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschwert würde. Dr. XXXX beschreibt nachvollziehbar, dass sich anhand des beobachteten Gangbildes mit schwerfälligem, insgesamt aber raumgreifenden Gehen ohne Gehhilfe und teilweise eingeschränkter Gesamtmobilität mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten sowie des derzeitigen Therapieerfordernisses (Menefam) kein Hinweis auf Schmerzzustände ergibt, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen könnten.
Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX und dessen Ergänzung stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegen getreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Das Beschwerdevorbringen und die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwendungen sind jedoch nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates und genügende körperliche Belastbarkeit gegeben sind bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften.
Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
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erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
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erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
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eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
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arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
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Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 – 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015)
Da, wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, der Sachverständigen zu folgen war, dass zwar Funktionsbehinderungen am Bewegungsapparat feststellbar sind, aber höhere Funktionsdefizite an den Extremitäten nicht vorliegen, ausreichend Kraft und Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten gegeben sind und auch ohne Gehhilfe ein ausreichend sicheres Gangbild vorliegt, wird der Entscheidung zugrunde gelegt, dass keine erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates vorliegen.
Aus den funktionellen Einschränkungen ergibt sich, dass das Gangbild insgesamt zwar etwas schwerfällig, aber die Gehfähigkeit erhalten und das Gehen ohne Hilfsmittel möglich ist. An den oberen Extremitäten liegen lediglich im Bereich der Schultern endlagige Einschränkungen bei freier Beweglichkeit aller anderen Gelenke und erhaltener Kraft vor, sodass auch das Anhalten möglich ist. Die Funktionen im Bereiche der unteren Extremitäten sind ausreichend erhalten, um in ein öffentliches Verkehrsmittel zu gelangen oder ein solches auch zu verlassen. Die Funktionen im Bereiche der oberen Extremitäten, sind für ein suffizientes Anhalten an Haltegriffen während des Transportes in einem öffentlichen Verkehrsmittel ausreichend.
Bei der Beschwerdeführerin liegen weder eine Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen noch eine hochgradige Rechtsherzinsuffizienz vor, es besteht zwar ein Asthma-COPD-overlap-Syndrom für welches keine Sauerstoffversorgung erforderlich ist, erhebliche Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit – im Sinne Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie, COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie, Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie, mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden - ergeben sich daraus aber nicht.
Auf ein Ausmaß an Schmerzen, welches eine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangleistungsminderung für nur kurze Wegstrecken nach sich ziehen würde, kann auf Grund des vorliegenden Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Gesamtmobilität nicht geschlossen werden. Die von der Beschwerdeführerin dargestellte subjektiv empfundene Intensität der Schmerzen und die damit einhergehenden massiven Einschränkungen im Alltag konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung in dem von ihr dargestellten Ausmaß nicht objektiviert werden und wurde dieses Vorbringen auch nicht durch medizinische Unterlagen belegt.
Bei der Beschwerdeführerin konnten auch keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ergänzendes ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses in Verbindung mit dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Die erhobenen Einwendungen waren allerdings – wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt – nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Schlussfolgerungen hervorzurufen. Die vorgelegten Beweismittel wurden in den eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Diese sind jedoch nicht geeignet die gutachterliche Bewertung substantiiert in Zweifel zu ziehen. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet. Die Beschwerdeführerin wurde fachärztlich persönlich untersucht. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine – von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende – Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W132.2151799.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.02.2018