TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/19 W192 2131681-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.2018
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Entscheidungsdatum

19.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W192 2131678-2/2E

W192 2131676-2/2E

W192 2131677-2/2E

W192 2131680-2/2E

W192 2131681-2/2E

W192 2182753-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX, StA. Syrien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2017, Zlen: 1.) 15-1091292607/151567235-EAST Ost, 2.) 15-1091293408/151567311-EAST Ost, 3.) 15-1091293604/151567397-EAST Ost, 4.) 15-1091293909/151567486-EAST Ost, 5.) 15-1091294209/151567567-EAST Ost, 6.) 1151330005/17537079-EAST Ost, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG

2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der weiteren minderjährigen Beschwerdeführer. Diese beschwerdeführenden Parteien, Staatsangehörige von Syrien, reisten illegal nach Österreich ein und stellten 15.10.2015 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz. Bezüglich der Erstbeschwerdeführerin liegt ein Eurodac-Treffer betreffend eine erkennungsdienstliche Behandlung 09.06.2015 in Bulgarien anlässlich der Stellung eines Asylantrages vor.

Bei ihrer Erstbefragung am 16.10.2015 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sich ihr Ehegatte in Bulgarien als Asylwerber aufhalte. In Österreich lebe ein Bruder der Erstbeschwerdeführerin, der österreichischer Staatsbürger sei, sowie die Eltern und vier weitere Geschwister der Erstbeschwerdeführerin als Asylwerber.

Die Erstbeschwerdeführerin habe im August 2014 den Herkunftsstaat verlassen und sei mit ihren drei Kindern (Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer) in die Türkei gegangen, von wo sie versucht habe, auf legalem Weg zu ihrem Mann nach Bulgarien zu kommen. Sie habe ein bulgarisches Visum zur Familienzusammenführung bekommen, nicht jedoch für ihre Kinder. Sie sei nach Bulgarien gereist und habe in Bulgarien ein weiteres Kind (Fünftbeschwerdeführer) zur Welt gebracht. Ihr Ehemann sei aus Bulgarien in die Türkei gereist und habe eine schlepperunterstützte illegale Einreise der drei Kinder aus der Türkei nach Bulgarien organisiert. Der Schlepper und die drei Kinder seien an der bulgarischen Grenze am 27.09.2015 von der Polizei festgenommen und inhaftiert worden. Am 01.10.2015 seien die Kinder wieder freigelassen worden. Am 07.10.2015 habe der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin einen Schlepper organisiert, der sie und ihre vier Kinder nach Serbien gebracht habe. In Serbien habe die Erstbeschwerdeführerin sich dem Flüchtlingsstrom angeschlossen und sei an der österreichischen Grenze von ihrem Bruder abgeholt worden. Die Beschwerdeführerin habe über ein von der bulgarischen Botschaft in der Türkei ausgestelltes Visum mit Gültigkeit bis 27.07.2015 verfügt. Die Erstbeschwerdeführerin wolle nicht nach Bulgarien zurückkehren, da ihre ganze Familie außer ihrem Ehemann schon in Österreich sei. Weiters seien dort ihre Kinder eingesperrt worden. Sie habe alles versucht, um legal in Bulgarien zu bleiben und die bulgarischen Behörden hätten dafür nichts gemacht. Die Erstbeschwerdeführerin stelle daher für sich und ihre minderjährigen Kinder jeweils einen Antrag auf International Schutz, wobei die minderjährigen Kinder keine eigenen Fluchtgründe hätten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 04.11.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien.

Im Antwortschreiben der bulgarischen Dublin-Behörde vom 06.11.2015 wurde mitgeteilt, dass den beschwerdeführenden Parteien in Bulgarien mit Entscheidung vom 28.10.2015 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, weshalb die beschwerdeführenden Parteien von Bulgarien nicht nach der Dublin III-VO wiederaufgenommen werden. Eine Übernahme könne nach dem bilateralen Rückübernahmeabkommen mit Österreich beantragt werden.

Die Beschwerdeführer wurden vom BFA mit Verfahrensanordnung vom 12.11.2015 darüber in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, die Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da diese in Bulgarien Schutz vor Verfolgung gefunden haben. Mit Schreiben ihres damaligen Rechtsvertreters vom 11.11.2015 brachten die Beschwerdeführer vor, dass eine Überstellung nach Bulgarien unzumutbar sei, da die Kinder der Erstbeschwerdeführerin dort unter unmenschlichen Bedingungen in Haft angehalten wurden. Nach einer in deutscher Sprache abgefasst Darstellung der Angaben der Erstbeschwerdeführerin sei die Erstbeschwerdeführerin am 30.05.2015 hochschwanger aus der Türkei nach Bulgarien gereist, um dort ihr Kind zu gebären. Während dieser Zeit seien die drei Kinder der Erstbeschwerdeführerin in der Türkei zurückgeblieben und dort vom - aus Bulgarien in die Türkei gereisten - Ehemann der Erstbeschwerdeführerin betreut worden. Der Ehemann habe die drei Kinder am 27.09.2015 in Begleitung eines Schleppers von der Türkei nach Bulgarien geschickt, jedoch seien alle in Haft genommen worden. Die Polizei habe die Mutter verständigt, die mit ihrem neugeborenen Kind zur Hafteinrichtung gereist sei und habe die Kinder, die erschöpft, nicht ausreichend versorgt und total verdreckt gewesen seien, nur 15 Minuten lang besuchen können. Die Kinder seien unter menschenunwürdigen Umständen fünf Tage lang in Haft gewesen und hätten kein Essen bekommen. Nach drei Tagen sei der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin aus der Türkei gekommen und mit der Erstbeschwerdeführerin zunächst zurück in die Wohnung nach Sofia gegangen. Schließlich hätten sie gemeinsam am 01.10.2015 die Kinder aus einem Asyllager abholen können. Diese seien verdreckt, ausgehungert und stark durstig gewesen.

Am 07.10.2015 habe der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin für diese, die vier gemeinsamen Kinder und zwei Cousins die illegale Weiterreise nach Österreich arrangiert. Der in Österreich niedergelassene Bruder der Erstbeschwerdeführerin habe diese von der Polizeisperre an der Grenze abholen und zu ihren Eltern und weiteren Geschwistern nach Wien bringen können. Die Kinder seien durch den Bürgerkrieg in Syrien und ihre Erfahrungen in den Gefängnissen und die Trennung von der Mutter in Bulgarien traumatisiert.

Es wurden Bestätigungen einer Volkschule über den Schulbesuch durch den Zweitbeschwerdeführer und den Drittbeschwerdeführer angeschlossen, ebenso ein Empfehlungsschreiben der Schulleiterin sowie die Kopie eines Schreibens des Vertreters von UNHCR in Bulgarien an die Konsularabteilung des bulgarischen Außenministeriums vom 19.06.2015, wonach dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin mit Entscheidung vom 19.03.2014 in Bulgarien humanitärer Status zuerkannt worden sei. In weiterer Folge habe der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin mit Entscheidung vom 05.09.2014 eine Genehmigung der Familienzusammenführung mit der Erstbeschwerdeführerin und den drei minderjährigen Kindern erhalten. Nach UNHCR vorliegenden Informationen habe die bulgarischen Asylbehörde das bulgarische Außenministerium mit Schreiben vom 06.03.2015 über die positive Entscheidung über die Familienzusammenführung in Kenntnis gesetzt, wobei wegen des Fehlens von entsprechenden Identitätsdokumenten der Kinder für diese keine bulgarischen Visa erteilt hätten werden können. Im Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass die Erstbeschwerdeführerin mittlerweile nach Bulgarien gereist sei und dort ihr viertes Kind geboren habe, während ihr Ehemann in die Türkei gereist sei, um die drei weiteren Kinder zu betreuen und das Verfahren zu ihrer Zusammenführung in Bulgarien zu betreiben. UNHCR ersuche die bulgarischen Behörden, das Verfahren zur Familienzusammenführung dringend abzuschließen.

Aus einem vorgelegten Schreiben eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 19.11.2015 geht hervor, dass ein posttraumatisches Syndrom bei der gesamten Familie der Beschwerdeführer festgestellt worden sei, wobei die Erstbeschwerdeführerin in neurologisch-psychiatrische Therapie stehe und die drei (ältesten) Kinder der Kinderpsychiatrie eines psychosozialen Dienstes vorgestellt werden.

Am 26.11.2015 erfolgte nach durchgeführter Rechtberatung und unter Mitwirkung des Rechtsberaters und der Rechtsvertreterin die niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin, wobei diese angab, dass sie in der Lage sei, die Befragung zu absolvieren, jedoch psychische Probleme, nämlich Schlafstörungen, zu haben. Weiters habe sie Schilddrüsenprobleme und benötige nach dem Kaiserschnitt ärztliche Behandlung. Drei der Kinder der Beschwerdeführerin hätten Probleme mit der Haut (Juckreiz).

Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin befinde sich gegenwärtig in Serbien, sie wisse nicht, was er dort mache. Die Eltern und restlichen Geschwister der Erstbeschwerdeführerin seien in Österreich anerkannte Flüchtlinge. Die Erstbeschwerdeführerin lebe bei ihrem Bruder, der die österreichische Staatsbürgerschaft habe, sowie dessen Ehefrau.

Die Erstbeschwerdeführerin wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass in ihrem Fall Schutz in Bulgarien gegeben sei und daher beabsichtigt sei, die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen und ihre Außerlandesbringung nach Bulgarien anzuordnen. Die Erstbeschwerdeführerin brachte dazu vor, dass sie auf keinen Fall nach Bulgarien zurück wolle und ihre Kinder dort fünf Tage eingesperrt gewesen seien. Die bulgarischen Behörden hätten die Kinder nicht nach Bulgarien zugelassen, weil sie keine Pässe hätten und die Erstbeschwerdeführerin habe keinen Schutz bekommen. Die Kinder seien fünf Tage lang im Gefängnis gewesen und grob behandelt worden. Die Erstbeschwerdeführerin brachte weiter vor, dass ihre Kinder hier in die Schule gehen würden.

Der Beschwerdeführerin wurde die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme zu ihr übergebenen Länderfeststellungen über Bulgarien eingeräumt.

Am selben Tag wurde vor dem BFA der Bruder der Erstbeschwerdeführerin, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, als Zeuge einvernommen. Er brachte vor, dass er die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder in seine Wohnung aufgenommen habe. Er habe seit einem Jahr die österreichische Staatsbürgerschaft und seine Ehegattin habe Asyl erhalten. Der Bruder der Erstbeschwerdeführerin sorge für Lebensmittel im Haushalt und trage Kosten für den Schulbesuch der minderjährigen Beschwerdeführer.

Auf Befragen, weshalb die Zusammenführung der Familie durch die Erstbeschwerdeführerin nicht auf legalem Weg versucht worden sei, brachte er vor, dass dies nicht möglich gewesen sei, da sie keine Reisepässe für die Kinder gehabt habe. Ihr Bruder habe die Erstbeschwerdeführerin auch während des Aufenthaltes in Bulgarien durch Geldüberweisungen unterstützt. Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin habe vor ihrer Einreise nach Bulgarien dafür gesorgt, dass sie eine Unterkunft habe. Ihr Bruder habe dann die Kosten für diese Mietwohnung übernommen. Die bulgarischen Behörden hätten die Erstbeschwerdeführerin nicht unterbringen wollen, da sie gemeint hätten, dass ihr Ehemann selbstständig bzw. in der Versorgung abgemeldet sei. Dieser habe "schwarz" gearbeitet.

Mit Telefax vom 07.12.2015 wurden Geburtsurkunden der minderjährigen Beschwerdeführer aus dem Herkunftsstaat, Empfehlungsschreiben, ein Länderbericht einer serbischen Menschenrechtsorganisation vom Oktober 2015 über Fälle von Übergriffen der bulgarischen Sicherheitsbehörden gegenüber reisenden Migranten und Flüchtlingen sowie ein Länderbericht über die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Bulgarien aus 2014 vorgelegt.

Aufgrund einer am 01.12.2015 vorgenommenen Untersuchung der Erstbeschwerdeführerin durch eine Ärztin für allgemeine Medizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, erstellte diese die gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 07.12.2015, woraus hervorgeht, dass bei der Erstbeschwerdeführerin eine milde Anpassungsstörung vorliege, wobei im Vordergrund die Sorge stehe, nach Bulgarien zurück zu sollen. Die Erstbeschwerdeführerin sei orientiert und bewusstseinsklar und es könnten keine Denkstörungen exploriert werden. Für eine andere Störung, insbesondere PTSD bestehe kein Anhaltspunkt. Es würden keine therapeutischen und medizinischen Maßnahmen angeraten. Bei den Kindern liege Scabies (Krätzmilbe) vor und diese müssten behandelt werden, erst dann könne ein Gutachten für die Kinder fertig gestellt werden.

Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 22.12.2015 wurden ärztliche Atteste eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 07.12.2015 vorgelegt, wonach die Erstbeschwerdeführerin an Abszessen und Hautläsionen leide und eine hautärztliche Abklärung empfohlen werde. Weiters falle eine posttraumatische Belastungsstörung auf. Hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers, des Drittbeschwerdeführers und des Viertbeschwerdeführers liege neben einer Scabies eine posttraumatische Belastungsstörung vor.

Betreffend den Zweitbeschwerdeführer, den Drittbeschwerdeführer und den Viertbeschwerdeführer wurden weiters im Wesentlichen gleich lautende fachärztliche Befundberichte eines Zentrums für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 15.12.2015 vorgelegt, wonach bei Diagnosen von posttraumatischen Belastungsstörungen als Traumafolgestörungen eine therapeutische Unterstützung empfohlen werde. Aus einer den Zweitbeschwerdeführer, den Drittbeschwerdeführer und den Viertbeschwerdeführer betreffenden psychologischen Stellungnahme einer klinischen Psychologin und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin, vom 17.12.2015 geht hervor, dass bei den drei Kindern eine posttraumatische Belastungsstörung und zusätzlich eine nicht organische Schlafstörung durch Albträume (Angstträume) vorliege. Weiters sei bei allen drei Kindern ein deutlicher Entwicklungsrückstand vorhanden und beim Viertbeschwerdeführer auch von einer stark depressiven Störung auszugehen.

In einem Schreiben eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 15.12.2015 wurde ausgeführt, dass bei der Erstbeschwerdeführerin zunehmende Depression mit Angstattacken und Schlafstörungen gegeben sei. Es sei "absolut kontraindiziert", die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Kindern nach Bulgarien abzuschieben.

Mit Schreiben eines Facharztes für Kinder und Jugendheilkunde vom 14.01.2016 wurde bestätigt, dass beim Zweitbeschwerdeführer, Drittbeschwerdeführer und Viertbeschwerdeführer bei einer Untersuchung am 10.01.2016 keine sichtbaren ansteckenden Krankheiten festgestellt worden seien.

Am 03.02.2016 erfolgte ein weiterer Untersuchungstermin der Erstbeschwerdeführerin und ihrer minderjährigen Kinder bei der Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, worüber sich aus der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 10.02.2016 ergibt, dass sowohl beim Zweitbeschwerdeführer als auch beim Drittbeschwerdeführer eine Anpassungsstörung vorliege, eine posttraumatische Belastungsstörung jedoch nicht auszuschließen sei. Es werde Psychotherapie mit nonverbalen Elementen, eventuell auch in der Gruppe empfohlen. Hinsichtlich der Auswirkungen einer Überstellung auf den psychischen und physischen Zustand wurde ausgeführt, dass dies "nicht abschließend beurteilt werden" könne. Wesentlich (wichtiger als der Aufenthaltsort) sei das subjektive Gefühl der Sicherheit, das einem Kind normalerweise von den Eltern vermittelt werde. Die Erstbeschwerdeführerin scheine teilweise überfordert zu sein. Eine "neuerliche Ortsveränderung erscheine als problematisch."

Zu diesen gutachterlichen Stellungnahmen im Zulassungsverfahren wurde durch die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.02.2016 eine Stellungnahme eingebracht, in der zum gesundheitlichen Zustand der Erstbeschwerdeführerin ausgeführt wurde, dass sich der psychische Gesundheitszustand seit der Untersuchung durch die Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychische somatische und psychotherapeutische Medizin am 01.12.2015 verschlechtert habe. Aus dem vorgelegten Schreiben des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 15.12.2015 gehe hervor, dass eine zunehmende Depression mit Angstattacken und Schlafstörungen vorliege und es kontraindiziert seit, die Patientin mit ihren vier Kindern nach Bulgarien abzuschieben. Die Erstbeschwerdeführerin werde Anfang März einen Termin für eine psychotherapeutische Behandlung wahrnehmen.

Zum gesundheitlichen Zustand des Zweitbeschwerdeführers und des Drittbeschwerdeführers wurde vorgebracht, dass in der gutachterlichen Stellungnahme vom 10.02.2016 nicht auf die im Verfahren vorgelegte psychologische Stellungnahme vom 17.12.2015 eingegangen wurde, die der Ärztin für Allgemeinmedizin offensichtlich nicht vorgelegt worden sei. Daraus ergebe sich, dass bei allen drei Kindern eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Dies sei auch in der gutachterlichen Stellungnahme nicht ausgeschlossen worden. Auch in der gutachterlichen Stellungnahme sei ein neuerlicher Ortswechsel für die Kinder als problematisch bezeichnet worden. In Anbetracht der ärztlichen Stellungnahmen und des sonstigen Vorbringens seien die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder als vulnerable Personen anzusehen und eine Rückkehr nach Bulgarien nicht zumutbar, weshalb ein Selbsteintritt Österreichs geprüft werden solle.

Auf Ersuchen des BFA wurde durch das Bundesministerium für Inneres die mit Schreiben vom 25.02.2016 erfolgende Zustimmung des bulgarischen Innenministeriums zur Übernahme der Beschwerdeführer eingeholt, aus der sich ergibt, dass den Beschwerdeführern in Bulgarien der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist.

Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 20.04.2016 legten die Beschwerdeführer eine psychologische Stellungnahme einer klinischen Psychologin-Wahlpsychologin, Schwerpunkt Kinderpsychologie, vom 05.04.2016 vor, woraus hervorgeht, dass beim Zweitbeschwerdeführer eine posttraumatische Belastungsstörung ausgelöst durch den Krieg, die Flucht und das Inhaftieren in einem Gefängnis in Bulgarien vorliege. Dieser bedürfe dringend einer sicheren Umgebung, die ihm ein Aufarbeiten seiner Traumatisierung ermögliche. Jegliche Veränderung der Lebenssituation würde zu einer "Retraumatisierung führen und Folgen nicht absehbaren Ausmaßes" nach sich ziehen. In der Stellungnahme wurde ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin und auch ihre Kinder als vulnerable Personen und auch als abhängige Personen im Sinne der Art. 16, 17 Dublin III-VO anzusehen seien.

Die Behörde habe gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO auch zu prüfen, ob humanitäre Gründe, insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext vorliegen, die eine Zuständigkeit Österreichs notwendig machen. Die Beschwerdeführer würden beim Bruder der Erstbeschwerdeführerin leben, der österreichischer Staatsbürger sei. Ein schützenswertes Familienleben sei zu bejahen. Es habe auch ein Abhängigkeitsverhältnis bestanden, da die Beschwerdeführer erst Monate nach Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich in die Grundversorgung aufgenommen worden seien. In dieser Zeit habe der Bruder der Erstbeschwerdeführerin jegliche Arztbesuche organisiert und Medikamente beschafft. Es wurde auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Urteils des EuGH in der Rs. C -245/11 hingewiesen, worin der Gerichtshof sich ausführlich mit der Auslegung der Vorgängerbestimmung der Art. 16 und 17 Abs. 2 Dublin III-VO befasst habe.

Aus der vorgelegten psychologischen Stellungnahme sei ersichtlich, dass der Zweitbeschwerdeführer seit einiger Zeit eine psychologisch-therapeutische Einrichtung für Flüchtlingskinder besuche. Die anderen Brüder seien derzeit noch etwas zu jung, würden aber künftig auch ein derartiges Therapieangebot in Anspruch nehmen. Aus den Länderberichten betreffend Bulgarien gehe nicht hervor, ob derartige Einrichtungen vorhanden seien und somit auf eine bestehende Vulnerabilität besonders von Kindern Rücksicht genommen werde. Vielmehr sei den Länderberichten zu entnehmen, dass die Rücksichtnahme auf vulnerable Personen zwar gesetzlich vorgesehen sei, dies in der Praxis aber selten bis nie der Fall sei und es keine gesonderten Zentren für Vulnerable gebe. Eine Überstellung nach Bulgarien werde zur Gefahr einer erneuten Traumatisierung führen und daher als unmenschliche Behandlung anzusehen sein.

Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom "21.04.2015" (offensichtlich gemeint 21.04.2016) wurde ein psychotherapeutisches Begleitschreiben einer Psychotherapeutin vom 18.04.2016 betreffend die Erstbeschwerdeführerin vorgelegt, wonach diese bei Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörungen Therapie in Anspruch nehme.

Mit Schreiben des BFA vom 17.06.2016 wurde den Beschwerdeführern Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme zu aktualisierten Länderfeststellungen über die Situation in Bulgarien eingeräumt. Die Beschwerdeführer brachten dazu mit Schreiben vom 28.06.2016 vor, dass sich den Länderberichten entnehmen lasse, dass das Asylverfahren in Bulgarien von verschiedenen Seiten kritisiert werde und nicht auszuschließen sei, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien als Folgeantragsteller angesehen würden und somit kein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe Krankenversorgung und psychologische Hilfe hätten. Angesichts der übermittelten Gutachten und Befunde handle es sich um vulnerable Personen und diese Tatsache könne von den bulgarischen Behörden verkannt werden. Die Unterbringungssituation habe sich verschlechtert und es würde rechtswidrige und unverhältnismäßige Schubhaft ein großes Problem darstellen.

Den Berichten sei zu entnehmen, dass der Zugang zu medizinischer Versorgung eine aufrechte Krankenversicherung voraussetze und viele sich die Beiträge nicht leisten könnten. Es gehe aus den Berichten nicht hervor, dass eine psychotherapeutische Behandlung für Kinder, auch bei bestehender Krankenversicherung, in Bulgarien vorhanden sei. Es werde auf die Stellungnahme der Ärztin für allgemeine Medizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin vom 18.02.2016 (offensichtlich gemeint: 10.02.2016) hingewiesen, wonach eine neuerliche Ortsveränderung der Kinder als problematisch eingestuft werde.

Es bestehe zufolge den Berichten in Bulgarien kein staatliches Angebot für Schutzberechtigte, um ihnen den Einstieg in die bulgarische Gesellschaft zu erleichtern. Da es sich bei den Beschwerdeführern um vulnerable Personen handelt, sollte ein Selbsteintrittsrecht Österreichs geprüft werden.

Weiters wurde vorgebracht, dass die Fristen für eine Überstellung nach der Dublin III-VO jedenfalls abgelaufen seien und somit eine Zuständigkeit Österreichs gegeben sei.

Der Stellungnahme wurde ein psychotherapeutisches Begleitschreiben einer Psychotherapeutin vom 27.06.2016 betreffend die Erstbeschwerdeführerin vorgelegt, wonach diese sich wegen postnataler Depression und posttraumatischen Belastungssyndroms in Therapie befinde. Es seien traumatische Erlebnisse sowie die überaus belastende Lebenssituation der Erstbeschwerdeführerin, die auf sich selbst gestellt sei und geringe bis gar keine Unterstützung durch den Ehemann erhalten habe, der sich im serbischen Flüchtlingslager aufhalte, ausschlaggebend für die anhaltende Symptomatik. Die "Klientin sei in Bulgarien der psychischen Belastung nicht gewachsen."

1.2. Mit Bescheiden vom 08.07.2016 wurde der Antrag der genannten beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz jeweils gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die beschwerdeführenden Parteien nach Bulgarien zurückzubegeben haben (Spruchpunkt I.). Weiters wurde den beschwerdeführenden Parteien ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.).

Diese Bescheide trafen in der Begründung auch Feststellungen über die Lage für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien einschließlich des Zuganges zu medizinischer Versorgung

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien den Status subsidiär Schutzberechtigter erhalten haben und kein Grund bestehe, anzunehmen, dass die Beschwerdeführer Gefahr liefen, dort einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Recht ausgesetzt zu sein. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren, diese würden in Bulgarien keine Unterstützung bekommen, wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien aufenthaltsberechtigt seien und sich an die staatlichen Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen wenden könnten. Auch die bereits während des Voraufenthaltes erfolgte finanzielle Unterstützung seitens des in Österreich lebenden Bruders der Erstbeschwerdeführerin könne wieder stattfinden.

In den angefochtenen Bescheiden wurde festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin an einer milden Anpassungsstörung leide und ebenso von einer psychischen Depression und posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen werde, wobei sie sich diesbezüglich in ärztlicher Behandlung befinde. Beim Zweitbeschwerdeführer, Drittbeschwerdeführer und Viertbeschwerdeführer "werde ebenso von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen", wobei Psychotherapie und psychiatrische Behandlung notwendig sei. Nachdem die Beschwerdeführer ärztlich behandelt worden seien, könne "zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass dementsprechend dringliche ärztliche Behandlungen in absehbarer Zeit durchgeführt oder fixiert worden wären, wenn tatsächliche schwerwiegende Erkrankungen vorliegen würden. Derartige dringliche Behandlungen, welche allenfalls einen Hinweis auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung darstellen würden, seien im Fall der Beschwerdeführer nicht durchgeführt oder festgesetzt worden. Auch sei dem gesamten Vorbringen sowie den medizinischen Unterlagen nicht zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder an einer derart schwerwiegenden Erkrankung leiden, welche mit Lebens- oder gravierender körperlicher Beschädigungsgefahr verbunden wäre."

Weiters seien bei Bedarf in Bulgarien Behandlungsmöglichkeiten gegeben, wie sich aus den Feststellungen zu Bulgarien ergebe. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 seien nicht gegeben. Es würden sich die Eltern und Geschwister der Erstbeschwerdeführerin in Österreich aufhalten und sie lebe mit einem Bruder, der in Österreich anerkannter Flüchtling und österreichischer Staatsbürger sei, im gemeinsamen Haushalt, wobei von einem relevanten Familienleben zu diesem Bruder ausgegangen werde. Es bestehe jedoch keine gegenseitige qualifizierte Abhängigkeit beispielsweise in Form einer Pflegebedürftigkeit und es sei davon auszugehen, dass eine finanzielle Unterstützung durch den Bruder auch bei einem Aufenthalt der Beschwerdeführer in Bulgarien möglich sei. Auch bestehe die Möglichkeit der Aufrechterhaltung von Kontakten zu in Österreich aufhältigen Familienangehörigen durch Brief- oder E-Mail-Verkehr.

Angesichts der persönlichen Situation und der Kürze ihres Aufenthaltes würden keine Hinderungsgründe gegen die Anordnung zur Außerlandesbringung vorliegen.

1.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat rechtzeitig dagegen eingebrachten Beschwerden mit Erkenntnissen vom 08.09.2016 gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und die bekämpften Bescheide behoben, wobei es seine Entscheidung im Wesentlichen auf die nachstehende Begründung stützte:

"3.2.1 Zur Frage der Unzulässigkeit der gegenständlichen Asylanträge wäre zunächst grundsätzlich davon auszugehen, dass das BFA zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat, da den Beschwerdeführern in Bulgarien der Status von subsidiär Schutzberechtigten zukommt.

Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC ist zu erwägen:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

3.2.2. Im vorliegenden Fall haben sich die Beschwerdeführer weniger als ein Jahr lang seit ihrer unrechtmäßigen Einreise und somit sehr kurz in Österreich aufgehalten. Es liegt jedoch angesichts der konkreten fallbezogenen Situation eine sehr intensiv ausgeprägte familiäre Bindung der Beschwerdeführer zu jenem Bruder der Erstbeschwerdeführerin, der österreichischer Staatsbürger ist, vor. Dieser Bruder hat die Beschwerdeführer bereits nach ihrer unrechtmäßigen Einreise aufgenommen und in weiterer Folge auch nach der erfolgten Stellung von Anträgen auf internationalen Schutz für ihre Unterbringung und Versorgung gesorgt, da die Beschwerdeführer erst Ende Dezember 2015 Zugang zu Leistungen des Grundversorgungssystem erhalten haben. Die Beschwerdeführer haben auch seit ihrer Einreise bis Juli 2016 mit diesem Bruder der Erstbeschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt gewohnt und sind seither in einer in unmittelbarer Nähe gelegenen Unterkunft aufhältig, die von einer Betreuungsorganisation zur Verfügung gestellt wird.

Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführer keinen Kontakt zu ihrem Ehemann bzw. Vater haben und dessen Aufenthalt nicht bekannt ist, bekräftigt die vorliegende familiäre Beziehung zum genannten Bruder.

Die familiären Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich werden auch durch den Aufenthalt der Eltern und anderen Geschwister der Erstbeschwerdeführerin im Bundesgebiet als anerkannte Flüchtlinge weiter verstärkt.

3.2.3. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen insbesondere des Zweit-, des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers durch posttraumatische Belastungsstörungen belegen bereits auf Grund der Minderjährigkeit dieser Beschwerdeführers eine bestehende besondere Verletzlichkeit ihrer Person wegen des gesundheitlichen Zustandes (vgl.: VfGH E449/2016 ua., 30.06.2016).

In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf die in mehreren der vorgelegten Befunde enthaltenen Äußerungen, wonach eine Überstellung dieser Beschwerdeführer nach Bulgarien als "kontraindiziert" bzw. mit der "Gefahr einer Retraumatisierung" verbunden bzw. "problematisch" bezeichnet wurde und (beim Zweitbeschwerdeführer) "Folgen nicht absehbaren Ausmaßes nach sich ziehen" würde, erkennbar, dass nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen auch nicht ohne weiteres von einer Zulässigkeit der Abschiebung dieser Beschwerdeführer im Sinne von § 61 Abs. 2 FPG in Verbindung mit § 50 Abs. 1 FPG im Hinblick auf eine mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK ausgegangen werden könnte. Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Ausführungen, wonach dringliche ärztliche Behandlungen im Falle der Beschwerdeführer nicht durchgeführt oder fixiert worden seien, sind durch den Inhalt der vorgelegten ärztlichen, psychologischen und therapeutischen befunde und Bestätigungen nicht gedeckt.

Jedenfalls wird durch die vorliegenden psychischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer die Bedeutung der familiären Bindung der Beschwerdeführer zu ihrem Bruder bzw. Onkel gestärkt, indem auch ohne Bestehen einer Pflegebedürftigkeit im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Bulgarien nicht absehbar ist, wie die Erstbeschwerdeführerin, die in einem Befund auch als "teilweise überfordert" beschrieben wurde, ohne weitere Unterstützung durch ihre Familienangehörigen bzw. ihren offenkundig nicht mehr in Bulgarien aufhältigen Ehemann das Alltagsleben und die Obsorge für ihre minderjährigen Kinder bewältigen könnte.

Angesichts der spezifischen Lebenssituation der Beschwerdeführer ist daher strikt fallbezogen davon auszugehen, dass eine Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz einen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens darstellt, zumal die Beschwerdeführer angesichts des Aufenthaltes ihrer Familienangehörigen in Österreich keine Bindungen mehr zum Herkunftsstaat und wegen des unbekannten Aufenthaltes des Ehemannes bzw. Vaters der Beschwerdeführer auch keinerlei Bindungen in Bulgarien haben."

2.1.1. Im fortgesetzten Verfahren ergab sich, dass der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin, der Sechstbeschwerdeführer, im Mai 2017 illegal nach Österreich einreiste und einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Laut vorliegenden Eurodac-Treffermeldungen wurde er am 14.03.2013 in Bulgarien, am 30.07.2013 in Schweden und am 17.04.2016 in Ungarn jeweils anlässlich der Stellung von Anträgen auf internationalen Schutz erkennungsdienstlich behandelt.

Bei der Erstbefragung am 05.05.2017 gab er an, dass sich seine Ehefrau und seine Kinder in Österreich aufhalten würden. Hier sei auch einer seiner Brüder, während seine Eltern und ein Bruder in Schweden sowie eine Schwester in Kanada aufhältig seien.

Der Sechstbeschwerdeführer habe 2013 den Herkunftsstaat verlassen und sei über die Türkei nach Bulgarien gereist, wo er sich etwa sechs Monate lang aufgehalten habe. Danach sei er mit Schlepperunterstützung nach Schweden gereist und nach drei Monaten wieder nach Bulgarien zurückgekehrt. Er habe sich danach in Ungarn sowie etwa ein Jahr und zwei Monate lang in Serbien aufgehalten und sei dann schlepperunterstützt nach Österreich gereist. Der Beschwerdeführer habe in Bulgarien Asyl erhalten, seine Asylkarte habe er verloren. Über den Aufenthalt in den durchreisten Ländern brachte er vor, dass es in Schweden normal gewesen sei, während man in Bulgarien ständig von der Polizei kontrolliert werde und ins Gefängnis müsse, wenn man kein Geld habe. Der Beschwerdeführer wolle in Österreich bei seinen Kindern bleiben.

Die schwedischen Behörden teilten zu einem österreichischen Informationsersuchen mit Nachricht vom 19.05.2017 mit, dass der Beschwerdeführer dort am 30.07.2013 einen Asylantrag gestellt hatte. Dieser sei zurückgewiesen und er am 11.11.2013 nach Bulgarien überstellt worden.

Die bulgarischen Behörden teilten zu einem österreichischen Aufnahmegesuch auf Grundlage der Dublin III-VO mit Nachricht vom 12.07.2017 mit, dass dem Sechstbeschwerdeführer am 19.03.2014 in Bulgarien Subsidiärschutz gewährt worden sei und deshalb dem Aufnahmegesuch nicht entsprochen werden könne. Eine Übernahme könne aufgrund eines Ersuchens nach dem Rückübernahmeabkommen erfolgen.

Am 22.08.2017 erfolgte eine Untersuchung des Sechstbeschwerdeführers durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, worüber sich aus der ihn betreffenden gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 09.09.2017 Folgendes ergibt: Beim Sechstbeschwerdeführer würden eher milde Symptome einer Anpassungsstörung F. 43.2 vorliegen, wobei therapeutische und medizinische Maßnahmen nicht empfohlen wurden. Im Falle einer Überstellung sei eine Verschlechterung nicht auszuschließen, eine akute Suizidalität liege nicht vor.

Bei der nach Rechtsberatung unter Mitwirkung der Rechtsberaterin durchgeführten Einvernahme vor dem BFA am 21.09.2017 brachte der Sechstbeschwerdeführer vor, dass er eine Überweisung an ein Zahnambulatorium habe, weiters liege laut einem vorgelegten Röntgenbefund eine Lordose der Lendenwirbelsäule sowie Arthrosezeichen am Großzehengrundgelenk vor. Nach einem weiteren Arztschreiben eines Facharztes für Lungenkrankheiten war der Sechstbeschwerdeführer dort am 20.09.2017 zur Abklärung von Bluthusten vorstellig.

Der Sechstbeschwerdeführer brachte vor, dass er auch eine psychische Erkrankung habe. Er sei von der bulgarischen Polizei im März 2013 nach dem Aufgriff geschlagen worden. Als der Sechstbeschwerdeführer in Bulgarien im Gefängnis gewesen sei, habe er sich sein Essen selber kaufen müssen. Der Sechstbeschwerdeführer nehme Medikamente von seiner Ehefrau oder trinke Alkohol, damit er schlafen könne.

Der Sechstbeschwerdeführer habe einen Bruder in Österreich, wobei er nicht wisse, wo dieser wohne, da keine gute Beziehung bestehe. Die Eltern und Geschwister seiner Frau würden in Österreich alle in Wien leben, lediglich ein Bruder der Ehefrau lebe in der Nähe des Unterbringungsortes des Sechstbeschwerdeführer und seiner Gattin. Der Sechstbeschwerdeführer und seine Familie würden durch die Schwiegereltern und den Bruder seiner Frau finanziell und auch emotional unterstützt. Der Sechstbeschwerdeführer lebe mit der Erstbeschwerdeführerin und den gemeinsamen Kindern in einer eigenen Wohnung und nicht im gemeinsamen Haushalt mit Familienangehörigen seiner Ehegattin.

Er bestätigte, dass er am 14.03.2013 Bulgarien einen Asylantrag gestellt hat und ihm dort subsidiärer Schutzstatus zuerkannt worden ist. Zur beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und Überstellung nach Bulgarien brachte er vor, dass er auf keinen Fall nach Bulgarien zurückkehren wolle. Er sei nach der Überstellung aus Schweden vom Flughafen in ein Lager gebracht und dann aus dem Lager geworfen worden. Der Beschwerdeführer sei für mehr als einen Monat im Gefängnis angehalten worden. Als seine Kinder nach Bulgarien eingereist seien, seien sie 2015 im Gefängnis angehalten worden und seien traumatisiert von Bulgarien. Der Beschwerdeführer habe Fotos von den Zimmern im Lager und von der Straße, aus denen ersichtlich sei, dass der Beschwerdeführer und seine Familie in Bulgarien nicht respektiert werden. Auf den vorgelegten Fotos sind der Beschwerdeführer und seine Kinder im Inneren und im Außenbereich einer Containersiedlungen abgebildet.

Zum Vorhalt des Ergebnisses der Untersuchung durch die Ärztin für allgemeine Medizin, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, wonach bei ihm milde Symptome einer Anpassungsstörung vorliegen, brachte der Sechstbeschwerdeführer vor, dass er keine schweren psychischen Krankheiten habe, nur wenn es um Bulgarien gehe, werde er deswegen aufgebracht. Zu den vorläufigen Feststellungen über die Lage in Bulgarien brachte der Beschwerdeführer vor, dass es keine Krankenversicherung und keine Arbeit gebe. Er habe keine Unterstützung bekommen und im Falle einer Krankheit Ärzte bezahlen müssen. Die Lage in Bulgarien sei nicht anders als in Syrien.

2.1.2. Am 22.08.2017 erfolgte auch eine Untersuchung der Erstbeschwerdeführerin sowie des Zweitbeschwerdeführers, des Drittbeschwerdeführers und des Viertbeschwerdeführers durch die genannte Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin. Aus der entsprechenden gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 01.09.2017 ergibt sich, dass bei der Erstbeschwerdeführerin Symptome einer Anpassungsstörung F 43.2 vorgelegen seien, die längere Zeit in den Hintergrund getreten sein dürfte bzw. eine Remission eingetreten sei. Nach nunmehr erfolgter Ankündigung der beabsichtigten Überstellung sei wieder eine Verschlechterung eingetreten, wobei im Vordergrund die Sorge wegen Bulgarien stehe. Als therapeutische Maßnahme wurde ausgesprochen, dass die Einnahme verordneter Medikamente ratsam, wenngleich auch nicht zwingend erforderlich sei.

Nach dem Inhalt der entsprechenden gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 03.09.2017 liege beim Zweitbeschwerdeführer, Drittbeschwerdeführer und Viertbeschwerdeführer jeweils eine Anpassungsstörung F 43.2 sowie ein Zustand nach fraglicher (nicht sicher diagnostizierbarer) posttraumatischer Belastungsstörung vor. Beim Drittbeschwerdeführer bestehe ein hochgradiger Verdacht auf einen Zustand nach einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sich derzeit im Teilremission befinde. Insgesamt liege laut Kindern und Mutter eine deutliche Besserung der Symptomatik vor.

Bei ihrer nach Rechtsberatung und unter Mitwirkung der Rechtsberaterin erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 21.09.2017 legte die Erstbeschwerdeführerin eine psychologische Stellungnahme einer klinischen Psychologin-Wahlpsychologin betreffend den Drittbeschwerdeführer vom 05.09.2017 vor, wonach dieser unter einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgelöst durch den Krieg, die Flucht und das Inhaftieren in einem Gefängnis in Bulgarien leide. Er habe vom Februar 2016 bis Mai 2016 an einem therapeutischen Setting mit Therapie, Musiktherapie, Ausdrucks- und Tanzpädagogik, Traumpädagogik sowie heilpädagogischem Voltigieren teilgenommen. Weiters legte sie Schulbesuchsbestätigungen der Kinder sowie einen sie selbst betreffenden unauffälligen Röntgenbefund vor.

Sie brachte vor, dass sie eine psychische Erkrankung habe und Medikamente nehme. Damit habe sie aufgehört, weil sie Magenschmerzen bekommen habe und nun warte sie Blut- und Magenbefunde. Sie habe diese Erkrankungen bereits seit ihrer Flucht aus Syrien. In Bulgarien habe sie diesbezüglich keinen Arzt aufgesucht, weil man dort keine Hilfe bekomme. Auf Nachfrage gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie ihr jüngstes Kind in Bulgarien in einem öffentlichen Krankenhaus auf die Welt gebracht habe. Es gehe den Kindern der Erstbeschwerdeführerin körperlich gut, aber psychisch gehe es schlecht. Wenn sie Polizisten sehen oder über Bulgarien reden, bekämen sie Angstzustände. Die Erstbeschwerdeführerin brachte auf Befragen vor, dass sie in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt habe und sie nicht wisse, welche Entscheidung Sie bekommen habe. Ihre Kinder seien ins Gefängnis gesteckt und schlecht behandelt worden. Zum Vorhalt, dass aufgrund des Ermittlungsverfahrens feststehe, dass die Erstbeschwerdeführerin subsidiären Schutzstatus in Bulgarien habe, bestritt sie dieses. Sie würde die Beziehung mit ihrem Ehemann beenden, falls sie wegen des Ehemannes subsidiären Schutz bekommen habe.

Zu den sie selbst und ihre Kinder betreffenden gutachterlichen Stellungnahmen im Zulassungsverfahren vom September 2017 brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass die Ärztin nicht gut mit den Beschwerdeführern umgegangen sei. Sie könne nichts feststellen, da sie die Kinder der Erstbeschwerdeführerin nicht kenne. Der älteste Sohn habe in einer Einrichtung an Therapie mit Tieren teilgenommen. Auch die jüngeren Kinder der Beschwerdeführerin sollten diese Therapie erhalten.

Die Beschwerdeführer wurde dazu eingeladen, zur Lage im zuständigen Mitgliedstaat eine Stellungnahme abzugeben, wobei dieser in der Niederschrift aufgrund eines wiederholten offenkundigen Schreibfehlers mit "Polen" bezeichnet wurde. Die Erstbeschwerdeführerin brachte dazu vor, dass sie ihr Schicksal in Bulgarien selbst erlebt habe und ein großer Unterschied zwischen Österreich und Bulgarien bestehe. Ihre Kinder seien dort im Gefängnis gewesen und danach in einem Lager untergebracht worden. Ein Sohn der Beschwerdeführerin sei in Bulgarien von einem Polizisten geschlagen worden. Sie habe keine Anzeige erstattet, sondern ihre Kinder sofort mitgenommen.

In Österreich würden die Kinder der Erstbeschwerdeführerin in die Schule gehen und diese habe hier ihre gesamte Familie, die sie in jeder Hinsicht unterstütze. Sie wolle auf keinen Fall nach Bulgarien zurückkehren und werde eher mit ihrem Mann nach Syrien zurückkehren, ihre Kinder aber auf jeden Fall hinterlassen. Den Beschwerdeführern eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Mit Eingabe vom 27.09.2017 brachten die Beschwerdeführer vor, dass eine Überstellung der Beschwerdeführer nach Bulgarien Art. 8 EMRK verletze und unzulässig sei. Es liege eine besonders intensive familiäre Bindung der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder zum Bruder der Erstbeschwerdeführerin vor, woran sich auch durch die zwischenzeitlich stattgefundene Vereinigung der Familie mit dem Vater und Ehemann nichts geändert habe. Weiters seien die drei älteren Kinder der Erstbeschwerdeführerin nicht nur aufgrund von Kriegserlebnissen sondern auch wegen der Flucht und der Inhaftierung in Bulgarien schwer traumatisiert, was sich aus psychologischen Befunden sowie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2016 ergebe. Auch nach dem Inhalt der im September 2017 ergangenen gutachterlichen Stellungnahmen im Zulassungsverfahren liege in jedem Fall eine Anpassungsstörung bzw. beim Drittbeschwerdeführer zusätzlich ein hochgradiger Verdacht auf Zustand nach posttraumatische Belastungsstörung vor. Es könne folglich nicht ausgeschlossen werden, dass noch schwerwiegendere psychische Krankheiten vorliegen. Aus der gutachterlichen Stellungnahme gehe hervor, dass stabile Verhältnisse am jeweiligen Aufenthaltsort für das Kindeswohl erforderlich seien. Bei einer Überstellung nach Bulgarien würden die Kinder aber gerade aus den momentan in Österreich gegeben und stabilen Verhältnissen herausgerissen werden. Aus einer dem Schreiben angeschlossenen psychologischen Stellungnahme einer klinischen Psychologin, Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin und Supervisorin vom 25.09.2017 betreffend die drei älteren Kinder der Erstbeschwerdeführerin sei ersichtlich, dass das gegenwärtige soziale Umfeld für die Kinder essenziell sei und eine enge familiäre Beziehung zum Bruder der Erstbeschwerdeführerin bestehe.

Zum Sechstbeschwerdeführer lasse die gutachterliche Stellungnahme offen, ob eine Selbstmordgefahr im Fall einer Überstellung nach Bulgarien gegeben sei, welche Frage es zu klären gegeben habe.

Die Überstellung nach Bulgarien erscheine auch deshalb nicht möglich, da die rechtliche und tatsächliche Situation für Flüchtlinge dort weiterhin sehr prekär sei und eine adäquate Versorgung und ein rechtsstaatliches Verfahren nicht gewährleistet werden könnten. Der Eingabe wurden weiters ein Schreiben des Bruders der Erstbeschwerdeführerin betreffend sein Naheverhältnis zu den minderjährigen Beschwerdeführern, ein Arztschreiben eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 26.09.2017 betreffend den Sechstbeschwerdeführer, worin diesem bei Diagnose einer reaktiven Depression mit Angstattacken und Schlafstörungen eine medikamentöse Behandlung sowie psychotherapeutische Begleitung empfohlen wurde, sowie Bestätigungen über die schulische Integration der minderjährigen Beschwerdeführer angeschlossen.

Mit Eingabe vom 10.10.2017 wurden zum Beweis für das aufrechte intensive Familienleben die Einvernahme von sieben in Wien lebenden Verwandten der Erstbeschwerdeführerin und des in der Nähe des Unterbringungsortes der Beschwerdeführer lebenden Bruders der Erstbeschwerdeführerin als Zeugen beantragt.

2.2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz jeweils gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die beschwerdeführende Partei nach Bulgarien zurückzubegeben haben (Spruchpunkt I.). Weiters wurde den beschwerdeführenden Parteien ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.).

In diesen Bescheiden wurde über die Lage in Bulgarien Folgendes festgestellt (unkorrigiert, gekürzt durch das BVwG):

"Medizinische Versorgung

Asylwerber haben ein Recht auf dieselbe medizinische Versorgung wie bulgarische Staatsbürger. SAR ist verpflichtet Asylwerber krankenzuversichern. In der Praxis haben Asylwerber damit mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren, da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist. In dieser Situation ist laut AIDA spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2017).

Mehrmals während des Jahres 2016 haben finanzielle Probleme des SAR zu Unterbrechungen bei der Bereitstellung medizinischer Leistungen und Übersetzerdienstleistungen geführt. Menschenrechtsorganisationen und Freiwillige halfen mit Nahrungsmitteln u.a. Unterstützung (USDOS 3.3.2017).

Asylwerber und UMA, sowie Personen, die bereits Asyl in der Republik Bulgarien erhalten haben und eine psychologische und psychiatrische Betreuung benötigen, werden nach Angaben von SAR von Psychologen der SAR sowie von Psychologen und Psychiatern der Zentren ASET und NADYA betreut. Das Zentrum ASET ist eine NGO, welche Folteropfer unterstützt. ASET arbeitet seit 2003 mit SAR zusammen und bietet psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Behandlung, soziale Beratung, Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen, individuelle Einschätzung des psychologischen Zustandes und psychologische Gutachten an. Das Zentrum NADYA ist eine Stiftung, welche Frauen hilft, die physische, psychische oder sexuelle Gewalt erlebt haben. Das Zentrum bietet medizinische, psychologische und juristische Beratung, sowie Psychotherapie bzw. verweist die Bedürftigen zu anderen Behörden und Spezialisten. Momentan leistet das Zentrum NADYA psychiatrische und psychologische Unterstützung in den territorialen SAR-Einheiten im Rahmen eines Projekts, finanziert vom Fonds "Asyl, Migration und Integration" ("Unterstützung des Prozesses der Anfangsanpassung der Asylsuchenden durch soziale Mediation, Bildungsaktivitäten, psychologische Hilfe und rechtliche Beratung") (VB 26.4.2016).

In Bulgarien besteht grundsätzlich die Möglichkeit, rezeptfreie Medikamente auch über das Internet zu erwerben (VB 26.4.2016).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Bulgarian Helsinki Committee (BHC) / European Council on Refugees and Exiles: Country Report Bulgaria,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_bg_2016update.pdf, Zugriff 27.6.2017

-

MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016):

Auskunft MedCOI, per E-Mail

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bulgaria, https://www.ecoi.net/local_link/337129/479890_de.html, Zugriff 27.6.2017

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VB des BM.I Bulgarien (26.4.2016): Auskunft SAR, per E-Mail

Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge erhalten ein Identitätsdokument mit fünf Jahren Gültigkeit; subsidiär (oder humanitär) Schutzberechtigte ein solches mit drei Jahren Gültigkeit. Damit sind verschiedene Rechte verbunden. Anerkannte Flüchtlinge haben mit wenigen Ausnahmen dieselben Rechte wie bulgarische Staatsbürger, subsidiär Schutzberechtigte haben dieselben Rechte wie Inhaber eines permanenten Aufenthaltstitels. Nach den Jahren 2014 und 2015 wurde auch 2016 von NGOs als "zero integration year” bezeichnet, weil kein operatives National Programme for the Integration of Refugees (NPIR) beschlossen werden konnte. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2016 geschah dies, aber keine der 265 Gemeinden hat seither Geldmittel für den Integrationsprozess Schutzberechtigter beantragt, weswegen das NPIR von AIDA weiterhin nicht als operativ betrachtet wird (AIDA 2.2017). Die bulgarische Regierung hat Ende März 2017 die Bestimmungen zur NPIR wieder zurückgenommen, weil ihre Bestimmungen zu ungenau gewesen seien und zu sehr auf negative Einstellungen der Öffentlichkeit Rücksicht genommen habe (FRA 4.2017). Im April wurde eine leicht veränderte Version zur öffentlichen Konsultation vorgelegt (FRA 5.2017).

Generell können sich Schutzberechtigte frei in Bulgarien niederlassen. Das NPIR – wenn operativ– wäre an eine selbst gewählte Gemeinde gebunden. Schutzberechtigte haben auch ein Recht auf eine Wohnbeihilfe für sechs Monate. Da es aber derzeit keine funktionierende Integrationshilfe gibt, ist es den Schutzberechtigten erlaubt für sechs Monate ab Statuszuerkennung in der Asylwerberunterkunft zu bleiben„ solange die Platzverhältnisse dies zulassen. Ende 2016 waren 229 Schutzberechtigte in Asylwerberunterkünften untergebracht. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Schutzberechtigte automatisch und bedingungslos gegeben. Sprachbarriere und allgemeine sozioökonomische Lage sind übliche Probleme. Der Zugang zu Bildung ist für Schutzberechtigte genauso geregelt wie für Asylwerber (AIDA 2.2017).

Im Juni 2016 waren in bulgarischen Arbeitsämtern 61 Schutzstatusinhaber arbeitslos gemeldet. Elf von ihnen fanden Jobs und zehn kamen in Schulungsmaßnahmen (USDOS 3.3.2017).

Im Feber 2017 gab es eine eigens veranstaltete Berufsmesse für Flüchtlinge. 60 vorselektierte Kandidaten wurden in ihren Bemühungen eine Arbeit zu finden beraten (FRA 4.2017).

Vom ersten Tag nach Statuszuerkennung müssen Schutzberechtigte die Krankenversicherungsbeiträge, die bis dahin von SAR entrichtet worden sind, selbst bezahlen. Das sind mindestens BGN 18,40 (ca. EUR 9,40) monatlich für arbeitslos gemeldete Personen (AIDA 2.2017).

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben laut SAR das gleiche Recht auf medizinische Versorgung wie die bulgarischen Staatsbürger. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die dringend psychologische oder psychiat

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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