TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/22 W218 2165045-1

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Veröffentlicht am 22.01.2018
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Entscheidungsdatum

22.01.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W218 2165045-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 19.06.2017, Pass.Nr. XXXX betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 19.06.2017 stellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) fest, dass mit einem Grad der Behinderung von 30 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien.

2. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass er im Jahr 2005 einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 vH erhalten habe, nunmehr lediglich ein Grad der Behinderung von 30 vH festgestellt worden sei. Es seien im Laufe der Jahre mehrere Krankheiten dazugekommen, sein Grad der Behinderung sei jedoch gesunken. Er könne nicht verstehen, warum ihm sein Behindertenpass entzogen worden sei und er nunmehr keinen mehr erhalte. Der Beschwerdeführer fordere eine neue Untersuchung.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten am 21.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

Der Beschwerdeführer leidet an folgenden Funktionseinschränkungen:

1. Zerebrales Anfallsleiden, Pos.Nr.: 04.10.01, Grad der Behinderung 30%

2. Lactose- und Fructoseintoleranz, Pos.Nr.: 09.03.01, Grad der Behinderung 20%

3. Depressio, Pos.Nr.: 03.05.01, Grad der Behinderung 20%

4. Rezidivierende Herzrythmusstörungen, Pos.Nr.: 05.01.01, Grad der Behinderung 10%

5. Asthma bronchiale, Pos.Nr.: 06.05.01, Grad der Behinderung 10%

Da der Beschwerdeführer keinen Gesamtgrad der Behinderung von 50% (fünfzig v.H.) erreicht, sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt.

2. Beweiswürdigung:

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Im medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin, wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, am 23.05.2017, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Beschwerdeführer leidet seit 2014 an einer Epilepsie, wobei er am 01.06.2016 erstmalig nach einem Krampfanfall für ca. 10 bis 15 Minuten bewusstlos wurde, vorher hatte er die Anfälle ca. 1x pro Monat, jedoch ohne Bewusstlosigkeit. Nach eigenen Angaben des Beschwerdeführers haben sich die Beschwerden nach einem Aufenthalt im Krankenhaus im März/April 2017 aufgrund der verbesserten Medikation gebessert, sodass es nunmehr nicht mehr zu diesen gehäuften Anfällen kommt. Da der Beschwerdeführer zunächst unter gehäuften Anfällen gelitten hat, sein Zustand sich durch die entsprechende Medikation gebessert hat, hat der Sachverständige das zerebrale Anfallsleiden mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingeschätzt. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen geht auch kein weiteres gehäuftes Auftreten der Anfälle hervor, zumal er gegenüber dem Sachverständigen die Besserung seines Zustandes selbst angegeben hat. Da somit keine mehrmals pro Jahr auftretenden Anfälle beim Beschwerdeführer vorliegen, ist ein Grad der Behinderung von 30 vH vorhanden.

Die Lactose- und Fructoseintoleranz wurde mit einem Grad der Behinderung von 20 vH bewertet, da der Beschwerdeführer eine dauernde Diät einhalten muss und auf lactose- bzw. fructosehaltige Lebensmittel dauernd verzichten muss. Diese ausschließlich diätische Maßnahme ermöglicht die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen, die Erkrankung ist weitgehend stabil. Aus den vorgelegten Unterlagen geht lediglich hervor, dass der Beschwerdeführer nach Zufuhr von Obst an gastrointestinalen Beschwerden litt, eine über die diätische Maßnahme hinausgehende Therapie ist den Unterlagen nicht zu entnehmen.

Der Sachverständige hat die Depression aufgrund regelmäßiger medikamentöser Therapie sowie Psychotherapie, ohne fachspezifischen stationären Aufenthalt in den letzten 10 Jahren nachvollziehbar mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer mit 20 vH eingestuft. Unter dieser Stufe der Positionsnummer sind bereits intermittierende oder dauerhafte affektive oder somatische Störungen berücksichtigt. Die Depression wurde bereits im Gutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung vom 18.02.2013 mit einem Grad der Behinderung von 20 vH bewertet. Eine Verschlimmerung des Beschwerdebildes ist durch die vorgelegten Unterlagen nicht dokumentiert und wird vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

Die beim Beschwerdeführer vorliegenden rezidivierenden Herzrythmusstörungen entsprechen in ihren funktionellen Auswirkungen jenen der leichten Hypertonie und wurden daher mit der gleichzusetzenden Positionsnummer 05.01.01 mit einem fixen Richtsatz von 10 vH bewertet und entsprechen somit den Gesundheitsschädigungen aus dem Jahr 2013. Der Beschwerdeführer hat keine Verschlimmerung seines Zustandes behauptet und ist eine solche auch nicht befundmäßig dokumentiert.

Bei dem beim Beschwerdeführer vorliegenden Asthma bronchiale besteht nur saisonal Therapiebedarf und somit ist mit dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer das Auslangen gefunden. Diese Einschätzung entspricht ebenfalls den Einschätzungen des Gutachtens aus dem Jahr 2013. Hierbei wurde vom Beschwerdeführer wiederum keine Verschlechterung seines Zustandes behauptet und wird eine solche auch nicht befundmäßig dokumentiert.

Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde an, es seien im Laufe der Jahre neue Krankheiten hinzugekommen, der Grad der Behinderung sei trotzdem gesunken. Diesbezüglich ist anzuführen, dass bei der zuletzt durchgeführten Untersuchung des Beschwerdeführers am 18.02.2013 ein Grad der Behinderung von 20 vH festgestellt worden ist. Das neu hinzugekommenen Leidens unter laufender Nummer 1 wurde mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingestuft. Das führende Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht weiter erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt und somit beträgt der Gesamtgrad der Behinderung 30 vH.

Die Behörde (bzw. das Gericht) hat ein Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten hat die Behörde nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen.

Es wurde dem Vorbringen des Beschwerdeführers somit nachvollziehbar, schlüssig und vollständig entgegen getreten und kann somit den Einwendungen des Beschwerdeführers angesichts des Inhalts des Gutachtens nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer konnte weder eine Unschlüssigkeit oder Unvollständigkeit des Gutachtens aufzeigen noch ist er ihm auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Auch sind an der Person des Sachverständigen keine Bedenken aufgetreten.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten daher als schlüssig, vollständig und nachvollziehbar. In einer Zusammenschau der vorliegenden Befunde, des Gutachtens und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer dem Gutachten nicht auf gleicher fachlichen Ebene entgegentreten ist, geht der erkennende Senat davon aus, dass das Sachverständigengutachten bzw. der darin festgelegte Grad der Behinderung von 30 vH der Entscheidung zugrunde zu legen ist.

Im vorliegenden Sachverständigengutachten wird die beim Beschwerdeführer vorliegende Gesundheitsschädigung "Lactose- und Fructoseintoleranz" sowohl in der Auflistung der Funktionsbeeinträchtigungen als auch unter dem Punkt "Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:" aufgelistet. Diesbezüglich ist anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der eindeutig diagnostizierten Lactose- und Fructoseintoleranz und der Auflistung des Befundes vom 09.02.2016 in der Zusammenfassung relevanter Befunde des Gutachtens, davon ausgeht, dass es sich diesbezüglich um ein offensichtliches Versehen handelt und die Gesundheitsschädigung in der Liste der Funktionsbeeinträchtigungen richtigerweise aufgenommen wurde.

Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

Auszug aus der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) idgF:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten."

Da ein Grad der Behinderung von 30 (dreißig) vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

Der Rechtsprechung des EGMR kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).

Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ. 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde auf gutachterlicher Basis ermittelt. Zudem wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung notwendig erschienen ließ.

Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht erwartbar war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W218.2165045.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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