Entscheidungsdatum
22.01.2018Norm
AVG §66 Abs2Spruch
W131 2119591-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, BNr XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 26.02.2014, XXXX, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2012:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Feststellungen:
1. Am 10.04.2012 stellte der Beschwerdeführer (= Bf) einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2012 und beantragte ua die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für die in den Beilagen "Flächenbogen" und "Flächennutzung" näher konkretisierten Flächen. Der Bf ist zudem Auftreiber sowohl auf die XXXX-Alm als auch auf die XXXX-Alm für die von deren jeweiligen Bewirtschafterin im Jahr 2011 ebenfalls jeweils ein Mehrfachantrag-Flächen gestellt wurde.
2. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA; = belangte Behörde) vom 26.09.2013, AZ XXXX, wurde dem Bf für das Antragsjahr 2012 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 571,24 gewährt.
3. Sowohl die Bewirtschafterin der XXXX-Alm als auch der XXXX-Alm beantragten in weiterer Folge mehrere (rückwirkende) Korrekturen der ursprünglich beantragten Almfutterfläche. Auf der XXXX-Alm fand zudem am 14.08.2013 eine Vor-Ort-Kontrolle statt.
4. Mit Abänderungsbescheid vom 26.02.2014, AZ XXXX, wurde dem Bf wiederum – unter Berücksichtigung allfällig erforderlicher Anpassungen des Wertes seiner Zahlungsansprüche – eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 571,24 gewährt. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf eine Beschwerde, welche am 12.03.2014 bei der belangten Behörde einlangte.
5. Im Akt befindet sich zudem eine gemäß § 8i MOG 2007 und mit 12.06.2014 datierte Erklärung des Bf betreffend die XXXX-Alm, mit welcher der Bf als Auftreiber auf die Alm auf sein mangelndes Verschulden aufmerksam machen will.
6. Mit Schriftsatz vom 15.01.2016 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
7. Mit als "Nachreichung zur Beschwerdevorlage vom 15.01.2016" tituliertem Schreiben vom 14.09.2017 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht einen "Report – Einheitliche Betriebsprämie 2012" mit Berechnungsstand 14.07.2017. Der Report sei erstellt worden, weil sich eine Änderung der Flächendaten ergeben habe. Dem Report beiliegend wird ein Vor-Ort-Kontrollbericht, datiert mit 28.06.2016 der XXXX-Alm übermittelt. Weiters wird ausgeführt, dass der Bf im Rahmen der Beschwerde durch Vorlage einer Erklärung mangelndes Verschulden an der Abweichung zwischen der angemeldeten und der ermittelten Fläche auf der XXXX-Alm glaubhaft gemacht habe und somit aufgrund des geänderten Sachverhalts eine Richtigstellung ohne Sanktion vorzunehmen wäre.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Zuständigkeit und Allgemeines
1.1. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art 131 Abs 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
1.2. Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl I Nr 55/2007 idgF, ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.
1.3. Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl 376/1992 idgF, können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.
2. Zu A) Zurückverweisung
2.1. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs 2 leg cit hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
2.2. Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs 3 2 Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm 11).
2.3. Aus dem von der Behörde übermittelten "Report" ergibt sich, dass sich die Flächendaten seit Erlassung des angefochtenen Bescheides wesentlich geändert haben. Bereits hieraus ergibt sich, dass nunmehr auch die belangte Behörde der Ansicht ist, dass hinsichtlich des von ihr ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts neue Beweismittel hervorgekommen sind, die zu einer Änderung des Spruches des angefochtenen Bescheids führen können und die im Bescheid zugrunde gelegten Ermittlungen und Berechnungen daher – in erheblichem Maß – ergänzungsbedürftig sind.
In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts, der ausweislich des vorgelegten Reports nicht entsprechend ermittelt erscheint.
Auch wenn der VwGH mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im hier zu beurteilenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, würde das Bundesverwaltungsgericht hier versuchen wollen, über die Beschwerde betreffend das Antragsjahr 2012 zu erkennen, zumal das BVwG jedweden rechtserheblichen Sachverhalt gemäß § 19 Abs 7b MOG durch die AMA erheben lassen kann.
Aus diesem Grund war der Bescheid aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorringen näher einzugehen gewesen wäre.
Die belangte Behörde wird im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens dem neu zu erlassenden Bescheid sämtliche Elemente des neu hervorgekommenen Sachverhalts zugrunde zu legen haben. Dabei wird sie ua die vorgelegte "Erklärung des Auftreibers gemäß § 8i MOG" ebenso zu prüfen haben. Auch wird die aktuelle Vor-Ort-Kontrolle auf der XXXX-Alm bei der Beihilfenberechnung zu berücksichtigen sein.
2.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen, da eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Grundlage der Zurückweisungsentscheidung sind ausschließlich Tatsachenfragen im Einzelfall.
Schlagworte
Antragsänderung, Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W131.2119591.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.02.2018