TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/22 L525 2182827-1

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Veröffentlicht am 22.01.2018
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Entscheidungsdatum

22.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

L525 2182827-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Pakistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 3.6.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde am selben Tag einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe Streitigkeiten mit den Leuten in Chaniot gehabt, weil er die Religionsströmung Ahmaddiya hätte. Es sei die Hölle für ihn in Pakistan, sie bekämen keine rechte. Er sei zwei Mal geschlagen worden, er hätte das Land verlassen müssen. Er hätte hiermit alle seine Gründe gesagt, warum er nach Österreich gereist sei. Er hätte keine weiteren Gründe.

Am 10.6.2017 habe der Beschwerdeführer die Betreuungsstelle verlassen und sei er am 12.6.2017 abgemeldet worden, da er nicht bei der Standeskontrolle gewesen sei.

Mit Bescheid des BFA vom 19.6.2017 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Das BFA stellte zunächst fest, dass die Identität nicht feststehe. Der Beschwerdeführer sei pakistanischer Staatsbürger und spreche Urdu. Er sei Moslem und gehöre der Volksgruppe der Arain an. Er habe in Pakistan gelebt und gearbeitet. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Er leide an keiner lebensbedrohlichen Krankheit und sei in Österreich nicht strafrechtlich aufgefallen. Die Ausführungen zu den Gründen zur Ausreise seien nicht glaubwürdig und könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Pakistan aus den genannten Gründen verlassen hätte. Eine Gefährdung seiner Person hätte nicht festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe keine Verwandten in Österreich. Er gehe keiner Arbeit nach und spreche kaum Deutsch. Er sei illegal in das Bundesgebiet eingereist. Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer es vorziehe, nicht am Verfahren mitzuwirken, ob er nun internationalen Schutz benötige, und dabei die Gefährdungslage darzustellen, werde nicht davon ausgegangen, dass er im gesamten Staatsgebiet einer wie auch immer gearteten Gefahr ausgesetzt sei.

Der Bescheid wurde am 20.6.2017 durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG zugestellt, da der Beschwerdeführer an der angegebenen Adresse nicht mehr aufhältig sei. Eine neuerliche Abgabestelle könne nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden und erscheine eine Verständigung gemäß § 23 Abs. 3 ZustellG als nicht zweckmäßig

Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer stellte am 14.12.2017 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und wurde am 16.12.2017 einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der Beschwerdeführer aus, er sei im Juni 2017 schlepperunterstützt am Landweg über Ungarn nach Österreich eingereist und habe hier einen Asylantrag gestellt. Nach ca. sieben bis zehn Tagen sei er illegal nach Deutschland weitergereist, da seine Schwester in Deutschland wohne. Ihm sei in Deutschland gesagt worden, dass Österreich für sein Asylverfahren zuständig sei und sei er zurückgeschickt worden. Er habe seine Heimat verlassen, da seit ca. einem Jahr viele Angehörige seine Religionsgemeinschaft "Ahmadi" von der Polizei verfolgt und inhaftiert werden würden. Sein Leben sei in Pakistan aufgrund seiner Religion gefährdet und er habe sich entschlossen Pakistan zu verlassen. Aus diesem Grund suche er hier in Österreich um Asyl an. Er befürchte, dass er in Pakistan unschuldig wegen seiner Religion inhaftiert werde und auch um sein Leben fürchten müsse.

Der Beschwerdeführer wurde am 28.12.2017 niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer führte zunächst aus, er hätte sich einer Rechtsberatung unterzogen und fühle sich psychisch und physisch in der Lage die Befragung zu absolvieren. Er habe einen Anwalt in Deutschland bezüglich seines Asylverfahrens. Seine Schwester lebe in Deutschland und hätte eine Aufenthaltserlaubnis. Er habe in Österreich keine Eltern oder Kinder und befinde sich in keiner Lebensgemeinschaft. Er habe niemals Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär seines Heimatlandes gehabt. Er habe religiöse Probleme. Er sei Ahmadi und alle Ahmadis hätten in Pakistan Probleme. Er habe als Buchhalter gearbeitet, zwei Mal hätte die Polizei eine Razzia durchgeführt. Die Polizei habe ihn festnehmen wollen. Deshalb habe er seinen Job aufgegeben und das Land verlassen. Die Polizei hätte zweimal versucht ihn festzunehmen. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, dies sei im Dezember 2016 gewesen, wobei er sich korrigierte und angab, es sei im Dezember 2015 gewesen. Er sei am 8.5.2015 aus seinem Heimatland ausgereist. Da sei er nach Dubai gereist und dann wieder nach Pakistan. Letztmalig sei er am 2.8.2015 ausgereist. Auf Nachfrage, er sei vor der versuchten Verhaftung ausgereist, korrigierte sich der Beschwerdeführer abermals, dass er doch erst 2016 ausgereist sei. Es gäbe eine Zeitung namens "Al Fazl", diese sei eingestellt worden. Die Polizei habe der muslimischen Gemeinschaft zeigen wollen, dass sie gegen "uns" (gemeint wohl: die Ahmadis) tätig sei. Deshalb habe man versucht, Leute von "uns" festzunehmen. Er sei Buchhalter in dieser Organisation gewesen. Zu seinen Fluchtgründen gäbe es keine Neuigkeiten. Er sei auch in Rabwah nicht sicher, obwohl dies der beste Platz sei. Seine Eltern, Brüder und zwei Schwestern würden immer noch in Pakistan leben. Zur Frage, was er überhaupt über die Ahmadis wisse, führte der Beschwerdeführer aus, er kenne nur die Probleme und er habe flüchten müssen. Er sei ein Buchhalter gewesen und deswegen sei die Polizei gegen ihn gewesen. Den Dolmetsch habe er verstanden.

Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid des BFA vom 28.12.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist (Spruchpunkt II.).

Die Behörde stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe und er durch die pakistanische Botschaft identifiziert worden wäre. Er sei Staatsangehöriger von Pakistan und leide an weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit, noch an einer psychischen Erkrankung. Sein Vorverfahren sei rechtskräftig abgeschlossen worden und sei der Refoulmentsachverhalt berücksichtigt worden. Das Vorbringen sei nicht glaubhaft gewesen. Das BFA habe keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt feststellen können und reiche die Begründung eines neuen Asylantrages nicht aus, einen wesentlich geänderten Sachverhalt entstehen zu lassen. Der Beschwerdeführer habe sich auf ein Vorbringen berufen, dass er bereits im ersten Verfahren vorgebracht habe, berufen. Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Bindungen im Bundesgebiet, er spreche wenig bis gar kein Deutsch und sei eine Einvernahme in deutscher Sprache nicht möglich gewesen. Integrationsverfestigende Maßnahmen hätten nicht festgestellt werden können. Im entscheidungsrelevanten Zeitraum seien keine neuen Änderungen in der Lage des Herkunftsstaates eingetreten. Auch die die Person des Beschwerdeführers betreffende maßgebliche Lage im Herkunftsstaat habe sich seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens nicht geändert. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer hätte vorgebracht, er würde der Religion der Ahmadis angehören, die Polizei hätte zwei Mal versucht ihn zu verhaften. Er hätte daher das Land verlassen. Im Erstverfahren hätte der Beschwerdeführer behauptet, er hätte Probleme mit Leuten in Chaniot gehabt. Er wäre zwei Mal geschlagen worden. Er habe somit keine gleichlautenden Angaben gemacht. Einerseits habe er im Erstverfahren überhaupt keine Verfolgung bzw. Versuchte Verhaftung behauptet, andererseits hätte er im gegenständlichen Verfahren die angeblichen Übergriffe durch Personen in Chaniot mit keinem Wort mehr erwähnt. So habe er auch nicht genau angeben können, wann nun die Polizei versucht hätte ihn zu verhaften. Er hätte anfänglich Dezember 2016 angegeben, dann habe er die Aussage auf Dezember 2015 korrigiert, um diese Aussage erneut auf Dezember 2016 zu korrigieren, als er anscheinend bemerkt hätte, dass er sein Ausreisedatum am 2.8.2015 vor der versuchten Verhaftung liege. Er hätte auch nicht versucht seinen Aufenthaltsort innerhalb von Pakistan zu verlegen, obwohl er in die Stadt Chenab Nagar ziehen hätte können, in der mehr als 95% der Ahmadis aus Pakistan wohnen würden. Weiters sei es seinen Eltern, Brüdern und Schwestern nach wie vor möglich in Pakistan zu leben. Das Vorbringen sei somit absolut nicht glaubwürdig.

Der gegenständliche Bescheid wurde am 29.12.2017 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerde führte aus, der Beschwerdeführer sei im Rahmen des Dublin Verfahrens aus Deutschland nach Österreich überstellt worden und hätte dieser am 28.12.2017 angegeben, dass er zur Religion der Ahmadis gehöre und von der staatlichen Polizei (sic!) in Pakistan verfolgt werde. Der Beschwerdeführer habe als Buchhalter für eine Zeitung namens "Al Fazl" gearbeitet und gehöre der Gemeinschaft der Ahmadis an. Die Polizei habe versucht den Beschwerdeführer sowie weitere Mitglieder der Gemeinschaft der Ahmadis zu verhaften aber sei es dem Beschwerdeführer gelungen zu fliehen. Der Beschwerdeführer werde beschuldigt, die religiöse Literatur der Ahmadis zu verbreiten. Weiters wolle der Beschwerdeführer ausführen, dass sein Zielland Deutschland gewesen sei, weil der Beschwerdeführer der Meinung gewesen sei, dass sein Asylverfahren weiter inhaltlich in Deutschland geführt und geprüft werde, weshalb er selbständig nach Deutschland gereist sei. Aus diesen Gründen sei es ihm auch nicht möglich gewesen in seinem Asylverfahren mitzuwirken und habe er seine Asylgründe auch im Erstverfahren nicht geltend machen können. In seiner Abwesenheit sei der erstinstanzliche inhaltliche Bescheid der belangten Behörde am 6.7.2017 in Rechtskraft erwachsen, sodass er diesen Bescheid nicht mehr bekämpfen habe können. Als Beweis für die Fluchtgründe verweise der Beschwerdeführer auf die Länderfeststellungen, die im Bescheid bereits vorhanden seien. Aus all diesen Gründen stelle die Rückkehr für den Beschwerdeführer eine reale Gefahr dar.

Die Beschwerde langte am 15.1.2018 in Wien und am 16.1.2018 in der zuständigen Gerichtsabteilung L525 ein und wurde die Behörde davon am 16.1.2018 verständigt.

Mit Mail vom 19.1.2018 legte die belangte Behörde eine Kopie einer Einreiseverweigerung der Bundesrepublik Deutschland vor, wonach dem Beschwerdeführer am 31.12.2017, um 04:20 die Einreise nach Deutschland verweigert worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den im Erkenntniskopf angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, nicht verheiratet, kinderlos und ist gesund. Der Beschwerdeführer stellte am 19.6.2017 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer verließ das Bundesgebiet zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt, aber jedenfalls vor dem Bescheid vom 19.6.2017 und reiste nach Deutschland. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Der Beschwerdeführer stellte am 14.12.2017 einen neuerlichen Asylantrag. Der Beschwerdeführer hat keine Kontakte zu Österreichern, lebt in keiner Lebensgemeinschaft in Österreich und befinden sich seine Eltern nicht in Österreich. Der Beschwerdeführer ist nicht vorbestraft und befindet sich in Grundversorgung. Der Beschwerdeführer spricht kaum Deutsch. Es ist nicht feststellbar, dass das BFA vor der Erlassung des Bescheides vom 20.10.2017 vom Aufenthalt des Beschwerdeführers in Kenntnis gesetzt wurde.

Verfahrensgang und Sachverhalt (oben Pkt I.) ergeben sich aus dem Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsverfahrensakten des BFA zum vorangegangenen und gegenständlichen Verfahren sowie aus den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Eine relevante Änderung des vorgebrachten Sachverhaltes im maßgeblichen Zeitraum konnte nicht festgestellt werden.

Dem Beschwerdeführer droht in Pakistan keine aktuelle, konkrete und individuelle Verfolgung seiner Person. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren nicht substantiiert behauptet, dass sich die allgemeine Lage in Pakistan entscheidungswesentlich geändert habe und er deshalb eine unmittelbare persönliche Gefährdung zu befürchten habe. Eine solche entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage in Pakistan ist auch nicht eingetreten.

Eine entscheidungsrelevante Integrationsverfestigung liegt nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person und zur Herkunft des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Angaben aus den bisherigen Verfahren und seinen eigenen Angaben. Die Feststellung der Identität stellte bereits die belangte Behörde fest und ergibt sich aus der Identifizierung durch die pakistanische Botschaft. Dass der Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leidet, ergibt sich einerseits aus dem Vorbringen vor der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer psychisch und physisch in der Lage ist, die Befragung zu absolvieren (AS 105) und tritt die Beschwerde der entsprechenden Feststellung der belangten Behörde überhaupt nicht entgegen. Den Feststellung zu den Deutschkenntnissen und der Integration des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Bescheid vom 19.6.2017 (vgl dort S 4) und tritt die Beschwerde diesen Feststellungen nicht entgegen.

Zu den vorgebrachten – neuen – Fluchtgründen wird seitens des erkennenden Gerichtes der Ansicht der belangten Behörde beigetreten, dass der Beschwerdeführer keine neuen Gründe vorgebracht hat. Der Beschwerdeführer brachte im Zuge seiner Erstbefragung zusammengefasst vor, er werde aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Ahamdis verfolgt (AS 34). Die belangte Behörde setzte sich im angefochtenen Bescheid umfassend damit auseinander (AS 163), dass der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt vorbrachte und zeigte zutreffend auf, dass der Beschwerdeführer auch im Vergleich zum vorherigen Verfahren sein neues Vorbringen nur in wenigen Stehsätzen neu begründet hat und er die angeblichen Übergriffe, die er im ersten Verfahren noch vorgebracht hat, mit keinem Wort mehr erwähnt hat. Darüber hinaus wird seitens des erkennenden Gerichtes den Ausführungen der belangten Behörde beigetreten, dass der Beschwerdeführer es im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 28.12.2017 nicht schaffte, die angeblichen Verhaftungen in eine zeitlich stringente Reihenfolge einzuordnen. Dass die belangte Behörde dem neuerlichen Vorbringen im Ergebnis den glaubhaften Kern absprach, wird von hg. Seite nicht beanstandet. Der Beschwerdeführer gründet seinen neuerlichen Asylantrag auf die gleichen Gründe, nämlich auf angebliche Probleme aufgrund seiner Religionszugehörigkeit, über welche bereits im ersten Asylverfahren rechtskräftig abgesprochen wurde. Neue Gründe brachte der Beschwerdeführer nicht vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

ZU A)

Spruchpunkt I – Zurückweisung wegen entschiedener Sache:

§ 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 (WV), idF BGBl. I Nr. 161/2013 lautet:

"2. Abschnitt: Sonstige Abänderung von Bescheiden

Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

(3) Andere Bescheide kann die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im öffentlichen Interesse insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Missständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.

(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid

1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,

2. einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,

3. tatsächlich undurchführbar ist oder

4. an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.

(5) Nach Ablauf von drei Jahren nach dem in § 63 Abs. 5 bezeichneten Zeitpunkt ist eine Nichtigerklärung aus den Gründen des Abs. 4 Z 1 nicht mehr zulässig.

(6) Die der Behörde in den Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung einer Berechtigung außerhalb eines Berufungsverfahrens bleiben unberührt.

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts hat nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Rechtsmittelverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich bereits aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismittel, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhaltes stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides (bzw. hier: Erkenntnis) entgegensteht (vgl. das Erk des VwGH vom 6.11.2009, Zl. 2008/19/0783, mwN). Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrecht erhalten und bezieht sich ein Asylwerber auf sie, so liegt eben kein geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird jener Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein Fortbestehen und Weiterwirken behauptet) über den bereits rechtskräftig abgesprochen wurde (vgl. das Erk. des VwGH vom 20.3.2003, Zl. 99/20/0480).

Zum gegenständlichen Verfahren:

Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet im vorliegenden Verfahren der Bescheid des BFA vom 19.6.2017, GZ XXXX , welcher in Rechtskraft erwuchs. Dass der Beschwerdeführer sich dem Verfahren durch seine Ausreise nach Deutschland dem Verfahren entzog, begegnet von hg. Seite keine Bedenken und wird ausdrücklich festgehalten, dass der Aufenthaltsort bzw. eine aufrechte Zustelladresse des Beschwerdeführers für die belangte Behörde nicht ohne Schwierigkeiten feststellbar war. Das wird auch in der Beschwerde in keiner Weise behauptet, sondern geht auch die Beschwerde im Ergebnis vielmehr von einer rechtsgültigen Zustellung durch Hinterlegung im Akt aus, gesteht sie doch selbst ein, dass der Bescheid vom 19.6.2017 in Rechtskraft erwuchs (AS 199). Der Beschwerdeführer behauptet in seinem nunmehrigen Asylantrag überhaupt keine Änderung der Situation bzw. einen neuen Sachverhalt, sondern stützt sich vielmehr neuerlich auf die bereits rechtskräftig verneinte Verfolgung aufgrund seiner Religionszugehörigkeit. Die nunmehr vorgebrachte Bedrohung bezieht sich auf einen behaupteten Sachverhalt, dem bereits im inhaltlichen Asylverfahren kein Glaube geschenkt wurde. Darüber hinaus ist – wie oben dargelegt – dem Beschwerdeführer auch nicht einmal ansatzweise gelungen, das nunmehrige Vorbringen glaubhaft und widerspruchsfrei darzulegen, weshalb die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass auch das nunmehrige Vorbringen nicht glaubhaft ist. Nochmals sei festgehalten, dass das nunmehrige Vorbringen von der Rechtskraftwirkung des ersten Asylverfahrens mitumfasst wird. Darüber hinaus sei darauf verwiesen, dass die Familie des Beschwerdeführers nach wie vor anscheinend völlig unbehelligt in Pakistan lebt.

Die vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen der Staatendokumentation im ersten Verfahren weisen nach Ansicht des erkennenden Gerichtes eine nach wie vor vorliegende Aktualität auf und sprach die Behörde bereits rechtskräftig darüber ab, dass eine Gefährdung iSd Art. 3 EMRK nicht vorliegt. Dass zwischen der nunmehrigen Antragstellung und der rechtskräftigen inhaltlichen Entscheidung der belangten Behörde eine Änderung eingetreten wäre, wird nicht vorgebracht und ist eine solche auch nicht ersichtlich. Auf Grundlage der vom BFA herangezogenen Länderberichte kann die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse als zumutbar angenommen werden und auch die medizinische Grundversorgung ist gewährleistet (angefochtener Bescheid, S 37-47). Der Beschwerdeführer ist auch gesund und arbeitsfähig. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass das Leben in Pakistan teilweise von Korruption geprägt ist und eine wirtschaftlich und sozial durchaus schwierige Situation besteht, in der sich die Beschaffung der Mittel zum Lebensunterhalt auch als schwieriger darstellen könnte als in Österreich, zumal auch die Arbeitsplatzchancen als nicht befriedigend bezeichnet werden können. Es geht jedoch aus den Berichten keinesfalls hervor, dass die Lage für alle Personen ohne Hinzutreten von besonderen Umständen dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Dem wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Nach der ständige Judikatur des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Einen derartigen Nachweis hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht. Dass sich die allgemeine Situation in Pakistan - soweit sie den Beschwerdeführer betrifft - seit der Erlassung der Rückkehrentscheidung im Juni 2017 unverändert geblieben ist und sich die maßgebliche Lage in Pakistan für den Beschwerdeführer nicht geändert hat, ergibt sich aus den vom BFA im gegenständlichen Verfahren herangezogenen Länderinformationsquellen, auf deren Einsichtnahme bzw. die Möglichkeit einer Stellungnahme der Beschwerdeführer im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 28.12.2017 verzichtete (AS 111).

Soweit die Beschwerde vorbringt, der Beschwerdeführer beziehe seine Fluchtgründe auf die dem ersten Verfahren zugrunde gelegten Länderberichte, sei darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer diesen Ausführungen in keiner Weise im inhaltlichen Verfahren entgegengetreten ist, sondern vielmehr sich dem Verfahren durch seine Weiterreise nach Deutschland entzogen hat und der Bescheid des BFA vom 19.6.2017 in Rechtskraft erwachsen ist.

Zu Spruchpunkt II – Rückkehrentscheidung:

Das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet auszugsweise:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Das BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautet:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Das Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet auszugsweise:

"Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt. Der Fremde hat an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments im erforderlichen Umfang mitzuwirken.

(2a) Die Verpflichtung zur Mitwirkung gemäß Abs. 2 kann auch mit Bescheid auferlegt werden, § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt sinngemäß. Der Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments bei der zuständigen ausländischen Behörde, verbunden werden (§ 19 AVG).

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."

Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention lautet:

"Artikel 8 - Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

Vorweg ist festzuhalten, dass sich im gegenständlichen Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben haben, die die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG angezeigt hätten, bzw. wurde weder in der Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht dahingehend etwas vorgebracht.

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua/Lettland, 60654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen kann jedoch eine vom Staat getroffene Ausweisungsentscheidung auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua/Lettland, 60654/00) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (EGMR 30.11.1999 Baghli/Frankreich, 34374/97; VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung ist zwar nicht ausschlaggebend, ob der Aufenthalt des Fremden zumindest vorübergehend rechtmäßig war (EGMR 16.09.2004, Ghiban/Deutschland, 11103/03; 07.10.2004, Dragan/Deutschland, 33743/03; 16.06.2005, Sisojeva ua/Lettland, 60654/00), bei der Abwägung jedoch in Betracht zu ziehen (vgl VfGH 17.03.2005, G 78/04; EGMR 08.04.2008, Nnyanzi/Vereinigtes Königreich, 21878/06). Eine langjährige Integration ist zu relativieren, wenn der Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten, insbesondere etwa die Vortäuschung eines Asylgrundes (vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169), zurückzuführen ist (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168). Darüber hinaus sind auch noch Faktoren wie etwa Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, sowie der Grad der Integration welcher sich durch Intensität der Bindungen zu Verwandten und Freunden, Selbsterhaltungsfähigkeit, Schulausbildung bzw. Berufsausbildung, Teilnahme am sozialen Leben, Beschäftigung manifestiert, aber auch die Bindungen zum Herkunftsstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (VfGH 29.09.2007, B1150/07 unter Hinweis und Zitierung der EGMR-Judikatur).

Eine Maßnahme ist dann in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn sie einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und zum verfolgten legitimen Ziel verhältnismäßig ist. Die Schaffung eines Ordnungssystems, mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt werden, ist im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig, weshalb dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK daher ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. EGMR 18.02.1991, Moustaquim/Belgien, 12313/86; VfGH 29.9.2007, B 328/07).

Bei der Beurteilung, ob im Fall der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl. den B des VwGH vom 5. September 2016, Ra 2016/19/0074, mwN). Insbesondere sind dabei die in § 9 Abs. 2 BFA-VG angeführten Merkmale für die Abwägung der Interessen maßgeblich.

Rührt der Unterhalt der Fremden bisher ausschließlich aus Mitteln der Grundversorgung her, so darf die Behörde vom Fehlen einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausgehen. Daran ändert auch die für die Fremden abgegebene Unterstützungserklärung nichts (vgl. das Erk. des VwGH vom 21.3.2013, Zl. 2011/23/0360). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Fremder spätestens nach der erstinstanzlichen Abweisung des Asylantrages im Hinblick auf die negative behördliche Entscheidung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen (vgl. das Erk. des VwGH vom 12.9.2012, Zl. 2011/23/0201, mwN). Selbst perfekte Beherrschung der deutschen Sprache sowie eine vielfältige soziale Vernetzung und Integration bedeuten noch keine über das übliche Maß hinausgehende Integrationsmerkmale (vgl. das Erk. des VwGH vom 25.2.2010, Zl. 2010/18/0029). Die Feststellung, dass ein Asylwerber strafrechtlich unbescholten ist, bedeutet weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen. Der Verwaltungsgerichtshof geht vielmehr davon aus, dass es von einem Fremden, der sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Gesetze einhält (vgl. das Erk. des VwGH vom 27.2.2007, Zl. 2006/21/0164). Hingegen kommt dem Interesse der Republik Österreich an den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ein besonders hoher Stellenwert zu (vgl. das Erk. des VwGH vom 22.1.2013, Zl. 2011/18/0012).

Zum gegenständlichen Verfahren:

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Verwandten in Österreich und lebt auch sonst mit keiner ihm nahestehenden Person zusammen. Die Rückkehrentscheidung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, sondern allenfalls einen solchen in das Privatleben.

Im Sinne des § 9 Abs. 2 BFA-VG ergibt sich anhand des dort aufgestellten Kriterienkatalogs folgendes Bild über den Beschwerdeführer:

* Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 3.6.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer verließ am 10.6.2017 seine Betreuungsstelle und reiste nach Deutschland weiter, wobei er auch im Zentralen Melderegister am 12.6.2017 abgemeldet wurde. Der Beschwerdeführer konnte seinen bisherigen Aufenthalt nur durch die Stellung seiner unbegründeten Asylanträge vorübergehend legalisieren. Hätte der Beschwerdeführer den gegenständlichen, unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre er rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde. Der Beschwerdeführer ist nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens nicht aus Österreich ausgereist.

* Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Privatlebens):

Wie bereits festgestellt verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügt kaum über Deutschkenntnisse, hat keine Deutschkurse besucht und ist kein Mitglied in einer Organisation oder einem Verein. Der Beschwerdeführer arbeitet nicht und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Die Beschwerde legte weder Arbeitsbestätigungen oder Bestätigungen, die die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers dokumentieren könnten, vor. Dass der Beschwerdeführer soziale Kontakte in Österreich geknüpft hätte, konnte nicht festgestellt werden.

* Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens:

Der Beschwerdeführer begründete sein ohnehin nicht vorhandenes Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert war. Auch war der Aufenthalt des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen seines Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Dem Beschwerdeführer stünde e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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