TE Bvwg Beschluss 2018/1/23 W262 2164735-1

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Veröffentlicht am 23.01.2018
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Entscheidungsdatum

23.01.2018

Norm

AlVG §25 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W262 2164735-1/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta KEUL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien XXXX vom 31.01.2017, GZ XXXX betreffend Verpflichtung zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung gemäß § 25 Abs. 2 AlVG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 AMPFG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 VwGVG als

verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien XXXX (im Folgenden: AMS) vom 31.01.2017 zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von € 373,71 verpflichtet. Begründend führte das AMS im Wesentlichen aus, dass XXXX (Anm.: der Sohn des Beschwerdeführers) im Zuge von Erhebungen durch Organe der Finanzpolizei am 25.09.2016 bei der Ausübung einer Tätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 lit. a AlVG angetroffen worden sei. Eine zeitgerechte Anmeldung zur Sozialversicherung sei nicht erfolgt. Weiters enthält der Bescheid nähere Ausführungen zur Bemessung des Sonderbeitrages.

Im Bescheid enthalten ist eine Rechtsmittelbelehrung, in der darüber aufgeklärt wird, dass gegen den Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung schriftlich bei der im Bescheid genannten regionalen Geschäftsstelle die Beschwerde eingebracht werden könne. Weiters wurde darin über die Anforderungen an eine Beschwerde (1. Die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, 2. die Bezeichnung der belangten Behörde, 3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt bzw. eine Erklärung über den Umfang der Anfechtung, 4. das Begehren sowie 5. erforderliche Angaben zu Beurteilung der Rechtzeitigkeit) aufgeklärt.

2. Am 08.03.2017 langte beim AMS per Email eine mit 03.03.2017 datierte Beschwerde ein. Darin führte der Beschwerdeführer einleitend aus, dass er nach telefonischer Rücksprache mit einer namentlich genannten Mitarbeiterin der belangten Behörde seine Stellungnahme nun schriftlich abgebe. Sein Sohn habe ihm unentgeltlich für eine halbe Stunde ausgeholfen, da er hohes Fieber bekommen habe und die Plakatierungsarbeiten an diesem Tag gemacht werden mussten, da er sonst eine Pönale zahlen hätte müssen.

3. Mit Vorhalt vom 28.04.2017 wurde dem Beschwerdeführer die Sach- und Rechtslage zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Stellungnahme bis 16.05.2017 gewährt. Dieses Schreiben wurde mit dem Vermerk "Ortsabwesend bis 31.07.2017" an die belangte Behörde retourniert. Selbiges Schreiben wurde von der belangten Behörde am 10.05.2017 an die Mailadresse, von der die Beschwerde gesendet wurde, zugestellt. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

4. Die von der belangten Behörde erstellte Beschwerdevorentscheidung vom 17.05.2017 kam mit dem Vermerk "Ortsabwesend bis 31.07.2017" zur belangten Behörde zurück. Da somit eine rechtswirksame Zustellung der Beschwerdevorentscheidung innerhalb der vorgegebenen Frist nicht möglich war, legte die belangte Behörde den Akt am 18.07.2017 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.07.2017 - zunächst irrtümlich an den Sohn des Beschwerdeführers zugestellt - wurde dem Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, eine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt abzugeben. Nach der Zustellfiktion des § 26 Abs. 2 ZustG, der zufolge die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt, wurde der angefochtene Bescheid vom 31.01.2017 dem Beschwerdeführer spätestens am 03.02.2017 zugestellt. Davon ausgehend endete die vierwöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde mit Ablauf des 03.03.2017. Die per Email bei der belangten Behörde am 08.03.2017 eingebrachte Beschwerde erweist sich demnach nach der Aktenlage als verspätet eingebracht und ist daher als verspätet zurückzuweisen.

Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.

6. In seiner Stellungnahme vom 14.09.2017 führte der Beschwerdeführer aus, dass er ständig im schriftlichen und telefonischen Kontakt mit der belangten Behörde gestanden und die letzte Information gewesen sei, dass er auf einen Rückruf der zuständigen Mitarbeiterin warten solle. Da dieser nicht erfolgte, habe er den Einspruch (gemeint: die Beschwerde) schriftlich abgeschickt. Weiters wiederholte er das Vorbringen der Beschwerde und beantragte darüber hinaus die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, da die Höhe des Sonderbeitrages nicht gerechtfertigt sei.

7. Im Rahmen des zu dieser Stellungnahme gewährten Parteiengehörs führte die belangte Behörde aus, dass sich für einen ständigen schriftlichen und telefonischen Kontakt kein Hinweis im Akt befinde.

XXXX von der XXXX habe am 14.02.2017 um einen Rückruf ersucht; dieser erfolgte durch eine Mitarbeiterin der belangten Behörde am selben Tag. Diese vermerkte im Akt, dass "eine Berufung folge".

8. Dazu gab der Beschwerdeführer im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.01.2017 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 2 AlVG iVm § 2 Abs. 1 AMPFG zur Zahlung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von EUR 373,71 verpflichtet.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer spätestens am 03.02.2017 zugestellt.

Die Frist für die Einbringung der Beschwerde endete am 03.03.2017.

Die mit 03.03.2017 datierte Beschwerde wurde am 08.03.2017 sohin verspätet per Email bei der belangten Behörde eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Die inhaltlichen Feststellungen betreffend den Verfahrensgang ergeben sich aus dem unstrittigen Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde. Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde.

Die Zustellung des angefochtenen Bescheides spätestens am 03.02.2017 wurde vom Beschwerdeführer trotz Vorhalt der Verspätung nicht bestritten.

Die Einbringung der Beschwerde am 08.03.2017 per Email bei der belangten Behörde ergibt sich aus dem Akteninhalt und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.4. Die Bescheidbeschwerde ist schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen (§ 12 VwGVG).

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Im vorliegenden Fall wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides vom 31.01.2017 zutreffend darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung schriftlich Beschwerde bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle eingebracht werden kann. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht auch sonst den Anforderungen des § 61 Abs. 1 AVG. Die Zustellung des Bescheides spätestens am 03.02.2017 ist unbestritten.

3.5. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge hat vor einer Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung entweder von Amts wegen überprüft zu werden, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, oder es ist der Partei die Verspätung ihres Rechtsmittels vorzuhalten. Wird ohne vorangegangenen Vorhalt von einer Verspätung des Rechtsmittels ausgegangen, ist das Risiko einer Entscheidungsbehebung zu tragen (vgl. VwGH 11.03.2016, Ra 2015/06/0088 mwN).

Ausweislich des Verwaltungsaktes wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben des AMS vom 28.04.2017 die Sach- und Rechtslage zur Kenntnis gebracht und die Gelegenheit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben. Dieses Schreiben wurde mit dem Vermerk "Ortsabwesend bis 31.07.2017" an die belangte Behörde retourniert. Selbiges Schreiben wurde von der belangten Behörde am 10.05.2017 an die Mailadresse, von der die Beschwerde gesendet wurde, zugestellt. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

Auch in der zum Vorhalt des Bundesverwaltungsgerichts zur Versäumung der Rechtsmittelfrist ergangenen Stellungnahme äußerte sich der Beschwerdeführer nicht zur vorgehaltenen Verspätung der Einbringung der Beschwerde. Die Ausführungen, er habe von der belangten Behörde die Information erhalten, er werde von der zuständigen Mitarbeiterin zurückgerufen, um die Angelegenheit zu klären, gehen zum einen schon angesichts der klaren und den Anforderungen des § 61 Abs. 1 AVG entsprechenden Rechtsmittelbelehrung ins Leere und widersprechen zum anderen auch der im Aktenvermerk der belangten Behörde vom 14.02.2017 dokumentierten Ankündigung, dass "eine Berufung folgen werde."

3.6. Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG und 32 Abs. 2 AVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (im konkreten Fall: das AMS) vier Wochen. Die Frist beginnt dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung. Die Zustellung ist spätestens am 03.02.2017 erfolgt. Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer die Verspätung der Beschwerde entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgehalten (vgl. VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050). Diese ist unbestritten geblieben. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des AMS hat am 03.02.2017 begonnen und nach vier Wochen - im vorliegenden Fall somit am 03.03.2017 - geendet. Die Beschwerde vom 08.03.2017 ist daher jedenfalls verspätet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

3.6. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG konnte im vorliegenden Beschwerdefall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe unter Pkt. II.3.4. bis II.3.6.); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W262.2164735.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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