TE Bvwg Beschluss 2018/1/25 I401 2184152-1

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Veröffentlicht am 25.01.2018
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Entscheidungsdatum

25.01.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I401 2184152-1/3E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2018, Zl. IFA: 1128546809 VZ INT: 180033809, VZ FAS:

1091597806, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit: Algerien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Gerhard AUER beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes war nicht rechtswidrig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Fremde reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 04.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, seinen Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben und er die Sportart "Ringen" habe ausüben wollen, was er aber in seinem Herkunftsstaat nicht dürfe.

Mit Verfahrensanordnung vom 23.03.2017 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch BFA) den Fremden über den Verlust seines Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet infolge seiner Straffälligkeit.

Am 17.11.2017 wurde der Fremde vom BFA niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen, aus familiären und sportlichen Gründen ausgereist zu sein, wiederholte. Der Familie des Fremden habe ein Geschäft gehört, welches sein Onkel verkaufen habe wollen. Da dieses Geschäft die Lebensgrundlage der Familie gewesen sei, hätten sich seine Brüder gegen den Verkauf des Geschäftes ausgesprochen. Er habe in Algerien eine Kampfsportart ausgeübt und sei für eine Turniermannschaft vorgesehen gewesen. Ihm sei jemand anders vorgezogen worden, weil es ihm an finanziellen Mitteln gefehlt habe.

Mit Bescheid vom 16.11.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Fremden auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien gemäß (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III., IV. und V.). Zudem gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.). Des Weiteren verhängte sie über den Fremden ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.).

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2017, I407 2178567-1/6E, als unbegründet abgewiesen.

2. Der Fremde, der am 09.01.2018 aus der Strafhaft entlassen und wegen seines nicht berechtigten Aufenthaltes und eines fehlenden Wohnsitzes im Bundesgebiet zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Graz eingeliefert wurde, stellte bei seiner am 10.01.2018 erfolgten Einvernahme durch das BFA neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Fremde, befragt, warum er einen neuen Asylantrag stellt, an:

"Ich möchte die Sprache Deutsch lernen und ein neues Leben beginnen. Ich möchte meine Sportkarriere machen. Ich habe einen Fehler gemacht und war deswegen im Gefängnis, daraus habe ich gelernt."

Auf die Frage, ob er alle Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe genannt habe, äußerte er:

"Wie ich Ihnen bereits gesagt habe, ich hatte in Algerien kein normales Leben. Ich hatte keine Eltern, musste bei meiner Großmutter leben und mein Bruder hat mich geschlagen."

Befragt, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat zu befürchten habe, erklärte er:

"Ich habe Angst vor meinem Bruder. Mein Bruder hat außerdem selber viele Probleme, er ist drogenabhängig und ich könnte ein Opfer seiner Taten werden."

Bei seiner durch das BFA am 18.11.2018 erfolgten Einvernahme äußerte der Fremde zunächst, dass seine Fluchtgründe noch aufrecht seien, jedoch wolle er vorbringen, dass sein Bruder in sehr viele illegale Aktivitäten verwickelt gewesen sei, so bei einer Schlepperei. Sein Bruder habe ihm sehr oft bedroht; er wisse nicht, wo er aufhältig sei. Er habe keinen Kontakt zu ihm. Sein Bruder sei seit geraumer Zeit untergetaucht. Sowohl vor als auch nach seinem Untertauchen hätten den Fremden zahlreiche Personen, die mit dem Bruder zu tun gehabt hätten, kontaktiert und ihn bedroht. Er hätte ihren gegenüber seinem Bruder bestehenden Forderungen nachkommen und dafür Verantwortung übernehmen sollen. Er habe gesagt, dass er mit diesen Sachen nichts zu tun gehabt habe und sie sollten sich an seinen Bruder wenden, weil sie diese Sachen mit ihm angefangen hätten. Trotzdem sei es laufend zu Drohungen gekommen, die an ihn gerichtet gewesen seien. Seine Großmutter sei auch hineingezogen worden, indem unbekannte Personen auf der Suche nach seinem Bruder bei ihr zu Hause aufgetaucht seien. Diese Drohungen hätten im Jahr 2014 und 2015 stattgefunden, somit vor seiner Ausreise.

Auf die neuerlich gestellte Frage, warum er einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stelle, gab der Fremde an, es könne sich niemand in seine Situation hineinversetzen. Niemand verstehe sein Leid, das er zu tragen habe. Hätte er in seiner Heimat keine Probleme gehabt, wäre er auch nicht von dort weggegangen.

Er wolle nicht nach Algerien zurück. Er vermute, wenn er abgeschoben werde, dass mit ihm alles passieren, er getötet werden könnte.

Mit dem nun zu prüfenden, mündlich verkündeten Bescheid vom 18.11.2018 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A):

1. Feststellungen zur Person des Fremden:

Die Identität des Fremden steht nicht fest. Er ist volljährig, gesund, erwerbsfähig und Staatsangehöriger von Algerien; er bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er spricht nicht Deutsch und ging in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 27.07.2017 wurde der Fremde als Jugendstraftäter wegen des versuchten Vergehens des gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln nach § 15 StGB und § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 2a und Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten, bei einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Mit dem zweiten Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 31.08.2017 wurde der Fremde als junger Erwachsener wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln nach § 27 Abs. 2a SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.

Seit (zumindest) 04.09.2016 hält sich der Fremde in Österreich auf, wobei er hier über keine familiären und über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte verfügt. Familienangehörige des Fremden leben in Algerien und - nach seinen Angaben - in Frankreich. Er weist keine relevante Integration auf, jedenfalls keine die über das hinausgeht, was allein aufgrund der kurzen Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet erwartet werden kann.

Der erste Antrag des Fremden vom 04.09.2016 wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2017 als unbegründet abgewiesen. Bei seiner durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18.01.2018 erfolgten Einvernahme, bei der er den Folgeantrag auf internationalen Schutz stellte, brachte der Fremde keine neuen bzw. keine neu entstandenen asylrelevanten Fluchtgründe vor.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem nunmehr zweiten Antrag auf internationalen Schutz nach §§ 3 und 8 AsylG 2005 und aufgrund der allgemeinen Lage in Algerien, bei dem es sich um einen sicheren Herkunftsstaat handelt (vgl.§ 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 47/2016) wird festgestellt, dass der Fremde im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird.

Im rechtskräftig abgeschlossenen ersten Verfahren brachte der Fremde vor, Algerien aus wirtschaftlichen Gründen und deshalb verlassen zu haben, weil er die Sportart "Ringen" in seinem Herkunftsstaat (aus finanziellen Gründen) nicht ausüben habe dürfen.

Seinen Folgeantrag begründete er damit, in Algerien kein Leben zu haben, in Österreich leben und eine Familie gründen zu wollen und von seinem Bruder geschlagen worden zu sein. Bei einer Abschiebung in sein Heimatland befürchte er, politisch verfolgt, sogar umgebracht zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Fremde in Algerien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird, insbesondere nicht wegen einer drohenden politischen Verfolgung.

Der Fremde weist kein schützenswertes Privat- oder Familienleben, keine Einkünfte und keine Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts im Bundesgebiet auf. Er leidet an keinen (schweren) gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Es ist nicht ersichtlich, dass seine Abschiebung nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, zumal Algerien ein sicherer Herkunftsstaat ist.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung entgegenstünden. Der Fremde verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Algerien ist seit der Entscheidung über den ersten Antrag des Fremden auf internationalen Schutz nicht eingetreten, insbesondere nicht auf sein Vorbringen bezogen.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie in den zu überprüfenden Bescheid Beweis erhoben.

Die Feststellungen zur Person, der Herkunft, der Sprache, zum Gesundheitszustand sowie zu den Lebensumständen des Fremden gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde. Die Feststellungen zur fehlenden Integration des Fremden in Österreich beruhen auf der Tatsache, dass er nach eigenen Angaben keine Verwandten in Österreich hat und hier über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte verfügt, fußen insbesondere auf seinen Einvernahmen vom 10.01. und 18.01.2018. Dass er in Österreich über keine privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte verfügt, kann ebenfalls auf seine bei den (beiden) Einvernahmen getätigten Aussagen gestützt werden, wie auch die Feststellung, dass er keine ausreichenden Existenzmittel hat und nicht erwerbstätig ist. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist seit Erlassung des ersten (abschlägigen) Bescheides vom 16.11.2017 keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar.

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels diesbezüglicher Dokumente nicht fest. Die Feststellungen zu den Verurteilungen ergeben sich aus einem Strafregisterauszug der Republik Österreich.

Die Länderfeststellungen, welche der Entscheidung des BFA zugrunde gelegt wurden, nämlich die aktuellen mit Stand vom 17.05.2017, zeigen keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien gegenüber der Zeit der vorangehenden erstinstanzlichen Entscheidung vom 16.11.2017 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.1.1. § 12a Abs. 1 und 2 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017) lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Der § 22 Abs. 10 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016) lautet:

"Entscheidungen

§ 22 (10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

3.1.2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.1.3. Voranzustellen ist, dass der Fremde einen (weiteren Asylbzw.) Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 sind erfüllt:

Gegen den Fremden besteht auf Grund des in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2017 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005.

Weiters wurde mit dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes der Erstantrag des Fremden auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen, sodass feststeht, dass ihm in Algerien keine asylrelevante Verfolgung droht.

Auch gibt es dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erk. VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Fremde gesund und damit erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte.

Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien als sicheren Herkunftsstaat derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Überdies hält sich seine Familie in Algerien auf, sodass er nach seiner Rückkehr nicht auf sich allein gestellt ist.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die es nahelegen würden, dass, bezogen auf den Fremden, ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Der Fremde führt in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und weist auch sein Privatleben erkennbar keine besonders ausgeprägte Intensität auf.

Der Zweit- bzw. Folgeantrag des Fremden auf internationalen Schutz wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig war.

Da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende ohne Durchführung einer Verhandlung zu treffende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu erledigen.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zum faktischen Abschiebeschutz noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, sicherer Herkunftsstaat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I401.2184152.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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