Entscheidungsdatum
06.12.2017Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §2 Abs1 Z15Text
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fischer über die Beschwerde der Frau B. C., geb.: 1999, STA: Malaysia, …, Malaysia, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 05.07.2017, Zahl MA35-9/3156689-01, mit welchem der Antrag vom 11.1.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Schüler" gemäß § 63 Abs. 1 iVm § 11 Abs. 2 Z 3 iVm Abs. 2 Z 2 NAG idgF abgewiesen wurde, den
BESCHLUSS
gefasst:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 5. Juli 2017 wurde zur Zahl MA 35-9/3156689-01 der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsbewilligung - Schüler“ gemäß § 63 Abs. 1 iVm § 11 Abs. 2 Z 3 und § 11 Abs. 2 Z 2 NAG abgewiesen.
Begründend führte die Behörde zusammengefasst sinngemäß aus, die Beschwerdeführerin habe bislang keine alle Risiken abdeckende, in Österreich leistungspflichtige Krankenversicherung nachgewiesen. Weiters habe sie auch keinen ausreichenden Nachweis über einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft vorgelegt. Eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG sei zudem zu Ungunsten der Einschreiterin ausgefallen.
In der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte die Einschreiterin zusammengefasst sinngemäß aus, sie könne nunmehr einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft sowie eine ausreichende Krankenversicherung nachweisen und übermittelte mit selbiger Post ein Konvolut von Unterlagen. Mit Eingabe vom 29. November 2017 legte sie zudem dar, das von ihr im Verfahren geltend gemachte Vermögen zur Finanzierung ihres Aufenthaltes in Österreich stamme größtenteils von ihren Eltern her, weiter habe sie ihre Unterkunft in Wien befristet vermietet, um so frustrierte Mietkosten sparen zu können.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde weder durch die Beschwerdeführerin noch durch die belangte Behörde beantragt. Da die Einschreiterin derzeit zur Einreise in das Bundesgebiet nicht berechtigt ist, sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt weiters vollumfänglich der Aktenlage entnehmen lässt und ohnehin auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist, konnte die Entscheidung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG sowie § 19 Abs. 12 NAG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergehen.
Nach Durchführung des Beweisverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:
Die am ...1999 geborene Beschwerdeführerin ist malaysische Staatsangehörige und brachte am 11. Jänner 2017 im Wege der österreichischen Botschaft in Kuala Lumpur einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsbewilligung - Student“ gemäß § 64 Abs. 1 NAG ein. Dieses Ansuchen wurde durch die Beschwerdeführerin persönlich unterzeichnet, die Unterschrift des gesetzlichen Vertreters findet sich auf dem Antragsformular nicht. Diesem Antrag war nebst weiteren Unterlagen ein Schreiben der Frau T. P. beigelegt, aus welchem hervorgeht, dass diese selbst Musiklehrerin sei und ihre Tochter zum Studium nach Österreich schicken wolle. Sie selbst und ihr Gatte würden für den Unterhalt ihrer Tochter aufkommen.
In weiterer Folge teilte die belangte Behörde der Einschreiterin mit Schreiben vom 18. April 2017 nach Vorhalt der Rechtslage mit, sie habe bislang weder den Bestand einer alle Risiken abdeckenden, in Österreich leistungspflichtigen Krankenversicherung noch einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft ordnungsgemäß nachgewiesen. In der Zustellverfügung dieses Schreibens scheint lediglich der Name der Einschreiterin auf, ihr wurde dieses Schreiben sodann durch die österreichische Botschaft in Kuala Lumpur durch persönliche Übergabe zugestellt. Dieselbe Vorgehensweise hielt die Behörde auch bei der Zustellung des Schreibens vom 30. Mai 2017 betreffend die Belehrung nach § 23 Abs. 1 NAG ein. Diesen Schreiben folgten korrespondierende Verfahrenshandlungen durch die Beschwerdeführerin persönlich. Der das verwaltungsbehördliche Verfahren abschließende Bescheid vom 5. Juli 2017 weist in seiner Zustellverfügung erneut lediglich die Beschwerdeführerin auf, dieser wurde am 28. Juli 2017 der Beschwerdeführerin durch persönliche Ausfolgung durch die österreichische Botschaft in Kuala Lumpur zugestellt. Auch die nunmehr anhängige Beschwerde wurde durch die Einschreiterin persönlich eingebracht und weist keinen Hinweis auf die Vertretung oder zumindest Genehmigung eines gesetzlichen Vertreters auf.
Die Beschwerdeführerin ist in Malaysia unbescholten, auch in Österreich scheinen keine gerichtlichen Verurteilungen der Beschwerdeführerin auf. Verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen der Beschwerdeführerin sowie die Festsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen die Einschreiterin sind nicht aktenkundig.
Mit Schreiben 2. Dezember 2016 wurde die Beschwerdeführerin für das Sommersemester 2017 als ordentliche Studentin am ... Konservatorium in Wien aufgenommen.
Die Beschwerdeführerin verfügte zumindest im Zeitraum zwischen 21. Jänner 2017 und 21. Juli 2017 über eine Spareinlage in der Höhe von zuletzt MYR 50.290,--, dies entspricht zum Tageskurs vom 5. Dezember 2017 einem Gegenwert von EUR 10.463,--. Ihren Angaben zufolge stammt dieses Geld von ihren Eltern, ein Teil aus Ersparnissen. Hinsichtlich der aktuellen Vermögenssituation der Einschreiterin können keine Feststellungen getroffen werden.
Die Beschwerdeführerin verfügt weiters über einen Mietvertrag mit Frau Y. Z. mit dem Inhalt, dass sie der Beschwerdeführerin ein Zimmer in der Wohnung in Wien, K.-gasse, beginnend mit September 2017 unbefristet für ein Entgelt in der Höhe von EUR 400,-- vermietet. Dieses Zimmer verfügt über eine Größe von 22-24 m2.
Die Beschwerdeführerin verfügt über eine in Österreich leistungspflichtige, alle Risiken abdeckende Krankenversicherung.
Die Beschwerdeführerin hat bislang in Österreich nie Wohnsitz genommen, ist nicht verheiratet und lebt im Bundesgebiet in keiner Lebensgemeinschaft. Sie ist bislang in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Diese Feststellungen gründen sich auf nachstehende Beweiswürdigung:
Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den diesbezüglich unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 12 NAG können Aufenthaltsbewilligungen für einen Vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck ausgestellt werden.
Gemäß § 63 Abs. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung für Schüler ausgestellt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
1. ordentliche Schüler einer öffentlichen Schule sind;
2. ordentliche Schüler einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht sind;
3. Schüler einer Statutschule mit Öffentlichkeitsrecht nach § 14 Abs. 2 lit. b des Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 244/1962, sind;
4. Schüler einer zertifizierten nichtschulischen Bildungseinrichtung sind (§ 70);
5. außerordentliche Schüler einer Schule nach Z 1, 2 oder 6 sind, soweit es sich um die erstmalige Ausstellung einer Aufenthaltsbewilligung handelt, oder
6. Schüler einer Privatschule sind, für die im vorangegangenen Schuljahr das Öffentlichkeitsrecht verliehen und nicht gemäß § 16 Abs. 1 des Privatschulgesetzes entzogen worden ist sowie für das laufende Schuljahr um die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes angesucht wurde.
Eine Haftungserklärung ist zulässig.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 NAG ist eine Haftungserklärung die von einem österreichischen Notar oder einem inländischen Gericht beglaubigte Erklärung Dritter mit mindestens fünfjähriger Gültigkeitsdauer, dass sie für die Erfordernisse einer Unterkunft und entsprechender Unterhaltsmittel aufkommen und für den Ersatz jener Kosten haften, die einer Gebietskörperschaft bei der Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung, eines Aufenthaltsverbotes, einer Ausweisung, einer Zurückschiebung, der Vollziehung der Schubhaft oder als Aufwendung für den Einsatz gelinderer Mittel, sowie aus dem Titel der Sozialhilfe oder eines Bundes- oder Landesgesetzes, das die Grundversorgungsvereinbarung nach Art. 15a B-VG, BGBl. I Nr. 80/2004, umsetzt, entstehen, und die Leistungsfähigkeit des Dritten zum Tragen der Kosten zum Zeitpunkt der Erklärung nachgewiesen wird.
Gemäß § 29 Abs. 1 NAG hat der Fremde am Verfahren mitzuwirken.
Gemäß § 7 Abs. 1 NAG-DV sind dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 1) – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den §§ 8 und 9 – folgende Urkunden und Nachweise anzuschließen:
1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);
2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (nur bei Erstanträgen);
3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 2a;
4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde;
5. Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise;
6. Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht (§ 11 Abs. 2 Z 3 NAG);
7. Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung.
Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
§ 11 Abs. 3 NAG normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage..
Gemäß § 292 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Wert der vollen freien Station EUR 284,32.
Gemäß § 293 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Richtsatz
a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der
eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1 334,17 €,
bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen 889,84 €,
b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder
Pension nach § 259 889,84 €,
c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:
aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres 327,29 €,
falls beide Elternteile verstorben sind 491,43 €,
bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres 581,60 €,
falls beide Elternteile verstorben sind 889,84 €.
Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 137,30 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.
Gemäß § 9 AVG ist, insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, diese von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, nach den Vortschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen.
Gemäß § 19 Abs. 1 des Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG) in der geltenden Fassung sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder auf Ausstellung einer Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts persönlich bei der Behörde zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
Vorliegend steht fest, dass die Beschwerdeführerin den verfahrenseinleitenden Antrag im Wege der österreichischen Botschaft am 11. Jänner 2017 persönlich einbrachte und die belangte Behörde das gesamte weitere Ermittlungsverfahren mit der nunmehrigen Beschwerdeführerin abführte. Auch der verfahrensbeendende Bescheid wurde der Beschwerdeführerin ad personam zugestellt und brachte diese auch in eigenem Namen die hier verfahrensgegenständliche Beschwerde ein.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 AVG sind für die Frage u.a. der Handlungsfähigkeit einer Person - soweit in den jeweiligen Materiengesetzen keine abweichenden Regelungen bestehen – die Vorschriften des Bürgerlichen Rechtes maßgeblich. Handlungsfähig und somit prozessfähig im hier relevanten Kontext ist eine Person dann, wenn sie das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat. Der Verwaltungsgerichtshof judiziert im gegebenen Zusammenhang in ständiger Rechtsprechung, dass die Frage der Handlungsfähigkeit und somit auch jene der Prozessfähigkeit von der Behörde als Vorfrage (iSd § 38 AVG) zu beurteilen (vgl. VwGH, 13. Oktober 2005, 2004/18/0221, mwN) ist. Einen Mangel der Prozessfähigkeit hat sie in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. etwa VwGH, 20. Februar 2013, 2010/11/0062). Mangelt es einem Adressaten einer Verfahrenshandlung (insbesondere auch eines Bescheides) in Bezug auf den Verfahrensgegenstand an der Prozessfähigkeit, so geht die Verfahrenshandlung insofern ins Leere, als sie diesem Adressaten gegenüber keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Die Behörde kann diesfalls Verfahrenshandlungen rechtswirksam nur gegenüber dem gesetzlichen Vertreter setzen (vgl. VwGH, 25. Februar 2016, Zl. Ra 2016/19/0007 mwN). Andererseits kann aber auch eine prozessunfähige Person eigenständig, sohin ohne Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters, wirksam keine Prozesshandlungen setzen. Diese sind nichtig und unbeachtlich (vgl. VwGH, 7. Oktober 1993, Zl. 93/01/0709).
Somit steht zweifelsfrei fest, dass sämtliche durch die belangte Behörde erfolgte Verfahrenshandlungen - so insbesondere die Belehrung nach § 23 Abs. 1 NAG mit Schreiben vom 30. Mai 2017 und die Abweisung des verfahrenseinleitenden Antrages der Einschreiterin – auf Grund der Setzung dieser Verfahrenshandlungen gegenüber die minderjährige Beschwerdeführerin als Nichtakte zu qualifizieren sind und keinerlei Rechtswirkungen entfalteten. Insbesondere der hier angefochtene Bescheid wurde im rechtlichen Sinne wegen dessen Adressierung an die minderjährige Beschwerdeführerin und Ausfolgung an diese im rechtlichen Sinne nie erlassen.
Im gegebenen Zusammenhang judiziert der Verwaltungsgerichtshof, dass im Einparteienverfahren – und um ein solches handelt es sich hier – einer Beschwerde zwingend die (rechtsgültige und mangelfreie) Zustellung und somit Erlassung eines Bescheides voranzugehen hat. Eine Beschwerde, welche sich gegen einen Bescheid richtet, welcher nicht in rechtskonformer Wiese an die Partei erlassen wurde, mangelt es somit an einer kardinalen Voraussetzung und ist einer derartige Beschwerde mangels Vorliegens eines anzufechtenden Bescheides als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH, 18. November 2015, Zl. Ra 2015/17/0026).
Wie oben bereits dargelegt wurde der hier angefochtene Bescheid an eine nicht eigenberechtigte Person adressiert und dieser in weiterer Folge zugestellt. Da die in diesem Zeitpunkt minderjährige Beschwerdeführerin somit als nicht prozessfähig erscheint ging auch die Erlassung dieses Bescheides im rechtlichen Sinne ins Leere und liegt sohin ein Bescheid, welcher mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht bekämpft werden könnte, ohne Zweifel nicht vor. Die eingebrachte Beschwerde war sohin als unzulässig zurückzuweisen.
Allerdings judizierte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, ob bereits getätigte Verfahrenshandlungen eines (mündigen) Minderjährigen – im konkreten Fall ging es um eine Wohnsitzmeldung – durch nachträgliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geheilt werden können, dass eine derartige Verfahrenshandlung dann Rechtswirksamkeit erlangen kann, wenn sie vom gesetzlichen Vertreter (nachträglich) genehmigt wird (vgl. VwGH, 18. Februar 2002, Zl. 2002/05/0992). Nichts anderes kann auch dann gelten, wenn die einschreitende Person im Laufe des Verfahrens wegen Vollendung des achtzehnten Lebensjahres Eigenberechtigung erlangt und ihre Verfahrenshandlungen nachträglich genehmigt (vgl. diesbezüglich auch OGH, 27. Oktober 1992, Zl. 5Ob512/92 uam). Auch judiziert der Verwaltungsgerichtshof, dass jemand, der geschäftsunfähig ist, durchaus in der Lage sein kann, Fragen zu verstehen und diesem Verständnis gemäß dazu Wissenserklärungen (wenngleich nicht auch rechtsgeschäftliche Willenserklärungen) abzugeben (vgl. VwGH, 30. März 1993, 92/08/0183, VwGH, 30. September 1997, Zl. 97/08/0017).
Unter Heranziehung dieser Judikatur ist somit zu den durch die Einschreiterin gesetzten Verfahrenshandlungen festzuhalten, dass diese im Falle der nachträglichen Genehmigung durch die Einschreiterin nach Eintritt deren Volljährigkeit und somit Prozessfähigkeit – konkret handelt es sich diesbezüglich um die Einbringung des verfahrenseinleitenden Antrages und die anleitungsgemäß beantragte Zweckänderung ihres Aufenthaltstitels – nachträglich saniert werden könnten, womit die grundsätzliche Unbeachtlichkeit dieser Verfahrenshandlungen wegfallen würde. Unter Heranziehung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch nicht (voll) prozessfähige Personen Wissenserklärungen gültig abgeben können, erscheinen auch das bisherige durch die Beschwerdeführerin im Verfahren erstattete Tatsachenvorbringen und die durch sie vorgelegten Unterlagen als weiterhin durchaus beachtlich.
Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren die volljährige Einschreiterin eingangs aufzufordern haben klarzulegen, ob sie die durch sie gesetzten Verfahrenshandlungen genehmigt. Weiters erscheint die nunmehr vorgelegte Versicherungspolizze der U. Österreich Versicherungen AG zum Nachweis eines ausreichenden Versicherungsschutzes der Einschreiterin in Österreich grundsätzlich als ausreichend. Ebenso verhält es sich nach Vorlage eines gültigen Mietvertrages im Hinblick auf den Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft. Zweifel bestehen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien nach wie vor an der aktuellen finanziellen Situation der Einschreiterin, weswegen entsprechende ergänzende Ermittlungen hinsichtlich der aktuellen Vermögensverhältnisse der Einschreiterin samt Nachweises der Herkunft dieser Mittel gepflogen werden sollten.
Eine Vornahme dieser Verfahrenshandlungen durch das Verwaltungsgericht Wien mit anschließender Erlassung eines Erkenntnisses an die sodann eigenberechtigte Beschwerdeführerin scheiterte am Umstand, dass die durch die belangte Behörde gesetzten Verfahrenshandlungen jedenfalls mit Nichtigkeit behaftet waren und auch nicht mehr nachträglich saniert werden können.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Prozessfähigkeit, Volljährigkeit, Vorfrage, Nichtakt, gesetzlicher Vertreter, nachträgliche GenehmigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.151.023.14445.2017Zuletzt aktualisiert am
21.03.2018