Rechtssatznummer
1Entscheidungsdatum
22.12.2017Norm
Art. 1 VO (EU) 1169/2009 (LebensmittelinformationsVO-LMIV)Rechtssatz
* Wenn aus Art. 1 Abs. 3 zweiter Satz LMIV hervorgeht, dass diese „für alle Lebensmittel, die für den Endverbraucher bestimmt sind,“ maßgeblich ist, so stellt deren Geltungsbereich – woran auch der übrige Inhalt dieser Verordnung keinen Zweifel lässt – offenkundig darauf ab, dass die Kennzeichnungsvorschriften nur für in Verkehr gebrachte Lebensmittel zum Tragen kommen sollen bzw. anders gewendet: dass die Heranziehbarkeit der LMIV stets ein Inverkehrbringen des Lebensmittels i.S.d. Art. 3 Z. 8 der VO 178/2002 voraussetzt (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. a LMIV); Tatort einer durch § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG als strafbar erklärten Übertretung des Art. 9 Abs. 1 lit. f LMIV ist daher jener Ort, an dem ein für einen Endverbraucher bestimmtes Lebensmittel in Verkehr gebracht wird.
* Mit dem „Anbieten zum Verkauf“ und der anschließend vom Unternehmenssitz der GmbH des Bf. aus erfolgten „Weitergabe“ (Lieferung) an ein Tiefkühllogistikunternehmen – aber auch nur insoweit – lag sohin ein auch vom Bf. zu verantworten-des Inverkehrbringen der Lebensmittel an Endverbraucher vor; in gleicher Weise bestand daneben allerdings auch eine (zumindest grundsätzliche) Strafbarkeit der in Kärnten ansässigen Käuferin, die diese Lebensmittel in der Folge in ihren Filialen den Konsumenten zu Kauf angeboten hat, wobei eine Ahndung dieser Übertretung fiel jedoch schon von vornherein nicht in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde. Rechtssystematisch besehen ist diese rechtliche Differenzierung jedoch insofern von maßgeblicher Bedeutung, weil in Fällen eines Versendungskaufes, in denen – wie hier – die Grenzen der örtlichen Zuständigkeit von Behörden überschritten werden, nicht nur die Grundnorm des § 27 VStG, sondern ins-besondere auch die Bestimmung des § 29a VStG zu beachten ist, wonach das Strafverfahren nur an eine Behörde im selben Bundesland übertragen werden darf.
* Aus diesen Zuständigkeitsvorschriften ergibt sich wiederum, dass im Spruch des Straferkenntnisses gemäß § 44a Z. 1 VStG dann, wenn dem Beschuldigten eine Übertretung des Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 lit. f LMIV angelastet wird, nicht nur der Ort des Inverkehrbringens des Lebensmittels, sondern auch explizit zum Ausdruck gebracht werden muss, worin konkret die als Inverkehrbringen zu qualifizierende Handlung bestanden hat, weil es im Hinblick auf die Behördenzuständigkeit und das damit im Zusammenhang stehende Grundrecht auf den gesetzlichen Richter (vgl. Art. 83 Abs. 1 B VG) eben einen maßgeblichen Unterschied ausmachen kann, ob bspw. ein Inverkehrbringen durch „(bloße Aus-)Lieferung“ oder durch „(Versendungs-)Verkauf“ vorliegt.
Schlagworte
Lebensmittelkennzeichnung; Arten des Inverkehrbringens; Verkauf durch Versendung; Überschreitung von Bezirks- und Bundesländergrenzen; Behördenzuständigkeit; SpruchkonkretisierungAnmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2017:LVwG.000252.2.Gf.MuZuletzt aktualisiert am
30.01.2018