TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/8 W251 2146158-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2018
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Entscheidungsdatum

08.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W251 2146158-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.01.2017 zur Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 03.12.2014 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 04.12.2014 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Am 02.05.2016 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt.

2. Der Beschwerdeführer gab am 04.12.2014 an, dass sein Bruder spielsüchtig gewesen sei, viele Schulden gehabt habe und aus Afghanistan geflüchtet sei. Daher habe der Beschwerdeführer seine Schulden bezahlen sollen, was dieser jedoch nicht konnte. Er sei von den Spielfreunden mit dem Umbringen bedroht worden, sodass er ebenfalls aus Afghanistan geflüchtet sei.

Der Beschwerdeführer gab am 02.05.2016 vor dem Bundesamt im Wesentlichen an, dass sein Bruder mit einer Mafia-Gruppe zusammen gewesen sei. Sein Bruder habe Casino gespielt, wobei die Leute Karten gelegt haben und sein Bruder das Casino gewesen sei. Sein Bruder habe Geld verspielt und 2 Millionen Afghani Schulden gehabt. Der Bruder sei insgesamt dreimal bedroht worden. Nach der dritten Bedrohung sei dem Bruder eine Frist von 10 Tagen gegeben worden, um das Geld aufzutreiben. Da dieser jedoch das Geld nicht beschaffen habe können, seien er und sein Cousine entführt worden. Der Beschwerdeführer habe aus seinem Geschäft alles Geld (6.000,00 USD) aus der Kassa genommen um seinen Bruder auszulösen. Der Beschwerdeführer sei zur Geldübergabe gegangen, bei der sein Bruder und der Cousine in einem Haus am Boden gesessen und von einem Wachmann und dem Neffen eines Anführers bewacht worden seien. Die 6.000 USD seien jedoch zu wenig Geld gewesen. Der Beschwerdeführer sei auf die Nase geschlagen worden. Der Bruder sei aufgestanden, habe dem Wachmann die Waffe aus der Hand gerissen und habe den Wachmann erschossen und den Neffen des Anführers angeschossen. Danach seien der Beschwerdeführer sowie der Cousine und der Bruder in verschiedene Richtungen geflohen. Der Cousine sei etwas später getötet worden. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan deshalb verlassen.

3. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 04.01.2017, dem Beschwerdeführer zugestellt am 10.01.2017, den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich seines Antrages auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG (Spruchpunkt II) ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV).

Das Bundesamt führte begründend aus, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war oder noch sei, da die Angaben zum Fluchtvorbringen nicht glaubhaft seien. Zudem würden keine Umstände vorliegen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden. Die Heimatprovinz des Beschwerdeführers sei zwar besonders volatil, der Beschwerdeführer habe jedoch Verwandte in Mazar-e Sharif und stünden diesem als innerstaatliche Fluchtalternative die Städte Kabul, Mazar-e Sharif und Herat zur Verfügung. Der Beschwerdeführer habe mehrere Jahre Berufserfahrung und eine 9 jährige Schulbildung. Der Beschwerdeführer habe jedoch keinerlei familiäre Bindung oder soziale Anknüpfungspunkte in Österreich. Er gehe in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und sei auf die Unterstützung durch den Staat angewiesen.

4. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass er schlüssige und nachvollziehbare Angaben zu seinen Fluchtgründen gemacht habe. Zudem sei der Beschwerdeführer auf Grund der in Afghanistan, insbesondere in Kabul, herrschenden Sicherheits- und Versorgungslage einer Bedrohung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte ausgesetzt. Das Verfahren sei zudem mangelhaft, da sich das Bundesamt nicht mit der speziellen Situation des Beschwerdeführers beschäftigt habe.

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.09.2017 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die usbekische Sprache und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Usbeken, und sunnitischer Moslem (AS 13, Protokoll vom 05.09.2017 - OZ 6, Seite 7f).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Faryab, in der XXXX , geboren. Dort hat er 9 Jahre lang die Schule besucht und mit seinen Eltern und seinen 6 Geschwistern in einem Haus gelebt. Der Beschwerdeführer hat über mehrere Jahre ein Geschäft für Kleidung und Make-up für Frauen gehabt und geführt (OZ 6, Seite 8-9). Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprachen Usbekisch, Dari und Türkisch (AS 13).

Die Familie des Beschwerdeführers bzw. der Beschwerdeführer besitzen in XXXX noch ein Eigentumshaus, ein Gemischtwarengeschäft und ein Auto. Der Beschwerdeführer hat einen Onkel väterlicherseits sowie einen Onkel und eine Tante mütterlicherseits die in Mazar-e Sharif leben (OZ 6, Seite 10).

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer zu seinen Eltern, seinen Geschwistern oder seinen Tanten und Onkeln keinen Kontakt mehr hat.

Der Beschwerdeführer hat am 25.09.1392 (dies entspricht dem 16.12.2013) Afghanistan mit einem Flugzeug verlassen (OZ 10, Seite 8).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterauszug vom 30.08.2017).

1.2. Zur maßgeblichen Situation des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit Dezember 2014 durchgehend im Bundesgebiet und lebt von der Grundversorgung (Beilage ./I). Der Beschwerdeführer geht keiner Erwerbstätigkeit oder gemeinnützigen Arbeit nach. Der Beschwerdeführer besucht einen Deutschkurs der Stufe A1 und einen Deutschkurs der Stufe A2, er hat aber noch keine Prüfung abgelegt. Der Beschwerdeführer ist kein Mitglied eines Vereins. Er verbringt seinen Alltag mit dem Besuch eines Deutschkurses und geht in ein Fitnessstudio (OZ 6, Seite 12f).

Der Beschwerdeführer hat in Österreich eine Liebesbeziehung mit einer Thailänderin, die über ein Visum für Österreich verfügt. Diese Beziehung führt er seit ca. einem Jahr. Der Beschwerdeführer ist jedoch weder verheiratet noch verlobt, noch beabsichtigt er seine Freundin in nächster Zeit zu heiraten. Der Beschwerdeführer und seine Freundin wohnen nicht zusammen (OZ 6, Seite 8). Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befand sich in Afghanistan, wo er unverändert ein soziales und familiäres Umfeld vorfindet. Umgekehrt hat der Beschwerdeführer in Österreich keine verwandtschaftlichen Beziehungen (OZ 6, Seite 13, 8f).

Der Beschwerdeführer hat Halsschmerzen, weswegen er seit 2 Monaten Medikamente nimmt. Der Beschwerdeführer plant sich die Mandeln herausoperieren zu lassen (OZ 6, Seite 13).

1.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Bruder des Beschwerdeführers Spielschulden hatte oder spielsüchtig war. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Bruder des Beschwerdeführers Kontakte zur Mafia in Afghanistan gehabt hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer oder dessen Familie von einer Mafia-Gruppe oder von anderen Personen in Afghanistan mit der Ausübung von physischer oder psychischer Gewalt bedroht wurden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Bruder bzw. der Cousine des Beschwerdeführers entführt worden sind. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Bruder des Beschwerdeführers oder andere Familienmitglieder des Beschwerdeführers eine Person in Afghanistan umgebracht oder verletzt haben. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer, dessen Cousine oder sein Bruder von Personen geschlagen, bedroht oder misshandelt wurden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Cousine des Beschwerdeführers in Afghanistan umgebracht wurde.

Auch kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Taliban oder von anderen Personen in Afghanistan konkret und individuell mit der Ausübung von physischer oder psychischer Gewalt bedroht wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine konkrete und individuelle Ausübung von physischer oder psychischer Gewalt durch die Taliban, die Mafia oder durch andere Personen droht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Gruppe der Usbeken in Afghanistan der Ausübung von psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner Abwesenheit über vier Jahre bzw. seines Aufenthalts in Europa die Ausübung von psychischer oder physischer Gewalt droht.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage:

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist durch eine tief verwurzelte militante Opposition beeinträchtigt. (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 02.03.2017 mit Aktualisierung vom 22.06.2017 – LIB 22.06.2017, S. 24).

Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (LIB 22.06.2017, S. 28).

Im zweiten Quartal 2017 war die Sicherheitslage in Afghanistan weiterhin volatil, insbesondere in den östlichen und südöstlichen Regionen, die zu den volatilsten zählen (LIB 22.06.2017, S. 6).

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (LIB 22.06.2017, S. 6).

Faryab:

Faryab ist eine nördliche Provinz, die an Turkmenistan grenzt. Die Provinz wird im Osten und Südosten von der Provinz Sar-e Pul eingeschlossen. Im Süden grenzt sie an die Provinz Ghor und im Westen an die Provinz Badghis. Die Hauptstadt ist Maimana City.

Faryab hat folgende Distrikte: Pashtun Kot, Almar, Qaysar, Khawaja Sahib Posh, ShirinTagab, Dawlat Abad, Bilchiragh, Gorzaiwan und Kohistan. In der Andikhoi Region die Bezirke Qurghan, Qarmaqol und Khan Charbagh. Der Bezirk Ghormach wurde vor Jahren von der Provinz Badghis an die Provinz Faryab abgetreten. Die offizielle Anerkennung der Bezirke Chalgazi, Bandar und Khawaja Musa durch die Zentralregierung ist noch ausständig (Pajhwok o.D.i). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.015.335 geschätzt (LIB 22.06.2017, S. 52f).

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden in der Provinz Faryab, 771 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (LIB 22.06.2017, S. 53).

Faryab zählt zu den relativ volatilen Provinzen in Nordafghanistan; Mitglieder Aufständischer Gruppen, wie den Taliban oder dem IMU (Islamic Movement of Uzbekistan) sind in dieser Provinz aktiv (Khaama Press 25.12.2016). Nordafghanistan war einst ein relativ friedlicher Teil des Landes (RFE/RL 3.6.2016). Die Taliban eroberten im Herbst 2016 kurzfristig das administrative Zentrum des Distrikts Ghormach (LIB 22.06.2017, S. 53).

Taliban und andere lokale regierungsfeindliche Gruppen haben dieses Jahr territoriale Gewinne gemacht, indem immer wieder schlecht bemannte Polizei-Checkpoints in abgelegenen Distrikten eingenommen wurden. In der Provinz werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien; unter anderem in Form von Luftangriffen. Es kommt zu Zusammenstößen zwischen afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban; dabei wurden Taliban-Kämpfer getötet (LIB 22.06.2017, S. 53).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (LIB 22.06.2017, S. 36).

Die afghanische Regierung hat die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (LIB 22.06.2017, S. 37). Kabul ist über den internationalen Flughafen Hamid Karzai in Kabul gut erreichbar (LIB 22.06.2017, S. 116, Gutachten Mag. Karl Mahringer vom 05.03.2017, S. 14).

Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, wird Kabul nunmehr immer wieder von Attentaten erschüttert. Aufständische Gruppen führen Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund:

afghanische und US-amerikanische Regierungs-einrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungs-organisationen, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren. Auch religiöse Orte, wie z.B. Moscheen werden Ziel von Angriffen (LIB 22.06.2017, S. 8 f, 37).

Es besteht kein Engpass bei der Lebensmittelversorgung und der Versorgung durch andere Produkte des täglichen Lebens in Afghanistan (Gutachten Mahringer, S. 22). In Kabul ist die Stromversorgung aufgrund der veralteten technischen Infrastruktur und dem Import von Strom aus den Nachbarländern nur beschränkt gesichert (Gutachten Mahringer, S. 31). Die Wasserversorgung ist das ganze Jahr ausreichend gegeben (Gutachten Mahringer, S. 33).

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh und liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz Balkh grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o. D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an:

Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (LIB 22.06.2017, S. 44).

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt. Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz. Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten. Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt. In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt. Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen. Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (LIB 22.06.2017, S. 45).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste. Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte. Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (LIB 22.06.2017, S. 45f).

Mazar-E Sharif verfügt über einen internationalen Flughaften (LIB 22.06.2017, S. 116). Auch das Inlandsflugnetz wird in Afghanistan ständig ausgebaut. Die Städte Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sind über den Flugverkehr gut vernetzt (Gutachten Mahringer, S. 14ff).

Es besteht kein Engpass bei der Lebensmittelversorgung und der Versorgung durch andere Produkte des täglichen Lebens in Afghanistan (Gutachten Mahringer, S. 22). Wohnraum ist in der Stadt Mazar-e Sharif ausreichend vorhanden (Gutachten Mahringer, S. 30). In Mazar-e Sharif ist die Stromversorgung zwar ebenfalls veraltet, es kommt jedoch nur sehr selten zu Stromausfällen (Gutachten Mahringer, S. 31). Eine Wasserversorgung ist in Mazar-e Sharif vorhanden. Neu gebaute Häuser haben einen Wasseranschluss. In Flüchtlingscamps gibt es meist nur einen zentral gelegenen Brunnen oder eine Versorgung mittels Tankwagen (Gutachten Mahringer, S. 33).

Medizinische Versorgung:

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar und somit müssen bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst. Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie ist in Kabul verfügbar. Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira). Man kann sich mit seinem Ausweis in jedem afghanischen Krankenhaus registrieren und je nach gesundheitlicher Beschwerde einem Arzt zugewiesen werden. Sollten Operation und Krankenhausaufenthalt nötig sein, wird dem Patienten in dem Krankenhaus ein Bett zur Verfügung gestellt (LIB 22.06.2017, S. 185).

Grundversorgung und Wirtschaft:

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen. Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (LIB 22.06.2017, S. 176).

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist. Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (LIB 22.06.2017, S. 176).

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten. Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels – Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig – sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig. Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung – Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (LIB 22.06.2017, S. 176f).

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes (LIB 22.06.2017, S. 177).

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (LIB 22.06.2017, S. 150).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane‘ wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (LIB 22.06.2017, S. 150).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (LIB 22.06.2017, S. 151).

Usbeken:

Die usbekische Minderheit ist die viert-größte Minderheit Afghanistans; die etwa 9% der Bevölkerung ausmacht. Usbeken sind Sunniten und siedeln sowohl im ländlichen Raum, wie auch in urbanen Zentren (Mazar-e Sharif, ebenso Kabul, an Kandahar, Laschkargah u. a.), wo ihre Wirtschafts- und Lebensformen kaum Unterschiede zu Dari-sprachigen Gruppen aufweisen. In den Städten und in vielen ländlichen Gegenden sind Usbeken zweisprachig. Sie beherrschen neben dem Usbekischen auch Dari auf nahezu muttersprachlichem Niveau. Heiratsbeziehungen zwischen Usbeken und Tadschiken sind keine Seltenheit (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Der wohl berühmteste Führer der Usbeken ist Abdul Rashid Dostam; ein ehemaliger Warlord, der gleichzeitig der Anführer der usbekischen Minderheit in Afghanistan ist. Mittlerweile ist er erster Vizepräsident Afghanistans.

Die usbekische Minderheit ist im nationalen Durchschnitt mit etwa 8% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (LIB 22.06.2017, S. 155).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der Region Afghanistan und Pakistan (AfPak-Region) operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (LIB 22.06.2017, S. 10).

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (LIB 22.06.2017, S. 27).

Taliban und ihre Offensive:

Die Taliban haben ihr Ziel, großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte durchzuführen um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben, nicht erreicht. Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten. Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan). Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, sind die afghanischen Taliban geschwächt (LIB 22.06.2017, S. 28).

Rückkehrer:

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt; viele von ihnen sind hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen. Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (LIB 22.06.2017, S. 184).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./III (ZMR/GVS-Auszug, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan vom 02.03.2017 mit Aktualisierung vom 22.06.2017, Gutachten Mag. Mahringer vom 05.03.2017) und Beilage ./A bis ./i (schriftliche Stellungnahme des BFV; Artikel Überleben in Afghanistan, Stahlmann, Überleben in Afghanistan?, Asylmagazin 3/2017; Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan, Dezember 2016; Thomas Ruttig, Kommentar zum Gutachten von Mag. Karl Mahringer, 28.08.2017; Amnesty Report, Afghanistan 2017, 15.02.2017; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan Sicherheitslage in Kabul, 19.06.2017; United Nations, General Assembly, The Situation in Afghanistan, 03.03.2017; Amnesty International Report 2016/17 – the State oft he Wold’s Human Rights, 22.02.2017, UNHCR-Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender, 19.04.2016).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen bisherigen Angaben im Verfahren. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Religionszugehörigkeit und seiner Schulbildung sowie zu seinem Familienstand und seinem familiären Umfeld (ausgenommen dem derzeitigen Wohnort seiner Eltern, Geschwister, Tanten und Onkel und den Kontakt zu diesen) gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften und stringenten Angaben. Die erkennende Richterin hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Angaben des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Das Gericht konnte nicht feststellen, dass die Eltern, die Geschwister und die Tanten und Onkel Afghanistan verlassen haben. Da die Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtvorbringen nicht glaubhaft sind (siehe Punkt 2.2.) ist es für das Gericht unplausibel, dass die Familie des Beschwerdeführers Afghanistan verlassen sollte. Zudem ergibt sich aus dem beigezogenen Länderbericht, dass grundsätzlich die Kommunikation zwischen den afghanischen Flüchtlingen, deren Familien und Freunden ausgezeichnet und zeitnah funktioniert (Beilage ./III, Seite 11). Es ist für das Gericht auch kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer den Kontakt zu seinen Verwandten abgebrochen oder verloren haben soll. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass die Eltern, die Geschwister und die Tanten und Onkel Afghanistan verlassen haben und der Beschwerdeführer zu diesen keinen Kontakt mehr habe.

Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer an, dass er danach von XXXX aus sein Geschäft verkauft habe (As 35. Bei der Verhandlung gab der Beschwerdeführer zunächst an: "Ich bin in XXXX fünf Tage geblieben, und habe jemanden gefunden, der mein Auto und mein Geschäft verkauft hat. Einen Teil habe ich meiner Familie gegeben, einen Teil habe ich mitgenommen nach Mazar-e Sharif" (OZ 6, Seite 15). In der weiteren Befragung gab der Beschwerdeführer an: "Ich war in XXXX , da war ich vier bis fünf Tage, ich habe die vier bis fünf Tage gebraucht, um mein Geschäft und das Auto zu verkaufen, damit meine ich, dass der Nachbar, der ein Geschäft neben meinem Geschäft hatte, ich habe mit ihm telefoniert. Ich habe ihm gesagt, dass ich mein Geschäft verkaufe, das Geschäft kostet viel mehr. Er hat mir die Hälfte des Geldes gegeben und die andere Hälfte des Geldes, hat er später meinen Eltern gegeben" (OZ 6, Seite 19). Diese Angaben divergieren sehr stark. Einmal möchte der Beschwerdeführer von XXXX aus das Geschäft selber aus verkauft haben, dann spricht er davon, dass er von XXXX aus sein Geschäft verkauft habe. Nach den Angaben habe er einmal das Geschäft selber verkauft und ein anderes Mal hat er in XXXX jemanden gefunden, der für ihn das Geschäft verkauft hat. Einmal möchte er seinen Eltern selber einen Teil des Geldes gegeben haben, einmal soll der Käufer und Nachbar seinen Eltern einen Teil des Geldes gegeben haben. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer das Geschäft oder das Auto verkauft hat, sodass das Gericht davon ausgeht, dass diese Vermögenswerte immer noch bei der Familie des Beschwerdeführers in Afghanistan vorhanden sind.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Das Hauptvorbringen des Beschwerdeführers lautet, dass sein Bruder mit einer Mafia-Gruppe zusammen gewesen sei. Sein Bruder sei ein Casino gewesen bzw. habe er in einem illegalen Casino gespielt. Sein Bruder habe Geld verspielt und 2 Millionen Afghani Schulden gehabt. Der Bruder sei insgesamt dreimal bedroht worden. Nach der dritten Bedrohung sei dem Bruder eine Frist von 10 Tagen gegeben worden, um das Geld aufzutreiben. Da dieser jedoch das Geld nicht beschaffen habe können, seien dieser und sein Cousine entführt worden. Der Beschwerdeführer habe aus seinem Geschäft alles Geld (6.000,00 USD) aus der Kassa genommen um seinen Bruder auszulösen. Der Beschwerdeführer sei zur Geldübergabe gegangen, bei der sein Bruder und der Cousine in einem Haus am Boden gesessen und von einem Wachmann und dem Neffen eines Anführers bewacht worden seien. Die 6.000 USD seien jedoch zu wenig Geld gewesen. Der Beschwerdeführer sei auf die Nase geschlagen worden. Der Bruder sei aufgestanden, habe dem Wachmann die Waffe aus der Hand gerissen und habe den Wachmann erschossen und den Neffen des Anführers angeschossen. Danach seien der Beschwerdeführer sowie der Cousine und der Bruder in verschiedene Richtungen geflohen. Der Cousine sei etwas später getötet worden. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan deshalb verlassen.

2.2.1 Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer seine diesbezüglichen Angaben im gesamten Verfahren lediglich vage und unkonkret hielt. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht präsentierte der Beschwerdeführer bloß eine grobe Rahmengeschichte, die er erst auf fortwährendes und wiederholtes Nachfragen näher darlegte. Auch dabei konnte er keine konkreten und lebensnahen Details nennen, die für das Gericht den Eindruck erweckt hätten, der Beschwerdeführer hätte die von ihm geschilderten Ereignisse tatsächlich erlebt.

2.2.2. Es fällt in diesem Zusammenhang auch auf, dass der Beschwerdeführer ganz wesentliche Sachverhaltselemente auf lediglich vage Mutmaßungen und Spekulationen stützt. Dies gilt insbesondere für die ihm drohende Verfolgung als Usbeke durch die Taliban. Der Beschwerdeführer gab an, dass die Taliban Usbeken umbringen würden, wenn diese mit dem Auto unterwegs seien (OZ 6, Seite 15). Hier konnte der Beschwerdeführer jedoch keine Details nennen sondern blieb bei pauschalen und unkonkreten Angaben. Auf konkrete Befragung gab der Beschwerdeführer selber an, dass er noch nie von Taliban angesprochen oder bedroht wurde. Die Taliban haben zwar versucht über die Moschee junge Männer anzuwerben, eine konkret gegen ihn gerichtete Bedrohungslage hat der Beschwerdeführer jedoch nicht einmal behauptet (OZ 6, Seite 17).

Zudem gab der Beschwerdeführer selber an, dass in Mazar-e Sharif viele Usbeken am Markt arbeiten, auch hier ist nicht erkennbar, dass es zu einer Bedrohung oder Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Usbeken kommen soll. Konkret befragt räumte der Beschwerdeführer auch ein, dass er noch nie bedroht wurde, weil er der usbekischen Volksgruppe angehört. Der Beschwerdeführer gab in diesem Zusammenhang lediglich an, dass jeden Tag etwas passieren würde, es würden Moscheen angegriffen und Bomben gelegt werden (OZ 6, Seite 16). Eine konkrete Bedrohung konnte der Beschwerdeführer nicht darlegen und nicht glaubhaft machen.

Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer speziell oder allgemein auf Grund der Zugehörigkeit zur usbekischen Volksgruppe eine gezielte und konkrete Gefahr droht.

Auch die Angaben wonach ihm bei einer Rückkehr aus Europa eine Verfolgung drohe, sind vage und pauschal gehalten. Der Beschwerdeführer gab dazu an: "Wenn ich aus Europa zurückkehre, dann glauben sie, dass ich ein Ungläubiger bin. Sie glauben, dass ich ein Ungläubiger bin. Wenn sie wissen, dass ich von Europa komme, werden mich die Taliban verfolgen." (OZ 6 Seite 14) Den vagen und pauschalen Angaben kommt keine Glaubhaftigkeit zu. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in Europa eine gezielte und konkrete Gefahr droht, oder dass dieser in Verdacht stehen könnte, als "Ungläubiger" angesehen zu werden.

2.2.3 Unplausibel sind auch die Angaben des Beschwerdeführers, wonach es seinem Bruder, der zunächst mit seinem Cousine am Boden gesessen sei, gelungen sei, den Wachmann der Mafia und den Neffen zu überwältigen, die Waffe abzunehmen und diese zu er- bzw. anzuschießen. Der Beschwerdeführer gab dazu in der Verhandlung an:

"Mein Bruder hat sofort die Waffe der anderen Person aus der Hand genommen. Mein Bruder hat mit der Waffe auf die zwei Personen geschossen." (OZ 6, Seite 15). Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer dazu an: "Dazwischen ist mein Bruder aufgestanden, hat einem Bewaffneten die Waffe entrissen und zwei Mann erschossen."

(AS 34). Diese Darstellungen sind beide völlig lebensfremd und unplausibel. Es ist nicht nachvollziehbar wie der am Boden sitzende Gefangene in der Lage sein soll dem bewaffneten Wachmann der Mafia die Waffe abzunehmen und zwei Personen an- bzw. zu erschießen ohne selber dabei verletzt werden. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass der Bruder erschossen worden wäre, falls dieser auch nur versucht hätte aufzustehen. Es ist denkunmöglich, dass dieser in der Lage gewesen sein soll, den bewaffneten Wachmann zu entwaffnen.

Ebenso ist es für das Gericht unplausibel, dass der Beschwerdeführer angibt, dass sein Bruder den Wachmann entwaffnet hat, obwohl der Beschwerdeführer nichts sehen konnte. Es ist daher nicht nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer das Geschehen mitbekommen haben will, wenn er auf Grund eines Schlages gegen seine Nase nichts mehr habe sehen können.

Der Beschwerdeführer gab an, dass einer der Personen begonnen hat seine Waffe mit einer Patrone zu laden – also diese zunächst scheinbar ungeladen war (OZ 6, Seite 15). Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass der Wachmann der Mafia mit einer ungeladenen Waffe Personen bewachen soll und diese während der Bewachung nachladen möchte.

Der Beschwerdeführer gab auch an, dass sein Bruder sich zu Hause versteckt hätte. Jemand habe an der Tür geklopft, sein Bruder habe nicht gewusst wer an der Tür steht und er habe die Tür geöffnet (OZ 6, Seite 18). Es ist unplausibel, dass der Bruder, der bereits zweimal von der Mafia bedroht worden wäre und sich vor Angst zu Hause versteckt hätte selber die Tür aufmacht, wenn er nicht weiß wer vor der Tür steht.

2.2.4. Neben der mangelnden Detailfülle und Plausibilität der Angaben sind zudem gravierende Ungereimtheiten bzw. Widersprüche in den Schilderungen des Beschwerdeführer enthalten, die seine Angaben vollends unglaubwürdig scheinen lassen:

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass sein Bruder den Wachmann getötet habe und der Neffe (des Anführers) am Leben geblieben sei (AS 34). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an: "Die Person, die mein Bruder erschossen hat, war der Neffe von XXXX . Der Neffe von XXXX wurde von meinem Bruder erschossen und ist gestorben" (OZ 6, Seite 20). Dies ist ein gravierender Widerspruch in einem sehr wesentlichen Element der Fluchtgeschichte, sodass hinsichtlich der Glaubhaftigkeit erhebliche Zweifel bestehen.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt, befragt, welche drei Personen ihn vor dem Haus bedroht haben, an: "Einer mit Bart, mittelgroß, war der Neffe von XXXX , ich kannte ihn. Der zweite hieß XXXX , war der Wachmann von XXXX . Die 3. Person war XXXX " (AS 37). In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass der Neffe von XXXX umgebracht wurde und dass dieser XXXX (auch geschrieben XXXX ) hieß. Es ist ein gravierender Widerspruch, dass der Beschwerdeführer offensichtlich die Namen des Neffen und des Wachmanns auf Nachfragen nicht zuordnen kann bzw. die Rollen und Namen vertauscht hat, sodass das Gericht den Eindruck hat, dass es sich bei der Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers um ein erfundenes Konstrukt handelt. Der Beschwerdeführer gab zudem an, dass der von seinem Bruder Verletze den Namen XXXX trug (OZ 6, Seite 20), sodass den Angaben des Beschwerdeführers keine Glaubhaftigkeit mehr zukommt.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt, befragt, was genau gesagt wurde, als er vor dem Haus bedroht wurde, an "Die drei Personen sagten meinem Bruder, wir geben dir eine Frist von 10 Tagen. Du sollst unser Geld finden. Mein Bruder sagte, ich kann nicht so viel Geld in 10 Tagen geben. Einen Teil kann ich geben". Dann habe ich meinem Bruder gesagt: Nimm die 10 Tage, ich werde versuchen Geld zu finden. Die drei Personen haben die Frist angenommen" (AS 37). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an: "Sie haben miteinander gestritten, ich habe es gehört und daraufhin bin ich auch rausgegangen. Sie haben uns bedroht, meine ganze Familie und mich, sie sagten, sie bringen uns um, oder sie nehmen das Haus oder meine Schwester. Sie haben uns viel bedroht, und haben uns zehn Tage Zeit gegeben." Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer die Drohung mit dem Umbringen gegen ihn und seine gesamte Familie, die Drohung das Haus wegzunehmen oder die Schwester zu fordern vor dem Bundesamt auf die Frage was GENAU gesagt wurde, mit keiner Silbe erwähnt hat. Es liegt hier daher eine Steigerung des Vorbringens vor, der keine Glaubhaftigkeit zukommt.

Der Beschwerdeführer wurde bereits vor dem Bundesamt aufgefordert seine Fluchtgründe möglichst ausführlich und konkret anzugeben (AS 34). Der Beschwerdeführer gab zum Vorfall bei der Geldübergabe an:

"Ich brachte ca. 6.000 USD mit. Als ich rein ging sah ich meinen Bruder sitzen und der Mann bedrohte meinen Bruder mit der Kalaschnikow. Sie haben das Geld verlangt. Auch mein Cousin war dabei, war auch entführt. Sie sagten, die 6.000 USD wären zu wenig. Sie wollten den Gesamtbetrag. Sie haben mich auf meine Nase geschlagen. Ich konnte 1-2 Minuten nichts sehen. Dazwischen ist mein Bruder aufgestanden, hat einem Bewaffneten die Waffe entrissen und zwei Mann erschossen" (A4 34). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an: "Sie haben gesehen, dass das Geld nicht genug war, und sie haben begonnen meinen Bruder zu schimpfen, somit begannen sie zu streiten und meinen Bruder weiter zu beschimpfen. Der eine hat begonnen meinen Bruder mit der Rückseite der Waffe zu schlagen. Es wurde auch mein Cousine und mein Bruder mit der Waffe viel geschlagen. Der eine hat begonnen die Waffe mit einer Patrone zu laden. Er wollte schießen, ich bin losgelaufen. Dann hat er mir mit der Rückseite der Waffe auf die Nase geschlagen. Durch den Schlag wurde mir dunkel vor den Augen, ich bin auf den Boden gefallen. Ich war nicht bewusstlos, ich habe jedoch nichts gesehen, aber ich habe hören können. Mein Bruder hat sofort die Waffe der anderen Person aus der Hand genommen. Mein Bruder hat mit der Waffe auf die zwei Personen geschossen" (OZ 6, Seite 15). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt, trotz der Aufforderung ausführlich und konkret die Fluchtgründe anzugeben, die vielen Schläge mit der Waffe auf seinen Bruder und seinen Cousin nicht angegeben hat. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer erst in der Verhandlung angab, dass der Wachmann schießen wollte und der Beschwerdeführer auf diesen losgestürmt sei. Dies sind äußerst markante Gegebenheiten, die der Beschwerdeführer – würde es sich hier um tatsächlich erlebte Ereignisse handeln – jedenfalls bereits beim Bundesamt angegeben hätte. Die Geschichten variieren in diesem Erzählabschnitt sehr markant, und gehen diese Divergenzen weit über eine bloße Steigerung hinaus, der keine Glaubhaftigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer konnte daher eine Bedrohung durch die Mafia, das Bestehen von Spielschulden sowie eine Entführung oder die Ermordung des Cousins nicht glaubhaft machen.

Ebenso ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt angab, dass Gemischtwarengeschäft 9 Jahre lang gehabt zu haben (AS 33), währen der Beschwerdeführer in der Verhandlung angab, dass Geschäft 6 bis 7 Jahre gehabt zu haben (OZ 6, Seite 8).

Auch ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt angab, dass der Beschwerdeführer 2 Millionen Afghani schuldig wäre und er in der Verhandlung angab, dass er 40.000 Dollar schulden würde (As 34; OZ 6, Seite 14). Für das Gericht ist das Verwenden von beiden Währungen nicht nachvollziehbar. Es ist für das Gericht daher das Bestehen der Spielschulden sowie die Bedrohung durch die Mafia in Afghanistan nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an: "Ich habe einen Bruder, er hat nicht gearbeitet weil es keine Arbeit in Afghanistan gibt. Er war mit einer Mafia-Gruppe zusammen. Die haben alles gemacht was schlecht ist. Mein Bruder hat Casino gespielt. Das heißt die Leute haben Karten gelegt und er war das Casino. ( ) Mein Bruder hat das die letzten 10 Jahre gemacht (vom 20. Bis zum 30. Lebensjahr)" (AS 34). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass sein Bruder auch ein Geschäft hatte, aber er habe dieses verkauft. Ein Jahr lang sei er ohne Beschäftigung gewesen. Er hat immer seine Geschäfte gewechselt. Er hat immer verschiedenen Sachen verkauft. Er wollte ein anderes Geschäft aufmachen, aber er hat sein gesamtes Geld verspielt (OZ 6, Seite 17-18). Auch diese Widersprüche sind für das Gericht nicht nachvollziehbar. Das Gericht hat erhebliche Zweifel, dass der Bruder des Beschwerdeführers überhaupt ins Glücksspiel verwickelt war oder dort Geld verloren hat.

Lediglich am Rande wird in diesem Zusammenhang auch angemerkt, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung die Entführung seines Bruders und Cousins, die Tötung eines Mafia-Mitgliedes und den Tod seines Cousins mit keinem Wort erwähnt hat. Diesbezüglich wird weder die seitens der Rechtsprechung der Höchstgerichte des öffentlichen Rechts hierüber bereits aufgezeigten Bedenken gegen die Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung (vgl etwa VfGH vom 20. Februar 2014, U 1919/2013-15, U 1921/2013-16, und E vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018) übersehen noch, dass sich die Erstbefragung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Dennoch scheint fraglich, warum der Beschwerdeführer die Entführung und die Tötung eines Mafiamitgliedes nicht erwähnt hat und statt dessen angab, dass sein Bruder wegen Spielschulden aus Afghanistan geflohen ist und der Beschwerdeführer wegen der Schulden seines Bruders mit dem Umbringen bedroht worden ist (AS 23). Der Beschwerdeführer führte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich seines Erstbefragungsprotokolls – trotz mehrfacher Befragung und Besprechung des Protokolls mit seinem Rechtsvertreter – nicht an, dass es hier zu einer falschen Übersetzung gekommen sei oder dass er diesen Punkt richtig stellen möchte (OZ 6, Seite 7).

Hier fällt auch auf, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung einräumte, dass seine Familie ein Haus in XXXX besitzt. Als er vor der Polizei nach Besitz (Ländereien, Grundstücke, Firmen, Geschäfte, etc.) von ihm oder seiner Familie gefragt wurde, hat er den Besitz des Hauses jedoch verschwiegen (AS 17).

Auf Grund der Vielzahl an Widersprüchen, Unplausibilitäten, Ungereimtheiten sowie der mangelnden Detailfülle kommt den Angaben des Beschwerdeführers, wie dies das Bundesamt bereits im angefochtenen Bescheid eindeutig und fundiert aufgezeigt hat, hinsichtlich seiner Fluchtgeschichte keine Glaubhaftigkeit zu.

2.2.5. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es auch am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht. Die Angaben des Beschwerdeführers betreffend das Verfolgungsvorbringen waren jedoch vage und unkonkret. Wie oben dargestellt ergaben sich Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers und zum Länderinformationsblatt. Die Angaben des Beschwerdeführers enthielten viele Unplausibilitäten. Es ist dem Beschwerdeführer daher nicht gelungen, sein Verfolgungsvorbringen glaubhaft zu machen. Es konnte daher das Verfolgungsvorbringen nicht festgestellt werden.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat, welche den Parteien im Rahmen der Ladung zur mündlichen Verhandlung sowie in der mündlichen Verhandlung vorgehalten wurde stützen sich auf die zitierten Quellen. Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Beilage ./II) stützt sich auf eine Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen und bietet dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche dar. Es besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der des Länderinformationsberichts der Staatendokumentation zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Das Gericht stützt die Länderfeststellungen auch auf das Gutachten des Ländersachverständigen Mag. Mahringer vom 05.03.2017, und zwar hinsichtlich der Infrastruktur in Mazar-e Sharif und Kabul, nämlich der Anbindungen über den Flughafen, Versorgung mit Lebensmittel und Wohnraum.

Das Mazar-e Shraif über einen Flughafen verfügt, ergibt sich auch aus dem Länderinformationsblatt über Afghanistan (LIB Seite 116), sodass die diesbezügliche Feststellung getroffen wurde.

Das in Kabul und in anderen Städten Wohnraum grundsätzlich zur Verfügung steht, ergibt sich aus dem Gutachten von Mag. Mahringer sowie aus dem Länderinformationsblatt (LIB Seite 189), sodass auf Grund dieser übereinstimmenden Angaben die diesbezüglichen Feststellungen getroffen wurde.

Dass grundsätzlich in Städten wie Kabul oder Mazar-e Sharif Nahrungsmittel zur Verfügung stehen ergibt sich aus dem Gutachten von Mag. Mahringer, der erhobenen Preistabelle (Anlange 9. des Gutachtens von Mag. Mahringer und den im Gutachten enthaltenen Lichtbildern).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Spruchpunkt I. des Bescheides – Asyl gemäß § 3 AsylG

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Begründete Furcht liegt vor, wenn diese objektiv nachvollziehbar ist und sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation ebenfalls aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Eine wohlbegründete Furcht liegt zudem nur dann vor, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH vom 30.08.2007, 2006/19/0400). Relevant ist eine Verfolgungsgefahr auch nur dann, wenn diese aktuell ist (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Unter Verfolgung ist ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Eine Verfolgungshandlung ist nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt wurde, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen, infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt, nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Verfolgungsgefahr durch die Mafia, auf Grund einer Blutrache oder durch die Taliban sowie eine begründete Furcht konnten nicht festgestellt werden.

Zudem ist den Länderberichten nicht zu entnehmen, dass es eine (Gruppen-)Verfolgung von Angehörigen der Volksgruppe der Usbeken, alleine auf Grund der Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe, gebe. Der Beschwerdeführer konnte diesbezüglich

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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