TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/10 W265 2167204-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.01.2018
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Entscheidungsdatum

10.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs4b
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W265 2167204-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.12.2017 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 4 iVm § 3 Abs. 4b AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 10.01.2021 erteilt.

III. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine afghanische Staatsangehörige, reiste am 11.04.2016 gemeinsam mit ihrem Ehemann in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der Beschwerdeführerin statt. Dabei gab sie an, am XXXX in XXXX , Afghanistan, geboren und afghanische Staatsangehörige zu sein, der Volksgruppe der Hazara anzugehören und Muslimin schiitischer Glaubensrichtung zu sein. Befragt, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen habe, antwortete die Beschwerdeführerin, ihre Familie sei mit der Eheschließung nicht einverstanden gewesen, obwohl die Familie ihres Ehemannes mehrmals um ihre Hand bei ihrer Familie angehalten habe. Ihre Familie sei deswegen gegen die Eheschließung gewesen, weil es der Familie ihres Ehemannes finanziell nicht so gut gegangen sei. Da sie sich liebten, seien sie nach XXXX geflohen. Nach ca. zwei Wochen seien sie von ihren Brüdern in XXXX gefunden worden. Sie seien geschlagen worden. Sie selbst sei von ihren Brüdern nach XXXX gebracht worden. Aus Angst vor ihrer Familie hätten sie Afghanistan verlassen. Zuvor hätten sie in einer Moschee geheiratet.

3. Am 07.04.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Hinsichtlich ihres Fluchtgrundes führte die Beschwerdeführerin dabei zusammengefasst aus, sie habe ihren jetzigen Ehemann im März 2015 kennengelernt. Sie hätten sich verliebt und sie haben ihn ersucht, dass seine Eltern bei ihren Eltern um ihre Hand anhalten sollen. Die Familie ihres jetzigen Ehemannes habe drei Mal um ihre Hand angehalten, beim dritten Mal hätten ihre Eltern die Eltern von ihrem Ehemann hinausgeschmissen. Ihr Vater hätte bereits eine Eheschließung arrangiert, sie hätte den Sohn eines Freundes ihres Vaters heiraten sollen. Sie sei dagegen gewesen, weil sie ihren jetzigen Ehemann geliebt habe. Sie habe telefonisch Kontakt mit ihrem jetzigen Ehemann aufgenommen und habe von ihrer Verlobung berichtet. Sie hätten sich entschieden, nach XXXX zu fliehen. In XXXX hätten sie Geschlechtsverkehr gehabt. Nach ca. 14 Tagen seien sie von ihren Brüdern gefunden worden. Sie hätten sie geschlagen und nach XXXX zurückgebracht. Auch in XXXX sei sie von ihren beiden älteren Brüdern geschlagen worden. Von ihrem Vater habe sie eine Ohrfeige bekommen, ihre Mutter habe gemeint, sie sei nicht mehr ihre Tochter. Die Brüder hätten überprüfen lassen wollen, ob sie noch Jungfrau sei. Daher sei sie im Zimmer eingesperrt worden. Mit dem Handy ihrer Mutter habe sie ihren jetzigen Ehemann telefonisch kontaktiert und sie hätten sich zur Flucht entschieden. Ihr jetziger Ehemann habe die Ausreise organisiert. Sie hätten vereinbart, dass er am Dienstag in der Straße ihres Hauses auf sie warten solle. Sie habe von zuhause fliehen können. In XXXX hätten sie sich vor einem Mullah trauen lassen. Danach seien sie ausgereist.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz mit Bescheid vom XXXX , bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegenüber der Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen damit, im gegenständlichen Fall würden die Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund, nicht gegeben sein. Im Fall der Beschwerdeführerin liege keine Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr, wie auch begründete Angst vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vor.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 28.07.2017 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

6. Die Beschwerdeführerin erhob gegen den oben genannten Bescheid fristgerecht Beschwerde, welche am 07.08.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe und ihre Feststellungen zur Situation in Afghanistan auf unvollständige Länderberichte gestützt habe. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann würden von den Familienangehörigen der Beschwerdeführerin im Rahmen eines Racheaktes verfolgt werden, da sie gemeinsam von zuhause weggelaufen seien und ohne Zustimmung der Familie der Beschwerdeführerin geheiratet hätten. Da sie durch ihr Verhalten die traditionell in Afghanistan vorherrschenden, sozialen Sitten massiv gebrochen hätten, könnten sie im Falle der Rückkehr ebenso ins Blickfeld regierungsfeindlicher Gruppierungen geraten.

7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 10.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.12.2017 in den gemäß § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerdeführerin, ihren Ehemann und ihr minderjähriges Kind durch die erkennende Richterin in Anwesenheit einer für die Sprache Dari bestellten und beeideten Dolmetscherin, im Beisein der Rechtsvertreterin der beschwerdeführenden Parteien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher die Beschwerdeführerin persönlich erschien und in welcher diese ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurde. Ein Vertreter für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Verhandlungsschrift wurde der Erstbehörde übermittelt.

9. Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, eine zusammenfassende Darstellung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, eine Analyse der Staatendokumentation vom 02.07.2014 zu Frauen in Afghanistan, ein Auszug aus den UNCHR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 (Frauen mit bestimmten Profilen oder unter bestimmten Bedingungen lebende Frauen und Frauen und Männer, die vermeintlich gegen die sozialen Sitten verstoßen) und eine Auskunft der SFH-Länderanalyse zu Afghanistan: Zine, außerehelicher Geschlechtsverkehr vom 02.10.2012 wurden – neben weiterem Berichtsmaterial – in der mündlichen Verhandlung in das gegenständliche Verfahren eingebracht. Der Beschwerdeführerin wurde die Bedeutung dieser Berichte erklärt, insbesondere, dass auf Grund dieser Berichte die Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat getroffen werden, sowie deren Zustandekommen. Ihr wurde die Möglichkeit gegeben, in die Länderberichte Einsicht zu nehmen und allenfalls dazu Stellung zu nehmen. Auf die Abgabe einer Stellungnahme wurde verzichtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

I. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme der Beschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Zur Person und zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin:

1.1. Die Beschwerdeführerin führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Sie ist afghanische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam.

Die Beschwerdeführerin ist in XXXX , Afghanistan, geboren und aufgewachsen. Sie besuchte 10 Jahre lang die Schule, danach war sie zuhause. Die Beschwerdeführerin stammt aus einer sehr traditionell eingestellten Familie, die sehr reich ist. Der Vater der Beschwerdeführerin hat zahlreiche Kontakte zu Machthabern in der Regierung.

Die Beschwerdeführerin ist mit XXXX , geboren am XXXX , verheiratet. Die Ehe wurde 2016 nach islamischem Ritus durch einen Mullah geschlossen. Die Beschwerdeführerin ist die Mutter von XXXX , geb. XXXX in Österreich.

1.2. Die Beschwerdeführerin lernte ihren jetzigen Ehemann in einem Einkaufszentrum kennen. Dort führte er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner ein Friseurstudio. Sie hatten mehrmals telefonischen Kontakt und konnten sich drei Mal persönlich treffen, wenn auch nur sehr kurz. Die Beschwerdeführerin bat ihren nunmehrigen Ehemann, dass seine Familie um ihre Hand anhalten soll. Ihr jetziger Ehemann sprach mit seiner Familie, die auch zustimmte. Seine Familie hielt daraufhin bei der Familie der Beschwerdeführerin um deren Hand an. Die Familie der Beschwerdeführerin lehnte die Eheschließung ab, weil der Vater der Beschwerdeführerin bereits eine Eheschließung mit dem Sohn eines Freundes arrangiert hatte. Auch die älteren Brüder der Beschwerdeführerin waren gegen die Eheschließung, weil ihr jetziger Ehemann als Friseur gearbeitet hat. Die Beschwerdeführerin und ihr nunmehriger Ehemann entschlossen sich zur Flucht nach XXXX . Ihr nunmehriger Ehemann schlug XXXX vor, weil er dort seine Tazkira ausstellen ließ. Sie bat ihre Mutter um Erlaubnis, eine Schulfreundin besuchen zu dürfen. Ihre Mutter stimmte zu und sie konnte ihren nunmehrigen Ehemann am vereinbarten Treffpunkt in XXXX treffen. Sie hielten sich ca. zwei Wochen in XXXX auf. Die Beschwerdeführerin hatte in XXXX vorehelichen Geschlechtsverkehr mit ihrem nunmehrigen Ehegatten. Dann wurden sie von den Brüdern der Beschwerdeführerin in XXXX gefunden. Die Beschwerdeführerin und ihr nunmehrigen Ehemann vermuten, dass die Brüder die Information vom Geschäftspartner des nunmehrigen Ehemannes hatten. Die Brüder schlugen die Beschwerdeführerin und ihren nunmehrigen Ehemann und brachten die Beschwerdeführerin zurück nach XXXX . Die Brüder sperrten die Beschwerdeführerin in ihr Zimmer ein und stellten eine Untersuchung im Krankenhaus in Aussicht, um eine Überprüfung ihrer Jungfräulichkeit zu machen zu lassen. Die Brüder waren sehr wütend auf die Beschwerdeführerin und drohten mit dem Tod. Mit dem Handy ihrer Mutter konnte sie ihren nunmehrigen Ehemann kontaktieren. Die Beschwerdeführerin und ihr nunmehriger Ehemann liefen daraufhin aus Angst vor den Todesdrohungen der Familie der Beschwerdeführerin von zu Hause weg, ließen sich in einer Moschee in XXXX trauen und flohen sodann in Richtung Europa. Seit der Flucht der Beschwerdeführerin und ihres nunmehrigen Ehemannes wurde die Familie des Ehemannes mehrmals von der Familie der Beschwerdeführerin belästigt und bedroht. Der Beschwerdeführerin droht bei Rückkehr nach Afghanistan die Gefahr eines Ehrenmordes durch ihre Familie.

Im Übrigen handelt es sich bei der Beschwerdeführerin um eine auf Eigenständigkeit bedachte Frau, die in ihrer persönlichen Wertehaltung und in ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als westlich bezeichneten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert ist. Die Beschwerdeführerin lebt nicht mehr nach der konservativ-afghanischen Tradition und kleidet, frisiert und schminkt sich nach westlicher Mode und will ihre Tochter frei von Zwängen erziehen und weiterhin so leben, wie sie hier in Österreich lebt. Die Beschwerdeführerin lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab und kann sich nicht vorstellen, (neuerlich) nach der konservativ-afghanischen Tradition zu leben, wobei auch der Ehemann der Beschwerdeführerin ihr westliches Leben unterstützt.

Vor diesem Hintergrund würde die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan von dem dortigen konservativen Umfeld als eine am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte Frau angesehen werden.

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

2.1. Auszüge aus der Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 02.10.2012, Afghanistan: Zina, ausserehelicher Geschlechtsverkehr:

"Zina (ausserehelicher Geschlechtsverkehr): Zina bezeichnet im Islam den Ge-schlechtsverkehr zwischen Menschen, die nicht verheiratet sind. Gemäss dem Koran ist Zina verboten und wird in der islamischen Rechtsprechung weitgehend bestraft. Alle vor- oder ausserehelichen Beziehungen gelten in Afghanistan als Zina-Vergehen. Sowohl in der Scharia, der traditionellen Rechtsprechung wie auch im afghanischen Strafgesetz gilt Zina als schweres Vergehen und wird bestraft."

"Neben dem staatlichen Justizsystem gibt es parallel dazu traditionelle Rechtsme-chanismen, bei denen lokale Persönlichkeiten in einberufenen Versammlungen, Jirgas oder Shuras, Konflikte in der jeweiligen Gemeinschaft schlichten. Diese werden vor allem bei Familienangelegenheiten wie Zina (ausserehelicher Geschlechtsverkehr), Scheidung oder Sorgerechtsstreitigkeiten aktiv.

Insbesondere in ländlichen Gebieten ist das Justizsystem schwach ausgebildet, was dazu führt, dass die ländliche Bevölkerung sowohl in zivilen als auch in strafrechtsrelevanten Angelegenheiten auf traditionelle Schlichtungsmechanismen vertraut. Richter sind ungenügend ausgebildet und stützen ihre Urteile oft auf ihr persönliches Verständnis der Scharia, auf kodifiziertes Recht und lokale Traditionen. Ihre Unabhängigkeit ist durch Korruption und Einschüchterungen seitens lokaler Machthaber, Familienangehöriger oder staatlicher Beamter stark eingeschränkt. In den meisten Fällen werden nach wie vor Geständnisse als Haupt-‚Beweisstücke‘ vorgelegt. Richter lassen diese in der Regel selbst dann zu, wenn die Verteidigung sich darauf beruft, dass ein Geständnis erzwungen wurde."

2.2. Auszug aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016:

"7. Frauen mit bestimmten Profilen oder unter bestimmten Bedingungen lebende Frauen

Die Regierung hat seit 2001 einige wichtige Schritte zur Verbesserung der Situation der Frauen im Land unternommen, darunter die Aufnahme internationaler Standards zum Schutz der Rechte der Frauen in die nationale Gesetzgebung, insbesondere durch Verabschiedung des Gesetzes über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (EVAW-Gesetz), den Erlass von Maßnahmen zur Stärkung der politischen Teilhabe von Frauen und die Einrichtung eines Ministeriums für Frauenangelegenheiten.

Die Verbesserungen der Situation von Frauen und Mädchen blieben jedoch Berichten zufolge marginal und Afghanistan wird weiterhin als "sehr gefährliches" Land für Frauen und Mädchen betrachtet. Fortschritte, die in der Vergangenheit in Hinblick auf die Menschenrechte von Frauen erzielt wurden, wurden teilweise durch die Verschlechterung der Sicherheitslage in einigen Teilen des Landes zunichte gemacht. Die tief verwurzelte Diskriminierung von Frauen bleibt endemisch. Berichten zufolge ist Gewalt gegen Frauen und Mädchen nach wie vor weit verbreitet und nimmt weiter zu. Es wird berichtet, dass derartige Gewaltakte üblicherweise straflos bleiben. Für Frauen ist die vollständige Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Trotz einiger Fortschritte sind Frauen überproportional von Armut, Analphabetismus und schlechter Gesundheitsversorgung betroffen.

Beobachter berichten, dass Gesetze zum Schutz von Frauenrechten weiterhin nur langsam umgesetzt werden, dies betrifft insbesondere die Umsetzung des Gesetzes über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (EVAW-Gesetz). Das im August 2009 verabschiedete Gesetz stellt 22 gegen Frauen gerichtete gewalttätige Handlungen und schädliche traditionelle Bräuche, einschließlich Kinderheirat, Zwangsheirat sowie Vergewaltigung und häusliche Gewalt, unter Strafe und legt die Bestrafung der Täter fest. Den Behörden fehlt Berichten zufolge der politische Wille, das Gesetz umzusetzen. Dementsprechend wird es Berichten zufolge nicht vollständig durchgesetzt, insbesondere nicht in ländlichen Gebieten. Die überwiegende Mehrheit der Fälle der gegen Frauen gerichteten Gewaltakte, einschließlich schwerer Straftaten gegen Frauen, wird immer noch nach traditionellen Streitbeilegungsmechanismen statt wie vom Gesetz vorgesehen strafrechtlich verfolgt. UNAMA berichtet, dass sowohl die afghanische nationale Polizei (ANP) als auch die Staatsanwaltschaften zahlreiche Fälle, einschließlich schwerwiegender Straftaten, an jirgas und shuras zum Zweck der Beratung oder Entscheidung weiterleiten und dadurch die Umsetzung des Gesetzes über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (EVAW-Gesetz) unterminieren und die Praktizierung schädlicher traditioneller Bräuche fördern. Durch Entscheidungen gemäß diesen Mechanismen sind Frauen und Mädchen der Gefahr weiterer Schikanierung und Ausgrenzung ausgesetzt.

Das schiitische Personenstandsgesetz, das Familienangelegenheiten wie Heirat, Scheidung und Erbrecht für Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft regelt, enthält mehrere diskriminierende Bestimmungen für Frauen, insbesondere in Bezug auf Vormundschaft, Erbschaft, Ehen von Minderjährigen und Beschränkungen der Bewegungsfreiheit außerhalb des Hauses.

Während die in diesem Abschnitt beschriebenen Menschenrechtsprobleme Frauen und Mädchen im gesamten Land betreffen, gibt die Situation in Gebieten, die tatsächlich von regierungsfeindlichen Kräften (AGEs) kontrolliert werden, Anlass zu besonderer Sorge.

Regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) haben Berichten zufolge in diesen Gebieten die Rechte von Mädchen und Frauen in schwerwiegender Weise beschnitten, darunter ihr Recht auf Bewegungsfreiheit und politische Partizipation. Außerdem besteht in von regierungsfeindlichen Kräften (AGEs) kontrollierten Gebieten eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Frauen besonderen Schwierigkeiten beim Zugang zur Justiz ausgesetzt sind und ihnen keine wirksamen Rechtsmittel gegen die Verletzung ihrer Rechte zur Verfügung stehen. Die von den regierungsfeindlichen Kräften (AGEs) in den von ihnen kontrollierten Gebieten betriebene Paralleljustiz verletzt Berichten zufolge tatsächlich regelmäßig die Rechte von Frauen.

[ ]

8. Frauen und Männer, die vermeintlich gegen die sozialen Sitten verstoßen:

Trotz Bemühungen der Regierung, die Gleichheit der Geschlechter zu fördern, sind Frauen aufgrund bestehender Vorurteile und traditioneller Praktiken, durch die sie marginalisiert werden, nach wie vor weit verbreiteter gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt. Frauen, die vermeintlich soziale Normen und Sitten verletzen, werden weiterhin gesellschaftlich stigmatisiert und allgemein diskriminiert. Außerdem ist ihre Sicherheit gefährdet. Dies gilt insbesondere für ländliche Gebiete und für Gebiete, die von regierungsfeindlichen Kräften (AGEs) kontrolliert werden. Zu diesen Normen gehören Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Frauen, wie zum Beispiel die Forderung, dass eine Frau nur in Begleitung einer männlichen Begleitperson in der Öffentlichkeit erscheinen darf. Frauen ohne Unterstützung und Schutz durch Männer wie etwa Witwen sind besonders gefährdet. Angesichts der gesellschaftlichen Normen, die allein lebenden Frauen Beschränkungen auferlegen, zum Beispiel in Bezug auf ihre Bewegungsfreiheit und auf Erwerbsmöglichkeiten, sind sie kaum in der Lage zu überleben. Inhaftierungen aufgrund von Verletzungen des afghanischen Gewohnheitsrechts oder der Scharia betreffen Berichten zufolge in überproportionaler Weise Frauen und Mädchen, einschließlich Inhaftierung aufgrund "moralischer Vergehen" wie beispielsweise dem Erscheinen ohne angemessene Begleitung, Ablehnung einer Heirat, außereheliche sexuelle Beziehungen (die als Ehebruch angesehen werden) und "Weglaufen von zu Hause" (einschließlich in Situationen von häuslicher Gewalt). Mehr als der Hälfte der in Afghanistan inhaftierten Mädchen und Frauen wurden "moralische Vergehen" zur Last gelegt. Da Anklagen aufgrund von Ehebruch und anderen "moralischen Vergehen" Anlass zu Ehrenmorden geben können, versuchen die Behörden Berichten zufolge in einigen Fällen, die Inhaftierung von Frauen als Schutzmaßnahmen zu rechtfertigen.

[ ]

In Gebieten, die sich unter der tatsächlichen Kontrolle der Taliban und anderer regierungsfeindlicher Kräfte (AGEs) befinden, besteht für Frauen und Männer, die unmoralischer Verhaltensweisen bezichtigt werden, das Risiko, über die parallelen Justizstrukturen dieser regierungsfeindlichen Kräfte (AGEs) zu harten Strafen, einschließlich zu Auspeitschung und zum Tod, verurteilt zu werden."

2.3. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017:

"Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung

Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzungen und Misshandlungen über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigungen und Mord (AA 9.2016). In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 dokumentierte die AIHRC 2.621 Fälle häuslicher Gewalt – in etwa dieselbe Zahl wie im Jahr 2015; obwohl angenommen wird, die eigentliche Zahl sei viel höher (HRW 12.1.2017). Die AIHRC berichtet von mehr als 4.250 Fällen von Gewalt an Frauen, die in den ersten neun Monaten des afghanischen Jahres (beginnend März 2015) gemeldet wurden (USDOS 13.4.2016). Diese Fälle beinhalten unterschiedliche Formen von Gewalt: physische, psychische, verbale, sexuelle und wirtschaftliche. In den ersten sechs Monaten des Berichtszeitraumes wurden 190 Frauen und Mädchen getötet; in 51 Fällen wurde der Täter verhaftet (Khaama Press 23.3.2016).

Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den ‚Familienfrieden‘ durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen. Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der ‚Ehrenrettung‘ angezeigt werden, vergewaltigt werden oder von zu Hause weglaufen (kein Straftatbestand, aber oft als Versuch der zina gewertet) (AA 9.2016).

Ehrenmorde:

Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, wenn sie vor Zwangsverheiratung davonlaufen oder Opfer eines sexuellen Übergriffs werden. Die AIHRC gab bekannt, zwischen März 2014 und März 2015 92 Ehrenmorde registriert zu haben (USDOS 13.4.2016).

Afghanische Expert/innen sind der Meinung, dass die Zahl der Mordfälle an Frauen und Mädchen viel höher ist, da sie normalerweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Grund dafür ist Misstrauen in das juristische System durch einen Großteil der afghanischen Bevölkerung (Khaama Press 23.3.2016)."

3. Beweiswürdigung:

3.1. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren widerspruchsfreien Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum) getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person der Beschwerdeführerin im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staats-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu ihrer Herkunft gründen sich auf ihre im Laufe des Verfahrens vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie dem Bundesverwaltungsgericht stets gleichlautenden und daher glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation ergeben sich aus den glaubhaften, gleichbleibenden eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in der Beschwerdeverhandlung sowie aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt. Die Feststellungen zum Ehemann und zur minderjährigen Tochter beruhen darüber auf den diesbezüglich übereinstimmenden Inhalten der Verwaltungs- und Gerichtsakten der genannten Familienangehörigen (W265 2167212-1 und W265 2167207-1).

Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt, die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

3.2. Zu den Feststellungen zur den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin wiederholte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubwürdig und mit den Angaben ihres Ehemannes übereinstimmend die im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getätigten Angaben zu ihrem Fluchtgrund und vermochte ein durchaus nachvollziehbares Bild der von ihr erlebten Geschehnisse zu zeichnen. Die Beschwerdeführerin konnte das von ihr Erlebte durch zahlreiche Details und präzise Angaben schildern, gab auf gestellte Fragen sehr konkrete und spontane Antworten, wodurch sie in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen und authentischen Eindruck hinterließ. Im Übrigen sind ihre Angaben auch vor dem Hintergrund der Verhältnisse in Afghanistan plausibel und nachvollziehbar. Das erkennende Gericht geht daher in einer Gesamtbetrachtung davon aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihrem Fluchtvorbringen glaubhaft ist.

Die Feststellungen zur Beschwerdeführerin als eine am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte afghanische Frau ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem persönlichen Eindruck, der von der Beschwerdeführerin in der Verhandlung gewonnen werden konnte. Die Beschwerdeführerin vermochte zu überzeugen, dass sie sich in einer westlichen Wertehaltung und einem westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild zugewandt hat, danach lebt und daran festzuhalten gewillt ist, wobei ihr westliche orientierter Lebensstil auch von ihrem in Österreich lebenden Ehegatten mitgetragen wird. Die erkennende Richterin gewann im Rahmen der Verhandlung den Eindruck, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Frau handelt, die das streng konservativ-afghanische Frauenbild und die konservativ-afghanische Tradition ablehnt und abgelegt hat und demgegenüber bereits stark westliche Werte verinnerlicht hat und – aus Überzeugung und in Abkehr zu der konservativ-afghanischen Tradition – auch danach lebt. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerdeverhandlung verdeutlicht, dass sie ihr Äußeres und ihre Lebensführung an das Leben westlicher Frauen anpassen will und dass sie sich vor – in Afghanistan für Frauen üblichen – traditionellen Einschränkungen und gesellschaftlichen Vorgaben fürchtet. Sie hat glaubhaft dargelegt, vom Willen getragen zu sein, den Alltag selbstständig und ohne Hilfe ihres Ehemannes zu bestreiten und sich in Österreich entsprechen weiterzubilden und beruflich Fuß zu fassen. Schließlich ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht klar hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin ihrer Tochter einen westlich orientierten Lebensstil ermöglicht, indem sie sie selbstbestimmt erzieht und sie darin fördert, die ihnen in Österreich zukommenden Freiheiten (wie insbesondere Partnerwahl, Schulbildung und freie Berufswahl) auszuleben.

3.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Afghanistan beruhen auf den in der Beschwerdeverhandlung ins Verfahren eingebrachten oben angeführten Länderberichten, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Auch die darüber hinausgehenden in der Beschwerde wiedergegebenen Länderberichte zeichnen ein damit übereinstimmendes Bild von der Situation (insbesondere der Situation von Frauen) in Afghanistan.

4. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 50/2016, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (in der Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A.) I.: Stattgabe der – zulässigen – Beschwerde des angefochtenen Bescheides:

4.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines erörtert – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist – wie der Verwaltungsgerichtshof zur Genfer Flüchtlingskonvention judiziert – nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen – mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates – im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.11.2007, 2006/19/0341, mwN)

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

4.2. Aufgrund der oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellten Erwägungen (vgl. 3.2.) ist es der Beschwerdeführerin gelungen, glaubhaft zu machen, dass der behauptete Sachverhalt verwirklicht worden ist.

Die Beschwerdeführerin hat damit eine maßgebliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen aufgezeigt:

4.2.1. Die Beschwerdeführerin ist wegen Ablehnung einer Heirat, außer- bzw. vorehelicher sexueller Beziehung und "Weglaufen von zu Hause" zum einen davon bedroht, Opfer eines Ehrenmordes durch ihre Familie zu werden (vgl. dazu auch die unter 2.3. wiedergegebenen Länderberichte zu Ehrenmorden). Andererseits ist aus dem festgestellten Sachverhalt und aus den damit übereinstimmenden Länderberichten (vgl. dazu 2.2.) abzuleiten, dass für Frauen (und Männer), die unmoralischer Verhaltensweisen bezichtigt werden, somit auch für die Beschwerdeführerin, deren Familie Kontakt zur Regierung hat, das Risiko besteht, über die parallelen Justizstrukturen regierungsfeindlicher Kräfte zu harten Strafen, einschließlich zu Auspeitschung und zum Tod, verurteilt zu werden.

Es ist nach Lage des Falles davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin vor der Bedrohung durch ihre Familie und durch (mit ihrer Familie in Beziehung stehende) regierungsfeindliche Kräfte in Afghanistan nicht ausreichend geschützt werden kann. Zwar stellt diese Bedrohung keinen Eingriff von "offizieller" Seite dar, das heißt, er ist von der gegenwärtigen afghanischen Regierung nicht angeordnet; andererseits ist nicht davon auszugehen, dass im Wirkungsbereich einzelner lokaler Machthaber effektive Mechanismen zur Verhinderung von Übergriffen und Einschränkungen gegenüber Frauen bestünden, denen außer- bzw. voreheliche sexuelle Beziehung und "Weglaufen von zu Hause" vorgeworfen wird; ganz im Gegenteil liegt ein derartiges Vorgehen gegenüber Frauen teilweise ganz im Sinne der lokalen Machthaber. Für die Beschwerdeführerin ist damit nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie im Hinblick auf die Gefahr eines Ehrenmordes durch ihre Familie ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden kann.

4.2.2. Wie im Rahmen der Beweiswürdigung weiters dargelegt, ist es der Beschwerdeführerin gelungen, glaubhaft zu machen, eine am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte Frau zu sein. Sie hat damit aus folgenden Gründen eine maßgebliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründe aufgezeigt:

Im Hinblick auf die derzeit vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur aktuellen Lage von Frauen in Afghanistan haben sich zwar keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass alle afghanischen Frauen gleichermaßen allein auf Grund ihres gemeinsamen Merkmals der Geschlechtszugehörigkeit und ohne Hinzutreten weiterer konkreter sowie individueller Eigenschaften im Fall ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefen, im gesamten Staatsgebiet Afghanistans einer systematischen asylrelevanten (Gruppen-)Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die Intensität von den in den Länderberichten aufgezeigten Einschränkungen und Diskriminierungen kann jedoch bei Hinzutreten weiterer maßgeblicher individueller Umstände, insbesondere einer diesen - traditionellen und durch eine konservativ-religiöse Einstellung geprägten - gesellschaftlichen Zwängen nach außen hin offen widerstrebenden Wertehaltung einer Frau, ein asylrelevantes Ausmaß erreichen.

Den o.a. UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 ist zu entnehmen, dass sich die afghanische Regierung zwar bemüht, die Gleichheit der Geschlechter zu fördern, jedoch Frauen auf Grund bestehender Vorurteile und traditioneller Praktiken nach wie vor weit verbreiteter gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt sind und gerade Frauen, die vermeintlich soziale Normen und Sitten verletzen, gesellschaftlich stigmatisiert werden und hinsichtlich ihre Sicherheit gefährdet sind (zur Indizwirkung solcher Länderberichte s. VwGH 16.01.2008, 2006/19/0182). Frauen sind daher besonders gefährdet, in Afghanistan Opfer von Misshandlungen zu werden, wenn ihr Verhalten - wie z.B. die freie Fortbewegung oder eine ausgeübte Erwerbstätigkeit - als nicht mit den von der Gesellschaft, der Tradition oder sogar vom Rechtssystem auferlegten Geschlechterrollen vereinbar angesehen wird.

Für die Beschwerdeführerin wirkt sich die derzeitige Situation in Afghanistan so aus, dass sie im Falle einer Rückkehr einem Klima ständiger latenter Bedrohung, struktureller Gewalt sowie unmittelbaren Einschränkungen und durch das Bestehen dieser Situation der Gefahr einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wäre. Die Beschwerdeführerin unterliegt allerdings einer erhöhten Gefährdung, in Afghanistan dieser Situation ausgesetzt zu sein, weil sie aufgrund ihrer Wertehaltung und Lebensweise gegenwärtig in Afghanistan als eine Frau wahrgenommen würde, die sich als nicht konform ihrer durch die Gesellschaft, Tradition und das Rechtssystem vorgeschriebenen geschlechtsspezifischen Rolle benimmt; sie ist insofern einem besonderen Misshandlungsrisiko ausgesetzt (vgl. hierzu auch EGMR 20.07.2010, 23.505/09, N./Schweden, ebenfalls unter Hinweis auf UNHCR). Die die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan bedrohende Situation ist in ihrer Gesamtheit von asylrelevanter Intensität.

Es ist nach Lage des Falles davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin vor diesen Bedrohungen in Afghanistan nicht ausreichend geschützt werden kann. Zwar stellen die angeführten Bedrohungen keine Eingriffe von staatlicher Seite dar, es ist der Zentralregierung jedoch nicht möglich, für die umfassende Gewährleistung grundlegender Rechte und Freiheiten der afghanischen Frauen Sorge zu tragen; gegenwärtig besteht in Afghanistan dahingehend kein funktionierender Polizei- und Justizapparat. Darüber hinaus ist vor dem Hintergrund der oben getroffenen Länderfeststellungen nicht davon auszugehen, dass im Wirkungsbereich einzelner lokaler Machthaber effektive Mechanismen zur Verhinderung von Übergriffen und Einschränkungen gegenüber Frauen bestünden; ganz im Gegenteil liegt ein derartiges Vorgehen gegenüber Frauen teilweise ganz im Sinne der lokalen Machthaber. Für die Beschwerdeführerin ist damit nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie angesichts des sie als westlich orientierte Frau betreffenden Risikos, Opfer von Misshandlungen und Einschränkungen zu werden, ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden kann.

Auch die für die Asylgewährung erforderliche Anknüpfung an einen Konventionsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) ist im vorliegenden Fall gegeben. Bei der Beschwerdeführerin liegt das dargestellte Verfolgungsrisiko in ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, nämlich der Gruppe der am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierten afghanischen Frauen (vgl. dazu VwGH 20.06.2002, 99/20/0172, mwN).

Es ist daher zu prognostizieren, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer nunmehrigen Rückkehr nach Afghanistan als westlich orientierte Frau mit hoher Wahrscheinlichkeit Eingriffen von erheblicher Intensität ausgesetzt sein wird.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative ist im Fall der Beschwerdeführerin nicht gegeben. Es ist im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan von einer Situation auszugehen, in der am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte afghanische Frauen einem erhöhten Sicherheitsrisiko ausgesetzt sind.

4.2.3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb Afghanistans befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren.

Da im Zuge des Verfahrens keine Hinweise hervorgekommen sind, wonach einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlusstatbestände vorliegt, ist der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

4.3. Zur befristeten Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von drei Jahren:

Da der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am 11.04.2016 und damit nach dem 15.11.2015 gestellt wurde, finden die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 daher gemäß § 75 Abs. 24 leg.cit. im vorliegenden Fall Anwendung, weshalb im Spruch ebenfalls ausgesprochen wurde, dass eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von drei Jahren erteilt wird. Gemäß § 3 Abs. 4b AsylG 2005 richtet sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird.

Die Aufenthaltsberechtigung verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, außerehelicher
Geschlechtsverkehr, befristete Aufenthaltsberechtigung, Ehrenmord,
gesamtes Staatsgebiet, geschlechtsspezifische Verfolgung,
Schutzunfähigkeit, Schutzunwilligkeit, soziale Gruppe, westliche
Orientierung, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W265.2167204.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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