TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/11 W214 2159383-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.01.2018
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Entscheidungsdatum

11.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W214 2159388-1/14E

W214 2159378-1/9E

W214 2159385-1/9E

W214 2159383-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. mj. XXXX , geb. XXXX , 3. mj. XXXX , geb. XXXX , und 4. mj. XXXX , geb. XXXX , jeweils Staatsangehörigkeit Syrien, 2. bis 4. vertreten durch 1, vertreten durch die XXXX , gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 24.04.2017, Zlen. XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , jeweils wegen Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.11.2017 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG, stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, XXXX , XXXX und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , XXXX , XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer verließen 2013 Syrien und reisten 2015 illegal nach Österreich ein. Sie stellten am XXXX .10.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

2. Am XXXX .10.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der Erstbeschwerdeführerin statt. Dabei gab sie an, Staatsangehörige Syriens, Araberin und muslimischen Glaubens zu sein. Zum Nachweis ihrer Identität und der ihrer Kinder legte sie ihre Reisepässe sowie ihre ID-Card vor. Sie sei am 31.07.2013 legal mit ihren Kindern in die Vereinigten Emirate ausgereist. Von dort seien sie im Oktober 2015 in die Türkei und von dort über weitere (von ihr genannte) Staaten nach Österreich gereist.

Zu ihren Fluchtgründen befragt, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie 2013 mit ihren Kindern (Zweit- bis Viertbeschwerdeführer) Syrien verlassen habe, da es dort zu gefährlich und sie eine alleinstehende Frau mit drei Kindern sei. Sie seien in die XXXX gereist. Dort habe sie keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Als sie von den Medien erfahren habe, dass Deutschland und Österreich syrische Flüchtlinge aufnehmen würden, habe sie sich entschlossen, nach Europa zu reisen.

3. Am 10.02.2017 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht, im Folgenden BFA) im Beisein eines Dolmetschers für Arabisch niederschriftlich einvernommen. Zunächst gab sie nochmals an, syrische Staatsangehörige zu sein. Sie sei Araberin und Sunnitin. Sie habe zwei Jahre an der Universität studiert. Ihr letzter Wohnsitz in Syrien sei in XXXX gewesen. Ihre Mutter sei mit den Geschwistern der Beschwerdeführerin (einem Bruder und zwei Schwestern) ebenfalls nach Österreich eingereist. Die Beschwerdeführerin führte weiters aus, geschieden zu sein (dazu legte sie eine Scheidungserklärung und einen Obsorgebeschluss betreffend die Kinder vor). Ihr Mann habe sie während der Ehe geschlagen.

Zu den Fluchtgründen befragt gab sie an, Syrien aus Angst vor dem Krieg verlassen zu haben. Sie habe in einem sicheren Land leben wollen. Die Beschwerdeführerin wiederholte im Wesentlichen ihre diesbezüglichen Ausführungen bei der Erstbefragung. Sie wolle hier Sicherheit haben und dass ihre Kinder Schulen besuchen und dann arbeiten. Ihre Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Auf die Frage, ob ihre Familienangehörigen verfolgt oder bedroht worden seien, führte sie aus, ihr Bruder XXXX sei von unbekannten Personen für zwei Monate mitgenommen worden, dann sei er entlassen worden.

4. Mit den im Spruch angeführten Bescheiden des BFA vom 24.04.2017 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (jeweils Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 wurde den Beschwerdeführern der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (jeweils Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 24.04.2018 erteilt (jeweils Spruchpunkt III.).

In diesen Bescheiden, in denen die belangte Behörde von der angegebenen Identität der Beschwerdeführer und den angeführten Familienverhältnissen ausging, wurde die Versagung des Asylstatus damit begründet, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Kindern aus Angst vor dem Krieg Syrien verlassen habe und mit ihren Kindern in einem sicheren Land leben wolle. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer ergebe sich keine asylrelevante Verfolgung. Die von der Erstbeschwerdeführerin geschilderten Ausreisegründe seien nicht asylrelevant. Für ihre Kinder würden keine eigenen Fluchtgründe vorliegen.

3. Gegen Spruchpunkt I. der Bescheide (Versagung des Asylstatus) richtet sich die fristgerecht (von allen Beschwerdeführern eingebrachte) Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in welcher im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde:

Die Erstbeschwerdeführerin sei durch den Umstand, dass sie als Frau zwei Männern (Referent und Dolmetscher) gegenüber gesessen sei, gehemmt und eingeschüchtert gewesen und habe nicht frei sprechen können. Sie habe den Dolmetscher zwar gut verstehen können, jedoch den Eindruck gehabt, dass ihre Angaben zusammengefasst würden bzw. hätte sie mehr Zeit gebraucht, um sich zu sammeln und die Ereignisse genau zu schildern.

Es hätten sich drei Vorfälle ereignet: Beim ersten Vorfall sei sie mit dem Auto gemeinsam mit dem Vater unterwegs zu einen Arzttermin gewesen und von Soldaten, die aus einem großen schwarzen Militärjeep ausstiegen, verfolgt worden. Bei einem zweiten Vorfall sei sie mit einem Taxifahrer unterwegs gewesen, der jedoch nicht den richtigen Weg zu ihr nach Hause genommen habe und in eine andere Gegend gefahren sei. Deshalb habe sie während der Fahrt die Tür geöffnet und sich aus dem fahrenden Auto geworfen. Den dritten Vorfall habe sie bei der Einvernahme kurz erwähnt. Mehrere bewaffnete Männer seien in das Textilgeschäft ihrer Familie eingedrungen, wo ihre Eltern, ihr Bruder und sie selbst gearbeitet hätten. Die Angreifer hätten mehrere Schüsse abgefeuert und die Erstbeschwerdeführerin und ihre Eltern gewaltsam beiseite gestoßen und das gesamte Geld gestohlen. Die Angreifer hätten auch die Kunden und Kinder geschlagen und ihnen ihre Handys abgenommen. Schließlich hätten sie den Bruder der Beschwerdeführerin mitgenommen und entführt, um später Lösegeldforderungen an die Familie zu stellen. Ihr Bruder sei nach 55 Tagen freigelassen, jedoch davor misshandelt und gefoltert worden. Die Wohnung der Familie habe sich direkt bei dem Geschäft befunden. Die Erstbeschwerdeführerin habe um sich und ihre Kinder große Angst gehabt. Unmittelbar nachdem der Bruder sich von den Verletzungen etwas erholt hätte, habe er Syrien verlassen.

In der Beschwerde wurde weiters aus Länderberichten bezüglich der Rekrutierung von Minderjährigen sowie der Rückkehrsituation der Einwohner Syriens, die vom Ausland nach Syrien zurückkehren, zitiert. Den Beschwerdeführern drohe aufgrund der Ausreise und Asylantragsstellung im Ausland eine Verfolgung seitens der Regierung aufgrund unterstellter politischer Gesinnung. Zusätzlich drohe ihnen als Sunniten Verfolgung aus religiösen Gründen. Andererseits drohe den Beschwerdeführern bei Rückkehr nach Syrien eine Verfolgung auch aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, nämlich aufgrund der drohenden Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee oder diverse Milizen.

5. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten der Verwaltungsverfahren dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Am 16.11.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache der Beschwerdeführer eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher sich die Erstbeschwerdeführerin persönlich beteiligte. Die Erstbeschwerdeführerin gab auf Befragen an, dass ihre gesamte Familie, die sich in Österreich befinde, mit Ausnahme von einigen Cousins, die schon lange hier lebten und die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen, bereits Asylstatus habe. Zu ihren Fluchtgründen führte sie aus, dass sie zweimal Opfer eines Entführungsversuchs geworden sei. Das erste Mal sei sie in einem Taxi am Weg vom Arzt nach Hause gewesen und der Taxifahrer habe, anstatt in die Straße einzubiegen, in der sie gewohnt habe, Gas gegeben und sei geradeaus gefahren. Sie habe die Tür geöffnet und sich hinausfallen lassen. Das zweite Mal sei sie mit ihrem Vater in der Stadt gewesen, um Analyseergebnisse vom Arzt abzuholen. Ihr Vater habe gesagt, er werde an der Ecke beim Auto warten und sie solle in das Gebäude zum Labor hinaufgehen, um die Ergebnisse abzuholen. Als sie mit den Ergebnissen vor das Gebäude getreten sei, habe sie bemerkt, dass ein großer Jeep der Shabiha die Straße entlang gefahren und auf sie zugekommen sei. Die Fahrzeuge der Shabiha seien bekannt. Sie würden alle große vierradbetriebene Armeejeeps in schwarzer Farbe fahren und seien alle bewaffnet. Sie habe bemerkt, dass das Auto auf sie zugefahren sei und habe zu laufen begonnen. Sie sei den Gehsteig entlang bis zur Ecke gelaufen, wo ihr Vater gewartet habe, und sie hätten mit dem Auto gerade noch davon fahren können. Mit der Shabiha habe sie schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht, da diese Leute bereits ihren Bruder XXXX entführt hätten. Sie hätten ihn eine Zeit lang in der XXXX festgehalten, und es sei der Familie nur durch die Bezahlung von Bestechungsgeldern und über Bekannte und Beziehungen gelungen, in Erfahrung zu bringen, wo ihr Bruder festgehalten worden sei, und dann zu erreichen, dass er freigelassen werde. Ihre Mutter, ihr Bruder und ihre zwei Schwestern hätten Syrien bereits verlassen, und es seien nur ihre Kinder und sie und ihr alter Vater zurückgeblieben. Sie habe bemerkt, dass ihr Haus wie auch das Geschäft beobachtet worden seien und dass sich verdächtige Gestalten rund um das Geschäft aufgehalten hätten. In dieser Zeit seien auch immer wieder Männer gekommen, die nach ihrem Bruder gefragt hätten. Sie hätte keinen Beweis, jedoch für sie hätten diese zur Shabiha gehört, und sie habe versucht, überzeugend zu erzählen, dass ihr Bruder verschwunden sei und sie nichts von ihm wisse. In dieser Zeit habe sie bereits ihre ganzen Unterlagen für die Ausreise vorbereitet, da es für sie zu gefährlich gewesen sei, in dieser Situation in Syrien zu bleiben. Ihr Vater hätte ihr als alter Mann nicht helfen können. Ihr Bruder habe sowieso schon als Verräter gegolten, weil er verschwunden sei, und auch ihre Familie sei bereits ausgereist gewesen. Außerdem sei auch den Behörden bekannt, dass ihre Familie im Ausland weit verstreut sei. Der unmittelbare Fluchtanlass sei jedoch gewesen, dass eine Frau zu ihr ins Geschäft gekommen sei und ihr erklärt habe, dass sie in Vertretung eines hohen Militärs zu ihr kommen würde. Dieser Mann biete ihr an, sie zu heiraten, wobei er sie im Gegenzug beschützen würde. Nachdem das Militär in Syrien allgegenwärtig sei und seine Macht willkürlich ausüben könne, habe sie zusammengepackt und das Land zwei oder drei Tage später verlassen.

Auf Befragung schilderte die Beschwerdeführerin näher den Vorfall der Entführung ihres Bruders und brachte ihre regimekritische Haltung zum Ausdruck. Befragt, was ihrer Meinung nach bei einer Rückkehr nach Syrien geschehen würde, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie sofort samt den Kindern verhaftet werden würde. Sie sei zwar legal ausgereist, aber nicht wieder zurückgekehrt. Sie habe sich nicht bemüht, die Pässe ihrer Kinder zu erneuern und stamme obendrein aus einer Familie, von der sich der Bruder, die Schwestern und die Mutter im Ausland befänden. Allein das würde man ihnen vorwerfen. Ihre Kinder würden sicher in irgendein Lager gesteckt werden und, sobald sie es könnten, an der Waffe ausgebildet werden. Es würde ihr sicherer Tod sein.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat in die Asylakten der Mutter (

XXXX ), der Schwestern ( XXXX und XXXX ) und des Bruders ( XXXX ) der Beschwerdeführerin Einsicht genommen. Daraus ist ersichtlich, dass der Mutter der Beschwerdeführerin und ihren Schwestern aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der im Kriegsgebiet lebenden Frauen und aufgrund ihrer oppositionellen Gesinnung Asyl gewährt wurde. Dem Bruder der Beschwerdeführerin wurde aufgrund seiner regimekritischen politischen Gesinnung, die sich auch in seiner Verweigerung der Beteiligung am Krieg äußere, Asyl gewährt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Situation im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer:

"1.1.1. Politische Lage

Seit 2011 tobt die Gewalt in Syrien. Aus anfangs friedlichen Demonstrationen ist ein komplexer Bürgerkrieg geworden, mit unzähligen Milizen und Fronten (Spiegel Online 10.8.2016).

Die Arabische Republik Syrien existiert formal noch, ist de facto jedoch in vom Regime, vom IS, von der Kurdisch Demokratischen Unionspartei (PYD) und von anderen Rebellen-Fraktionen kontrollierte Gebiete aufgeteilt (BS 2016).

Das syrische Regime kontrolliert ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer, die noch nicht aus Syrien geflohen sind, leben (Reuters 13.4.2016). Verschiedene oppositionelle Gruppen mit unterschiedlichen Ideologien und Zielen kontrollieren verschiedene Teile des Landes.

Vielfach errichten oder wiedererrichten diese Gruppierungen Regierungsstrukturen, inklusive irregulär aufgebauten Gerichten (USDOS 13.4.2016). Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah-Miliz und schiitische Milizen aus dem Irak unterstützen das syrische Regime militärisch, materiell und politisch. Seit 2015 schickt Russland auch Truppen und Ausrüstung nach Syrien und begann außerdem Luftangriffe, von syrischen Militärbasen aus, auszuführen, wobei hauptsächlich auf von Rebellen kontrollierte Gebiete abgezielt wird. Die von den USA geführte internationale Koalition führte Luftangriffe gegen den IS durch (FH 27.1.2016; vgl. AI 24.2.2016).

Im Norden Syriens gibt es Gebiete, welche unter kurdischer Kontrolle stehen und von den Kurden Rojava oder Westkurdistan genannt werden. Noch sind die beiden größeren Gebietsteile voneinander getrennt, das Ziel der Kurden ist es jedoch entlang der türkischen Grenze ein zusammenhängendes Gebiet unter ihre Kontrolle zu bringen (Spiegel Online 16.8.2016).

Der IS übernahm seit 2014 vermehrt die Kontrolle von Gebieten in den Gouvernements Deir al-Zour und Raqqa, außerdem in anderen Regionen des Landes. Der IS rief daraufhin ein "islamisches Kalifat" mit der Hauptstadt Raqqa aus (USDOS 13.4.2016).

Präsident Bashar al-Asad regiert die Arabische Republik Syrien seit dem Jahr 2000. 2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Asad führten (USDOS 13.4.2016). Bei dieser Wahl gab es erstmals seit Jahrzehnten zwei weitere mögliche, jedoch relativ unbekannte, Kandidaten. Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abgehalten, wodurch ein großer Teil der syrischen Bevölkerung nicht an der Wahl teilnehmen konnte. Diese Wahl wurde jedoch als undemokratisch bezeichnet, die syrische Opposition bezeichnete sie als "Farce" (Haaretz 4.6.2014; vgl. USDOS 13.4.2016).

Am 16.4.2016 fanden in Syrien Parlamentswahlen statt. Das Parlament wird im vier-Jahres- Rhythmus gewählt, und so waren dies bereits die zweiten Parlamentswahlen, welche in Kriegszeiten stattfanden (Reuters 13.4.2016). Die in Syrien regierende Baath-Partei gewann gemeinsam mit ihren Verbündeten unter dem Namen der Koalition der "Nationalen Einheit" 200 der 250 Parlamentssitze. Die syrische Opposition bezeichnete auch diese Wahl, welche erneut nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten stattfand, als "Farce". Jeder der 200 Kandidaten auf der Liste der "Nationalen Einheit" bekam einen Parlamentssitz. Die Vereinten Nationen gaben an, die Wahl nicht anzuerkennen (France 24 17.4.2016)."

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16-The State of the World’s Human Rights-Syria,https://www.ecoi.net/local_link/319684/458913_de.html, Zugriff 6.12.2016

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Syria Country Report, http://www.btiproject.

org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Syria.pdf, Zugriff 5.12.2016

-

CNN (12.9.2016): Syria ceasefire: Who’s in, who’s out and will this one hold?,

http://edition.cnn.com/2016/09/12/middleeast/syria-ceasefire-explained/, Zugriff 6.12.2016

-

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/327745/468444_de.html, Zugriff 6.12.2016

-

France24 (4.17.2016): Assad’s Party wins majority in Syrian election,

http://www.france24.com/en/20160417-syria-bashar-assad-baath-party-wins-majorityparliamentaryvote, Zugriff 6.12.2016

-

Haaretz (4.6.2014): Landslide Win for Assad in Syria’s Presidential Elections,

http://www.haaretz.com/middle-east-news/1.597052, Zugriff 6.12.2016

-

Reuters (13.4.2016): Assad holds parliamentary election as Syrian peace talks resume,

http://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-idUSKCN0XA2C5, Zugriff 6.12.2016

-

Spiegel Online (10.8.2016): Die Fakten zum Krieg in Syrien: 1. Was sind die Ursachen des Konflikts in Syrien?, http://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-allewichtigenfakten-erklaert-endlich-verstaendlich-a-1057039.html#sponfakt=1, Zugriff 6.12.2016

-

Spiegel Online (16.8.2016): Ankara sieht kurdischen Militärerfolg mit Sorge,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-kurden-traeumen-nach-eroberung-vonmanbidschvon-eigenem-staat-rojava-a-1107785.html, Zugriff 6.12.2016

-

Spiegel Online (18.12.2016): Die Fakten zum Krieg in Syrien: 3. Wo wird gekämpft?,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-alle-wichtigen-fakten-erklaertendlichverstaendlich-a-1057039.html#sponfakt=3, Zugriff 5.1.2017

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015

1.1.2. Sicherheitslage

"Der im März 2011 begonnene Aufstand gegen das Regime ist in eine komplexe militärische Auseinandersetzung umgeschlagen, die alle Städte und Regionen Syriens betrifft. Nahezu täglich werden landesweit zwei- bis dreistellige Zahlen von Toten und Verletzten gemeldet. Die staatlichen Strukturen sind in zahlreichen Orten zerfallen und das allgemeine Gewaltrisiko ist sehr hoch (AA 22.12.2016). Neben der Gefahr von Entführungen besteht das Risiko jederzeit in bewaffnete Auseinandersetzungen zu geraten (BMEIA 22.12.2016).

Der weitverbreitete Konflikt und das hohe Maß an Gewalt halten in Syrien weiter an. Unterschiedslose Luftangriffe und Bodenangriffe des Regimes und willkürlicher Beschuss durch nichtstaatliche bewaffnete Oppositionsgruppen und terroristische Gruppierungen töten, verletzen und vertreiben weiterhin Zivilisten. Die Kampfhandlungen aller Parteien waren weiterhin durch weit verbreiteten Mangel an Respekt für das internationale humanitäre Recht und die Verpflichtung der Kriegsparteien zum Schutz von Zivilisten geprägt (UNSC 21.1.2016).

Mitte September des Jahres 2016 wurde von den USA und Russland, nach monatelangen Gesprächen, eine Waffenruhe ausgehandelt. Diese sollte ermöglichen, dass humanitäre Hilfe die Kriegsgebiete erreichen kann, und sie sollte den Luftangriffen des syrischen Regimes auf die Opposition Einhalt gebieten. Die Waffenruhe sollte sieben Tage bestehen und galt für das syrische Regime und die Rebellen, jedoch nicht für die terrorostischen Gruppierungen IS und Jabhat Fatah al-Sham (CNN 12.9.2016). Es soll in verschiedenen Gebieten mehr als 300 Verstöße gegen die Waffenruhe gegeben haben. Nach ungefähr einer Woche wurde die Waffenruhe von der syrischen Armee bzw. vom syrischen Regime für beendet erklärt. In dieser Zeit konnten keine humanitären Hilfslieferungen die Kriegsgebiete erreichen (Zeit Online 19.9.2016).

Nach der Waffenruhe eskalierte die Gewalt und die Stadt Aleppo erlebte die heftigsten Bombardierungen durch das Regime und die russische Luftwaffe seit Beginn des Bürgerkrieges, während die Armee zugleich eine Bodenoffensive startete. Die USA brachen daraufhin Anfang Oktober des Jahres 2016 die direkten Gespräche mit Russland über eine weitere Waffenruhe in Syrien ab. Unter anderem konnten sich die beiden Länder nicht darauf einigen, welche der syrischen Rebellengruppen als terroristisch und welche als gemäßigt einzustufen sind (Welt 3.10.2016). Ende Oktober fand eine einseitig von Russland eingehaltene, humanitäre Waffenruhe in Aleppo statt. Anfangs sollte die Waffenruhe acht Stunden dauern und am 20.10.2016 beginnen (Al Jazeera 18.10.2016). Sie wurde dann jedoch bis 22.10.2016 verlängert. Danach erlebte Aleppo erneut schwere Kämpfe. Die Vereinten Nationen hofften während dieser Zeit Verletzte evakuieren und Hilfsgüter liefern zu können. Jedoch war beides aufgrund fehlender Sicherheitsgarantien nicht möglich (Al Jazeera 23.10.2016; vgl. BBC News 22.10.2016).

Nach dem Vormarsch auf die nordirakische Großstadt Mosul hat Anfang November des Jahres 2016 auch eine Offensive zur Rückeroberung der syrischen IS-Hochburg Raqqa begonnen. An der Offensive, die unter dem Namen "Wut des Euphrat" läuft, sind etwa 30.000 Kämpfer der Demokratischen Syrischen Kräfte (SDF), einer von den USA unterstützten kurdisch-arabischen Rebellenallianz, beteiligt, von denen ein Großteil von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gestellt wird (Standard 6.11.2016). Die Türkei sollte nicht an der Offensive beteiligt werden. Die türkische Armee hat im August einen Bodeneinsatz mit Panzern in Syrien begonnen, der sich gegen den IS und die YPG richtet.

Die türkische Führung hat zudem angekündigt, dass die in Nordsyrien stationierten Soldaten ihre Einsätze auch auf Raqqa ausdehnen könnten. Die SDF-Miliz vereinbarte nach eigenen Angaben mit den USA jedoch, die Türkei von der Raqqa-Offensive auszuschließen (Standard 6.11.2016, vgl. auch TDS 7.11.2016).

Im Dezember 2016 nahmen syrische Regierungssoldaten nach einer von der russischen Luftwaffe unterstützten Offensive den Osten Aleppos ein, welcher seit 2012 von bewaffneten Gruppen gehalten wurde (Der Standard 21.12.2016). Es fanden Evakuierungen von Kämpfern wie Zivilisten statt, die jedoch durch erneute Gefechte zwischenzeitlich unterbrochen wurden. Zugleich wurden Zivilisten aus den von Rebellen belagerten Orten Fua und Kafraja im Nordwesten Syriens evakuiert (Der Standard 19.12.2016). Es gibt immer wieder Versuche von Waffenruhen, welche jedoch nicht alle Gruppierungen und nicht alle Gebiete Syriens betreffen und brüchig sind bzw. von verschiedenen Konfliktparteien verletzt werden (Der Standard 30.12.2016)."

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (22.12.2016): Reise- und Sicherheitshinweise

-

Syrien: Reisewarnung,

https://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00- SiHi/SyrienSicherheit.html?nn=332636?nnm=332636, Zugriff 22.12.2016

-

Al Jazeera (18.10.2016): Aleppo: Russia calls humanitarian pause in Syrian city,

http://www.aljazeera.com/news/2016/10/aleppo-russia-calls-humanitarian-pause-syriancity- 161018063851618.html, Zugriff 7.12.2016

-

Al Jazeera (23.10.2016): Air strikes, fighting mark end of Aleppo ceasefire,

http://www.aljazeera.com/news/2016/10/air-strikes-fighting-mark-aleppo-ceasefire- 161022203809648.html, Zugriff 7.12.2016

-

BBC News (22.10.2016): Syria war: Aleppo ceasefire ends with clashes, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-37741969, Zugriff 7.12.2016

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (22.12.2016): Syrien - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reiseaufenthalt/ reiseinformation/land/syrien/, Zugriff 22.12.2016

-

CNN (12.9.2016): Syria ceasefire: Who’s in, who’s out and will this one hold?,

http://edition.cnn.com/2016/09/12/middleeast/syria-ceasefire-explained/, Zugriff 6.12.2016

-

Der Standard (6.11.2016): Miliz: Offensive auf syrische IS-Hochburg Raqqa begonnen,

http://derstandard.at/2000047036591/Miliz-Offensive-auf-syrische-IS-Hochburg-Raqqabegonnen, Zugriff 7.12.2016

-

Der Standard (19.12.2016): Evakuierung Ostaleppos wieder angelaufen,

http://derstandard.at/2000049518752/Evakuierung-von-Ost-Aleppo-wiederaufgenommen? ref=rec, Zugriff 3.1.2017

-

Der Standard (21.12.2016): Evakuierung Ost-Aleppos weitgehend abgeschlossen,

http://derstandard.at/2000049650171/Evakuierung-Ost-Aleppos-stockt, Zugriff 3.1.2017

-

Der Standard (30.12.2016): Syrien-Waffenruhe zunehmend brüchig, http://derstandard.at/2000050014115/Waffenruhe-in-Syrien-scheint-vorerst-zu-halten, Zugriff 5.1.2017

-

Spiegel Online (15.10.2016): Lawrow und Kerry einigen sich auf Fortsetzung der Gespräche,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-konflikt-usa-und-russlandsprechen-wieder-ueber-waffenruhe-a-1116817.html, Zugriff 7.12.2016

-

TDS - The Daily Star (7.11.2016): Syrian alliance declares offensive on Raqqa,

https://www.dailystar.com.lb/News/Middle-East/2016/Nov-07/380017-syrian-alliancedeclaresoffensive-on-raqqa.ashx, Zugriff 7.12.2016

-

UNSC - UN Security Council (27.01.2016): Report of the Secretary-General on the implementation of Security Council resolutions 2139 (2014), 2165 (2014), 2191 (2014) and 2258 (2015) [S/2016/60],

https://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453889542_n1601118.pdf, Zugriff 7.12.2016

-

UNSC - UN Security Council (15.11.2016): Report of the Secretary-General on the implementation of Security Council resolutions 2139 (2014), 2165 (2014), 2191 (2014) and 2258 (2015) [S/2016/60],

https://www.ecoi.net/file_upload/1226_1479892876_n1638113.pdf, Zugriff 7.12.2016

-

Welt (3.10.2016): USA brechen Syrien-Gespräche mit Russland ab, https://www.welt.de/politik/article158530735/USA-brechen-Syrien-Gespraeche-mit-Russland-ab.html, Zugriff 7.12.2016

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Zeit Online (19.9.2016): Assad erklärt Waffenruhe für beendet, http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-09/syrien-waffenruhe-ende-luftangriffe-usa, Zugriff 6.12.2016

1.1.3. Rechtsschutz/Justizwesen

"Die Arabische Republik Syrien existiert formal noch, ist de facto jedoch in vom Regime, vom IS, von der Kurdisch Demokratischen Unionspartei (PYD) und von anderen Rebellen- Fraktionen kontrollierte Gebiete aufgeteilt (BS 2016).

Quellen:

- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Syria Country Report, http://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Syria.pdf, Zugriff 5.12.2016

1.1.3.1. Gebiete unter der Kontrolle des syrischen Regimes

Das Justizsystem Syriens besteht aus mehreren Gerichten, darunter Zivil-, Straf-, Militär-, Sicherheits- und religiöse Gerichte sowie ein Kassationsgericht. Die religiösen Gerichte behandeln das Familien- und Personenstandsrecht. Was religiöse Gerichte betrifft, so sind Scharia-Gerichte für sunnitische und schiitische Muslime zuständig. Drusen, Christen und Juden haben ihre eigenen gerichtlichen Strukturen. Für diese Gerichte gibt es auch eigene Berufungsgerichte (SLJ 5.9.2016).

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, die Behörden sind in der Praxis jedoch oft politischen Einflüssen ausgesetzt. Die Ergebnisse von Fällen mit politischem Kontext scheinen oft schon vorbestimmt zu sein. Geschätzte 95% der Richter der syrischen Regierung sind Baathisten oder stehen der Baath-Partei nahe (USDOS 13.4.2016).

Wenn Personen, von denen angenommen wird, dass sie Regierungsgegner sind, vor Gericht gebracht werden, so ist es wahrscheinlich, dass es sich dabei um ein Anti-Terror-Gericht, welches 2012 aufgebaut wurde, oder ein Militärgericht handelt, obwohl es gegen die internationalen Standards für faire Prozesse verstößt, einen Zivilisten vor einem Militärgericht zu verurteilen. Das Anti-Terror-Gericht hält sich in seiner Arbeitsweise nicht an grundlegende Bedingungen einer fairen Gerichtsverhandlung. Manchmal dauern die Verhandlungen nur wenige Minuten und "Geständnisse", welche unter Folter gemacht wurden, werden als Beweismittel akzeptiert. Außerdem wird das Recht auf Rechtsberatung stark eingeschränkt.

In Militärgerichten haben Angeklagte kein Recht auf einen Anwalt. Manchmal werden Angeklagte auch nicht über ihr Urteil informiert (AI 17.8.2016). In den ersten zweieinhalb Jahren seit seiner Errichtung soll das Anti-Terror-Gericht mehr als 80.000 Fälle behandelt haben (USDOS 13.4.2016)."

Quellen:

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AI - Amnesty International (17.8.2016): "It breaks the Human”:

Torture, disease and death in Syria’s prisons, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1471499119_mde2445082016english.PDF, Zugriff 5.12.2016

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SLJ - Syrian Law Journal (5.9.2016): An Overview of the Syrian Court System,

http://www.syrianlawjournal.com/index.php/overview-syrian-court-system/, Zugriff 5.12.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff 5.12.2016

1.1.3.2. Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes

"In von oppositionellen Gruppen kontrollierten Gebieten wurden unterschiedlich konstituierte Gerichte und Haftanstalten aufgebaut, welche sich stark darin unterscheiden, wie sie organisiert sind und inwieweit sie sich an juristische Normen halten. Manche Gruppen folgen dem (syrischen) Strafgesetzbuch, andere folgen einem Entwurf eines Strafgesetzbuches auf Grundlage der Scharia, das von der Arabischen Liga aus dem Jahr 1996 stammt, während wiederum andere eine Mischung aus Gewohnheitsrecht und Scharia anwenden. Erfahrung, Expertise und Qualifikation der Richter in diesen Gebieten sind oft sehr unterschiedlich und oft von den dominanten bewaffneten Gruppierungen dieser Gebiete beeinflusst (USDOS 13.4.2016; vgl. MEE 9.6.2016, Al Monitor 11.2.2016).

Manchmal resultieren Gerichtsverhandlungen von Gerichten der Opposition in öffentlichen Hinrichtungen, ohne dass der Angeklagte Berufung einlegen oder Besuch von seiner Familie erhalten hätte können (USDOS 13.4.2016)."

Quellen:

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Al Monitor (11.2.2016): Syria’s Sharia Courts, http://www.almonitor.com/pulse/originals/2016/02/syria-extremist-factions-sharia-courts-aleppoidlib.html, Zugriff 5.12.2016

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MEE - Middle East Eye (9.6.2016): Sharia law will play a greater role in Syria’s future,

http://www.middleeasteye.net/columns/no-need-run-if-you-hear-sharia-101217981, Zugriff 5.12.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff 5.12.2016

1.1.3.3. Gebiete unter kurdischer Kontrolle

"Im von der kurdischen Organisation PYD ausgerufenen "Rojava" bzw. "Westkurdistan" wurde die "Verfassung von Rojava" erstellt, welche als "sozialer Vertrag" zwischen den Bürgern der kurdischen Gebiete beschrieben wird und eine parlamentarische Demokratie mit Pluralismus und gleichen Rechten für Männer und Frauen vorsieht (BS 2016). Es wurden Komitees gegründet, die die Erhaltung des "sozialen Friedens" zum Ziel haben und Straftaten unter diesem Gesichtspunkt regeln (FT 23.12.2015)."

Quellen:

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Syria Country Report, http://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Syria.pdf, Zugriff 5.12.2016

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FT - Financial Times (23.10.2015): Power to the people: a Syrian experiment in democracy,

https://www.ft.com/content/50102294-77fd-11e5-a95a-27d368e1ddf7, Zugriff 22.12.2016

1.1.4. Sicherheitsbehörden und regimetreue Milizen

"Die Regierung erhält die Kontrolle über die uniformierten Polizei-, Militär- und Staatssicherheitskräfte aufrecht, kann jedoch die Kontrolle über paramilitärische, nichtuniformierte pro-Regime-Milizen, welche oft autonom und ohne Aufsicht oder Führung der Regierung arbeiten, nicht immer gewährleisten (USDOS 13.4.2016).

Straflosigkeit unter den Sicherheitsbehörden bleibt ein weit verbreitetes Problem. Das Generalkommando der Armee und der Streitkräfte kann einen Haftbefehl im Fall von Verbrechen durch Militäroffiziere, Mitglieder der internen Sicherheitskräfte oder Zollpolizeioffiziere, im Rahmen ihrer beruflichen Pflichten, ausstellen. Solche Fälle müssen vor einem Militärgericht verhandelt werden. In der Praxis gibt es keine bekannte rechtliche Verfolgung oder Verurteilung von Polizei- und Sicherheitskräften hinsichtlich Missbrauchs und Korruption, und die Sicherheitskräfte operieren unabhängig und generell außerhalb des Gesetzes. Es gab im Jahr 2015 keine Berichte von Aktionen der Regierung zur Reformierung der Sicherheitskräfte oder der Polizei (USDOS 13.4.2016; vgl. GS 21.3.2016).

Die Shabiha bzw. die NDF und andere paramilitärische Gruppierungen mit Verbindung zum syrischen Regime sind an Menschenrechtsverletzungen beteiligt, darunter auch Massaker, willkürliche Tötungen, Entführungen von Zivilisten, willkürliche Festnahmen und Vergewaltigung als Kriegstaktik (USDOS 13.4.2016, zu Shabiha und NDF siehe USCIRF 4.2016). Die Einheiten, welche auf der Seite der Asad-Regierung kämpfen, sind sehr vielfältig. Manche davon gehören regulären Streitkräften an, andere gehören zu verschiedenen Milizen. Manche bestehen aus nicht mehr als ein paar Dutzend Männern, andere Gruppen bestehen aus tausenden Männern und besitzen ihre eigenen Trainingscamps und Netzwerke. Auch Russland und der Iran unterstützen Asad militärisch (BBC 12.12.2016)."

Quellen:

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BBC News (12.12.2016): Syrian conflict: Assad’s fragmenting military, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-38289313, Zugriff 5.1.2016

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GS - Global Security (21.3.2016): Syria Intelligence & Security Agencies,

http://www.globalsecurity.org/intell/world/syria/intro.htm, Zugriff 01.12.2016

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USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (4.2016): United States Commission on International Religious Freedom 2016 Annual Report; 2016 Country Reports: Tier 1 CPCs recommended by USCIRF; Syria,

http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1470833528_uscirf-ar-2016-tier1-2-syria.pdf, Zugriff 19.12.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Syria, http://www.ecoi.net/local_link/322447/461924_de.html, Zugriff 1.12.2016

1.1.4.1. Zivile und militärische Sicherheits- und Nachrichtendienste

"Syrien verfügt über eine Myriade von Sicherheits- und Geheimdiensten mit überlappenden Mandaten zur Sammlung von Informationen über die innere Sicherheit. Diese Einheiten können Gegner des Regimes festnehmen und neutralisieren (GS 21.3.2016). Die zahlreichen syrischen Sicherheitsbehörden arbeiten autonom und ohne klar definierte Grenzen zwischen ihren Aufgabenbereichen (USDOS 13.4.2016).

Es gibt vier Hauptzweige der Sicherheits- und Nachrichtendienste. Der Militärische Nachrichtendienst, der Luftwaffennachrichtendienst und das Direktorat für Politische Sicherheit unterstehen dem Innenministerium. Das Allgemeine Nachrichtendienstdirektorat ist eine alleinstehende Organisation und untersteht direkt dem Präsidenten. Diese vier Dienste arbeiten unabhängig voneinander und größtenteils außerhalb des Justizsystems, überwachen einzelne Staatsbürger und unterdrücken Stimmen innerhalb Syriens, die vom Regime abweichen (USDOS 13.4.2016; vgl. GS 21.3.2016).

Der Staatssicherheitsapparat wird verwendet, um den Aufstand zu unterdrücken (UK HOME 11.9.2013; vgl. GS 21.3.2016). Die größeren Organisationen haben ihre eigenen Gefängniszellen und Verhörzentren (UK HOME 11.9.2013; vgl. UNHRC 3.2.2016)."

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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