TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/11 W201 2116580-1

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Veröffentlicht am 11.01.2018
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Entscheidungsdatum

11.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W201 2116580-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, Nikolsdorfergasse 7-11/2, 1050 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Salzburg vom 12.10.2015, GZ: 1027250400-14850624 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.11.2017:

A)

beschlossen:

I. Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

zu Recht erkannt:

II. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG wird der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

III. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wird dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 04.08.2014 (Tag der Antragstellung) illegal in das Bundesgebiet ein und stellte an diesem Tag bei der PI XXXX AGM einen Asylantrag.

Am 18.08.2014 wurde der Beschwerdeführer durch Organe des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Dari einvernommen.

Der Beschwerdeführer gab sinngemäß an, dass er in Afghanistan mit seiner Mutter auf dem Weg in die nächste größere Stadt gewesen sei, um sie dort ärztlich behandeln zu lassen. Sie seien mit einem VAN mitgefahren. In der Ortschaft XXXX sei das Auto von einer bewaffneten Gruppe angehalten worden. Er und ein jüngerer Mann seien aussortiert worden, die anderen hätten wieder einsteigen dürfen. Als die Insassen des Autos geweint und geschrien hätten, hätten die Bewaffneten Schüsse in die Luft abgegeben. Es seien ihm dann die Augen verbunden und er sei in ein Haus gebracht worden. Der Aufenthalt in dem Haus habe ca 3 bis 4 Wochen gedauert. Es wäre versucht worden, ihn und die anderen dort auf den heiligen Krieg vorzubereiten. Im Zuge einer Fahrt zu einem Supermarkt habe er einen günstigen Moment zur Flucht genutzt und sich auf der Ladefläche eines LKW versteckt. Der LKW sei schlussendlich bis zur pakistanischen Landesgrenze gefahren. Über Umwege sei er nach XXXX gekommen und habe von dort aus seinen Onkel angerufen. Dieser habe gemeint, dass sich der Beschwerdeführer in Lebensgefahr befinde und dass er das Land verlassen solle. Ein Schlepper habe ihn schließlich aus dem Land gebracht.

Der Beschwerdeführer habe in Afghanistan in der Landwirtschaft und auch beim Schneidern mitgeholfen. Er habe 4 Klassen der Grundschule besucht. Er könne nicht in ein Land zurückkehren, wo es keine Arbeit und Schulbildung gebe. Es warte auf ihn Unsicherheit, Krieg und der Tod. Der Beschwerdeführer besuche einen Deutschkurs und lerne für seinen Pflichtschulabschluss. Er sei politisch nicht aktive gewesen und gehöre der Volksgruppe der Hazare an. Er sei Schiit. Er habe in Afghanistan keine Probleme mit der Polizei gehabt. Er sei gesund, vermisse aber seine Familie.

2. Am 12.10.2015 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD Salzburg, den nunmehr angefochtenen Bescheid, in dem

I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.08.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen,

II. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen,

III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wurde und festgestellt wurde, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und

IV. Festgestellt wurde, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer staatlichen Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Diese Fluchtgründe seien von ihm selbst bei der Befragung verneint worden.

Es seien auch keine Umstände bekannt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr einer Gefährdung iSd Art 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrsche, dass das Überleben in Frage gestellt sei.

3. Der Beschwerdeführer brachte am 23.10.2015 fristgerecht eine Beschwerde ein. Sein Vorbringen sei genügend substantiiert gewesen. Er habe Afghanistan aus wohlbegründeter Furcht verlassen, weil sein Leben in Gefahr gewesen sei. Das BFA habe sich unzureichend mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt, er ersuche um Stattgebung seiner Beschwerde.

4. Am 16.11.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung des für Afghanistan länderkundigen Sachverständigen, Dr. RASULY, statt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sah von einer Teilnahme ab. Die Verhandlung wurde auf Wunsch des Beschwerdeführers in die Sprache Dari übersetzt.

Ergebnis der mündlichen Verhandlung (auszugsweise):

Der Beschwerdeführer habe keine bestimmte Erkrankung. Seit Erhalt der negativen Entscheidung gehe es ihm aber psychisch nicht gut.

Er nehme Tabletten gegen Kopfschmerzen. Wegen der psychischen Beschwerden sei er noch nicht beim Arzt gewesen, weil er geglaubt habe, dass es ihm besser gehen werde.

Er besitze keine Identitätsdokumente aus seinem Heimatland, z.B. eine Tazkira, er habe nie Dokumente besessen.

Er habe in der Stadt XXXX im Distrikt XXXX im Dorf XXXX im Teil XXXX gelebt.

Seine Familie habe ein eigenes Haus, aber sie leben zurzeit nicht im Heimatdorf.

Die Familie sei bei einem Onkel mütterlicherseits in XXXX in Pakistan.

Der Beschwerdeführer habe als Landarbeiter gearbeitet. Er habe auch seine Mutter unterstützt.

Der Onkel sei nach Pakistan gegangen, da im letzten Jahr, er glaube 2016, ein Sohn von ihm bei einer Explosion getötet worden sei.

Auf die Frage des SV, in welchem Teil von Afghanistan die Explosion stattgefunden habe, antwortet der Beschwerdeführer, dass dies in XXXX, in der Nähe vom Dorf, wo sie gelebt hätten, gewesen sei.

Der Beschwerdeführer selbst sei nie in XXXX gewesen. Sein Vater sei tot. Die Taliban hätten ihn getötet. Damals sei der Beschwerdeführer noch ein Kind gewesen. Er habe seinen Vater nie gesehen. Es sei damals ca. 4 Jahre alt gewesen.

Entgegen der Ansicht des SV beharrte der Beschwerdeführer darauf, dass schon zur damaligen Zeit zur Herrschaft der Taliban Leute geköpft worden seien, so auch sein Vater.

Der Beschwerdeführer habe drei Jahre die Schule besucht. Er habe zwar die vierte Klasse begonnen, jedoch habe er nicht gut lesen können. Er sei nicht regelmäßig zur Schule gegangen. Er sei muslimischer Shiit und Hazara.

Der Beschwerdeführer habe immer gehört, dass man Leute wie ihn festnimmt und Shiiten töte.

Betreffend die Fluchtgründe führte der Beschwerdeführer aus, die Taliban hätten ihn entführt und mitgenommen. Einige bewaffnete Personen hätten sich vor das Auto gestellt. Dieses hätte anhalten müssen. Ein jüngerer Bursch und der Beschwerdeführer hätten am Straßenrand stehen bleiben müssen. Die Bewaffneten hätten einen Luftschuss abgefeuert und dem Lenker gesagt, wenn er nicht weiterfahre, dann würden sie alle Fahrgäste töten. Gefesselt und mit Augenbinde habe er in ein Auto einsteigen müssen. Jeden Morgen sei er zum Morgengebet aufgeweckt worden.

Die RV des Beschwerdeführers führte aus, dass der Beschwerdeführer schon seit mehr als 3 Jahren in Österreich lebe und von Anfang an bemüht gewesen sei, die deutsche Sprache zu lernen, mittlerweile spreche er Deutsch auf B1 Niveau und habe seinen Pflichtschulabschluss erfolgreich absolviert. Seit 20.04.2017 arbeite er als Restaurantfachmannlehrling in einem Hotel und sei sohin selbsterhaltungsfähig und beziehe keine Grundversorgung mehr. Im Laufe des Aufenthaltes in Österreich habe er mehrmals gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet. Der Beschwerdeführer seit sprachlich, wirtschaftlich und sozial in Österreich gut verankert. Er habe viele österreichische Freunde, die hinter ihm stehen und ihn unterstützen. Er sei verwaltungsrechtlich und strafrechtlich unbescholten und höre man in seiner Gegend nur Gutes über ihn. Weiters sei er in der Universität inskribiert um dort weiterbildende Kurse zu absolvieren. Er besitze auch die Karte der Stadtbibliothek, um sich dort ebenfalls weiterzubilden. Aus all diesen Gründen ersuche sie das Gericht, die Rückkehrentscheidung auf Dauer als unzulässig zu erklären und ziehe gleichzeitig die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Er hat in Österreich am 04.08.2014 einen Asylantrag gestellt.

Der Beschwerdeführer hat im Zuge der mündlichen Verhandlung am 16.11.2017 vor dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. zurückgezogen.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage. Er lebt seit August 2014, also seit über drei Jahren im österreichischen Bundesgebiet, ist, wie aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich, arbeitswillig und stark bestrebt, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Er beherrscht Deutsch auf B1-Niveau. Er arbeitet legal in Österreich (Absolvierung einer Lehre als Restaurantfachmann mit einem Netto-Monatseinkommen von 647,56 Euro), finanziert sich seinen Unterhalt dabei selbst. Der Beschwerdeführer ist sozial und karitativ engagiert und konnte eine Vielzahl von Referenzschreiben vorlegen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den Akten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts sowie dem Ermittlungsergebnis im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.11.2017. Die Feststellungen zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich vor allem aus den von ihm vorgelegten, unter Punkt I. aufgezählten, Dokumenten. Die Feststellung einer erlaubten Erwerbstätigkeit ergibt sich aus dem Lehrvertrag vom 24.04.2017 und das Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze ergibt sich aus den beigebrachten Lohnabrechnungsblättern.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt (§ 58 Abs. 2 VwGVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I.:

Einstellung des Verfahrens bezüglich der Spruchpunkte I. und II. des bekämpften Bescheides wegen Zurückziehung der Beschwerde:

Gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd. § 31 Abs. 1 VwGVG. Eine Verfahrenseinstellung ist unter anderem dann vorzunehmen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 29.04.2015, Zl. Fr. 2014/20/0047).

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 16.11.2016 die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. ausdrücklich zurückgezogen. Bezüglich des Spruchpunktes III. wurde die Beschwerde aufrechterhalten.

Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Für einen Rechtsmittelverzicht bestehen grundsätzlich keine besonderen Formerfordernisse, daher ist auch die Zurückziehung der Beschwerde einem Beschwerdeverzicht gleichzuhalten. Eine solche Zurückziehung ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 13 Abs. 7 AVG). Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist, sodass die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (siehe Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015], Rz 20 zu § 7 VwGVG;

Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2013], K 5 ff. zu § 7 VwGVG).

Da im gegenständlichen Fall eine ausdrückliche und unmissverständliche Erklärung des Beschwerdeführers frei von Willensmängeln vorliegt, war das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des bekämpften Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG einzustellen.

Zu Spruchpunkt II. und III.:

Anzuwendende gesetzliche Bestimmungen:

§ 9 BFA-VG:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

§ 54 AsylG:

(1) Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden Drittstaatsangehörigen erteilt als: 1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,

2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.

(2) Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 sind für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sind nicht verlängerbar. (

.)

§ 55 AsylG lautet:

1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

§ 58 Abs. 2 AsylG lautet:

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

§ 5 Abs. 2 ASVG lautet:

Ein Beschäftigungsverhältnis gilt als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 425,70 € gebührt ( .).

Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre (§ 9 Abs. 3 BFA-VG).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs und verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung, nunmehr Rückkehrentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Im Fall Slivenko differenzierte der EGMR für den Fall einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erstmals zwischen Aspekten des Familienlebens (das idR auf die "Kernfamilie") beschränkt sei und des Privatlebens: Unter diesen Begriff fallen "persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind" Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, ÖJZ 2007/74, 853). Die Ausweisung kann daher nicht nur im Fall der Zerstörung des Familienlebens unzulässig sein, sondern auch dann wenn ein Fremder zwar nicht familiäre, aber sonstige persönliche Bindungen zum Aufenthaltsstaat entwickelt hat. Im Gegensatz zum Familienleben, das im Kern unabhängig von zeitlichen Kriterien zu beurteilen ist, ist für das Entstehen eines schutzwerten Privatlebens der zeitliche Aspekt von maßgeblicher Bedeutung. Weitere Abwägungskriterien sind: wirtschaftliche Integration, Selbsterhaltungsfähigkeit und soziale Verfestigung. (vgl EGMR 08.04.2008, Nnyanzi gg. das Vereinigte Königreich, Appl. 21.878/06; 04.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582;

09.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560;

16.06.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst (EGMR 27.10.1994, Kroon u.a. gg. die Niederlande, ÖJZ 1995, 296; siehe auch VfGH 28.06.2003, G 78/00), sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215); dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind.

Nicht zuletzt berücksichtigt der EGMR, mit welchen Schwierigkeiten der Partner (Familienangehörige) der betroffenen Person im Herkunftsstaat/Zielstaat der aufenthaltsbeendenden Maßnahme konfrontiert wäre (Putzer, Asylrecht2, Rz 337a), wobei der Umstand, dass eine Person, die ihren Partner in dessen Herkunftsland begleitet, mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert sein wird, für sich allein nicht geeignet ist, ein aufenthaltsbeendende Maßnahme unzulässig zu machen.

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR, des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, ob er an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügt und ihm bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423; VfGH 17.03.2005, G 78/04).

Wie schon erwähnt, mindert die Tatsache, dass der Aufenthalt nur aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung rechtmäßig ist, das Gewicht der privaten Interessen, die aus einer in dieser Zeit vollzogenen Integration resultieren. Mit Zunahme der Aufenthaltsdauer tritt aber auch der Aspekt des aufenthaltsrechtlichen Status zunehmend in den Hintergrund, sodass in diesem Zeitraum entstandene persönliche oder gar familiäre Bindungen sich auf die Interessenabwägung mitunter entscheidend zugunsten einer Abstandnahme von der Ausweisung auswirken können. Dies setzt naturgemäß voraus, dass keine besonderen Umstände zulasten des/der Asylwerbers/Asylwerberin hinzukommen, wie z.B. strafgerichtliche Verurteilungen.

Private Interessen am Verbleib im Bundesgebiet können facettenreich sein. Tendenziell ist eine (regelmäßige) Erwerbstätigkeit und vor allem die damit verbundene Selbsterhaltungsfähigkeit ein wichtiger Aspekt. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.04.2006, 2005/18/0560, dürfte mitentscheidend gewesen sein, dass der Beschwerdeführer seit fast fünf Jahren ununterbrochen, noch dazu beim selben Dienstgeber, legal beschäftigt war. Für die wirtschaftliche Integration ist nicht maßgeblich, ob es sich um eine qualifizierte Tätigkeit handelt. Hingegen erachtet der Verwaltungsgerichtshof die Integration als gemindert, wenn Unterstützungszahlungen karitativer Einrichtungen oder bloße Gelegenheitsarbeiten den Unterhalt gewährleisten oder Sozialhilfe bezogen wurde (vgl VwGH 26.04.2005, 2005/21/0063, VwGH 11.10.2005, 2002/21/0124, VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 ua).

Aspekte zugunsten des/der Fremden können neben Verwandten und Freunden im Inland auch Sprachkenntnisse und ausreichender Wohnraum sein. (vgl VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 u. a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff). In Anbetracht der meistens nicht sehr langen Aufenthaltsdauer und des "abgeschwächten" Aufenthaltsrechts werden strafgerichtliche Verurteilungen die Interessenabwägung erheblich zu Ungunsten der privaten Interessen verschieben. Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration

Zugunsten minderjähriger Asylwerber/Asylwerberinnen beziehungsweise minderjähriger Familienangehöriger ist der Schulbesuch und ein besonderer Schulerfolg oder eine Berufsausbildung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer wird bei Kindern häufig schon eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausreichen, um eine Verwurzelung im Gastland festzustellen. Auch kommt bei Kindern dem Bezug von Sozialhilfeleistungen (durch ihre Eltern) keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn zur Beurteilung einer Verfestigung in Österreich und der Frage einer Reintegration im Heimatstaat alle Umstände - und damit auch die familiären Verhältnisse - zu berücksichtigen sind (vgl VfSlg 16.657/2002; VwGH 19.10.1999, 99/18/0342 u.a.).

Der Aspekt der Bindungen zum Heimatstaat steht in direkter Beziehung zur Integration im Bundesgebiet: Je länger der Aufenthalt im Gastland, desto stärker wird der Verlust an Bindungen zum Heimatland sein. Mit der Abnahme von Bindungen zum Herkunftsstaat wird in der Regel auch der Integrationsgrad im Bundesgebiet zunehmen. Das Fehlen jeglicher Verwandter und sonstiger Bezugspersonen im Heimatland wird ebenso wie der zwischenzeitlich eingetretene Verlust der Sprache des Heimatlandes für die Frage der Zumutbarkeit einer Reintegration maßgebliche Bedeutung erlangen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 858 f.).

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Der Beschwerdeführer lebt seit August 2014, also seit über drei Jahren, im österreichischen Bundesgebiet. Sein daraus resultierender Aufenthalt war zwar nur ein vorläufig berechtigter und der Beschwerdeführer musste sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein, jedoch ist hier - im Sinne der oben angeführten Judikatur - auch der hohe Grad seiner Integration zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage. Er ist arbeitswillig und augenscheinlich stark bestrebt, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Er beherrscht Deutsch derzeit auf B1-Niveau und hat bereits den Pflichtschulabschluss nachgeholt.

Der Beschwerdeführer arbeitet legal in Österreich (absolviert eine Lehre als Restaurantfachmann) und finanziert sich seinen Unterhalt dabei selbst.

Sein monatliches Einkommen liegt bei 647,56 Euro und liegt daher über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

Er wohnt in einer Wohnung in Untermiete und bezieht keinerlei Unterstützung seitens des Staates oder karitativer Organisationen. Auch ist er sozial und karitativ engagiert und konnte eine Vielzahl von Referenzschreiben vorweisen und damit seine soziale Integration belegen. Auch von seinem Lehrbetrieb konnte er ein Schreiben beibringen, in dem sein Leistungswille, sein Auftreten und seine reife Persönlichkeit lobend hervorgehoben wird.

Die Dauer seines Asylverfahrens ist dem Beschwerdeführer nicht zurechenbar (vgl. VfGH vom 21.02.2014, U 2552/2013).

Bereits aufgrund der Aufenthaltsdauer in Österreich gibt es keinen Hinweis darauf, dass seine Bindungen an den Herkunftsstaat besonders intensiv wären. Unter diesen Umständen fällt es nicht entscheidend ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer keine familiären Bindungen iSd Art. 8 EMRK in Österreich hat. Im Zusammenhalt mit der Aufenthaltsdauer und der wirtschaftlichen und sozialen Integration ergibt sich bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung, dass der mit seiner Außerlandesbringung verbundene Eingriff in sein Privatleben unzulässig ist.

Damit überwiegen aufgrund von Umständen, die nicht bloß vorübergehend sind, die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen, weshalb eine Rückkehrentscheidung/Ausweisung einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht darstellen würde.

Es war daher die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (Spruchpunkt II.)

Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z1 und Z 2 zweiter Satz AsylG (erlaubte Erwerbstätigkeit mit einem Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze), daher ist ihm eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen (Spruchpunkt III.).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die unter Punkt 3 angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus, Deutschkenntnisse, Integration,
Interessenabwägung, Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig,
Selbsterhaltungsfähigkeit, Verfahrensdauer, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W201.2116580.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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