TE Bvwg Beschluss 2018/1/11 W131 2181786-1

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Veröffentlicht am 11.01.2018
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Entscheidungsdatum

11.01.2018

Norm

BVergG 2006 §108 Abs1 Z2
BVergG 2006 §129 Abs1 Z2
BVergG 2006 §131
BVergG 2006 §132 Abs1
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §312 Abs2
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §322 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §328 Abs4
BVergG 2006 §328 Abs5
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs2
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
BVergG 2006 §330
BVergG 2006 §69 Z1
B-VG Art.133 Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W131 2181786-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über den Antrag der anwaltlich vertretenen Antragstellerin XXXX auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit der Ausscheidensentscheidung zu Lasten der ASt vom 28.12.2017 im Vergabeverfahren der Auftraggeberin Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (= GKK = AG) "GP-Leistungen und ÖBA für das Bauvorhaben ‚Kundenservice Freistadt Neu‘" beschlossen:

A)

Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird zur Gänze abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die ASt brachte am 04.01.2018 einen Nachprüfungsantrag gegen eine Ausscheidensentscheidung in dem im Entscheidungskopf ersichtlichen Vergabeverfahren

ein.

Inhaltlich handelt der gegenständliche Vergaberechtsstreit darum, inwieweit die unstrittige Insolvenz eines Subunternehmers zum Ausscheiden der ASt zu führen hat.

Zur Absicherung des Nachprüfungsantrags wurde eine einstweilige Verfügung (= eV) beantragt.

Die GKK nahm anwaltlich vertreten zum eV – Antrag nicht näher Stellung, spricht aber in einer am 09.01.2018 bei BVwG protokollierten Eingabe synchron mit dem Text der Ausscheidensentscheidung im gegenständlichen Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung davon, dass der ausscheidens- und damit streitzentrale insolvente Subunternehmer der ASt ein notwendiger Subunternehmer der ASt wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Über den Verfahrensgang hinaus ist vorerst festzustellen, dass insb auch nach dem Standpunkt der GKK in diesem Vergabeverfahren noch eine Zuschlagsentscheidung vor einem Zuschlag zu ergehen hätte.

Primär wurde eine eV beantragt, das Vergabeverfahren auszusetzen, was maW bedeutet, dass das ganze Vergabeverfahren unterbrochen werden soll.

Eventualiter dazu wurde beantragt, für die Dauer des

Nachprüfungsverfahrens zu untersagen, den Zuschlag ... zu erteilen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang bzw die sonstigen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt der Akten zu den Verfahrenszahlen W131 2181786-1 und

2.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 291 BVergG ist das BVwG zur Vergabekontrolle im Bundesvollzugskompetenzbereich gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG zuständig. Die Zuständigkeit des BVwG zur Vergabekontrolle ist gegenständlich unstrittig.

Gemäß § 6 BVwGG iVm § 292 BVergG idF BGBl I 2016/7 entscheidet das BVwG gegenständlich in Einzelrichterbesetzung und wendet dabei abseits von Sonderverfahrensvorschriften gemäß § 311 BVergG das Verfahrensrecht des VwGVG und subsidiär des AVG an.

A) Zur nicht erlassenen einstweiligen Verfügung

3.2. Zur Zulässigkeit und Unbegründetheit der einstweiligen Verfügung.

3.2.1. Zu den Formalvoraussetzungen und gesetzlichen Eckdaten der eV ist auszuführen wie folgt:

Gemäß § 312 Abs 2 BVergG idgF (hier gemäß BGBl I 2016/7) ist die Erlassung einer eV nach den §§ 328ff BVergG bis zum Zuschlag bzw Widerruf zulässig.

Der Zuschlag wurde nach den bisherigen Verfahrensergebnissen noch nicht erteilt und auch der Widerruf nicht erklärt, bzw existieren dz -nach den an dieser Stelle zusätzlich festgehaltenen und unstrittigen Verfahrensergebnissen - weder eine Zuschlagsentscheidung noch eine Widerrufsentscheidung.

Die §§ 328 bis 330 BVergG lauten idgF in den hier interessierenden Teilen:

Einstweilige Verfügungen

Antragstellung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers und des Antragstellers einschließlich deren Faxnummer oder elektronischer Adresse,

2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 320 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,

3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,

4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,

5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(3) Wenn noch kein Nachprüfungsantrag [ ]

(4) Wird ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zwar rechtzeitig gestellt, [ ]. Eine allenfalls erlassene einstweilige Verfügung tritt in diesem Fall mit Ablauf der in § 321 bezeichneten Frist bzw. mit dem Zeitpunkt der Zurückziehung des Nachprüfungsantrages außer Kraft. Der Antragsteller und der Auftraggeber sind vom Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung zu verständigen.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat den betroffenen Auftraggeber vom Einlangen eines Antrages auf einstweilige Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufs oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehrt wird, unverzüglich zu verständigen. Anträgen auf einstweilige Verfügung, die die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufs oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehren, kommt ab Zugang der Verständigung vom Einlangen des Antrages bis zur Entscheidung über den Antrag aufschiebende Wirkung zu. Der Auftraggeber darf bis zur Entscheidung über den Antrag

1. bei sonstiger Nichtigkeit den Zuschlag nicht erteilen oder die Rahmenvereinbarung nicht abschließen, bzw.

2. bei sonstiger Unwirksamkeit das Vergabeverfahren nicht widerrufen, bzw.

3. die Angebote nicht öffnen.

(6) Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Verständigung an den Auftraggeber [...]

(7) Ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

Erlassung der einstweiligen Verfügung

§ 329. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.

Verfahrensrechtliche Bestimmungen

§ 330. (1) Im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung muss keine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden.

(2) Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind der Antragsteller und der Auftraggeber.

(3) Über Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen ist unverzüglich, längstens jedoch binnen sieben Werktagen nach Einlangen des Antrages zu entscheiden. Musste der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, ist über ihn längstens binnen zehn Werktagen zu entscheiden. Die Frist ist gewahrt, wenn die Erledigung an alle Parteien nachweislich vor ihrem Ablauf abgesendet wurde.

(4) In Verfahren betreffend die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gilt § 35 AVG mit der Maßgabe, dass [ ].

3.2.2. § 329 Abs 1 BVergG verlangt iZm der Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Interessensabwägung.

Das BVA hat insoweit zB bereits am 05.02.2013 zu N/0006-BVA/08/2013-EV33 zur Zwecksetzung der eV gemäß §§ 328ff BVergG ausgeführt wie folgt:

... 328 Abs 2 Z 1 BVergG verlangt vom Antragsteller auch im Provisorialverfahren die Bezeichnung der gesondert anfechtbaren Entscheidung, die im Nachprüfungsantrag bekämpft wird.

Wenn nunmehr § 329 Abs 4 BVergG jedwede eV spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesvergabeamts über den Nichtigerklärungsantrag wider die gesondert anfechtbare Entscheidung außer Kraft treten lässt; bzw die eV nach § 328 Abs 4 BVergG 2006 bei Zurückziehung des Nachprüfungsantrags außer Kraft tritt, ist damit ersichtlich, dass die eV nach den §§ 328ff BvergG ausschließlich zur Absicherung des Rechtsgestaltungsbegehrens gemäß § 322 Abs 1 Z 7 BVergG dient.

Rechtserhebliche Sicherungsinteressen gemäß § 329 Abs 1 BVergG sind daher der Antragstellerin insoweit zuzubilligen, als mit der Provisorialentscheidung verhindert wird, dass das Nachprüfungsbegehren auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung (-en) gemäß § 312 Abs 2 BVergG während des Nachprüfungsverfahrens unzulässig bzw sonst sinnentleert würde. ...

3.2.3. Der ASt ist unter Zugrundelegung des vorstehend dargestellten Zwecks der eV gemäß §§ 328ff BVergG kein rechtserhebliches Sicherungsinteresse an einer gänzlichen Aussetzung, sprich einem gänzlichen Verbot der Vergabeverfahrensfortsetzung zuzubilligen, wie im Primärbegehren beantragt, da ihr Rechtsgestaltungsbegehren erst mit Zuschlagserteilung unzulässig würde, wie derzeit von der AG wohl am Ende des Vergabeverfahrens beabsichtigt.

Das primäre Sicherungsbegehren war daher mangels rechtserheblichen Sicherungsinteresses der ASt an dieser umfassenden Maßnahme abzuweisen, zumal diese auch nicht das gelindeste Mittel gemäß § 329 Abs 3 BVergG wäre.

3.2.4. Zur Abweisung des Eventualbegehrens, gerichtet auf die Untersagung der Zuschlagserteilung, ist vorerst festzuhalten, dass eine Zuschlagschance für einen ausgeschriebenen Leistungsvertrag iSd unionsrechtlich zu prästierenden effektiven Rechtsschutzes unionsrechtskonform erst dann als verloren normiert sein kann, wenn zuvor sämtliche noch im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter die Chance hatten, die dem Zuschlag unmittelbar vorangehende Entscheidung mit Nachprüfungsantrag zu bekämpfen.

Dieses Konzept ist derzeit insb in Art 2a RL 89/665/EWG idgF unionsrechtlich positiviert, wo festgeschrieben ist, dass grundsätzlich jeder betroffene Bieter derzeit eine Zuschlagsentscheidung zugesandt zu erhalten hat; und dass dabei auch ein noch nicht endgültig ausgeschiedener Bieter betroffen von einer Zuschlagsentscheidung ist.

3.2.4.1. Innerösterreichisch umgesetzt ist dieses Konzept damit, dass in einem Vergabeverfahren, das wie hier mit Zuschlagserteilung beendbar ist, zuvor grundsätzlich eine Zuschlagsentscheidung an die im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter - gemäß § 131 und § 132 Abs 1 BVergG idF BGBl I 2016/7 bei sonstiger Nichtigkeit zuzumitteln ist, wobei die im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter danach einen Nachprüfungsantrag gegen die Zuschlagsentscheidung einbringen können und diesen mit einem eV - Begehren auf Untersagung des der Zuschlagserteilung absichern können.

Bereits ab Zustellung eines solchen Antrags an den Auftraggeber durch das BVwG ist bewirkt, dass kein wirksamer Zuschlag mehr erteilt werden kann - § 328 Abs 5 Z 1 BVergG idF BGBl I 2016/7. Eine eV - Entscheidung des BVwG mit dem Ausspruch der Untersagung der Zuschlagserteilung ist danach mit der identen Nichtigkeitssanktion bewehrt - § 329 Abs 2 BVergG idgF.

3.2.4.2. Da das gegen die Ausscheidensentscheidung zu Lasten der ASt gerichtete Nichtigerklärungsbegehren noch nicht entschieden ist, ist dieses Ausscheiden noch nicht bestandfest bzw noch nicht endgültig iSv Art 2a Rl 89/665/EWG idgF; und hat die ASt derzeit noch den gesetzlichen und gemäß § 132 Abs 1 BVerG nichtigkeitssanktionierten Anspruch auf Zumittlung einer Zuschlagsentscheidung, die sie dann mit Nachprüfungsantrag bekämpfen könnte, wobei dieser mit dem Nachprüfungsantrag gegen die Zuschlagsentscheidung geltend machbare Rechtsgestaltungsanspruch wiederum mit einem durch einen weiteren eV - Antrag, gerichtet auf Untersagung der Zuschlagserteilung, abgesichert werden kann.

Dieser letztgenannte eV - Antrag würde der Wahrung der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags gegen die Zuschlagsentscheidung gemäß § 312 Abs 2 BVergG dienen, wohingegen der ASt mangels bisheriger Zuschlagsentscheidung derzeit eben noch keine unmittelbare Schädigung ihrer gemäß § 328 Abs 1 Z 4 und § 329 rechtserheblichen Interessen (an der Aufrechterhaltung der Zulässigkeit bzw grundsätzlich fortgesetzten Sinnhaftigkeit ihres Nachprüfungsantrags) droht.

Da der ASt durch die bislang ergangene Ausscheidensentscheidung maW noch keine unmittelbare Schädigung ihrer rechtserheblichen Interessen iSd § 328 Abs 1 Z 4 und § 329 BVergG droht, zumal eben wie oben dargelegt nach der eV - Zwecksetzung nur solche - hier nicht feststellbaren - Interessen der ASt relevant sein könnten, die im Zusammenhang mit der drohenden Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags gegen die Ausscheidensentscheidung bzw mit dessen drohender Sinnentleerung stehen, war das Eventualbegehren gleichfalls mangels gemäß § 329 Abs 1 iVm Abs 3 BVergG rechtserheblicher Sicherungsinteressen der ASt - abzuweisen.

3.2.5. Bei dem vorstehenden Ergebnis musste obiter in diesem Provisorialverfahren (und iSd verfahrensökonomisch gebotenen Bekanntgabe der anstehend erscheinenden Erörterungen im Nachprüfungsverfahren) hier nicht näher ermittelt und erörtert werden, inwieweit der gegenständliche Nachprüfungsantrag vor dem Hintergrund aktueller Rsp entsprechende Erfolgsaussichten iSv EuGH Rs C-424/01 aufweist, um eine eV sachgerecht zu erlassen.

Die GKK spricht insoweit in ihrer angefochtenen Ausscheidensentscheidung und in ihrer Stellungnahme vom 09.01.2018 beim gegenständlich streitzentral insolventen Subunternehmer der ASt von einem notwendigen Subunternehmer der ASt, während die ASt auf Seite 8 ihres Nachprüfungsantrags mit einem insoweit nicht erforderlichen Subunternehmer argumentieren dürfte. Moick betitelte nämlich idZ jüngst in der ZVB 2017/121 seinen Kurzbericht zu EuGH Rs C-223/16 mit "EuGH: Verlust der Eignung des erforderlichen Subunternehmers führt zum Ausschluss des Bieters".

Insoweit wird es aus dz unpräjudizieller Sicht vor dem Hintergrund der gegenständlich tragenden Begründung erst Sache des Nachprüfungsverfahrens sein, endgültig zu ermitteln und zu erörtern, ob gegenständlich ein erforderlicher oder nicht erforderlicher Subunternehmer der ASt insolvent geworden ist und ob insoweit die Insolvenz eines Subunternehmers zB auch vor dem Hintergrund der Nachprüfungsausführungen der ASt rechtlich zum Ausscheiden der ASt führt, nachdem der VwGH insoweit zu Zl Ra 2017/04/0055 am 29.06.2017 ausgeführt hat:

38 Gemäß § 69 Z 1 BVergG 2006 muss die Eignung beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen. Aber auch in diesem Zusammenhang ist zwischen dem erforderlichen und dem nicht erforderlichen Subunternehmer zu unterscheiden:

39 Nennt ein Bieter gemäß § 108 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 einen Subunternehmer zum Nachweis seiner Eignung, so muss dieser Nachweis - nach wie vor - zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung (und während des gesamten Vergabeverfahrens bis zur Zuschlagserteilung; vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, Ro 2014/04/0062, mwN, wonach die Eignung nach den im § 69 BVergG 2006 genannten Zeitpunkten nicht mehr verloren gehen darf) erbracht werden.

40 Nennt der Bieter, der selbst den Nachweis seiner Eignung zum Zeitpunkt des § 69 Z 1 BVergG 2006 erbringt, dagegen im Angebot einen nicht erforderlichen Subunternehmers, so führt auch dessen fehlende Eignung nach dem Obgesagten nicht dazu, dass das Angebot gemäß § 129 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 ausgeschieden werden muss. Vielmehr erbringt in einem solchen Fall der Bieter selbst den Nachweis der erforderlichen Eignung. ...

Der EuGH hat idZ, was gleichfalls in weiterer Vorbereitung des Nachprüfungsverfahrens bereits hier erwähnt sei, seinerseits in der Rdnr 39 des von Moick referenzierten Urteils ausgeführt:

39 Wie der Generalanwalt in Nr. 47 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, würde die ausschließlich einer Arbeitsgemeinschaft auf nicht vorhersehbare Weise gewährte Möglichkeit, ein zu ihr gehörendes Drittunternehmen, das eine unter Meidung des Ausschlusses erforderliche Qualifikation verloren hat, eine wesentliche Änderung des Angebots und der Identität der Arbeitsgemeinschaft darstellen. Eine solche Änderung des Angebots würde nämlich den öffentlichen Auftraggeber dazu zwingen, neue Überprüfungen vorzunehmen, und der Arbeitsgemeinschaft, die versuchen könnte, ihr Angebot zu optimieren, um sich im Vergabeverfahren besser gegen ihre Mitbewerber durchzusetzen, einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Zu

B) Zulässigkeit der Revision

3.3. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Das BVwG hat bereits zu W123 2151680-1/2Eausgeführt wie folgt:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt; dies weil die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 9. August 2010, AW 2010/04/0024, ausgeführt:

"Durch die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung an die gegenständliche Beschwerde würde die am 27. Mai 2010 für die Dauer von höchstens sechs Wochen erlassene einstweilige Verfügung nicht wieder in Kraft treten (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 11. August 2008, Zl. AW 2008/04/0043). Die Beschwerdeführerin würde vielmehr lediglich so gestellt, als ob das Nachprüfungsverfahren ohne aufrecht bestehende einstweilige Verfügung anhängig wäre. Diesfalls könnte die Beschwerdeführerin jedoch – entgegen ihrer offenbaren Ansicht – nicht als ‚im Vergabeverfahren verbliebene Bieterin‘ angesehen werden, der gemäß § 131 Bundesvergabegesetz 2006 die Zuschlagsentscheidung mitzuteilen ist und die diese Entscheidung daher anfechten kann (vgl. dazu auch den hg. Beschluss vom 10. Dezember 2007, Zl. AW 2007/04/0054, mit dem der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde gegen die Abweisung eines von einer ausgeschiedenen Bieterin gestellten Antrages auf einstweilige Verfügung mit der Begründung stattgegeben hat, dass ohne die dem Antrag auf einstweilige Verfügung zukommende Sperrwirkung der Bieter Gefahr liefe, von einer Zuschlagsentscheidung nicht verständigt zu werden und diese Entscheidung daher nicht anfechten zu können)."

Der Verwaltungsgerichtshof geht demnach entgegen der in diesem Beschluss geäußerten Ansicht davon aus, dass ein Bieter, der ein Nachprüfungsverfahren hinsichtlich des Ausscheidens seines Angebotes eingeleitet hat, bereits vor Beendigung des betreffenden Vergabekontrollverfahrens als "nicht im Vergabeverfahren verbliebener Bieter" angesehen werden könnte und für diesen daher mangels entsprechender Sicherungsmaßnahme die Gefahr besteht, nicht von der Zuschlagsentscheidung in Kenntnis gesetzt zu werden (siehe dazu bereits BVwG 25. 2. 2014, W139 2001504-1/7E).

Die Revision war daher auch im vorliegenden Fall wegen Abweichung von der Rsp des VwGH zuzulassen, da sich das BVwG in diesem Beschluss der Spruchpraxis der GAbt W123 des BVwG anschließt, siehe insoweit zB weiters W123 2167014-1 = ZVB 2017/124.

Schlagworte

Angebotsänderung, Angebotsöffnung, Ausscheiden eines Angebotes,
Ausscheidensentscheidung, Aussetzung, einstweilige Verfügung,
gelindeste Maßnahme, gelindestes Mittel, Informationspflicht,
Insolvenzverfahren, Interessenabwägung, Mitteilung,
Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren, nicht im Vergabeverfahren
verbliebener Bieter, öffentliche Interessen, Provisorialverfahren,
rechtliches Interesse, Revision zulässig, Schaden, Subunternehmer,
Untersagung der Zuschlagserteilung, Verbesserung der
Wettbewerbsstellung, Vergabeverfahren, Verständigungspflicht,
Wettbewerbsrelevanz, Zeitpunkt, Zuschlagsverbot für die Dauer des
Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W131.2181786.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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