TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/12 W251 2148239-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.01.2018
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Entscheidungsdatum

12.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W251 2148239-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.02.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 24.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 24.11.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Afghanistan wegen der Unsicherheit der Taliban verlassen habe. Sie seien behindert worden die Schule zu besuchen und angegriffen worden. Weitere Gründe habe er nicht.

3. Am 30.01.2017 fand eine Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass sein Dorf von den Daesh erobert worden sei. Die Taliban haben das Dorf zurückerobert und eine Liste mit Dorfbewohnern erstellt, die die Grenze zur nächsten Region absichern sollten. Alle 14 Tage sei gewechselt worden. Als der Beschwerdeführer an der Grenze gewesen sei, sei nach 9 Tagen ein Kampf ausgebrochen. Es seien einige getötet oder von den Daesh entführt worden. Nach Ablauf der 14 Tage sei der Beschwerdeführer nach Hause zurückgegangen und der Beschwerdeführer habe seinem Vater gesagt, dass er nicht mehr an die Grenze möchte. Sein Vater habe daraufhin über einen Freund einen Schlepper organisiert, damit der Beschwerdeführer habe flüchten können.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungs-würdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, junger, arbeitsfähiger Mann, der über eine 8jährige Schulbildung verfüge und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Ermittlungsverfahren und die Beweiswürdigung mangelhaft seien. Das Bundesamt habe unvollständige bzw. teilweise unrichtige Länderfeststellungen getroffen

6. Das Bundesverwaltungsgericht richtete eine Anfrage an die Staatendokumentation, betreffend den vom Beschwerdeführer genannten Vorfall bzw. sein Dorf und die Provinz. Die Anfragebeantwortung erfolgte am 21.06.2017.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 10.01.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an, bekennt sich zum moslimischen Glauben und spricht Paschtu als Muttersprache (Protokoll vom 10.01.2018, OZ 9, Seite 8; AS 78 und 79).

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren und hat dort gelebt (AS 1). Dort leben seine vier Geschwister und seine Eltern (AS 3). Seine Eltern besitzen 10 Jirib an Grundstücken sowie ein Haus (OZ 9, Seite 11). Der Familie des Beschwerdeführers geht es finanzielle gut (AS 86).

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest November 2015 durchgehend in Österreich auf (AS 1 und 2).

Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 besucht und eine Prüfung auf dem Niveau A1 auch bestanden (Beilage ./A und ./B).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung (Beilage ./I). Er hat vom Frühjahr 2017 bis Winterbeginn 2017 für eine Gemeinde ca. einmal pro Woche gearbeitet und den Straßenrand gesäubert (OZ 9, Seite 11-12).

Der Beschwerdeführer verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer ist manchmal in einem "afghanischen Verein". Er hat soziale Beziehungen zu Afghanen und Bosniern. An seinem jetzigen Wohnort hat er noch keine Freundschaften geschlossen (OZ 9, Seite 12).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund. Er nimmt regelmäßig keine Medikamente (OZ 9, Seite 12).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in einem Dorf namens XXXX oder im Distrikt XXXX (auch geschrieben XXXX oder XXXX) gelebt hat oder sich jemals dort aufgehalten hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Dorfältesten oder von den Taliban aufgefordert wurde eine Grenze oder das Dorf zu bewachen. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an Kampfhandlungen mitgewirkt hat oder in solche verwickelt war oder Dörfer oder Grenzen bewacht hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Familie des Beschwerdeführers in Afghanistan bedroht wurde.

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Taliban, dem IS (auch bezeichnet als Daesh) oder anderen Personen konkret und individuell mit der Ausübung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht worden ist. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen drohen würde.

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder auf Grund einer Rückkehr aus Europa bzw. einem christlichen Land in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in die Provinz Nangahar, XXXX Stadt, ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Kabul kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage:

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist durch eine tief verwurzelte militante Opposition beeinträchtigt. (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 02.03.2017 mit Aktualisierung vom 25.09.2017 – LIB 25.09.2017, S. 31).

Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (LIB 25.09.2017, S. 35).

Im zweiten Quartal 2017 war die Sicherheitslage in Afghanistan weiterhin volatil, insbesondere in den östlichen und südöstlichen Regionen, die zu den volatilsten zählen (LIB 25.09.2017, S. 13).

Im dritten Quartal war die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab – auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen. Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (LIB 25.09.2017, S. 6).

Nangarhar

Die Provinz Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Im Norden grenzt sie an die Provinzen Kunar und Laghman, im Westen an die Hauptstadt Kabul und die Provinz Logar, im Süden an den Gebirgszug Spinghar. Die Provinzhauptstadt Jalalabad ist 120 km von Kabul entfernt. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.545.448 geschätzt (LIB 25.09.2017, S. 91). Die Provinz besteht aus 22 Bezirken (OZ 6, Seite 3).

Seit dem Auftreten des Islamischen Staates in der bergreichen Provinz Nangarhar kommt es zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräfte und IS-Aufständischen. Die Aktivitäten des Islamischen Staates in der Provinz sind auf einige Gebiete in Nangarhar beschränkt. Dies betrifft insbesondere die Distrikte Achin, Kot, Haska Mina, sowie andere abgelegene Distrikte in Nangarhar (LIB 25.09.2017, S. 91).

In der Provinz werden regelmäßig Luftangriffe gegen den Islamischen Staat durchgeführt. Auch werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien; getötet wurden dabei hochrangige Führer des IS, aber auch Anführer der Taliban. In manchen Teilen der Provinz hat sich die Sicherheitslage aufgrund von militärischen Operationen verbessert. Die afghanischen Sicherheitskräfte werden weiterhin Druck auf Sympathisanten des IS in Ostafghanistan ausüben, um zu verhindern, dass diese sich in den Distrikten Nangarhars oder anderen Provinzen ausweiten (LIB 25.09.2017, S. 91 f).

Kontingente lokaler Milizen, welche von den militanten afghanischen Taliban unterstützt werden kämpfen in einem abgelegenen Bezirk im östlichen Afghanistan gegen Kämpfer des islamischen Mehr als 80 Menschen wurden in den Kämpfen getötet oder verwundet. Die Kampfhandlungen begannen, als die Kämpfer des IS Kontrollpunkte im Distrikt XXXX, in der östlichen – an Pakistan grenzenden - Provinz Nangarhar, angegriffen haben, welche von Milizen besetzt waren. Taliban-Kämpfer welche den IS als feindliche Besetzer betrachten, kamen den Milizen zu Hilfe, um die Angriffe abzuwehren. So unterstützen die Taliban nicht die Regierungskräfte, sondern die Bewohner und lokale Kräfte gegen die Aggression des IS in XXXX. Die Kämpfer des IS wurden auch durch US Drohnenangriffe bekämpft, nachdem regionalen Behörden Kabul um Hilfe aufgerufen hatten. Die Moral des IS wurde geschwächt, nachdem durch drei Drohnenangriffe rund 54 ihrer Kämpfer getötet worden sind. Der IS ist seit einigen Monaten in mehreren Distrikten in der Provinz Nangarhar tätig und hat mehrere Angriffe auf Dörfer durchgeführt. Jedoch haben Angriffe von Taliban-Kämpfer, lokalen Stämmen und afghanische Sicherheitskräfte – unterstützt durch Schläge von US-Drohnen - dabei geholfen, den IS aus anderen Bereichen in der Provinz zu verdrängen. Die Kämpfe haben Zehntausende von Familien vertrieben. Viele andere Familien würden sich nach Angaben eines Einwohners darauf vorbereiten, aus der Gegend zu fliehen, vor allem, nachdem IS Kämpfer damit begonnen haben, Häuser in Brand zu setzen (OZ 6, Seite 9-10).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (LIB 25.09.2017, S. 43).

Die afghanische Regierung hat die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (LIB 25.09.2017, S. 44). Kabul ist über den internationalen Flughafen Hamid Karzai in Kabul gut erreichbar (LIB 25.09.2017, S. 123, Gutachten Mag. Karl Mahringer vom 05.03.2017, S. 14).

Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, wird Kabul nunmehr immer wieder von Attentaten erschüttert. Aufständische Gruppen führen Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund:

afghanische und US-amerikanische Regierungs-einrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungs-organisationen, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren. Auch religiöse Orte, wie z.B. Moscheen werden Ziel von Angriffen (LIB 25.09.2017, S. 15 f, 44). Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist.

Es besteht kein Engpass bei der Lebensmittelversorgung und der Versorgung durch andere Produkte des täglichen Lebens in Afghanistan (Gutachten Mahringer, S. 22). In Kabul ist die Stromversorgung aufgrund der veralteten technischen Infrastruktur und dem Import von Strom aus den Nachbarländern nur beschränkt gesichert (Gutachten Mahringer, S. 31). Die Wasserversorgung ist das ganze Jahr ausreichend gegeben (Gutachten Mahringer, S. 33).

Somit ist – auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheits-versorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist – die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in Kabul dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Medizinische Versorgung:

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar und somit müssen bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst. Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie ist in Kabul verfügbar. Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira). Man kann sich mit seinem Ausweis in jedem afghanischen Krankenhaus registrieren und je nach gesundheitlicher Beschwerde einem Arzt zugewiesen werden. Sollten Operation und Krankenhausaufenthalt nötig sein, wird dem Patienten in dem Krankenhaus ein Bett zur Verfügung gestellt (LIB 25.09.2017, S. 192).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der Region Afghanistan und Pakistan (AfPak-Region) operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (LIB 25.09.2017, S. 17).

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (LIB 25.09.2017, S. 34).

Taliban und ihre Offensive

Die Taliban haben ihr Ziel, großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte durchzuführen um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben, nicht erreicht. Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten. Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan). Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, sind die afghanischen Taliban geschwächt (LIB 25.09.2017, S. 35).

Grundversorgung und Wirtschaft:

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen. Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (LIB 25.09.2017, S. 183).

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist. Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (LIB 25.09.2017, S. 183).

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten. Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels – Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig – sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig. Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung – Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (LIB 25.09.2017, S. 183f).

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes (LIB 25.09.2017, S. 184).

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (LIB 25.09.2017, S. 157).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane‘ wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (LIB 25.09.2017, S. 157).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (LIB 25.09.2017, S. 158).

Paschtunen:

Ethnische Paschtunen sind die größte Ethnie Afghanistans. Sie sprechen Paschtu/Pashto; die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari. Die Paschtunen haben viele Sitze in beiden Häusern des Parlaments - nicht mehr als 50% der Gesamtsitze. Die Paschtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert. Paschtunen siedeln sich in einem halbmondförmigen Gürtel an, der sich von Nordwestafghanistan über den gesamten Süden und die Gebiete östlich von Kabul bis in den Nordwesten Pakistans erstreckt. Kleinere Gruppen sind über das gesamte Land verstreut, auch im Norden des Landes, wo Paschtunen Ende des 19. Jahrhunderts speziell angesiedelt wurden, und sich seitdem auch selbst angesiedelt haben (LIB 25.09.2017, S. 158).

Grundlage des paschtunischen Selbstverständnisses sind ihre genealogischen Überlieferungen und die darauf beruhende Stammesstruktur. Eng mit der Stammesstruktur verbunden ist ein komplexes System von Wertvorstellungen und Verhaltensrichtlinien, die häufig unter dem Namen Pashtunwali zusammengefasst werden und die besagen, dass es für einen Paschtunen nicht ausreicht, Paschtu zu sprechen, sondern dass man auch die Regeln dieses Ehren- und Verhaltenskodex befolgen muss. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stammlinienverband bedeutet viele Verpflichtungen, aber auch Rechte, weshalb sich solche Verbände als Solidaritätsgruppen verstehen lassen (LIB 25.09.2017, S. 158).

Rückkehrer:

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt; viele von ihnen sind hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen. Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (LIB 25.09.2017, S. 193).

Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragstellers und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch.

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden: Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrern, 200.000 dokumentierten Rückkehrern und 150.000 Binnenvertriebenen Nahrungs- und Finanzhilfe an. Auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt – um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (LIB 25.09.2017, S. 194).

Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land. Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrern in Afghanistan anbieten (LIB 25.09.2017, S. 195).

2. Beweiswürdigung:

Beweise wurden erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilagen ./I bis ./V (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017 mit Aktualisierung vom 25.09.2017 Beilage ./II; Gutachten Mag. Mahringer vom 05.03.2017, Versorgungslage in den Städten Kabul, Herat, Mazar-e Sharif Beilage ./III; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 21.06.2017, Beilage ./IV = OZ 6; Auszüge aus Karten der Provinz Nangarhar Beilage ./V) und Beilage ./A und ./B (Zertifikat ÖSD Deutsch A1 vom 31.11.2017, Beilage ./A und Kursteilnahmebestätigung Deutschkurs A1 vom 10.12.2017 Beilage ./B).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Es konnte lediglich festgestellt werden, welchen Namen und welches Geburtsdatum der Beschwerdeführer in Österreich führt, nicht jedoch welchen Namen und welches Geburtsdatum der Beschwerdeführer tatsächlich hat. Der Beschwerdeführer gab bei der Erstbefragung den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX an (AS 1). Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer den Namen XXXX an (AS 77). Diese Divergenz ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, zumal der Beschwerdeführer angab, dass er dem Dolmetscher bei der Erstbefragung seinen Namen aufgeschrieben habe. Die Schreibweise des Namens "XXXX" ist auf AS 40 im Verwaltungsakt ersichtlich. Die Erklärungen des Beschwerdeführers, wonach ein anderer Bursche für den Dolmetscher den Namen in lateinischen Buchstaben aufschreiben habe müssen, sind nicht nachvollziehbar, da während der Erstbefragung keine Vertrauenspersonen und auch keine sonstigen Personen anwesend waren (AS 3). Der Dolmetscher sprach die Sprache Paschtu (AS 3) und nicht wie der Beschwerdeführer als Schutzbehauptung vorbrachte Farsi. Dass der Dolmetscher, der Paschtu sprach, einen derart abweichenden Namen bei der Erstbefragung angegeben habe, ist nicht nachvollziehbar. Zudem wurde das Protokoll der Erstbefragung dem Beschwerdeführer rückübersetzt (AS 11). Der Beschwerdeführer gab bei der Erstbefragung auch an, dass er den Dolmetscher gut verstehe, er alles verstanden habe und er keine Korrekturen zum Protokoll zu machen habe (AS 3 und 11). Der Beschwerdeführer hat das Protokoll auf allen Seiten unterschrieben, wäre daher der Name anders aufgeschrieben worden, als der Beschwerdeführer dies angegeben habe, so wäre ihm dies wohl bei der Rückübersetzung, spätestens jedoch beim Unterschreiben auf der ersten Seite aufgefallen.

Zudem gab der Beschwerdeführer scheinbar in Serbien seinen Namen mit XXXX und sein Geburtsdatum mit XXXX an (AS 39). Das Gericht hat daher Zweifel an den vom Beschwerdeführer angegebenen Namen und an den angegebenen Geburtsdaten.

Die im Spruch des Erkenntnisses genannten Namen und Geburtsdaten des Beschwerdeführers gelten zudem ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zum Geburtsort in XXXX ergeben sich aus der Erstbefragung. Dort gab der Beschwerdeführer an, dass er in XXXX in Afghanistan geboren sei und dass seine Familie dort wohnen würde (AS 1, AS 3). Er gab auch an, dass seine letzte Adresse in Afghanistan XXXX, XXXX gewesen sei (AS 5). Auch sei ihm seine Geburtsurkunde von Behörden in XXXX ausgestellt worden (AS 7). Für das Gericht ist nicht plausibel, dass es sich hierbei um einen Übersetzungsfehler des Dolmetschers handeln sollte. Der Ort XXXX ist bei mehreren Fragen unabhängig voneinander angegeben worden. Der Dolmetscher sprach Paschtu, die Muttersprache des Beschwerdeführers. Das Protokoll wurde rückübersetzt. In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer wiederholte Male gefragt, ob er in den Protokollen etwas richtigstellen oder ergänzen möchte. Seinen Geburtsort, den Wohnort seiner Eltern, seine letzte Adresse und die ausstellende Behörde seiner Geburtsurkunde korrigierte der Beschwerdeführer jedoch nicht (OZ 9, Seite 5f), obwohl die Verhandlung zweimal unterbrochen wurde, damit der Beschwerdeführe und seine Vertretung das Erstbefragungsprotokoll nochmal gemeinsam durchsehen können (OZ 9, Seite 5 und 7). Es ist für das Gericht unplausibel, würde der Beschwerdeführer tatsächlich im Dorf XXXX mit seinen Eltern gewohnt habe oder in Pakistan geboren sei, dass dieses Dorf oder sein vermeintlicher Geburtsort mit keinem Wort in der Erstbefragung erwähnt wird.

Der Beschwerdeführer baut wesentliche Elemente seiner Fluchtgeschichte auf den vermeintlichen Wohnort XXXX im Distrikt XXXX auf, sodass das Gericht davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer XXXX erst beim Bundesamt als Wohnort angegeben hat um seine Fluchtgeschichte zu "untermauern", der Beschwerdeführer dort jedoch niemals aufhältig war. Es ist nach Ansicht des Gerichts unplausibel, warum der Beschwerdeführer bei mehreren Fragen bei der Erstbefragung XXXX hätte angeben sollen, wenn dies nicht der Wahrheit entsprechen würde. Da ein Dolmetscher für die Sprache Paschtu in der Erstbefragung gedolmetscht hat, der Beschwerdeführer alle Seiten des Protokolls unterschrieben hat, der Beschwerdeführer angab den Dolmetscher gut zu verstehen, das Protokoll rückübersetzt wurde und der Beschwerdeführer im Protokoll angab, dass eine Rückübersetzung erfolgt ist, erachtet das Gericht die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach er nichts verstanden habe, als unglaubhafte Schutzbehauptung. Insbesondere die Angaben, wonach der Dolmetscher Farsi gesprochen habe und der Beschwerdeführer nur wenige Wörter (Problem und Name) verstanden habe (OZ 9, Seite 6), stehen im Widerspruch zum sonst gut und nachvollziehbar ausgefüllten Erstbefragungsprotokoll. Die Erstbefragung dauerte 2 Stunden (AS 2 und 11). Es ist für das Gericht unplausibel, dass ein derartiges Protokoll zustande kommen soll, wenn der Beschwerdeführer überhaupt nichts verstanden habe, er kein Farsi spreche und der Dolmetscher ausschließlich Farsi gesprochen habe. Das Gericht geht auch davon aus, dass der bei der Erstbefragung mehrfach angegebene Wohnort, XXXX, der Wahrheit entspricht, sodass festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer in XXXX geboren ist.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, im Ort XXXX acht Jahre zur Schule gegangen zu sei (AS 79). In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er in seinem Wohnort, XXXX, acht Jahre lang zur Schule gegangen sei (OZ 9, Seite 9). Dass der Beschwerdeführer die Angaben zum Schulort unterschiedlich angibt, obwohl er dort acht Jahre lang zur Schule gegangen sei, ist nicht glaubhaft. Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer weder in XXXX noch in XXXX zur Schule gegangen ist und dort auch nicht gewohnt hat.

Auch die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem ausgeübten Beruf sind zweifelhaft. Während der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung keinen Beruf angegeben hat (in der Zeile über den zuletzt ausgeübten Beruf ist ein Strich enthalten – AS 1), gab der Beschwerdeführer beim Bundesamt an, dass er nach der Schule in einem Geschäft gearbeitet, dort Lebensmittel fertig frittiert und diese verkauft habe (AS 79). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er zwei bis drei Jahre lang ein eigenes Geschäft besessen habe. Es sei ein Lebensmittelgeschäft gewesen in dem er Kaugummi für Kinder, Kekse, Gemüse, Lebensmittel, Bohnen. Linsen und Reis verkauft habe (OZ 9, Seite 9, 17). Auf die Frage, er möge sein Lebensmittelgeschäft genauer beschreiben, hat der Beschwerdeführer nur sehr allgemeine Angaben gemacht und das Frittieren von Waren überhaupt nicht erwähnt. Es ergaben sich daher auch aus diesem Grund Zweifel an den Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und seiner Muttersprache, gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Die Dolmetscherin konnte sich mit dem Beschwerdeführer einwandfrei verständigen, sodass das Gericht davon ausgeht, dass dieser Paschtu, eine der Landessprachen Afghanistans, spricht. Das Gericht geht daher auch aus diesem Grund von einer tatsächlichen afghanischen Staatsbürgerschaft aus. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen diesbezüglich im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen fehlenden familiären oder engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 9, S.11f) sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (Beilage ./A und ./B).

Hinweise auf nachhaltige Integrationsschritte (soziale/berufliche/familiäre Integration) des Beschwerdeführers in Österreich sind weder dem Verwaltungs- noch dem Gerichtsakt zu entnehmen und wurden auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim BFA und in der mündlichen Verhandlung (AS 78; OZ 9, S. 12) und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I).

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerde-führer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen detailliert, konkret und umfassend zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Während der Beschwerdeführer beim Bundesamt, nach der Aufforderung seine Fluchtgründe detailliert und konkret zu schildern (AS 81), eine Schilderung von nicht einmal einer A4 Seite abgab, steigerte der Beschwerdeführer seine Fluchtgeschichte vor dem Gericht massiv. So umfassten seine Erzählungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vier A4 Seiten. In diesen sind jedoch massive Widersprüche, Steigerungen des Vorbringens und Unplausibilitäten enthalten, die die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers gänzlich unglaubhaft scheinen lassen.

2.2.1. Das Gericht hat, wie oben bereits dargelegt, massive Zweifel, dass der Beschwerdeführer jemals in dem von ihm angegebenen Ort bzw. im Dirstrikt XXXX gelebt hat. Dies ist jedoch ein wesentliches Element seiner Fluchtgeschichte, da die von ihm geschilderten Kampfhandlungen an einem bestimmten Ort an einer Grenze stattgefunden haben sollen. Es ergeben sich daher bereits aus diesem Grund massive Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens und konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer jemals in XXXX oder im Distrikt XXXX aufhältig war.

Die Schilderungen zu den Kampfhandlungen waren vagen und unplausibel. Der Beschwerdeführer schilderte die Kampfhandlungen von drei bis vier Stunden, bei denen 60 Personen getötet wurden und bei denen er Tote und Verletzte abtransportiert habe vage und emotionslos. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er jemals an Kampfhandlungen teilgenommen hat oder in solche verwickelt war.

Zudem sind erhebliche Widersprüche und Steigerungen des Vorbringens enthalten, die die Angaben des Beschwerdeführers unglaubhaft scheinen lassen:

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er insgesamt zwei Wochen bzw. 14 bis 15 Tage mit den Taliban das Dorf bewacht habe (AS 85). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass Fehler im Protokoll vom Bundesamt enthalten seien und dass er dort angegeben habe, dass er nur 9 Tage dort gewesen sei (OZ 9, Seite 7). Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt angegeben habe, dass er lediglich 9 Tage dort gewesen sei oder es hier zu Verständigungsschwierigkeiten gekommen sei. Das Protokoll wurde dem Beschwerdeführer rückübersetzt und auch auf jeder Seite unterschrieben. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt auch an, dass er den Dolmetscher einwandfrei verstehe (AS 77, 77ff). Der Beschwerdeführer gab selber an, dass alles richtig protokolliert wurde und er keine Einwände habe (AS 88). Die Angaben des Beschwerdeführers, wonach ein Verständigungsproblem vorgelegen habe, erachtet das Gericht als bloße Schutzbehauptung.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an:

"VP: ( ) Von jedem Haus musste zwei Burschen für zwei Wochen dorthin. Das wurde alle zwei Wochen gewechselt. Die Taliban haben mich auch einmal mitgenommen. Ich habe dort zwei Freitage verbracht – ich war zwei Wochen dort – ich habe selber keine Waffe getragen. () Nach meinen zwei Wochen bin ich dann wieder zurück nach Hause."

(AS 81-82)

"LA: Waren Sie genau zwei Wochen dort?

VP: Ich denke, dass es 14 oder 15 Tage waren." (AS 83)

Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines Missverständnisses bzw. eines Übersetzungsfehlers gleich in mehreren Passagen beim Bundesamt zwei Wochen angibt. Auch auf die explizite Frage nach der genauen Dauer, gab der Beschwerdeführer 14 bzw. 15 Tage und nicht nur 9 Tage an. Dies ist jedoch für das Gericht mit einem einmaligen Missverständnis nicht zu erklären. Das Gericht geht auch hier von einer Schutzbehauptung und einem gravierenden Widerspruch in den Angaben des Beschwerdeführers aus.

Zudem gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung an, dass er am 9. Tag, an dem Kampfhandlungen stattgefunden haben, geflüchtet sei (OZ 9, Seite 15). Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer dazu im Widerspruch an, dass er erst 5 Tage nach den Kampfhandlungen in sein Dorf zurückgekehrt sei (AS 82). Da das Dorf ca. 25-30 Minuten Fußweg von der Kampfhandlung entfernt liegen solle (OZ 9, Seite 17), ist hier von erheblichen Widersprüchen auszugehen, sodass die Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sind.

Unerklärlich ist auch das vom Beschwerdeführer angegebene Ausreisedatum aus Afghanistan. Dieses gab der Beschwerdeführer mit 13.08.1394 (= 04.11.2015) an (OZ 9, Seite 10; AS 84). Dem Beschwerdeführer ist jedoch entgegen zu halten, dass dieser am 24.11.2015 bereits in Österreich war. Der Beschwerdeführer gab an, dass er vor der Einreise nach Österreich eine unbekannte Zeit lang in Slowenien war, einen Tag in Kroatien, 2 Tage in Serbien, 4 Tage in Bulgarien, 3 Tage in der Türkei und 15 Tage im Iran sowie 2 Tage in Pakistan (AS 7). Der Tag der Ausreise wäre nach dem angegebenen Ausreisedatum (04.11.2015) daher 20 Tage vor seiner Asylantragstellung (24.11.2015) in Österreich. Rechnet man jedoch die vom Beschwerdeführer angegebenen Zeiträume seiner Reiseroute zurück, so hätte sich dieser am 04.11.2015 im Iran befunden. Da der Beschwerdeführer acht Jahre lang die Schule besucht habe – mag diese auch nicht mit westlichen Bildungsstandards vergleichbar sein – so wäre jedenfalls davon auszugehen, dass er Zeitrechnung etwas beherrscht und diesbezüglich nachvollziehbare Angaben machen kann. Die Angaben des Beschwerdeführers sind daher nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer gab bei seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung an, dass der IS den Dorfbewohnern Vorschriften gemacht habe (OZ 9, Seite 13). Diese gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung auch besonders konkret an: "Sie sagten die Burschen dürfen nicht Zigaretten oder Marihuana rauchen und nicht Alkohol trinken. Die Frauen dürfen die Häuser nicht verlassen, das haben sie deshalb gesagt, weil dort Frauen auf den Feldern arbeiten, das wurde ihnen verboten. Die Burschen sollen einen Bart haben und manche anderen Bedingungen, ihre Gesetze haben sie angekündigt." (OZ 9, Seite 13) Diese Vorschriften erwähnte der Beschwerdeführer jedoch mit keinem Wort vor dem Bundesamt, obwohl er dort aufgefordert wurde alle Details seiner Fluchtgeschichte zu nennen. Das Gericht geht daher von einer unglaubhaften Steigerung des Vorbringens aus.

Unplausibel ist auch, dass der Beschwerdeführer die Dorfältesten (Maliks), die in seiner Erzählung vor dem Gericht eine wesentliche Rolle mit den Taliban hatten (OZ 9, Seite 13), beim Bundesamt überhaupt nicht erwähnt hat, obwohl er zu einer detailreichen Erzählung aufgefordert wurde. Es liegt daher eine unglaubhafte Steigerung des Vorbringens vor. Den Angaben des Beschwerdeführers kommt keine Glaubhaftigkeit zu.

Besonders unplausibel ist, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt angab, dass er nach dem Ablauf seiner zwei Wochen wieder nach Hause zurückgekehrt sei (AS 82) und der Beschwerdeführer in der Verhandlung angibt, dass er nach neun Tagen geflohen sei, nämlich direkt nachdem es die Kampfhandlungen gegeben habe. Zudem gab der Beschwerdeführer beim Bundesamt an, dass er erst fünf Tage nach dem Angriff in das Dorf zurückgekehrt sei und seinem Vater gesagt habe, dass er ausreisen werde (AS 84). Es ist daher nicht schlüssig, dass der Beschwerdeführer einmal angibt direkt nach den Kampfhandlungen am neunten Tag geflohen zu sein und der Beschwerdeführer ein anderes Mal angibt erst fünf Tage nach den Kampfhandlungen, nach Ablauf seiner 14 Tage "Wehrpflicht" an der Grenze, in das Dorf zurück gekehrt sei. Den Angaben des Beschwerdeführers kommt keine Glaubhaftigkeit zu.

Es ist zudem eine unglaubhafte Steigerung, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung angab, dass die Taliban einen Jungen und dessen Vater getötet hätten, nachdem der Vater sich geweigert habe den Jungen mit den Taliban mitzuschicken (OZ 9, Seite 13) und der Beschwerdeführer dieses belastende Ereignis nicht bereist beim Bundesamt angegeben hat. Der Beschwerdeführer wurde beim Bundesamt auch gefragt, ob er noch weitere Angaben machen möchte, dies wurde jedoch vom Beschwerdeführer verneint und hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt keine Angaben zu diesem Vorfall gemacht (AS 88).

Nicht glaubhaft sind zudem die Angaben des Beschwerdeführers, nachdem er nach der genauen Anzahl der Taliban gefragt wurde. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass es 300 Kämpfer aus dem Dorf gegeben habe und einige Taliban aber nicht viele. Es seien ungefähr 20 Taliban bei ihnen gewesen (AS 83). Der Beschwerdeführer gab jedoch in der Verhandlung an, dass oben am Berg 40-50 Taliban gewesen seien und unten am Berg 400-500 Taliban (OZ 9, Seite 14). Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer zum zweiten Kontingent mit 400 bis 500 Taliban beim Bundesamt keine Angaben gemacht hat. Auch die Divergenz von 20 und 40-50 ist in Anbetracht der Vielzahl an Widersprüchen nicht mit einem Fehler in der Übersetzung zu erklären. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer eine zur Gänze erfundene Fluchtgeschichte präsentiert hat.

Auch hat der Beschwerdeführer hinsichtlich der Aufforderung der Taliban, dem IS Waffen, Nahrung und weitere Sachen wegzunehmen, beim Bundesamt keine Angaben gemacht. Dies wäre jedoch ein sehr wesentliches Detail der Fluchtgeschichte, da der Beschwerdeführer in der Verhandlung angab, dass der IS angegriffen habe, weil dieser verärgert war, dass man ihm Sachen weggenommen habe. Zudem ist gänzlich unplausibel, dass es den Taliban ohne Kampf gelingen würde, dem IS Waffen und Nahrung zu entwenden (OZ 9, Seite 15). Es ist besonders unplausibel, dass der IS Waffen unbeaufsichtigt und ungeschützt zurücklassen würden. Den Angaben des Beschwerdeführers kommt keine Glaubhaftigkeit zu.

Den Angaben beim Bundesamt ist zudem nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer Verletze oder Tote zum Fuß des Berges gebracht habe. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an:

"Wir, ich und die anderen, die sich mit den Waffen nicht auskannten und nicht gekämpft haben, haben die Verletzten dann hinunter transportiert. Wir befanden uns während dieses Krieges, der zwischen drei und vier Stunden gedauert hat, dort. Während dieser Stunden sind sehr viele Burschen getötet worden und wir haben dann die Toten hinunter transportiert. In den letzten Stunden wurde der Krieg viel stärker und schlimmer, wir haben uns auf den Weg gemacht, um die Verletzten und Toten hinunter zu transportieren und bemerkten, dass der IS viel weiter gekommen ist und der Krieg stärker geworden ist" (OZ 9, Seite 15). Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer, nach der Aufforderung alle Details zu nennen, jedoch an: "( ) ich habe selber keine Waffe getragen. Ich musste aber die Munition und die Vorräte tragen. Sie sind dort gesessen und haben die Gegend bewacht. Ich war bei Ihnen. Bei dieser Grenze waren ca. 300 Kämpfer. Die Daesh haben sie angegriffen. Es wurden auch einige festgenommen. Viele wurden auch getötet bei diesem Angriff. Nach meinen zwei Wochen bin ich dann wieder zurück nach Hause" (AS 82). Der Beschwerdeführer präsentierte vor Gericht eine in wesentlichen Punkten divergierende Fluchtgeschichte, der keine Glaubhaftigkeit zukommt.

Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an: "Als der Kampf begann, begaben sich die Taliban, die sich am Fuß des Berges aufgehalten haben, hinauf und kämpften mit den Burschen gemeinsam gegen die IS. ( )Weiter hinauf befand sich ein Grenzpolizeiposten, diese haben die Situation mitbekommen und vermutlich haben diese gefunkt und Verstärkung angefordert. Es war ihnen offensichtlich nicht klar, dass sich dort eine Mischung aus Taliban, Dorfleuten und der IS befindet. Es kam dann ein Jet/Flugzeug und bombardierte dieses Kriegsgebiet. Als wir den Jet gesehen haben, haben wir uns dann in manchen Stellen des Berges, Höhlen usw. dort versteckt, damit wir verschont bleiben. Es gab dann ein totales Chaos und Durcheinander, ich nützte die Situation und flüchtete nach Hause, als der Jet dort bombardierte." (PS 15). Der Beschwerdeführer erwähnte einen Luftwaffenangriff jedoch mit keinem Wort bei seiner Erzählungen beim Bundesamt, sodass auch hier eine unglaubwürdige Steigerung des Fluchtvorbringens vorliegt. Zudem gab der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt, auf die Frage ob der Angriff des IS abgewehrt wurde, an: "Als die Daesh uns angegriffen haben, sind viele getötet worden, weil die meisten Taliban nicht Vorort waren. Erst als die anderen aufgetaucht sind haben sie sich zurückgezogen. Sie haben aber auch einige mitgenommen." (AS 84). Wäre der Angriff des IS jedoch von einem Luftwaffenangriff abgewehrt worden, so hätte der Beschwerdeführer – würde eine tatsächlich erlebte Geschichte vorliegen – dies bereits beim Bundesamt angegeben. Den Angaben des Beschwerdeführers kommt keine Glaubhaftigkeit zu, diesen ist nicht zu folgen.

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an: "Ich habe ja mitbekommen, dass einige getötet wurden. Darum hatte ich große Angst und sagte meinem Vater, dass ich das nicht noch einmal machen möchte. Mein Vater sagte, dass es so beschlossen wurde und dass jeder drankommen würde. Ich sagte, dass ich das nicht mehr mache und von hier weggehen werde." (As 82). Nach den Angaben des Beschwerdeführers beim Bundesamt sei es sein eigener Wunsch gewesen wegzugehen, während sein Vater ihn auf seine Verpflichtungen hingewiesen habe. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an: "Ich habe ihnen (Anm.: seiner Familie) die gesamte Geschichte erzählt. Nachdem ich alles geschildert hatte, habe ich zu meinem Vater gesagt: Was soll ich tun? Ich bin von dort weggeflüchtet, ich bin wahrscheinlich der Einzige, der dort geflüchtet ist, weil die anderen Burschen in diesem Krieg zerstreut waren. Mein Vater hat gesagt: Wenn die Taliban herausfinden, dass du zu Hause bist, wird es zu einem großen Problem für dich. Deshalb schlug er vor, dass ich mich in die Stadt zu einem Freund von ihm begeben soll und er wird dann den Freund informieren und mit ihm telefonieren. ( ) Ich habe meinem Vater gesagt, bevor ich ging, dass ich nicht gehen wolle, meiner Mutter ist es zu dem Zeitpunkt nicht gut gegangen und ich wollte meine Familie nicht verlassen und weggehen." (OZ 9, Seite 16). Nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung wäre es jedoch der Wunsch des Vaters und nicht der Wunsch des Beschwerdeführers gewesen sein Dorf und seine Familie zu verlassen. Die Angaben sind widersprüchlich und diese sind nicht glaubhaft.

Während der Beschwerdeführer beim Bundesamt zunächst angab, dass er zwei Tage beim Freund des Vaters war und dies auf Nachfrage gleich beim Bundesamt auf sieben Tage korrigiert hat (AS 84), gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung an, dass er nur zwei Tage beim Freund des Vaters gewesen sei (OZ 9, Seite 16). Auch diese Angaben sind nicht glaubhaft.

Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer auf die Frage, ob er jemals gesucht oder seine Familie bedroht wurde, an: "Mein Vater hat gesagt, dass ich getötet wurde und nicht mehr zurückgekommen bin. Er hat gesagt, dass er nicht wüsste, wo ich sei." (AS 85). Eine Bedrohung gegen die Familie des Beschwerdeführers erwähnte dieser – trotz expliziter Nachfrage – jedoch nicht (AS 85). Der Beschwerdeführer gab im Widerspruch dazu jedoch in der mündlichen Verhandlung an: "Mein Vater hat ihnen mitgeteilt, dass ich nicht nach Hause gekommen wäre und entweder bin ich noch am Ort des Geschehnisses gestorben, tot oder wurde gefangengenommen. Die Taliban haben meinem Vater gesagt, sollte ich gefunden werden oder sie es rausfinden, dass ich geflüchtet bin, würden sie ihn umbringen, weil mein Vater als Verräter des Islams und des Landes gelten würde. Die Taliban sind überall, sollten sie mich sehen und rausfinden, dass ich lebe und nur geflüchtet bin, werden sie sowohl mich als auch meinen Vater und meine Familie umbringe, da wir dann in ihren Augen als "Nicht-Muslime" bzw. "Ungläubige" gelten." (OZ 9, Seite 18) Hätte es tatsächlich eine Bedrohung des Vaters durch die Taliban mit dem Umbringen gegeben, hätte der Beschwerdeführer dies wohl bereits beim Bundesamt auf explizite Nachfrage angegeben. Eine Todesdrohung durch die Taliban gegen den eigenen Vater ist eine Gegebenheit die wohl in Erinnerung bleibt.

Aufgrund der insgesamt nicht glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers konnte auch nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Taliban, den IS oder durch andere Personen drohen würde.

2.2.3. Soweit der Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 10.01.2018 vorbringt, dass er aufgrund seines zweijährigen Auslandsaufenthaltes in einem christlichen Land Probleme in Afghanistan bekommen werde, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer seine diesbezüglichen Angaben lediglich vage und pauschal hielt (OZ 9, Seite 18-19). Aufgrund der kurzen Dauer seines Aufenthalts in Österreich ist in Zusammenhang mit dem von ihm in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hätte.

Auch aus den in das Verfahren eingebrachten Länderberichten, ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer aus Europa in besonderer Form von Gewalt und Verfolgung betroffen sind. Seit Jänner 2016 sind über 700.000 Afghanen unterschiedlichster ethnischer und konfessioneller Zugehörigkeit nach Afghanistan zurückgekehrt. Einige von diesen sind aus Europa zurückgekehrt. Eine Rückkehr von

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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