Entscheidungsdatum
16.01.2018Norm
AuslBG §12bSpruch
L512 2181134-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Daniel MERTEN und Mag. Rudolf MOSER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Klaus PLÄTZER, gegen den Bescheid des AMS XXXX vom 04.12.2017, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 20d Abs 1 und § 12b Z 1 AuslBG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer XXXX (im Folgenden BF), ein Staatsangehöriger der Republik Serbien, geb. XXXX , stellte am 30.10.2017 bei der BH XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Fachkraft in Mangelberuf ("Rot-Weiß-Rot-Karte") gem. § 41 Abs. 2 Z 1 NAG für eine Beschäftigung als Landarbeiter. Es wurden zahlreiche Unterlagen, unter anderem der Reisepass und ein Dienstvertrag vorgelegt.
Vom Arbeitgeber des BF wurde eine entsprechende Arbeitgebererklärung zum Antrag des BF vorgelegt.
I.2. Das AMS informierte den Arbeitgeber des BF mit Schreiben vom 08.11.2017 darüber, dass die Tätigkeit als Landarbeiter nicht in die Mangelberufsliste fallen würde, die Entlohnung von € 1265,-- weit unter der Kollektiventlohnung einer ausgebildeten Fachkraft liege, zudem seien keine Zeugnisse einer Berufsausbildung vorgelegt worden.
I.3. Vom Arbeitgeber wurden zahlreiche Unterlagen vorgelegt.
I.4. Am 27.11.2017 wurde der gegenständliche Fall nach Anhörung des Regionalbeirates einhellig negativ beurteilt.
I.5. Mit Bescheid des AMS XXXX vom 04.12.2017, GZ: XXXX , wurde der Antrag vom 30.10.2017 gemäß § 20d Abs 1 des AuslBG auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG des BF im Unternehmen des Arbeitgebers des BF nach Anhörung des Regionalbeirates gem. § 12b Z 1 AuslBG abgewiesen.
I.5.1. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gemäß § 12b Z 1 AuslBG Ausländer zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen werden, wenn sie die erforderliche Mindestpunktanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt und die Voraussetzungen des § 4 Abs 1 AuslBG mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Im konkreten Fall habe das Ermittlungsverfahren statt der erforderlichen Mindestpunktanzahl von 50 nur 1 ergeben (für die angeführten Kriterien wurden folgende
Punkte vergeben: Qualifikation: 0, Ausbildungsadäquate
Berufserfahrung: 0, Sprachkenntnisse 10, Alter 44 Jahre: 0 , Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen:
0). Es wurde angeführt, dass zwar ein Diplom als Landwirtschaftstechniker erbracht wurde, ohne dazugehörige Zeugnisse könne es jedoch nicht anerkannt werden, da die Dauer der beruflichen Ausbildung nicht daraus hervorgehe. Das Deutsch Zertifikat A1 könne nicht angerechnet werden, da die Echtheit angezweifelt wird.
I.6. Die Beschwerde des BF wurde von dessen rechtsfreundlichen Vertretung am 22.12.2017 eingebracht.
I.6.1. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF über eine Ausbildung als Landwirtschaftstechniker verfüge. Diesbezüglich habe der BF ein Diplom in Vorlage gebracht. Dass die Dauer der Ausbildungsdauer aus dem Diplom nicht hervorgehe, sei nicht nachvollziehbar. Innerhalb der kurzen Rechtsmittelfrist habe der BF die dazugehörigen Zeugnisse nicht beischaffen können. Das Deutschzertifikat sei echt. Der BF sei zu keinem Zeitpunkt darüber informiert worden, dass die Vorlage weiterer Nachweise erforderlich sei. Zudem wurde der BF über die Anhörung des Regionalbeirates nicht in Kenntnis gesetzt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF stellte am 30.10.2017 bei der BH XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Fachkraft in Mangelberuf ("Rot-Weiß-Rot-Karte") gem. § 41 Abs. 2 Z 2 NAG für eine Beschäftigung als Fassadenarbeiter bei Moser Fertigputz. Dieser Antrag wurde im Laufe des Verfahrens auf einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Schlüsselkraft modifiziert.
Der BF verfügt über Sprachkenntnisse der Deutschen Sprache auf A1 Niveau. Der BF ist 44 Jahre alt.
Die gebotene Entlohnung beträgt Euro 2.988,00 brutto/Monat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des AMS.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gerichtes auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie dem Beschwerdeschreiben.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, ( )".Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
2.3 Im gegenständlichen Fall wurde von der belangten Behörde festgehalten, dass das vom BF vorgelegten Deutschzertifikat eine Fälschung sei und somit die Mindestpunkteanzahl nach der Anlage C nicht vergeben werden konnte. Allerdings bleibt die belangte Behörde dafür einen geeigneten Beweis schuldig, vielmehr führte die belangte Behörde im Zuge der Beschwerdevorlage aus, dass es sich um Versehen handelte und an der Echtheit keine Zweifel bestehen. Folglich wird den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde gefolgt. Zudem darf angemerkt werden, dass es sich hierbei offensichtlich tatsächlich um einen Irrtum der belangten Behörde handelte, hat doch die Behörde dem BF 10 Punkte für vorhandene Deutschkenntnisse zuerkannt.
Sofern seitens des BF moniert wird, dass ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegen würde, da die belangte Behörde nicht auf der für das Jahr 2017 entspricht 60% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG einging, ist darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde davon ausging, dass die erforderliche Mindestpunkteanzahl nicht erreicht war, sodass nicht näher auf das monatliche Bruttoentgelt einzugehen war. Zudem geht aus dem Akt zweifelsfrei hervor, dass der Arbeitgeber des BF sein ursprünglich angeführtes Bruttoentgelt des BF auf € 2988,-- erhöht hat. In Der Beschwerde wurde offensichtlich irrtümlich der Betrag €
2970,- erwähnt.
3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch Senat
Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20f Abs 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
Gemäß Abs 2 leg cit haben die fachkundigen Laienrichter und Ersatzrichter über besondere Kenntnisse des Arbeitsmarktes und des Ausländerbeschäftigungsrechts zu verfügen und sind von der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich in erforderlicher Anzahl vorzuschlagen.
Gemäß Abs 5 leg cit gelten im Übrigen die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013.
In Anwendung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 20f Abs 1 AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet.
Bedingt durch den Umstand, dass im § 20f Abs 1 AuslBG eine Senatszuständigkeit in Beschwerdeangelegenheiten gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice normiert ist, fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung des § 20f Abs 1 und 2 AuslBG in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist.
Schlussfolgernd ist das angeführte Gericht durch Senatsrichterentscheidung in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
II.3.3. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des AuslBG lauten:
§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und
1. bis 9 [...]
(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 und 2 nur erteilt werden, wenn
1. der Regionalbeirat die Erteilung einhellig befürwortet oder
(Anm.: Z 2 bis 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)
5. der Ausländer gemäß § 5 befristet beschäftigt werden soll oder
6. der Ausländer Schüler oder Studierender (§§ 63 und 64 Abs. 1 NAG) oder Inhaber eines Aufenthaltstitels nach § 64 Abs. 4 NAG ist oder
7. der Ausländer Betriebsentsandter ist (§ 18) oder
(Anm.: Z 8 aufgehoben durch Art. 1 Z 8, BGBl. I Nr. 66/2017)
9. der Ausländer gemäß § 57 AsylG 2005 besonderen Schutz genießt oder
10. für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16 Abs. 4 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 des Landarbeitsgesetzes 1984 vorliegt oder, sofern eine solche Bewilligung gemäß § 16a AÜG bzw. § 40a Abs. 6 des Landarbeitsgesetzes 1984 nicht erforderlich ist, die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 Z 1 bis 3 AÜG bzw. § 40a Abs. 2 Z 1 bis 3 des Landarbeitsgesetzes 1984 sinngemäß vorliegen oder
11. der Ausländer auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu einer Beschäftigung zuzulassen ist oder
12. der Ausländer Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609, hat oder
13. der Ausländer nicht länger als sechs Monate als Künstler (§14) beschäftigt werden soll oder
14. der Ausländer einer Personengruppe gemäß einer Verordnung nach Abs. 4 angehört.
(4) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz kann durch Verordnung festlegen, dass für weitere Personengruppen, an deren Beschäftigung öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen, Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden dürfen. Die Verordnung kann eine bestimmte Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligungen, einen Höchstrahmen für einzelne Gruppen und – sofern es die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zulässt – den Entfall der Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall vorsehen.
(5) bis (7) [...]
§ 4b (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.
§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine "Rot-Weiß-Rot – Karte", Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine "Blaue Karte EU" und ausländische Künstler den Antrag auf eine "Niederlassungsbewilligung – Künstler" gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2. als Fachkraft gemäß § 12a,
3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),
5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine "Blaue Karte EU") oder
6. als Künstler gemäß § 14
erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.
§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie
1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt„...
Die Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12 b Z 1 lauten (Anlage C):
KRITERIEN PUNKTE
Qualifikation maximal anrechenbare Punkte: 30
Abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder
Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung: 20
Allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 d.
Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120: 25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer: 30
Ausbildungsadäquate Berufserfahrung maximal anrechenbare Punkte: 10
Berufserfahrung (pro Jahr): 2
Berufserfahrung in Österreich: (pro Jahr) 4
Sprachkenntnisse maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau oder
Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung: 10
Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung oder
Englischkenntnisse zur vertieften selbständigen Sprachverwendung: 15
Alter maximal anrechenbare Punkte: 20
Bis 30 Jahre: 20
Bis 40 Jahre: 15
Summe der maximal anrechenbare Punkte: 75
Zusatzpunkte für ProfisportlerInnen und ProfisporttrainerInnen 20
Erforderliche Mindestpunkteanzahl: 50
Zu A) II.3.4. Abweisung der Beschwerde
Im gegenständlichen Verfahren begehrt der BF, dass festgestellt wird, dass der BF die Voraussetzungen im Sinne des § 12b Z 1 AuslBG erfüllt bzw. dass festgestellt werde, dass die erforderliche Mindestpunktanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreicht werden.
Die in § 12b Z 1 AuslBG unter anderem enthaltenen Tatbestandselemente Mindestpunktezahl und Mindestbruttoentgelt müssen kumulativ erfüllt sein und sind zwingende Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft. Ein Ermessen ist hier nicht gegeben. Liegt daher eine Minderentlohnung vor, ist der Antragsteller schon aus diesem Grund nicht als Schlüsselkraft zuzulassen. Bei diesem Ergebnis braucht auf Ausführungen zum Tatbestandselement Mindestpunktezahl nicht mehr eingegangen zu werden (VwGH 26.01.2013, Zl. 2011/09/0207).
Im konkreten Fall beträgt die gebotene Entlohnung Euro 2.988,00 brutto/Monat. Dies entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Für das Jahr 2017 entspricht 60% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG einem Betrag von Euro 2.988,00 brutto/Monat.
Auf die weiteren in § 12b Z 1 AuslBG enthaltenen Tatbestandselemente
Mindestpunktezahl darf wie folgt eingegangen werden:
Zum Zulassungskriterium Qualifikation wird folgendes ausgeführt:
Eine abgeschlossene Berufsausbildung liegt vor, wenn der Antragsteller über ein Zeugnis verfügt, das seine Qualifikation für die beabsichtigte Beschäftigung zweifelsfrei nachweist. Eine formale Gleichstellung mit einer inländischen Berufsausbildung ist nicht erforderlich. Schlüsselkräfte können alternativ zu einer formellen Berufsausbildung auch spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten geltend machen, die nicht durch formale Ausbildungsnachweise dokumentiert werden können, aber zur Ausübung der konkreten Tätigkeit notwendig sind (zB Profisportler, Designer, Musiker). Dafür sind entsprechende Nachweise vorzulegen (Dienstzeugnisse etc.). Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht (vgl. Deutsch/Novotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz, Gesetze und Kommentare, S 359).
Den Erläuterungen (RV 1077 BlgNR 24. GP, S 12) zum Erfordernis einer "einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung" des § 12a Z 1 AuslBG ist zu entnehmen, dass "[...] nur Fachkräfte zugelassen werden [können], die eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem solchen Mangelberuf nachweisen, die einem Lehrabschluss vergleichbar ist. Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht. Dementsprechend hoch ist die Qualifikation auch im Kriterienkatalog der Anlage B bewertet." Wie auch der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.01.2013, 2012/09/0068, festgehalten hat, sieht der Gesetzgeber damit als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung iSd Anlage B einen österreichischen Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vor.
Gleiches muss für das Erfordernis einer "abgeschlossenen Berufsausbildung" iSd Anlage C gelten, zumal sich weder aus den Erläuterungen noch aus dem systematischen Zusammenhang oder dem Wortlaut Anhaltspunkte ergeben, dass an die "abgeschlossene Berufsausbildung" iSd Anlage C geringere Anforderungen bestünden als an die "abgeschlossene Berufsausbildung" iSd Anlage B.
Im Zuge des Verfahrens vor der belangten Behörde wurde vom BF ein Diplom bezüglich seiner Ausbildung vorgelegt. Anhand dieses Dokumentes ist zwar ersichtlich, dass der BF eine Ausbildung als Landwirtschaftstechniker absolviert hat, wie lange diese Ausbildung gedauert hat, kann dadurch nicht festgestellt werden. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der vom BF vorgelegte Ausbildungsnachweis – das vorgelegte Diplom - nicht als mit einer österreichischen Lehre vergleichbaren Ausbildungsabschluss betrachtet werden kann, da es keine Anhaltspunkte dahingehend gibt, wie lange die Ausbildung des BF tatsächlich dauerte.
Mit der amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime entbindet daher die Parteien nicht davon, durch substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf. Dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen, was insbesondere bei jenen betriebsbezogenen und personenbezogenen Umständen der Fall sein wird, deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.
Der BF hat zum Beweis, dass die vorgelegten Unterlagen als mit einer österreichischen Lehre vergleichbaren Ausbildungsabschluss betrachtet werden können, keine weiteren Unterlagen vorgelegt.
Das zusätzliche Kriterium "spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten" in der Anlage C gilt alternativ zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung und soll sicherstellen soll, dass Profisportler, aber auch sonstige Spezialisten zugelassen werden können, die über keine formelle (Berufs)-Ausbildung verfügen. Das Vorliegen derartiger spezieller Kenntnisse oder Fertigkeiten in der beabsichtigten Beschäftigung, wie sie Profisportler und andere Spezialisten besitzen, wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet und ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
Der BF hat keine "ausbildungsadäquate Berufserfahrung" geltend gemacht.
Der BF legte zum Beweis seiner Deutschkenntnisse eine Prüfungszeugnis A1 vom ÖIF vor, sodass 10 Punkte angerechnet werden.
Dem BF können aufgrund seines Alters von 44 Jahren 0 Punkte entsprechend der Anlage C (siehe oben eingefügte Tabelle) vergeben werden.
Insgesamt wurde der Entscheidung der belangten Behörde, dass die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 50 nicht erreicht wird, nicht substantiiert entgegen getreten.
Aufgrund der Nichterreichung der Mindestpunkteanzahl war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II.3.5. Die Rüge des BF, ihm hätte die - negative - Stellungnahme des angehörten Regionalbeirates zugestellt werden müssen, die Unterlassung führe dazu, dass der BF in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt, geht fehl, weil es sich - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom VwGh vom 6. November 2006, Zl. 2005/09/0100 mwN) - bei der einhelligen Befürwortung durch den zuständigen Regionalbeirat um eine Tatbestandsvoraussetzung § 4 Abs. 3 AuslBG handelt, die von der belangten Behörde zwar wahrzunehmen, nicht aber auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen war.
Sofern der BF vorbringt, er sei nicht darüber informiert worden, dass weitere Nachweise erforderlich seien, wird auf die ständige Rechtsprechung des VwGH verwiesen. Danach kann eine im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Verletzung des Parteiengehörs im Beschwerdeverfahren durch die mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert werden, wenn der damit bekämpfte Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergegeben hat (vgl. dazu Ra 2016/06/0104 vom24.10.2017). Im vorliegenden Fall hat die BF die Möglichkeit gehabt allfälligen fehlenden Unterlagen im Zuge der Beschwerde vorzulegen.
Bei dem oa. Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebenden Wirkung zuzuerkennen. Angemerkt wird ergänzend, dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden hätte können, weil durch deren Zuerkennung die bescheidmäßig versagte Zulassung als Schlüsselkraft nicht herbeigeführt hätte werden können. Der angestrebte Erfolg einer Berechtigung zur Beschäftigung des Ausländers bis zur Beendigung des Beschwerdeverfahrens könnte daher durch eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gar nicht erreicht werden.
3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080).
Der tatsächlich entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig. In der gegenständlichen Entscheidung war nur über Rechtsfragen abzusprechen. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG waren somit nicht gegeben.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Berufsausbildung, Berufserfahrung, Rot-Weiß-Rot-Karte,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L512.2181134.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.01.2018