TE OGH 2018/1/18 12Os115/17d

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Veröffentlicht am 18.01.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Jänner 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.- Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ettel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Przemyslaw K***** und einen anderen Angeklagten wegen der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Przemyslaw K***** und Tomasz B***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Mai 2017, GZ 75 Hv 42/17w-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Przemyslaw K***** und Tomasz B***** jeweils des Verbrechens (richtig: der Verbrechen; vgl RIS-Justiz RS0130302) des schweren Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (1./) sowie des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (2./) schuldig erkannt.

Danach haben sie am 28. März 2017 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines Hackmessers mit einer Klingenlänge von 16 cm, anderen fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz

1./ abzunötigen versucht, und zwar Yavuz Ku***** und Sailfali R***** mitgeführtes Bargeld indem Przemyslaw K***** drohend das Hackmesser vorhielt

2./ abgenötigt, und zwar Sailfali R***** ein Mobiltelefon, welches im Zuge der unter Punkt 1./ geschilderten Tathandlung zu Boden fiel, indem Tomasz B***** mit seinem Fuß auf das Mobiltelefon trat und, als Sailfali R***** versuchte, sein Telefon dennoch aufzuheben, Przemyslaw K***** diesen packte und ihm das Hackmesser am Nacken sowie in der Folge am Hals ansetzte, wobei es dem Opfer letztlich gelang, sich loszureißen und gemeinsam mit Yavuz Ku***** zu flüchten.

Dagegen richten sich die von Przemyslaw K***** aus Z 5, 5a und 10 sowie von Tomasz B***** aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden, denen keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Przemyslaw K*****:

Deren Erledigung ist voranzustellen, dass die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO voneinander wesensmäßig verschieden (zu § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO siehe RIS-Justiz RS0116733) und daher gesondert geltend zu machen sind, wobei der Nichtigkeitswerber unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen hat, durch die er sich für beschwert erachtet (vgl RIS-Justiz RS0115902). Unklarheiten, die durch die von ihm selbst gewählte Art der gemeinsamen Ausführung der Mängel- (Z 5) und der Tatsachenrüge (Z 5a) bedingt sein könnten, gehen demnach zu seinen Lasten (vgl § 285a Z 2 StPO).

Mit dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Urteilsannahme, der Erstangeklagte habe weder Rum getrunken noch Marihuana geraucht (US 10), und damit im Ergebnis der Konstatierung vorhandener Diskretions- und Dispositionsfähigkeit (US 7 f), orientiert sich der Beschwerdeführer der Verfahrensordnung zuwider nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394), lässt er doch den als erwiesen angenommenen, bei ihm nach seiner Festnahme gemessenen Blutalkoholgehalt von 1,5 %o (US 7), die auf die eingehend gewürdigten (US 8 f) Ausführungen des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Christian R***** (ON 35 S 39 ff) gegründeten Erwägungen, wonach Zurechnungsunfähigkeit nicht anzunehmen sei und auch ein allfälliger Marihuanakonsum an diesem Ergebnis nichts ändere, vollends außer Acht. Vielmehr unternimmt er den Versuch, im Wege eigenständiger Beweiswerterwägungen aus den Angaben der Tatopfer zu seinem Verhalten anlässlich der Tatbegehung und seiner eigenen, vom Schöffengericht als unglaubwürdig verworfenen (US 8) Verantwortung für ihn günstigere – in Richtung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 287 Abs 1 StGB weisende – Schlüsse zu ziehen als das Erstgericht. Damit kritisiert er jedoch die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung.

Ein auf Aktenbasis (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481) gegründetes Vorbringen, das geeignet wäre, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tatsachen zu wecken, ist den Ausführungen jedenfalls nicht zu entnehmen.

Die gesetzmäßige Darstellung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert striktes Festhalten an den zum Tatsächlichen getroffenen Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit und die auf dieser Grundlage zu führende Darlegung, dass dem Gericht bei der Beurteilung des Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei (RIS-Justiz

RS0099810).

Diesem Anfechtungsrahmen wird die Forderung der Subsumtionsrüge (Z 10) nach Unterstellung aller Taten (gemeint wohl:) des Beschwerdeführers unter § 287 StGB schon deshalb nicht gerecht, weil sie die Feststellung, wonach beide Angeklagten in der Lage waren, das Unrecht ihrer Tat einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln (US 7 f), übergeht.

Doch auch das Vorbringen, wonach mangels Wegnahme oder Abnötigung des Mobiltelefons zu 2./ durch den Nichtigkeitswerber allenfalls eine Unterstellung unter § 131 StGB in Betracht käme, zumal er durch sein Verhalten lediglich

Tomasz B***** Gewahrsame an diesem Gegenstand habe erhalten wollen, lässt den vom Erstgericht angenommenen, von vornherein bestehenden gemeinsamen Raubvorsatz beider Angeklagter außer Acht (vgl auch RIS-Justiz RS0099704).

Im Übrigen muss das Ergreifen einer Sache durch den Täter nicht zwangsläufig zum Gewahrsamsverlust des bisherigen Inhabers führen. Bleibt sie vorderhand nichtsdestoweniger noch in dessen tatsächlichem Machtbereich, so kann sie durchaus Objekt eines durch nachfolgende Gewalt oder (tatbestandsmäßige) Drohung begangenen Raubes sein (RIS-Justiz RS0099767).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Tomasz B*****:

Der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Urteilsannahmen, wonach die beiden Angeklagten von Beginn an den gemeinsamen Tatplan hatten, einen Raubüberfall zu begehen und der Zweitangeklagte wusste, dass der Erstangeklagte das Hackmesser von zu Hause mitnahm (US 5 f), betrifft keine entscheidende, also schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsache (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399 ff; RIS-Justiz RS0106268), weil Mittäterschaft keiner ausdrücklichen Vereinbarung vor der Tat bedarf. Es genügt, wenn die Täter bei der Ausführung des Delikts mit

spontan entstandenem gemeinsamen Vorsatz bewusst zusammenwirken (RIS-Justiz RS0089831). Dass der Beschwerdeführer aber spätestens mit Beginn des Tatgeschehens um die Raubintentionen seines Mittäters und dessen Verwendung einer Waffe wusste und sich dessen ungeachtet mit darauf gerichtetem Vorsatz daran beteiligte (US 6 zweiter Absatz), haben die Tatrichter im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen aus den Aussagen der als glaubwürdig beurteilten Tatopfer erschlossen (US 10 bis 14).

Dass das konstatierte Vorhaben, die Tatopfer zur Herausgabe von Bargeld und in der Folge Sailfali R***** erfolgreich zur Überlassung eines Mobiltelefons zu zwingen (US 7), dem Erfordernis der Abnötigung fremder beweglicher Sachen nicht genügen sollte, wird von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bloß begründungslos behauptet, nicht jedoch methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (vgl RIS-Justiz RS0116569).

Der Einwand der Rechtsrüge, die tatrichterlichen Feststellungen drückten nicht aus, dass der bisherige Gewahrsam des Sailfali R***** gebrochen worden sei oder dass dieser das Mobiltelefon gezwungenermaßen herausgegeben habe, vielmehr sei lediglich konstatiert worden, der Zweitangeklagte habe dieses an sich genommen, sodass der Tatbestand des Raubes nicht erfüllt sei, übergeht die vom Erstgericht angenommenen Drohungen mit dem Hackmesser durch den Erstangeklagten, die zur Aufgabe des Mobiltelefons durch das Opfer führten (US 6 f), und verfehlt damit den vom Gesetz geforderten, im Urteilssachverhalt gelegenen

Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz

RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht;

Textnummer

E120484

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0120OS00115.17D.0118.000

Im RIS seit

31.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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