TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/3 L508 2112099-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.01.2018
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Entscheidungsdatum

03.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46a Abs1 Z4

Spruch

L508 2107264-2/9E

L508 2112099-2/10E

L508 2130435-2/9E

L508 2130433-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Jordanien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe geändert, dass der Spruch zu lauten hat:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Die Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG bis zum 30.04.2018 vorübergehend unzulässig."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Jordanien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe geändert, dass der Spruch zu lauten hat:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Die Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG bis zum 30.04.2018 vorübergehend unzulässig."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Jordanien, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe geändert, dass der Spruch zu lauten hat:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Die Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG bis zum 30.04.2018 vorübergehend unzulässig."

III. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Jordanien, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe geändert, dass der Spruch zu lauten hat:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Die Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG bis zum 30.04.2018 vorübergehend unzulässig."

III. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführer, gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als BF1 bis BF4 bezeichnet, sind Staatsangehörige von Jordanien, der arabischen bzw. palästinensischen Volksgruppe sowie der sunnitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, reisten im Juli 2014 schlepperunterstützt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 08.07.2014 (BF1 und BF2, sowie ein weiterer beschwerdeführender Sohn (L508 2107262)) bzw. am 22.07.2014 (BF3, BF4 sowie eine weitere beschwerdeführende Tochter (L508 2130432)) jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Beim BF2 handelt es sich um den Ehegatten der BF1 und beim BF4 und der BF5 um die Kinder der BF1 aus einer vorangegangen Ehe.

Am 10.07.2014 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung der BF1 und des BF2 statt. Auf die Frage, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen hätten (Fluchtgrund), gaben die BF1 und der BF2 im Wesentlichen übereinstimmend an, dass die Palästinenser, vor allem die Frauen, in Libyen erniedrigt, regelmäßig beschimpft und teilweise auch vergewaltigt werden würden. Der BF2 sei zuletzt von einem Kunden entführt und misshandelt worden. Man habe ihnen gedroht, als Palästinenser ruhig zu sein. Ihr Sohn sei seit der Revolution in Syrien nicht mehr zur Schule gegangen, da er immer erniedrigt worden sei. Aus diesen Gründen hätten sie Libyen verlassen. Der BF3 schilderte auf die gleiche Frage, dass das libysche Volk keinen Respekt vor den Palästinensern habe. In der Schule sei er regelmäßig geschlagen und beschimpft worden. Sogar der Lehrer habe ihn geschlagen und seine Prüfungen sehr negativ bewertet. Dadurch hätte er in Libyen keine Zukunftsperspektiven. Auf die Frage, was sie im Fall der Rückkehr in ihre Heimat befürchte, erwiderte die BF1, dass sie befürchte, ein Leben in Angst und Demut zu führen. Sie würde eher sterben als dorthin zurückzukehren. Der BF2 gab dazu an, dass er Angst vor einem dortigen Leben hätte, weil es dort keine Sicherheit gebe und jeder Waffen tragen würde. Er und seine Familie würden auch nicht mehr erniedrigt werden wollen. Der BF3 führte aus, dass es für ihn und seine Familie in Libyen keine Zukunft gebe.

Am 23.07.2014 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung einer weiteren beschwerdeführenden Tochter der BF1 (L508 2130432) statt. Auf die Frage, warum sie ihren Herkunftsstaat verlassen habe (Fluchtgrund), gab sie zu Protokoll, dass in Syrien Krieg herrsche und sie daher keine Möglichkeit hätte, dort in Sicherheit zu leben. Ihr Vater habe dann beschlossen, nach Österreich auszuwandern.

2. Mit Schreiben vom 19.08.2014 wurde der leibliche Vater des BF3, der BF4 und der weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) sowie des weiteren beschwerdeführenden Sohnes (L508 2107262) bzw. ehemalige Gatte der BF1 (L504 2120994) in Vorbereitung der zu bearbeitenden Asylanträge ersucht, binnen einer Frist von drei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens sämtliche in seinem Besitz befindlichen Beweismittel sowie identitätsbezeugende Dokumente im Original vorzulegen.

3. Am 23.10.2014 wurden die BF1 und der BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), RD NÖ, im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

Auf Befragung zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates (Fluchtgründe) brachte die BF1 zunächst vor, bislang nicht genau die Wahrheit gesagt zu haben, weil sie bedroht worden sei und dies alles wegen ihrer Kinder verheimlicht hätte. Sie sei mit ihren Kindern, ihrem Ex-Mann (L504 2120994) und ihrem Gatten (BF2) von Libyen nach Italien gekommen. Sie sei aus Libyen mit ihrer Familie geflüchtet, weil ihre Tochter XXXX (L508 2120646) in Tripolis von den Libyern vergewaltigt worden sei.

Aus Angst, ihr Ex-Mann komme hier her und verrate sie, hätte sie angeführt, Palästinenserin aus Syrien zu sein und hätte sie deshalb ihre Kinder nicht angeführt. Fünf ihrer Kinder befänden sich bei ihrem Ex-Mann hier in Österreich. XXXX sei verheiratet und lebe in Jordanien.

Sie sei in Jordanien geboren und im Alter von zwei Jahren mit ihrer Familie für zehn Jahre nach Syrien gezogen. Nach ihrer Rückkehr nach Jordanien im Jahr 1977 hätte sie erstmals geheiratet. 1994 sei sie mit ihrem zweiten Mann - ihrem Ex-Mann - nach Libyen gegangen und dort bis 2007 verblieben. Am 14.12.2008 sei ihre zweite Ehe geschieden worden. Ihr Ex-Mann habe sie nicht in Ruhe gelassen und bedroht. Dieser habe die Kinder zu sich nehmen wollen und keinen Unterhalt bezahlt. Im Jahre 2009 hätte sie ihren jetzigen Mann geheiratet. Durch den Druck ihres Ex-Mannes hätte sie es in Jordanien nicht mehr ausgehalten und sei mit ihrem Mann im Jahre 2010 nach Libyen gezogen. Im Jahre 2012 sei sie für die Dauer von 40 Tagen wegen ihrer Tochter nach Jordanien zurückgekehrt. Ihre Tochter XXXX habe sie angerufen und erzählt, dass sie von ihrem Vater sexuell belästigt worden sei. Nach diesen 40 Tagen hätte sie Jordanien das letzte Mal am 13.07.2012 verlassen und sei nach Libyen zurückgekehrt.

In Jordanien hätte sie ihren Ex-Mann wegen sexueller Belästigung ihrer Tochter angezeigt. Dieser sei im Juni 2012 festgenommen worden, in U-Haft gewesen, gegen Kaution freigekommen und geflüchtet. Etwa um den 25.07.2012 sei er nach Libyen gekommen.

Sie sei wegen ihrer Kinder nach Europa gekommen, weil Kinder in den arabischen Ländern keinen Schutz hätten.

Da ihr Ex-Mann ihre Tochter sexuell belästigt habe, habe sie mit diesem nicht mehr zusammenleben können. Dies habe zur Scheidung geführt. Sie sei von diesem belästigt und nicht mehr in Ruhe gelassen worden, nachdem sie ihren letzten Mann geheiratet hätte. Sie seien von ihm bedroht worden, weshalb sie mit ihrem nunmehrigen Mann nach Libyen gereist sei.

Ca. zwei Monate nach ihrer Eheschließung hätten diese Belästigungen begonnen. Der Bruder ihres Ex-Mannes sei Taxifahrer und habe sie und ihren Mann durch Losfahren auf ihre Personen erschreckt. Ihre Kinder, die bei ihm gelebt hätten, seien auch oft vor ihm geflüchtet.

Bei einer Rückkehr nach Jordanien würde ihre Tochter wegen der Anzeige von ihrem Onkel und Cousin die Kehle durchgeschnitten bekommen.

Der BF2 gab zunächst zu Protokoll, dass er einige Angaben verheimlicht hätte. Bei ihm handle es sich um einen Palästinenser aus Jordanien. Er würde einen jordanischen Reisepass mit Nationalnummer besitzen und sei jordanischer Staatsbürger. Des Weiteren sei XXXX (L508 2107262) nicht sein leiblicher Sohn, sondern sein Stiefsohn. Er habe dies wegen des Ex-Gatten der BF1, welcher mit ihnen in Italien gewesen sei, nicht angegeben. Dieser habe ihnen Probleme bereitet.

Er habe in der Erstbefragung in Bezug auf XXXX falsche Angaben getätigt, weil dieser von seinem Vater in Italien allein gelassen worden sei und es im Interesse seiner Gattin gewesen sei, dass sein Stiefsohn auch bei ihnen bleiben könne. Was die falschen Angaben bezüglich der Staatsangehörigkeit betrifft, so habe er nicht gewollt, dass ihnen der Ex-Gatte der BF1 in Österreich Probleme macht. Er wolle nun die Wahrheit sagen. Die in der Erstbefragung angegebenen Fluchtgründe seien teils richtig und teils nicht richtig.

Libyen hätte er verlassen, weil er vom Ex-Gatten der BF1 bedroht worden sei. Bis zu seiner Reise nach Europa sei er in Libyen aufhältig gewesen. In Jordanien sei er zuletzt im Dezember 2010 gewesen.

Befragt nach den Gründen für seine nunmehrige Ausreise gab der BF2 zu Protokoll, dass er nicht nach Jordanien konnte. Es sei für ihn wichtig gewesen, dass seine Stiefkinder ein gutes Leben haben, weil jenes mit deren Vater schrecklich gewesen sei. Er habe in Jordanien keine Probleme gehabt. Er sei lediglich vom Ex-Gatten und dessen Bruder bedroht worden, weil die BF1 den Ex-Gatten wegen sexueller Belästigung in Jordanien angezeigt habe. Die Gefahr bestehe weiterhin. Er erhalte bis zum heuten Tag jeden Monat telefonische Drohungen.

Er sei gemeinsam mit den anderen beschwerdeführenden Parteien, dem Ex-Gatten der BF1, einem Sohn der BF1 (L508 2107262) und einer weiteren Tochter der BF1 (L508 2130432) gereist. Sie seien alle gemeinsam im Boot gewesen. Zwischen dem Ex-Gatten und den beschwerdeführenden Parteien sei es in Libyen zu einer Versöhnung gekommen, weil der Ex-Gatte in Jordanien wegen sexueller Belästigung in Abwesenheit gerichtlich verurteilt worden sei und nicht mehr zurückkehren habe können.

Er sei lediglich nach Europa gekommen, um eine gute Zukunft für die Kinder seiner Gattin zu haben. Nach dem jordanischen Gesetz - wenn eine Frau wieder heirate - werde die Obsorge der Kinder dem Vater zugesprochen. Da der Vater seiner Stiefkinder wegen sexueller Belästigung verurteilt worden sei, werde der Onkel der Stiefkinder die Obsorge erhalten.

Bei einer Rückkehr nach Jordanien müsse er entweder töten oder er werde von dem Bruder des Ex-Gatten getötet, da dieser glaube, dass er hinter der Verurteilung stehen würde.

Im Übrigen brachte die BF1 in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 23.10.2014 einen jordanischen Reisepass im Original, ein jordanisches Familienbuch in Kopie, eine UNRWA-Registrierung im Original aus dem Jahr 1997, einen libyschen Führerschein und eine Registrierungskarte aus Libyen in Vorlage. Der BF2 legte einen jordanischen Reisepass im Original, eine jordanische Heiratsurkunde im Original und einen libyschen Führerschein im Original vor. Ferner wurden der BF1 und dem BF2 die aktuellen Feststellungen zu ihrem Herkunftsstaat Jordanien unter Einräumung einer einwöchigen Stellungnahmefrist ausgehändigt.

4. Mit den Bescheiden des BFA vom 13.04.2015 wurde der jeweilige Antrag der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der jeweilige Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF1, den BF2 und den BF3 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Jordanien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Dem Fluchtvorbringen der BF1 und des BF2 wurde die Glaubwürdigkeit versagt.

5. Gegen diese Bescheide erhoben die BF1 und der BF2 fristgerecht mit Schriftsatz vom 05.05.2015 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und stellten einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

5.1. Zunächst wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge jeweils den angefochtenen Bescheid des BFA zur Gänze beheben und gem. § 3 AsylG Asyl gewähren; bzw. gem. § 8 AsylG subsidiären Schutz erteilen; bzw. die Rückkehrentscheidung für unzulässig erklären und gem. §§ 55 oder 57 AsylG einen Aufenthaltstitel erteilen; in eventu jeweils den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit hinsichtlich des Spruchpunktes I., II. und III. beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverweisen; eine mündliche Verhandlung gem. § 24 Abs. 1 VwGVG durchführen.

5.2. Sodann wird ausgeführt, dass die BF1, der BF2 und der BF3 entgegen der Ansicht des Bundesamtes die Voraussetzungen für die Asylgewährung erfüllen, da ihnen in Jordanien Verfolgung iSd GFK drohe. Dagegen richte sich die eingebrachte Beschwerde. In einer nachfolgenden Beschwerdeergänzung würde man das vom BFA vorgeworfene gesteigerte Vorbringen entkräften, indem sie Beweise zu ihrem Fluchtvorbringen vorlegen werden, die mangelnde Ermittlungspflicht näher ausführen sowie alle von der Behörde vorgeworfenen Widersprüche aufklären.

5.3. Auch im Asylverfahren würden die AVG-Prinzipien des Grundsatzes der amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts und der Wahrung des Parteiengehörs gelten (§ 37 AVG), wobei das Ermittlungsverfahren in § 18 AsylG weiter konkretisiert worden sei.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.10.2015, rechtskräftig seit 13.10.2015, wurde der BF2 wegen gewerbsmäßiger Schlepperei in Bezug auf mindestens drei Fremde als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und 2 und Abs. 4, 1. Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

7. Am 20.11.2015 wurde eine weitere Tochter der BF1 (L508 2130432) vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

Hierbei gab diese zu Protokoll, dass sie palästinensische Jordanier seien, die aber in Libyen gelebt hätten. Sie würden aus einer Problemfamilie kommen. Ihr Vater habe sie und ihre Schwester öfters eingesperrt und immer verfolgt. Er habe sie öfters in der Nacht nicht schlafen lassen und sie immer gefragt, was ihre Schwester XXXX (L508 2120646) macht und ob diese mit jemandem telefoniere etc. Er habe sie auch öfters zu seinem Bruder XXXX gebracht und dieser habe sie geschlagen. Ihre Mutter habe sich scheiden lassen, weil ihr Vater ihre Schwester XXXX sexuell belästigt habe. Dies hätte sie auch mit ihren eigenen Augen gesehen. Sie selbst habe ihr Vater nicht sexuell belästigt, aber dessen Bruder XXXX und der Schwager ihres Vaters XXXX hätten sie mehrmals sexuell belästigt.

Auch ein anderer Verwandter ihres Vaters habe versucht, sie sexuell zu belästigen. Dieser habe seine eigene Tochter vergewaltigt und sei deswegen in Jordanien sechs Monate eingesperrt worden. All diese Vorfälle seien in Jordanien passiert.

Sie seien öfters zu ihrer Mutter in Jordanien geflüchtet. Sie hätten auch die Polizei von diesen Vorfällen informiert. Diese habe ihnen nicht geglaubt und sie wieder zu ihrem Vater gebracht. Ihre Mutter habe versucht, das Obsorgerecht zu erhalten, aber das funktionierte nicht. Ihre Mutter habe dann geheiratet und sei nach Libyen gegangen und habe dort versucht, die Kinder zu sich zu nehmen. Ihre Mutter habe mit ihrem Vater wegen der Kinder öfters telefoniert und letztendlich habe sie der Vater nach Libyen gebracht. Dort habe er ihnen den Kontakt zur Mutter verboten.

Zur Wegweisung ihres Vaters und Bruders befragt, wurde Folgendes zu Protokoll gegeben: "Mein Vater hat wieder meine Schwester XXXX sexuell belästigt und verfolgte sie überall. Er wollte immer alleine mit meiner Schwester sein und schickte mich immer weg. Er hat uns nie in Ruhe gelassen. Mein Bruder XXXX hat versucht, mich sexuell zu belästigen in XXXX ."

8. Des Weiteren wurde mit den Bescheiden des BFA vom 27.01.2016 der jeweilige Antrag des Drittbeschwerdeführers, der Viertbeschwerdeführerin und der weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Absatz 3a iVm § 9 Absatz 2 AsylG wurde dem jeweiligen Antragsteller der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Jordanien sei gem. § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG vorübergehend unzulässig.

Weiters stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass den Asylwerbern eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG erteilt werde.

9. Gegen diese Bescheide erhoben der BF3, die BF4 und die weitere beschwerdeführende Tochter (L508 2130432) fristgerecht mit Schriftsatz vom 08.02.2016 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

10. Mit Schreiben vom 15.03.2016 übermittelten die BF1, der BF3, die BF4 und die weitere beschwerdeführende Tochter der BF1 (L508 2130432) eine Beschwerdeergänzung an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die BF1 ebenfalls einen Aufenthaltstitel gem. § 55 oder § 57 AsylG 2005. Hinsichtlich des genauen Inhaltes dieses Schriftstücks wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

11. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.03.2016, rechtskräftig seit 16.03.2016, wurde der BF2 wegen gewerbsmäßiger Schlepperei in Bezug auf mindestens drei Fremde als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und 2 und Abs. 4, 1. Fall FPG gem. §§ 31 und 40 StGB zu einer Zusatzstrafe von vier Monaten verurteilt.

12. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.06.2016 (BF1 und BF2) bzw. vom 27.07.2016 (BF3, BF4 und weitere beschwerdeführende Tochter (L508 2130432)) wurde in Erledigung der jeweiligen Beschwerden vom 05.05.2015 (BF1 und BF2) bzw. 08.02.2016 (BF3, BF4 und weitere beschwerdeführende Tochter (L508 2130432)) der jeweils bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG (bezüglich des BF2: iVm § 34 Abs. 4 AsylG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

13. Laut Bericht der Landespolizeidirektion Salzburg vom 25.02.2017 werde zum Ersuchen vom 18.11.2016 um Überprüfung der Identität von

XXXX [Ex-Gatte der BF1], geboren am XXXX in Israel, jordanischer Staatsbürger, jordanische Nationalnummer XXXX , berichtet, dass im Zuge eines internationalen polizeilichen Informationsaustausches mit den zuständigen Behörden Jordaniens die Identität aufgrund der übereinstimmenden Personaldaten, des Familienbuches und der Nationalnummer festgestellt werden habe können. Dieser sei im Jahr 2012 von seiner damaligen Ehefrau wegen sexueller Belästigung bei der "Family Protection Unit" in Jordanien angezeigt worden. Laut Auskunft der jordanischen Behörden sei die Anzeige aufgrund des Erhebungsergebnisses nicht an das zuständige Gericht weitergeleitet worden.

14. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 24.03.2017 wurden der BF1, dem BF3, der BF4 sowie einer weiteren Tochter der BF1 (L508 2130432) seitens des BFA - unter Setzung einer zweiwöchigen Frist ab Zustellung dieses Schreibens zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme - die aktualisierten länderkundlichen Informationen zur Lage in Jordanien, Stand 03.05.2016, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 23.03.2017 (Gewalt Kinder), die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 04.10.2016 (Gewalt Frauen) und die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 04.10.2016 (Familienbuch), zur Kenntnis gebracht.

Laut den Anfragebeantwortungen gebe es in Jordanien bezüglich der Rechte, die eine alleinerziehende Mutter in Bezug auf die Erziehung ihrer Kinder habe, unterschiedliche Situationen, die je nach Familie, Stellung der Mutter und Stellung des Vaters unterschiedlich seien. Dies könne heißen, dass in einem Fall der Mutter alle Rechte zukommen, wenn die Mutter selber keine Probleme habe bzw. unter normalen Bedingungen lebe. Die Mutter bekomme das Sorgerecht und der Vater werde dann von einem Zivilgericht zum Unterhalt – jedoch zumeist nur in einem sehr geringen Ausmaß - verpflichtet. Sollte die Mutter nun neuerlich heiraten wollen, könnte der Kindesvater nun das Sorgerecht wiedererlangen, da es ihm zustehe, dass seine Kinder nicht bei einem fremden Vater aufwachsen. Es bestehe jedoch die Möglichkeit, dass die Mutter das Sorgerecht für die Kinder - bevor sie erneut heirate – auf ihre Mutter (die Großmutter der Kinder) übertrage (wenn ihre Mutter noch lebe). Damit wäre der Kindesvater vorerst wieder aus dem Anspruch des Sorgerechts draußen.

Der jordanische Staat sei auch fähig und in der Lage und willens durch eine Sonderabteilung der Polizei "Family Protection Unit" die Kinder zu schützen, wenn Anschuldigungen von Gewalt von Vätern nachgewiesen werden können bzw. erwiesen seien. Abteilungen der "Family Protection Unit" seien in jedem Regierungsbezirk eingerichtet.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Mutter im Falle eines gewalttätigen Vaters die alleinige Obsorge übertragen werde.

Des Weiteren gebe es sogar offizielle Stellen und NGOs, wo sich betroffene Frauen in Fällen von Gewalt und sexuellen Übergriffen hinwenden können. Dies sei ein Anliegen der Regierung bis hin zur Königin von Jordanien.

Die Täter, wenn auch eigene Familienmitglieder, seien zu langen Haftstrafen verurteilt und eingesperrt worden. In diesen Themenbereichen gehe Jordanien im Nahen Osten einen vorbildlichen und westlichen Weg.

Wenn die Tat, wirklich wie angezeigt passiert sei, hätten die Frauen in Jordanien nicht mit Repressalien zu rechnen. Sie würden geschützt und die Täter gerichtlich verfolgt und bestraft werden.

Ferner werde das jordanische Familienbuch nur Jordaniern ausgestellt, die auch eine Nationalnummer besitzen. Sie würden das Buch erhalten, wenn sie heiraten und diese Ehe beim Sharia-Gericht eingetragen sei. Bis zur Heirat seien sie im Familienbuch der Eltern eingetragen. Beim Sharia-Gericht bekomme man dann eine Heiratsurkunde und mit dieser könne man beim Personenstandsamt das Familienbuch erlangen. Sonst gebe es keine weitere Möglichkeit.

Ein Nicht-Jordanier könne dieses Familienbuch nicht besitzen. Somit könne mit dem Familienbuch die jordanische Staatsangehörigkeit nachgewiesen werden.

Ferner wurde diesen vier Personen zur Kenntnis gebracht, dass seitens des Landesamtes für Verfassungsschutz ermittelt worden sei, dass der Ex-Gatte der BF1 ebenfalls die jordanische Staatsangehörigkeit besitze.

Weiters habe das Landesamt für Verfassungsschutz festgestellt: " XXXX wurde im Jahr 2012 von seiner damaligen Ehefrau wegen sexueller Belästigung bei der "Family Protection Unit" in der Stadt XXXX , Jordanien angezeigt. Laut Auskunft der jordanischen Behörden wurde die Anzeige aufgrund des Erhebungsergebnisses nicht an das zuständige Gericht weitergeleitet."

Diesbezüglich sei anzuführen, dass die BF1 selbst angegeben habe, 2012 gar nicht mehr mit ihrem Ex-Gatten verheiratet gewesen zu sein und andererseits widerspreche die Feststellung des Landesamtes für Verfassungsschutz ihren Aussagen, wonach ihr Ex-Gatte festgenommen und inhaftiert worden wäre.

Auch liege dem BFA der Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vor, in welchem die gemeinsame Obsorge bezüglich der minderjährigen Kinder zwischen der BF1 und ihrem Ex-Gatten pflegschaftsgerichtlich genehmigt worden sei.

Sohin könne aufgrund dieser Obsorgevereinbarung, als auch der Einstellung der Verfahren gegen den Ex-Gatten, sowie dem Umstand, dass es zu keiner Verurteilung des Ex-Gatten gekommen sei, nicht davon ausgegangen werden, dass die Kinder Opfer von fortgesetzter Gewalt im familiären Bereich seien.

Auch sei in diesem Zusammengang auf die übermittelten Länderinformationen zu verweisen, dass selbst im Falle von gewalttätigen Vätern der jordanische Staat sehr wohl in der Lage und willens sei, sowohl Frauen als auch Kindern Schutz zu gewähren.

Dem BF2 wurden lediglich die aktualisierten länderkundlichen Informationen zur Lage in Jordanien, Stand 03.05.2016, zur Kenntnis gebracht.

15. Am 19.04.2017 langten bei der belangten Behörde bezüglich des BF3, der BF4 und der weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) Verlängerungsanträge "Besonderer Schutz" gem. § 59 AsylG ein.

16. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2017 wurde der Antrag der BF1 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ebenso wurde der Antrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vom 19.04.2017 gem. § 57 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF1 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der BF1 nach Jordanien gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der BF1 zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.). Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2017 wurde der Antrag des BF2 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF2 und den BF3 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des BF2 und des BF3 nach Jordanien gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF2 und des BF3 zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2017 wurde der Antrag eines weiteren beschwerdeführenden Sohnes (L508 2107262) auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF2 und den BF3 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des BF2 und des BF3 nach Jordanien gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF2 und des BF3 zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2017 wurde jeweils der Antrag des BF3, der BF4 und einer weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ebenso wurde der Antrag auf Verlängerung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vom 19.04.2017 gem. § 57 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF4, die BF5 und eine weitere beschwerdeführende Tochter (L508 2130432) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des BF4, der BF5 und der weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) nach Jordanien gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

17. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2017 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und die Beschwerdeführer gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass sie verpflichtet seien, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

18. Mit jeweiligem Schriftsatz vom 19.05.2017 (BF1, BF3, BF4 und weitere beschwerdeführende Tochter (L508 2130432)), 11.05.2017 (BF2) und 09.05.2017 (weiterer beschwerdeführender Sohn (L508 2107262)) erhob die bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation der Beschwerdeführer die vorliegenden, fristgerecht erhobenen und zulässigen Beschwerden. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerden wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

18.1. Was die Beschwerde der BF1, des BF3, der BF4 und der weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) betrifft, so wurde zunächst beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

* eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen

* falls nicht alle zu Lasten der Beschwerdeführer gehenden Rechtswidrigkeiten im jeweils angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht worden seien, diese amtswegig aufgreifen;

* die angefochtenen Entscheidungen - allenfalls nach Verfahrensergänzung - beheben und den Beschwerdeführern den Status eines Asylberechtigten zuerkennen;

* in eventu die angefochtenen Bescheide des BFA - allenfalls nach Verfahrensergänzung – bezüglich des Spruchpunktes II. beheben und den Beschwerdeführern den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG gewähren ;

* in eventu die angefochtenen Bescheide ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen;

* in eventu die Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG der BF4 und BF5 verlängern bzw. der BF1 eine solche erteilen und

* in eventu den Beschwerdeführern einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilen.

18.1.1. Der BF1 würden im Bescheid mehrere (vermeintliche) Widersprüche zwischen ihren Aussagen und jenen des BF2 vorgehalten werden. Jedoch habe sie bisher nicht die Möglichkeit gehabt, sich diesbezüglich zu äußern. Die letzte Einvernahme der BF1 habe am 23.10.2014 stattgefunden. Eine weitere beschwerdeführende Tochter der BF1 (L508 2130432) sei ebenfalls zuletzt am 20.11.2015 einvernommen worden und habe diese bisher keine Gelegenheit gehabt, sich hierzu zu äußern.

18.1.2. In der Folge wurde moniert, dass seitens des Bundesamtes die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG nicht erfüllt worden seien, zumal die BF1 und eine weitere beschwerdeführende Tochter der BF1 (L508 2130432) seit 2014 nicht mehr vom BFA einvernommen worden seien. Die belangte Behörde berufe sich auf veraltete Aussagen und sei ihnen das Recht auf Parteiengehör genommen worden. Es sei in den letzten Monaten regelmäßig zu Bedrohungen durch den Ex-Gatten der BF1 gekommen und würden entsprechende – derzeit noch nicht vorliegende – Beweismittel im laufenden Rechtsmittelverfahren vorgelegt werden. Darüber hinaus werde explizit die Befragung des BF2 im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragt. Des Weiteren werde die volljährige Tochter (L508 2120646) als Zeugin beantragt.

Die weitere beschwerdeführende Tochter der BF1 (L508 2130432) sei schwanger. Mangels Einvernahme habe dies von ihr bisher nicht vorgebracht werden können und sei deren Schwangerschaft und familiäre Situation nicht berücksichtigt worden.

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen seien erneut hinsichtlich entscheidungswesentlicher Punkte unvollständig und veraltet. Diese würden zwar allgemeine Aussagen über die Lage in Jordanien beinhalten, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer befassen und seien dadurch als Begründung zur Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz unzureichend. Die mangelhaften Länderberichte würden wenige aussagekräftige Passagen über das jordanische Justizwesen sowie über die Rechte von Frauen, insbesondere in Bezug auf sexuelle Gewaltverbrechen, enthalten. So werde im Bescheid ausgeführt, dass das Justizwesen von Vetternwirtschaft geprägt sei und der Einfluss des Königshauses und der Regierung die Unabhängigkeit der Gerichte stark einschränke, sowie dass in Familienangelegenheiten die Scharia Vorrang gegenüber den parlamentarisch erlassenen Gesetzen habe.

Zur Situation von Frauen in Jordanien werde ausgeführt, dass Ehrenmorde, Gewalt und Misshandlung in Jordanien ein Problem seien, häusliche Gewalt weit verbreitet sei und zahlreiche Ehrenverbrechen und Vergewaltigungen stattfänden. Insbesondere Mädchen und Frauen seien besonders gefährdet, Opfer von sexueller Gewalt zu werden.

Obwohl das Bundesverwaltungsgericht in seinem jeweiligen Erkenntnis die Länderfeststellungen als veraltet gerügt habe, seien diese überdies in Bezug auf das Kapitel "Frauen" nicht aktualisiert worden.

18.1.3. Das BFA behaupte, dass es zwischen der BF1 und deren Ex-Gatten zu einer Aussöhnung gekommen wäre. Jedoch werde dabei die Obsorgesituation in Jordanien außer Acht gelassen. Die Familie sei deshalb gemeinsam mit dem Ex-Gatten geflüchtet, weil dieser die Obsorge über die gemeinsamen Kinder gehabt habe und die BF1 nicht riskieren wollte, die Kinder ohne dessen Zustimmung nach Europa mitzunehmen. Diesfalls hätte es sich um eine Kindesentführung gehandelt. Dass es keinesfalls zu einer friedlichen Aussöhnung gekommen sei, zeige die Tatsache, dass es nur wenige Wochen nach der Ankunft in Österreich bereits zu einer Wegweisung des Ex-Gatten gekommen sei. Dies sei von der belangten Behörde gänzlich unberücksichtigt gelassen worden.

Dass es in den letzten Monaten erneut zu Gewaltvorfällen und Bedrohungen gekommen sei, sei von der belangten Behörde – wie bereits geschildert – mangels Einvernahme nicht ausreichend ermittelt und gewürdigt worden.

18.1.4. Einen Schutz durch jordanische Behörden könnten die Beschwerdeführer nicht erwarten.

18.1.5. Hätte die belangte Behörde ihre Ermittlungspflicht in angemessener Weise wahrgenommen und den vorliegenden Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, hätte den Beschwerdeführern der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden müssen.

18.1.6. Was die nicht erfolgte Verlängerung bzw. Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG betrifft, so wurde im Bescheid vom 30.12.2015 hinsichtlich der Beschwerdeführer dargelegt, dass eine Abschiebung nach Jordanien vorübergehend unzulässig wäre, weil die volljährige Tochter (L508 2120646) jahrelang von ihrem Vater missbraucht worden sei und ihr daher ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG erteilt werden müsse. Das BFA spreche selbst davon, dass es sich bei den von ihr erlittenen Gewalttaten um ein "jahrelanges Martyrium der fortgesetzten Gewaltanwendung und Missbrauchs durch Ihren Vater, die bis in Ihr Asylquartier in XXXX angedauert hat", handle. Im nunmehr erlassenen Bescheid werde kein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG verlängert oder erteilt, jedoch fänden sich im Bescheid keine Ausführungen, was sich seit den vorangegangenen Bescheiden vom 27.01.2016 geändert haben solle.

18.1.7. Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wurde ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts beantragt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zwingend geboten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Rechtsprechung des VfGH betreffend Art. 47 GRC zur Zahl U 466/11 und U 1836/11 vom 14.03.2012 verwiesen. Im gegenständlichen Fall liegt der unionsrechtliche Bezug - der zur Anwendung des Art. 47 GRC führt - in der Rückkehr-RL, der Qualifikations-RL und der Verfahrens-RL. Daher kommen die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK - unter Maßgabe des Art. 47 GRC - im Beschwerdeverfahren zur Anwendung. Diesbezüglich verlangte der EGMR in der jüngsten Entscheidung Denk gegen Österreich, 05.12.2013, 23396/09, zwingend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn die Rechtssache erstmals von einem Gericht entschieden wird und die Durchführung ausdrücklich beantragt wird (vgl. Denk gegen Österreich Rz 18).

18.2. Was die Beschwerde des BF2 betrifft, so wurde zunächst beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

* eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen

* falls nicht alle zu Lasten des Beschwerdeführers gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht worden seien, diese amtswegig aufgreifen;

* die angefochtene Entscheidung - allenfalls nach Verfahrensergänzung - beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuerkennen;

* in eventu den angefochtenen Bescheid des BFA - allenfalls nach Verfahrensergänzung – bezüglich des Spruchpunktes II. beheben und dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG gewähren und

* in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

18.2.1. Dem BF2 würden im Bescheid mehrere (vermeintliche) Widersprüche zwischen seinen Aussagen und jenen der BF1 vorgehalten werden. Jedoch habe er bisher nicht die Möglichkeit gehabt, sich diesbezüglich zu äußern. Die letzte Einvernahme habe im Jahr 2014 stattgefunden.

18.2.2. In der Folge wurde moniert, dass seitens des Bundesamtes die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG nicht erfüllt worden seien, zumal der BF2 seit 2014 nicht mehr vom BFA einvernommen worden sei. Die belangte Behörde berufe sich auf veraltete Aussagen und sei ihm das Recht auf Parteiengehör genommen worden. Es sei in den letzten Monaten regelmäßig zu Bedrohungen durch den Ex-Gatten der BF1 gekommen und würden entsprechende – derzeit noch nicht vorliegende – Beweismittel im laufenden Rechtsmittelverfahren vorgelegt werden. Darüber hinaus werde explizit die Befragung der BF1 und deren minderjährigen Kinder im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragt. Des Weiteren werde die volljährige Tochter (L508 2120646) als Zeugin beantragt.

18.2.3. Das BFA behaupte, dass es zwischen dem BF2, der BF1 und deren Ex-Gatten zu einer Aussöhnung gekommen wäre. Jedoch werde dabei die Obsorgesituation in Jordanien außer Acht gelassen. Die Familie sei deshalb gemeinsam mit dem Ex-Gatten geflüchtet, weil dieser die Obsorge über die gemeinsamen Kinder gehabt habe und die BF1 nicht riskieren wollte, die Kinder ohne dessen Zustimmung nach Europa mitzunehmen. Diesfalls hätte es sich um eine Kindesentführung gehandelt. Dass es keinesfalls zu einer friedlichen Aussöhnung gekommen sei, zeige die Tatsache, dass es nur wenige Wochen nach der Ankunft in Österreich bereits zu einer Wegweisung des Ex-Gatten gekommen sei. Dies sei von der belangten Behörde gänzlich unberücksichtigt gelassen worden.

Dass es in den letzten Monaten erneut zu Gewaltvorfällen und Bedrohungen gekommen sei, sei von der belangten Behörde – wie bereits geschildert – mangels Einvernahme nicht ausreichend ermittelt und gewürdigt worden.

18.2.4. Einen Schutz durch jordanische Behörden könnte der Beschwerdeführer nicht erwarten.

18.2.5. Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wurde ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts beantragt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zwingend geboten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Rechtsprechung des VfGH betreffend Art. 47 GRC zur Zahl U 466/11 und U 1836/11 vom 14.03.2012 verwiesen. Im gegenständlichen Fall liegt der unionsrechtliche Bezug - der zur Anwendung des Art. 47 GRC führt - in der Rückkehr-RL, der Qualifikations-RL und der Verfahrens-RL. Daher kommen die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK - unter Maßgabe des Art. 47 GRC - im Beschwerdeverfahren zur Anwendung. Diesbezüglich verlangte der EGMR in der jüngsten Entscheidung Denk gegen Österreich, 05.12.2013, 23396/09, zwingend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn die Rechtssache erstmals von einem Gericht entschieden wird und die Durchführung ausdrücklich beantragt wird (vgl. Denk gegen Österreich Rz 18).

19. Am 07.06.2017 langte bezüglich der BF1, dem BF3, der BF4 und einer weiteren Tochter der BF1 (L508 2130432) eine Beschwerdeergänzung beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Der nunmehr vorgelegte Befundbericht vom 02.06.2017 belege eindeutig, dass die Tochter der BF1 (L508 2130432) in Furcht und Angst vor dem Familienvater lebe und die unsichere Aufenthaltssituation die ohnehin bestehenden psychischen Belastungen drastisch verschärfen würden. Umso mehr weil diese Tochter der BF1 schwanger sei.

Erneut werde bekräftigt, dass im Falle einer abweisenden Entscheidung hinsichtlich der Spruchpunkte zu §§ 3 und 8 AsylG 2005 jedenfalls die Voraussetzungen für die Verlängerung des zuvor erteilten § 57 AsylG 2005 zum Schutz von Gewaltopfern gegeben seien und werde das Gericht ersucht, die besondere Situation im Falle der Beschwerdeführerinnen zu berücksichtigen.

Zum Beweis wird neben den in Vorlage gebrachten Bericht vom 02.06.2017 die zeugenschaftliche Einvernahme einer Psychotherapeutin angeboten.

20. Aufgrund aktuellerer Länderfeststellungen zu Jordanien wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts mit Schreiben vom 04.10.2017 gem. § 45 (3) AVG Beweis erhoben, dh. den Parteien des Verfahrens das Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt und ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt; somit wurde insbesondere aufgrund der vorliegenden aktuelleren Feststellungen zu Jordanien (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß - im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 - das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) bestätigt, dass die Feststellungen des BFA nach wie vor gültig sind (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise in diesem speziellen Fall einer sonst schlüssigen und umfassenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl: 2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH v. 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6; vgl. auch Erk d. VfGH v. 10.12.2008,

U 80/08-15, wo der unterlassene schriftliche Vorhalt an den BF nach dem Verstreichen eines mehrjährigen Zeitraumes seit der Einbringung eines Rechtsmittels gegen den angefochtenen Bescheid in Bezug auf die aktuelle asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat und die Einräumung der Möglichkeit, hierzu Stellung zu nehmen [neben dem zusätzlichen Unterlassen der Durchführung einer Verhandlung] ausdrücklich als Akt der behördlichen Willkür bezeichnet wurde und hieraus e contrario ableitbar ist, dass aus der Sicht des VfGH die Durchführung einer schriftlichen Beweisaufnahme gem. § 45 AVG im hier erörterten Umfang einen tauglichen Ermittlungsschritt darstellen kann, welcher das erkennende Gericht von der Verpflichtung zur Durchführung einer Verhandlung in gewissen Fällen befreien kann. Ein solcher Fall liegt hier vor.)

Gleichzeitig wurden die Beschwerdeführer, binnen selbiger Frist, um Bekanntgabe ersucht, ob sich hinsichtlich ihres Privat- oder Familienlebens in Österreich, seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Änderungen ergeben haben bzw. aufgefordert ihre derzeitige Lebenssituation in Österreich schriftlich darzustellen und gegebenenfalls durch geeignete Bescheinigungsmittel zu belegen. Des Weiteren wurden die Kinder der BF1 ersucht darzulegen, wie sich das persönliche Verhältnis zu ihrem leiblichen Vater in Österreich darstellt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ließ diese Frist zur Stellungnahme ungenützt verstreichen.

21. Im Rahmen einer Stellungnahme vom 18.10.2017 wurde seitens der BF1, des BF3, der BF4 und einer weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) ausgeführt, dass seit Monaten kein Kontakt zum Ex-Gatten der BF1 bestehe. Die beschwerdeführende Tochter (L508 2130432) habe am 08.10.2017 einen Jungen zur Welt gebracht. Der Kindesvater sei ein Asylberechtigter. Am 16.10.2017 sei für das Baby ein schriftlicher Antrag auf internationalen Schutz beim BFA eingebracht worden.

Hinsichtlich des psychischen Gesundheitszustandes werde bezüglich der beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) erneut auf den bereits vorgelegten Befundbericht vom 02.06.2017 verwiesen.

Bezüglich der Integration und gesundheitlichen Situation des BF3 und der BF4 würden Schulbesuchsbestätigungen vom 05.04.2017 bzw. 06.04.2017 sowie ein Unterstützungsschreiben vorgelegt, worin beschrieben sei, dass sich beide Kinder sehr gut integriert hätten.

Darüber hinaus habe am 22.05.2017 ein Termin bei der Jugendhilfe stattgefunden. Man habe mit der BF1, dem BF3, der BF4 und der weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) über ihre Gewalterfahrungen gesprochen. Insoweit wurde auch beantragt, weitere Informationen über dieses Gespräch anzufordern. Die BF4 sei seit Juni 2017 in psychotherapeutischer Behandlung.

Hinsichtlich der übermittelten Länderberichte werde auf die Beschwerde vom 19.05.2017 verwiesen.

Im Rahmen einer weiteren Stellungnahme vom 30.10.2017 wurde seitens des BF2 ausgeführt, dass bei ihm eine sackförmige Aufweitung der abdominellen Aorta diagnostiziert worden sei. Zum Beweis hierfür brachte er einen Kurzbericht des Universitätsklinikums St. Pölten vom 27.09.2017 und einen Arztbrief der Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums St. Pölten vom 10.10.2017 in Vorlage.

22. Im Rahmen eines Arztbriefes der Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums St. Pölten vom 24.10.2017 wurde die zuvor unter Punkt I.24. angeführte Diagnose bezüglich des BF2 nochmals wiederholt.

23. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2017 wurde dem Antrag auf internationalen Schutz des minderjährigen Sohnes der weiteren beschwerdeführenden Tochter (L508 2130432) im Familienverfahren bezüglich seines Vaters XXXX gemäß § 3 AsylG stattgegeben und dem Antragsteller der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Absatz 5 AsylG wurde festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

24. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in die Verwaltungsakte des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer, des jeweiligen Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen die Bescheide des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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