Entscheidungsdatum
04.01.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L507 2121684-1/17E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, vertreten durch
RA Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2016, Zl. XXXX , beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein staatenloser Palästinenser, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 16.11.2014 brachte der Beschwerdeführer zusammenfassend vor, dass er staatenloser Palästinenser sei und in Gaza in der Stadt Beit Hanun gelebt habe. 2013 habe er Gaza legal verlassen und sei mit einem PKW nach Ägypten gefahren. Gaza habe der Beschwerdeführer verlassen, weil er den Krieg und die Bombardierungen gefürchtet habe. Es habe auch wirtschaftliche Gründe dafür gegeben.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 22.01.2016 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass der staatenloser Palästinenser sei und er gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in der Stadt Beit Hanun im Bezirk XXXX gelebt habe. Der Beschwerdeführer habe nach dem Abschluss der Schule von 2005 bis 2009 an der Universität in Gaza Journalismus studiert. Er habe immer wieder Probleme mit der Hamas gehabt, weil sie seine Kleidung kritisiert hätten und auch deswegen, weil er mit seinem Mobiltelefon telefoniert habe. Die Hamas habe vom Haus des Vaters des Beschwerdeführers aus Raketen in Richtung Israel abgefeuert, wogegen sich die Familie des Beschwerdeführers gewehrt habe. Da die Familie des Beschwerdeführers mit dieser Vorgangsweise der Hamas nicht einverstanden gewesen sei, sei der Beschwerdeführer mehrmals verhaftet und gequält worden. Man habe ihm dabei auch seinen kleinen Finger der linken Hand gebrochen. Die Familie des Beschwerdeführers habe ein Bekleidungsgeschäft betrieben, wobei die Hamas öfters verlangt habe, das Geschäft zu schließen. Die Hamas habe dies verlangt, weil sich der Beschwerdeführer geweigert habe, für die Hamas zu arbeiten. Ansonsten habe der Beschwerdeführer in Gaza keine Probleme gehabt.
2. Mit Bescheid des BFA vom 25.01.2016, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß
§ 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 25.01.2017 erteilt.
Im angefochtenen Bescheid wurden folgende Feststellungen getroffen:
"-
Zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht fest.
Sie heißen XXXX , wurden am XXXX geboren und sind staatenlos. Ihr Herkunftsland sind die Palästinensergebiete - Gaza. Sie gehören der sunnitischen (moslemischen) Glaubensrichtung an.
Sie sind entgegen den Bestimmungen des Fremdengesetzes spätestens am 16.11.2014 (=Datum der Antragsstellung) illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist.
Sie waren ausschließlich auf Grund der in Kraft stehenden, asylrechtlichen Bestimmung zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
Ein Aufenthaltsrecht nach anderen, gesetzlichen Bestimmungen war nie in Bestand.
Sie haben keine Erkrankung vorgebracht, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde und führten auch nicht an, dass Sie regelmäßig Medikamente einnehmen müssen.
Gegen Sie liegen keine Anzeigen wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung, auch keine strafgerichtliche Verurteilung und keine fremdenpolizeiliche Ausweisungsentscheidung vor.
Weitere Verwandte oder nahe Angehörige im Bundesgebiet gibt es nicht.
-
Zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaats:
Sie gaben an, von der HAMAS inhaftiert und gefoltert worden zu sein.
Festgestellt wird, dass Sie asylrelevante Tatsachen vorgebracht haben, die in der Gesamtheit jedoch nicht glaubhaft sind.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie begründete Furch vor Verfolgung i.S.d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) zu gewärtigen haben.
-
Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:
Es sind keine Umstände amtsbekannt, dass im Bereich der Palästinensischen Gebiete GAZA eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben von Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre.
Sie leiden an keiner Krankheit, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde.
In Ihrem speziellen Fall liegen ob der aktuellen Lageentwicklung im Bereich GAZA und Ihrer Vorgeschichte stichhaltige Gründe dafür vor, dass Sie derzeit einer Gefahr gem. Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.
Sollte in Hinkunft eine deutliche Verbesserung der Sicherheitslage in den Palästinensischen Gebieten eintreten, fällt der Grund der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wieder weg.
Diesfalls endet nach derzeitiger Gesetzeslage das vorübergehende Aufenthaltsrecht in Österreich bzw. wäre dieses wieder abzuerkennen.
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Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie wurden am XXXX in Gaza geboren.
Von 1993 bis 1999 besuchten Sie in Gaza die Grundschule.
Im Zeitraum von 1999 bis Februar 2007 absolvierten Sie die Mittelschule und das Gymnasium in Gaza. 2009 inskribierten Sie an der Uni in Gaza (Journalismus).
Sie sind nicht zum dauernden Aufenthalt für das österreichische Bundesgebiet berechtigt.
Sie sind und waren ausschließlich nur auf Grund Ihres Asylantrages zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
Sie haben keine weiteren Familienangehörige oder nahe Angehörige im Bundesgebiet.
Grundsätzlich sind die öffentlichen Interessen an einer effektiven Einwanderungskontrolle höher zu bewerten, als allfällige Privatinteressen, welche während eines unsicheren Aufenthaltes entstanden sind.
Der Eingriff in Ihr Privatleben wäre daher grundsätzlich gerechtfertigt gewesen.
Da Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, wird ohnehin in Ihr Privatleben nicht eingegriffen.
[ ]"
Das BFA traf im angefochtenen Bescheid sodann Feststellungen zur Lage in den palästinensischen Autonomiegebieten insbesondere in Gaza.
Beweiswürdigend wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid Folgendes auszugsweise wörtlich ausgeführt:
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Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht aufgrund Ihrer Angaben fest. Sie heißen XXXX und wurden am XXXX in Gaza geboren. Sie sind staatenlos, wobei Ihr Herkunftsland die Palästinensergebiete - Gaza sind. Zu Ihrer Herkunft, Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und Ihrer religiösen Gesinnung sind Sie, ob der Verwendung des Idioms der arabischen Sprache, Ihrer Ortskenntnisse und diesbezüglich unbestrittener Angaben glaubhaft.
Sie sind staatenlos. Ihr Herkunftsstaat sind die Palästinensergebieter - Gaza. Sie gehören der sunnitischen (moslemischen) Glaubensrichtung an.
Zumal Sie vor der Antragstellung polizeilich im Bundesgebiet nicht in Erscheinung getreten sind, ist davon auszugehen, dass Sie spätestens mit dem Datum der Antragstellung illegal in das Bundesgebiet gereist sind. Zumal Sie über kein gültiges Reisedokument verfügen, steht fest, dass Sie illegal in das Bundesgebiet eingereist sind. Dies steht auch in Übereinstimmung mit Ihren Angaben.
In Folge waren Sie ausschließlich nur auf Grund der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nach den Bestimmungen des Asylgesetzes zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Darüber hinaus waren Sie niemals zum Aufenthalt nach anderen gesetzlichen Bestimmungen berechtigt. Dies ergibt sich aus der Aktenlage.
Hinsichtlich Ihrer Gesundheit befragt gaben Sie an, ob des ungewissen Status quo – Ihre Zukunft betreffend - einer gedrückten Stimmung, verbunden mit Schlafstörungen ausgesetzt zu sein. Die vom Krankenhaus in XXXX empfohlenen psychotherapeutischen Gespräche über das Sotiria-Programm der Caritas haben Sie, auf Nachfrage in der Einvernahme vom 22.01.2016, nicht in Anspruch genommen. Davon unabhängig berichteten Sie von keiner weiteren Erkrankung, bzw. dzt. akut notwendiger medizinischer Behandlungsnotwendigkeit.
Hinsichtlich Ihres etwaigen Medikamentenbedarfs – Sie gaben an, Bauchschmerzen mit Pantoprazol behandelt zu haben, wird darauf hingewiesen, dass innerhalb von Gaza ein als gut entwickeltes, aber fragmentiert zu bezeichnendes Gesundheitssystem besteht. Die Hauptanbieter der Gesundheitsleistungen sind das palästinensische Gesundheitsministerium, die United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA) sowie palästinensische NGOs. (vgl. Länderinformationsblatt, S. 33)
Dass die Leistungen der UNRWA nicht nur für Personen mit UNRWA-Flüchtlingsstatus offenstehen, sondern auch Personen ohne diesem Status, ist aus den Angaben in den LIB ersichtlich.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte daher davon auszugehen, dass keine Erkrankung besteht, welche ein Rückkehrhindernis darstellen könnte.
Gemäß Aktenlage und aktueller Abfrage im EKIS sind Sie während Ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet bis dato nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten und liegt auch keine fremdenpolizeiliche Ausweisungsentscheidung gegen Sie vor.
Weitere Verwandten oder nahe Angehörige im Bundesgebiet haben Sie nicht angeführt und
wurden auch nicht amtsseitig ermittelt.
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Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres
Herkunftsstaats:
Sie haben sinngemäß und verkürzt dargestellt geltend gemacht, dass Sie immer wieder Schwierigkeiten mit der HAMAS hatten. Mitglieder der HAMAS hätten immer wieder von Ihrem Elternhaus aus Raketen auf das israelische Staatsgebiet abgefeuert. Aus Angst vor Vergeltungsangriffen durch die israelische Armee und der damit verbundenen Zerstörung der Abschussrampe vor Ihrem Haus und der dadurch auch wahrscheinlichen Zerstörung Ihres Elternhauses hätten sie die HAMAS ersucht, das Abfeuern der Raketen auf das israelische Staatsgebiet zu unterlassen. Deswegen und wegen des Tragens von westlicher Kleidung seien Sie verhaftet worden und auch gefoltert worden. So sei Ihnen der kleine Finger bei einem Verhör gebrochen worden. Hinter vorgehaltener Hand wurden seien Sie von der HAMAS auch der Kooperation mit Israel verdächtigt worden. Ihre Familie stand so wie andere Familien auch unter ständiger Beobachtung durch die die HAMAS.
Abschließend gaben Sie an, ein Jahr an der Universität in Gaza studiert zu haben, aber da Sie ständig Probleme mit der HAMAS hatten, mussten Sie das Studium abbrechen. Dieses Vorbringen wird der nachfolgenden Beweiswürdigung zugrunde gelegt, andere Fluchtgründe haben Sie über ausdrückliches Nachfragen nicht geltend gemacht. Vorab sah sich das Bundesasylamt veranlasst sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Sie unabhängig Ihres Fluchtvorbringens von potenzieller "vulnerability" betroffen waren. Dies ist in Zusammenschau mit Ihren über ausdrückliches Nachfragen zustande gekommenen Aussagen in Verbindung mit Ihrer Familienanamnese zu verneinen. Die von Ihnen zu Protokoll gegebenen personsbezogenen Daten sowie Lebensgeschichte bieten keine Hinweise auf das Vorliegen einer individuell besonders herausragenden Stellung Ihrer Person innerhalb der palästinensischen Gesellschaft, etwa durch Geburt, sozialer Stellung, religiösen Fachwissens, etc. Das bedeutet in Verbindung mit Ihrem unbedenklichen Gesundheitszustand und Kenntnis der Amts-/Landessprache auf Muttersprachenniveau im Grundsätzlichen, dass eine neuerliche gesellschaftliche Sozialisation Ihrer Person in Bereich der palästinensischen Autonomiegebiete Platz greifen kann. Klargestellt sei in diesem Zusammenhang, dass Ihre Familie nach wie vor in Gaza lebt.
Was nun den von Ihnen vorgetragenen zur Stellung des Asylantrages führenden Sachverhalt angeht, so vertritt das Bundesasylamt aus nachfolgenden Überlegungen die Ansicht, dass Ihnen dazu keine Asylrelevanz zuzubilligen ist:
Über die gesamte Verfahrensdauer hinweg und die mehrfachen Einvernahmen, steigerte sich Ihr fluchtauslösender Grund stetig. So gaben Sie im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung vom 16.11.2014 hinsichtlich der Fluchtgründe befragt an, dass Sie den Krieg und die Bombardierungen in Gaza fürchten und auch wirtschaftliche Gründe für Ihre Flucht ausschlaggebend seien. Bei der Einvernahme im Asylverfahren vor einem Referenten des BFA der RD am 22.01.2016 stellten Sie Ihren in der EB angegebenen Fluchtgrund aus wirtschaftlichen Gründen in Abrede. Sie gaben als Fluchtgrund an, dass Sie in Palästina von der HAMAS verhaftet wurden und geschlagen und gefoltert wurden.
Während Ihres Aufenthaltes in einer Unterkunft der GVS in Badgastein hätten Sie ob des psychischen Druckes , der auf Sie lastet, mit Schlafstörungen und Bauchschmerzen zu kämpfen, da Ihr Asylverfahren schon so lange dauern würde. Deswegen haben Sie auch eines Tages das Krankenhaus in XXXX mit der Bitte (Aufforderung) aufgesucht, dass Ihnen doch ein Befund für das BFA ausgestellt werden möge, der Ihren Wünschen entspricht. Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Alkoholprobleme, Schlägereien – dies alles hätten Sie wegen des unsicheren Zustandes - Ihre Person betreffend – erdulden müssen. Aus der oben angeführten Darstellung ist nach ho. Ansicht klar ersichtlich, dass mit fortschreitender Verfahrensdauer, Ihre fluchtauslösenden Darstellungen immer drastischer und intensiver und mit mehr Nachdruck von Ihnen geschildert wurden.
Im Asylverfahren muss das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden. Hier ist es in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Von einer im Wesentlichen gleichbleibenden Schilderung der Fluchtgründe kann nach ho. Ansicht nicht gesprochen werden.
Was die Glaubhaftmachung betrifft, so gibt es mehrere Elemente in Ihren Schilderungen, die nicht einleuchtend erscheinen. So ist es unverständlich, warum die HAMAS Sie immer wieder festnehmen lassen sollte, nur weil Sie gegen den Abschuss von Raketen Richtung Israel von Ihrem Haus weg protestierten. Auch ist unwahrscheinlich, dass nur Sie als ältester Sohn der Familie in das Visier der HAMAS geraten würden. Sie erklärten zwar, dass auch Ihre Brüder beobachtet wurden, aber von darüber hinausgehenden Verfolgungshandlungen berichteten Sie nichts. Und nur wegen Ihrer Kleidung und wegen der von Ihnen geschilderten häufigen Handy-Telefonate eine Verfolgung durch die HAMAS zu konstruieren, ist mehr als unglaubwürdig. Vielmehr geht ho. Behörde von der Annahme aus, dass sehr wohl auch wirtschaftliche Gründe für Ihre Flucht ausschlaggebend waren, zumal Sie ja auch an einem Kaffeehaus finanziell beteiligt waren und Sie Ihr Studium nicht mehr fortsetzen konnten. Sie gaben in der EV vom 22.01.2016 auch dezidiert an, all Ihre Geschwister nachholen zu wollen, damit Sie mit Ihnen hier in Österreich in Ruhe leben können. In Gesamtbewertung aller dieser Überlegungen kann das Bundesamt nur zum Schluss kommen, dass Ihr Vorbringen nicht geeignet ist eine Asylgewährung zu indizieren.
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Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:
Aus den aktuellen Länderfeststellungen der Staatendokumentation des Innenministeriums, geht nicht hervor, dass in den palästinensischen Gebieten von GAZA ganzflächig eine solche extreme Gefährdungslage besteht, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben von Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre.
In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass Ihre Geschwister und Ihre Eltern nach wie vor in Ihrem Heimatort GAZA wohnen und Sie somit prinzipiell nicht obdachlos werden würden, sondern sich in Ihren Familienverband wieder eingliedern könnten.
Wie bereits weiter oben ausführlich dargestellt wurde, liegen auch keine Krankheiten vor, die ein Rückkehrhindernis darstellen würden.
Was aber Sie als Einzelperson betrifft, so ist das Bundesamt zur Auffassung gelangt, dass Sie im Fall der jetzigen Rückkehr, insbesondere unter Bedachtnahme auf die aktuelle Lageentwicklungen im Bereich der autonomen Palästinensergebiete die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung, welche den Grundsätzen der EMRK zuwiderlaufen würde, nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. So ist festzuhalten, dass die HAMAS regelmäßig große Zahlen von Menschen verhaftet, insbesondere auf Grund von politischer Gesinnung ( v.a. Fatah-Anhänger), öffentlicher Kritik an der HAMAS und Kollaboration mit Israel. (USDOS 27.02.2014)
Aus diesem Grund war eine reale Gefahr für Sie als Zivilperson als gegeben anzusehen und besteht daher – zumindest derzeit – ein Rückkehrhindernis gemäß Art. 3 EMRK.
Hervorzuheben ist hier allerdings noch einmal ausdrücklich, dass Ihnen ausschließlich auf Grund des Umstandes, der aktuell schlechten Sicherheitsentwicklung in Gaza in Zusammenschau mit der problematischen Wiedereinreise Ihrer Person in den Bereich von Gaza und unter Berücksichtigung der EMRK subsidiärer Schutz in Österreich und somit ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für die Dauer eines Jahres zu gewähren war. Im Zuge des Verlängerungsverfahrens nach entsprechendem Antrag muss dann die aktuell bestehende Lage geprüft und hierauf neu entschieden werden.
Sollten in Zukunft eine bedeutsame Verbesserung der Sicherheitslage im Bereich von Gaza eintreten und im Falle, dass sonst keine anderen Umstände, welche eigenständig zur Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechtes führen können bestehen, dann würde in Ermangelung einer weiteren Grundlage und somit Wegfall des nun bestehenden Rückkehrhindernisses, Ihr vorübergehendes Aufenthaltsrecht enden und wäre Ihnen dann der nun zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten mittels Bescheid wieder abzuerkennen.
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In der rechtlichen Beurteilung wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid Folgendes ausgeführt:
[ ]
Das Bundesamt ist der Ansicht, dass Sie im Zuge der Verfahrensdauer Ihre Vorbringen von einer Furcht vor der israelischen Armee beginnend mit jeder Einvernahme steigerten. Es ist daher aus ho. Sicht schwer nachvollziehbar welche Verfolgungshandlung nun glaubhaft sind und welche nicht. Es ist nicht verständlich, warum Sie nicht bereits die erste Einvernahme nutzten um klar und deutlich den ganzen fluchtauslösenden Sachverhalt darzulegen. Das Ihnen dazu nicht die Möglichkeit gegeben wurde, haben Sie in keiner der Folgeeinvernahmen erwähnt und wird amtsseitig auch nicht angenommen.
Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergaben sich bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher gem. Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 zur Gewährung von Asyl führen würde.
[ ]"
3. Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 27.01.2016 persönlich zugestellten Bescheid wurde am 05.02.2016 mit Schriftsatz des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben.
Begründend finden sich in diesem Schriftsatz eher allgemein gehaltene Ausführungen zur fehlerhaften Vornahme der Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz und zur Unterdrückung politischer Gegner der Hamas.
Ausführungen dazu, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen bei UNRWA registrierten Flüchtling handelt, finden sich in der Beschwerde nicht.
4. Mit Schriftsatz des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 04.10.2017 wurde um die Erlassung einer Entscheidung ersucht. Das Bundesverwaltungsgericht wurde ersucht, bis Ende Oktober einen Verhandlungstermin bekanntzugeben ansonsten man einen Fristsetzungsantrag stellen werde.
5. Da der Beschwerdeführer bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Identitätsdokumente im gegenständlichen Verfahren in Vorlage gebracht hat, wurde der Beschwerdeführer bzw. dessen rechtsfreundlicher Vertreter mit hg. Schreiben vom 14.11.2017 aufgefordert Identitätsdokumente und eine Registrierungsbestätigung von UNRWA – sofern der Beschwerdeführer bei UNRWA als Flüchtling registriert sei – innerhalb einer Frist von sechs Wochen in Vorlage zu bringen.
6. Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.11.2017,
Zl. Fr 2017/19/0071-3, wurde dem Bundesverwaltungsgericht infolge eines Fristsetzungsantrages des Beschwerdeführers, vertreten durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter, gemäß § 38 Abs. 4 VwGG aufgetragen, binnen drei Monaten eine Entscheidung zu erlassen.
7. Am 28.11.2017 brachte der Beschwerdeführer eine am 10.04.2017 ausgedruckte Kopie der Registrierungsbestätigung der Familie des Beschwerdeführers bei UNRWA sowie eine Kopie eines von der palästinensischen Behörde am 23.02.2003 ausgestellten Personalausweises in Vorlage.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).
Gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2.2. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen relevanter behördlicher Sachverhaltsermittlungen. Hinsichtlich dieser Voraussetzung gleicht die Bestimmung des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG jener des § 66 Abs. 2 AVG, der als – eine – Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung gleichfalls Mängel der Sachverhaltsfeststellung normiert, sodass insofern – auch wenn § 66 Abs. 2 AVG im Gegensatz zu § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG als weitere Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraussetzt – auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG zurückgegriffen werden kann.
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
3. Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen staatenlosen Palästinenser, der in einer Stadt in Gaza gelebt hat.
Durch die am 28.11.2017 erfolgte Vorlage einer Registrierungsbestätigung von UNRWA betreffend die Familie des Beschwerdeführers könnte sich möglicherweise ergeben, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen bei UNRWA registrierten Flüchtling handeln könnte.
Unabhängig von der Vorlage der Registrierungsbestätigung von UNRWA hat es die belangte Behörde vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer staatenlos und palästinensischer Herkunft ist und im palästinensischen Autonomieautonomiegebiet in Gaza gelebt hat, gänzlich unterlassen Ermittlungen dahingehend zu tätigen (oder den Beschwerdeführer zumindest diesbezüglich zu befragen), ob er bei UNRWA registriert ist und sofern er bei UNRWA registriert ist, zu ermitteln, ob diese Registrierung noch aufrecht ist.
Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachte Registrierungsbestätigung für den Vater des Beschwerdeführers ausgestellt wurde und der Beschwerdeführer lediglich als "Familienmitglied" in diese Karte eingetragen ist.
Sofern sich aus einer eingehenden Befragung des Beschwerdeführers oder aus einschlägigen Ermittlungen ergibt, dass der Beschwerdeführer bei UNRWA als Flüchtling registriert war oder ist und nach wie vor unter dem Schutz von UNRWA steht, ist es die Verpflichtung der belangten Behörde, zu ermitteln, weshalb der Beschwerdeführer nicht mehr den Schutz von UNRWA in Anspruch nimmt oder genommen hat, und zwar unabhängig davon ob ein Fluchtgrund iSd GFK glaubhaft gemacht wurde und unabhängig davon, ob ein behaupteter Fluchtgrund den Anforderungen an die Glaubhaftmachung entspricht oder nicht.
Diese unbedingt notwendigen Ermittlungen haben im gegenständlichen Fall weder im Ermittlungsverfahren noch in der angefochtenen Entscheidung ihren Niederschlag gefunden, weshalb der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage, ob der Beschwerdeführer über eine aktuelle UNRWA-Registrierung verfügt, leidet.
Damit hat die belangte Behörde im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Ermittlungen teils gänzlich unterlassen, wobei diese Ermittlungen nunmehr durch das Bundesverwaltungsgericht erstmals vorgenommen werden müssten.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll.
Da der maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Unterlassung notwendiger Ermittlungen der belangten Behörde nicht feststeht und diese Ermittlungstätigkeit sowie die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (erstmals) durch das Bundesverwaltungsgericht selbst vorgenommen werden müsste, war gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde vorzugehen.
Die belangte Behörde wird sich daher im fortgesetzten Verfahren – nach erfolgter Ermittlungen zum Vorliegen einer aufrechten UNRWA-Registrierung und einer neuerlichen Einvernahme des Beschwerdeführers – mit dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sachverhalt auseinander zu setzen haben.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsbehörde (lediglich) an die rechtliche Beurteilung des gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG aufhebenden und zurückverweisenden Beschlusses des Verwaltungsgerichtes gebunden ist (s. § 28 Abs. 3,
3. Satz VwGVG; vgl. auch z.B. VwGH 22.12.2005, Zl. 2004/07/0010, VwGH 08.07.2004, Zl. 2003/07/0141 zu § 66 Abs. 2 AVG); durch eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG tritt das Verfahren aber in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hatte (Wirkung der Aufhebung ex tunc,
s. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) Anm. 14 zu § 28 VwGVG; vgl. auch 22.05.1984, Zl. 84/07/0012), sodass die belangte Behörde das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete weitere Parteivorbringen zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs. 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass dieses ergänzt bzw. vervollständigt wird.
Des Weiteren muss im gegenständlichen Fall noch erwähnt werden, dass die belangte Behörde im Fall einer aufrechten und aktuellen UNRWA-Registrierung des Beschwerdeführers Folgendes zu beachten haben wird:
Gemäß Art 12 Abs. 1 lit a der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 (Statusrichtlinie) ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß
Art 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Wird ein solcher Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, genießt er ipso facto den Schutz dieser Richtlinie.
In seinem Erkenntnis vom 12.09.2013, U 1053/2012-14, führte der Verfassungsgerichtshof aus:
"Der Beschwerdeführer legte im Asylverfahren eine auf seine Person ausgestellte "UNRWA Registration Card" vor. Bei der UNRWA handelt es sich um eine Organisation der Vereinten Nationen iSd Art. 1 Abschnitt D der GFK, auf den sowohl Art. 12 Abs. 1 lit. a Status-RL sowie § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 Bezug nehmen. Die Rechtstellung von Asylwerbern, die grundsätzlich dem Schutz einer von Art. 1 Abschnitt D GFK erfassten Organisation unterstehen, unterscheidet sich in folgender Hinsicht von jener anderer Asylwerber: Art. 12 Abs. 1 lit. a Status-RL sieht – in Entsprechung des Art. 1 Abschnitt D GFK – einerseits vor, dass Drittstaatsangehörige oder Staatenlose von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen sind, wenn sie unter dem Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß Art. 1 Abschnitt D GFK stehen. Andererseits genießen vom Anwendungsbereich der genannten Bestimmungen erfasste Personen dann, wenn der Schutz oder Beistand einer solchen Organisation "aus irgendeinem Grund" nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, "ipso facto" den Schutz der Status-RL bzw. der GFK. Auf Grund dieses in Art. 12 Abs. 1 lit. a der Status-RL angeordneten "ipso facto"-Schutzes sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet, vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung erfassten Personen auf Antrag den Status von Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn der Beistand einer Organisation der Vereinten Nationen iSd Art. 1 Abschnitt D GFK "aus irgendeinem Grund" wegfällt und keiner der in Art. 12 Abs. 1 lit. b oder Abs. 2 und 3 Status-RL genannten Ausschlussgründe vorliegt (vgl. EuGH 19.12.2012, Rs. C-364/11, Mostafa Abed El Karem El Kott ua., Rz 76).
Österreich ist seiner Verpflichtung, die Status-RL und damit auch den genannten Art. 12 der Status-RL in innerstaatliches Recht umzusetzen, insoweit nachgekommen, als nach dem in § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 normierten Asylausschlussgrund einem Fremden kein Asyl gewährt werden kann, "so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt". Eine ausdrückliche Regelung, die die – in Satz 2 des Art. 12 Abs. 1 lit. a der Status-RL vorgesehene – "ipso facto"-Zuerkennung von Asyl an Personen, denen gegenüber der Beistand der UNRWA "aus irgendeinem Grund" weggefallen ist, anordnen würde, enthält das AsylG 2005 jedoch nicht. Der "ipso facto"-Schutz bewirkt insofern eine Privilegierung von Personen, die unter dem Schutz der UNRWA gestanden sind, als diese – im Unterschied zu nicht unter Art. 12 Abs. 1 lit. a der Status-RL fallenden Personen – für die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten keine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A GFK genannten Gründen glaubhaft machen müssen, sondern nur darzutun haben, dass sie unter dem Schutz der UNRWA gestanden sind und dieser Beistand aus irgendeinem Grund weggefallen ist und dass keiner der in Art. 12 Abs. 1 lit. b oder Abs. 2 und 3 Status-RL genannten Ausschlussgründe vorliegt (vgl. EuGH, El Kott, Rz 76). Somit dürfte es sich bei Satz 2 des Art. 12 lit. a der Status-RL um eine den Einzelnen begünstigende unionsrechtliche Regelung handeln, die mangels Umsetzung in der am 10. Oktober 2006 abgelaufenen Umsetzungsfrist (vgl. Art. 38 Status-RL) unmittelbar anzuwenden sein dürfte." (Vgl. auch VfGH U 706/2012-15 vom 29.06.2013)
Im Urteil vom 17.06.2010, C31/09, Nawras Bobol, welchem der Antrag einer staatenlosen Palästinenserin aus Gaza an die ungarischen Behörden auf Anerkennung als Flüchtling nach Art. 1 Abschn. D 2. Satz der GFK zugrunde lag, zumal sie nunmehr außerhalb des Tätigkeitsgebiets der UNRWA lebe, stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass "für die Zwecke der Anwendung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 eine Person den Schutz oder Beistand einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR genießt, wenn sie diesen tatsächlich in Anspruch nimmt. Sofern sie diesen nicht tatsächlich in Anspruch nimmt, kann sie ihren Antrag auf Anerkennung als Flüchtling jedenfalls nach Art. 2 lit c der Richtlinie (sinngleich: Art. 1 Abschn. A der GFK) prüfen lassen. Mit der Registrierung der betreffenden Person bei der UNRWA liegt ein ausreichender Nachweis für die tatsächliche Inanspruchnahme der Hilfe der UNRWA vor" (Rn 52-54).
4. Ferner wird sich die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren mit den vom rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 25.01.2016 – kommentarlos – in Vorlage gebrachten Schreiben in arabischer Sprache (AS 161 bis 163) und mit folgenden sich daraus ergebenden Ungereimtheiten auseinander zu setzen haben:
Der Beschwerdeführer hat angegeben, am XXXX geboren zu sein. Aus der in Vorlage gebrachten Registrierungsbestätigung von UNRWA ist das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit XXXX angeführt.
Die in Vorlage gebrachte Bestätigung des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes vom 05.05.2011 betreffend die Inhaftnahme des dort Genannten im Zeitraum vom 02.04.2009 bis 25.04.2011 scheint nicht den Beschwerdeführer zu betreffen, da das dort genannte Geburtsdatum der 12.11.1987 ist und die Bestätigung auf den Namen XXXX ausgestellt ist. Auch der in dieser Bestätigung genannte Name der Mutter deckt sich nicht mit den Namen der Mutter des Beschwerdeführers, der aus der in Vorlage gebrachten Registrierungsbestätigung von UNRWA hervorgeht.
In der in Vorlage gebrachten Anzeigebestätigung vom 17.03.2007 ist als XXXX angeführt. Wer ist XXXX ?
Aus der in Vorlage gebrachten "Benachrichtigung" geht hervor, dass sich XXXX am 17.06.2013 bei der Sicherheitsdirektion XXXX einfinden möge. Wer ist XXXX ?
5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit dem Vorbringen in der Beschwerde feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen war.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) ab. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.
Schlagworte
Bescheinigungsmittel, Beweiswürdigung, Ermittlungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L507.2121684.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.01.2018