Entscheidungsdatum
05.01.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L507 2180482-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. staatenlos, vertreten durch
RA Dr. Lennart Binder, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2017, Zl. IFA XXXX , beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein staatenloser Palästinenser, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 20.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 21.01.2016 brachte der Beschwerdeführer zusammenfassend vor, dass er staatenloser Palästinenser sei und in Gaza im Camp XXXX gelebt habe. Ende November 2015 habe er Gaza durch einen Tunnel nach Ägypten verlassen. Gaza habe der Beschwerdeführer verlassen, weil er ständig unter dem Druck der Hamas gelebt habe. Er sei ständig aufgehetzt worden, etwas gegen die Israelis zu unternehmen. Ein Bruder des Beschwerdeführers und sein Cousin seien von der israelischen Armee ermordet worden. Der Beschwerdeführer habe ständig mit dem Gedanken gelebt, dass er der Nächste sein könnte, der ermordet werden würde. So habe er die letzten acht Jahre in Angst gelebt. Der Beschwerdeführer wolle nur in Frieden leben. Bei der ersten Gelegenheit, die sich ihm geboten habe, sei er nach Europa geflüchtet, um in einem Land in Frieden zu leben.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 05.09.2017 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass der staatenloser Palästinenser sei und gemeinsam mit seiner Mutter – sein Vater sei bereits verstorben – und seinen Geschwistern im Camp XXXX gelebt habe. Der Beschwerdeführer habe nach dem Abschluss der Schule an der Universität XXXX Sozialwissenschaften studiert. Danach habe er ehrenamtlich im Camp XXXX für eine Organisation, die sich um behinderte Menschen kümmert, gearbeitet. Gaza habe der Beschwerdeführer deshalb verlassen, weil sein Leben in Gefahr gewesen sei. Er habe jedes Mal, wenn er mit anderen Leuten zusammen gesessen sei, gesagt, dass sie sich nicht der Hamas anschließen sollen. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer dreimal von Mitgliedern der Hamas entführt, festgehalten und geschlagen worden. Andere Probleme habe er in Gaza nicht gehabt.
Zum Beweis seines Vorbringens brachte der Beschwerdeführer eine 26.04.2016 ausgedruckte Registrierungsbestätigung von UNRWA in Vorlage.
2. Mit Bescheid des BFA vom 17.11.2017, Zl. IFA XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 16.11.2018 erteilt.
Im angefochtenen Bescheid wurden folgende Beweismittel aufgezählt und folgende Feststellungen getroffen:
"
-
Von Ihnen vorgelegte Beweismittel:
-
Schreiben UNRWA v. 26.04.2016
-
Personalausweis XXXX
-
Geburtsurkunde XXXX
-
Universitätszeugnisse XXXX
-
Kopie Sterbeurkunde des Vaters, Ausstellungsdatum: XXXX
-
Maturazeugnis 2008, Privatschule im XXXX .
-
Medizinischer Befund über XXXX , Bruder des AW, verstorben am XXXX
.
[ ]
Feststellungen
Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
-
Zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht nicht fest.
Sie sind (staatenloser) Palästinenser aus Gaza, islamischen (sunnitischen) Glaubens und Angehöriger der Volksgruppe der Palästinenser.
Sie sind gesund, im arbeitsfähigen Alter und leiden an keinerlei Krankheiten.
Sie sind unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und stellten im Zuge der illegalen Einreise am 20. Jänner 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Sie sind ledig und haben keine Kinder.
Sie sind in Gaza geboren und haben bis zu Ihrer Ausreise zusammen mit Ihrer Familie im Flüchtlingslager XXXX gelebt. Sie haben fünf Brüder und vier Schwestern.
Sie haben die Grund- und Mittelschule in Gaza mit Matura erfolgreich absolviert, und zwischen 2008 und 2015 an der Universität XXXX Sozialwissenschaften studiert. Sie haben ehrenamtlich in einer Organisation namens XXXX gearbeitet.
Sie sprechen Arabisch, geringfügig Deutsch und Englisch.
Nicht festgestellt werden konnte, dass Sie im Palästinensergebiet Gaza einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätten.
-
Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:
Ihre Behauptungen bzgl. Ihrer Fluchtgründe, wonach Sie Gaza aus Furcht vor Verfolgung durch die Hamas verlassen haben, werden für nicht wahr erachtet.
Diesbezüglich wird auf die nachfolgende Beweiswürdigung verwiesen!
Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie einer konkreten persönlichen asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung in Gaza ausgesetzt waren bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätten.
-
Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:
Festgestellt wird, dass im Entscheidungszeitpunkt Ihre Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in das Palästinische Gebiet eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen könnte.
[ ]"
Das BFA traf im angefochtenen Bescheid sodann Feststellungen zur Lage in den palästinensischen Autonomiegebieten insbesondere in Gaza.
Beweiswürdigend wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid Folgendes auszugsweise wörtlich ausgeführt:
"-
Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:
Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments, konnte Ihre Identität nicht festgestellt werden.
Soweit Sie im laufenden Asylverfahren namentlich genannt werden, dient dies lediglich der Individualisierung Ihrer Person als Verfahrenspartei, nicht jedoch als Feststellung Ihrer Identität. Es handelt sich somit um eine Verfahrensidentität i. S. d. AVG.
Die Feststellungen zu Ihrer Herkunftsregion, Familienstand und -verhältnissen, Staatsangehörigkeit, Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, dem schulischen und beruflichen Werdegang und Ihren Sprachkenntnissen beruhen auf Ihren Dokumenten und Ihren diesbezüglich glaubhaften Aussagen im Zuge Ihrer Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA.
Die Feststellungen hinsichtlich Ihres Gesundheitszustandes ergeben sich aus Ihren glaubhaften Ausführungen im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme, sowie des persönlichen Eindruckes, welchen der entscheidungsbefugte Organwalter im Rahmen der Einvernahme gewinnen konnte. Nachdem vom Bestehen irgendwelcher Krankheiten nichts berichtet wurde, erübrigen sich diesbezüglich weitere beweiswürdigende Überlegungen.
Die Feststellungen zur illegalen Einreise in das Bundesgebiet ergeben sich mangels Vorlage eines gültigen Reisedokuments.
Eine im Akt beiliegende EKIS-Anfrage bescheinigt, dass Sie in Österreich nicht straffällig geworden sind.
Nicht festgestellt werden konnte, dass Sie in Gaza einer individuellen asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätten.
-
Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:
[ ]
Grundsätzlich stützt sich Ihre Asylantragstellung auf Furcht vor Verfolgung durch die Hamas, so wären Sie seit 2014 dreimal geschlagen und sogar entführt worden. Sie wären eine Woche lang inhaftiert bzw. festgehalten worden. Mitglieder der Hamas hätten sich nach Ihrer Ausreise bei Ihren Familienangehörigen nach Ihrer Person erkundigt.
Diesbezüglich wurden Ihnen konkrete Fragen zu der Intensität der Bedrohung, der Hamas, dem Ort Ihrer Inhaftierung bzw. vor allem nach dem konkreten Motiv gestellt. In einer Gesamtbeurteilung war Ihr behauptetes Fluchtvorbringen nicht glaubhaft, da Sie in der Einvernahme zu wesentlichen Punkten lückenhafte und unplausible Angaben machten.
Diese Überlegungen stützen sich auf vage, unsubstantiierte, oberflächliche und detailarme
Schilderungen Ihrerseits.
Ihnen wurden konkrete Fragen zu der Hamas, deren Organisation und Struktur, aber von allen zu dem Personenkreis, welcher Sie bedrohen würde, gestellt und wurden Sie in weiterer Folge aufgefordert, diesbezüglich konkrete Angaben zu machen. Ihre Angaben waren jedoch dermaßen vage und detailarm, dass Ihnen jegliche Glaubwürdigkeit hinsichtlich einer konkreten, gegen Ihre Person gerichteten Bedrohung bzw. Verfolgung durch Mitglieder der Hamas abzusprechen war. Folgende Ausschnitte aus der Einvernahme untermauern dies wie folgt:
"F: Können Sie konkrete Angaben über den Personenkreis machen, der Sie
geschlagen hatte?
A: Ich war auf den Weg nach Haus von Freunden, ich wurde eine Woche festgehalten ohne, dass meine Familie etwas davon erfahren hatte.
F: Können Sie näher konkretisieren, wie die Hamas einen Bezug zu Ihrer Person hergestellt hat?
A: Jede Organisation hat Personen die Informationen sammeln, sie haben mich spioniert.
F: Wer hat Sie konkret ausspioniert? Machen Sie bitte konkrete Angaben!
A: Das kann ich nicht sagen, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass sie ihre Spitzel bzw. Spione haben und einer von diesen war es.
F: Können Sie den Aufbau, die Struktur und die Organisation der Hamas in Gaza erklären?
A: Ismail Hania und Mahmoud Al Zahar sind die Führungspersonen, die großen Köpfe. Befragt gebe ich an, dass ich über die Vorgehensweise der Hamas, deren Struktur in Gaza, sowie deren Verteilung innerhalb der Stadtteile nichts angeben kann. Ich kann auch nicht sagen, wer mich konkret festgehalten hatte und wie die Hamas in meinen, sowie weiteren Teilen des Flüchtlingslagers vorgeht. Es werden Befehle von unten nach oben gegeben, und die ganz unten führen die Befehle durch.
F: Was können Sie über die Mitglieder der Hamas angeben, die Sie entführt und festgehalten haben?
A: Darüber kann ich nichts sagen, das weiß ich nicht, sie sagten, dass mein Bruder und mein Cousin Märtyrer sind und ich ein falsches Bild von der Hamas habe."
Aus Ihren inhaltlichen Angaben kann abgeleitet werden, dass Sie wenig bis gar keine Kenntnis über die Organisation, Struktur, bzw. die Mitglieder der Hamas haben. Dies ist grundsätzlich nicht nachvollziehbar, und wäre es zu erwarten gewesen, dass eine Person, welche einen Zusammenhang zur Hamas anführt und dies als Ausreisegrund benennt und Furcht vor Verfolgung durch die Hamas äußert, auch dementsprechend konkrete Angaben diesbezüglich machen kann. Dies ist Ihnen in keinster Weise gelungen. Sie konnten keinen Bezug zwischen Ihrer Person und einer angeblichen Verfolgung durch Mitglieder der Hamas glaubhaft darstellen.
Sie wurden ebenfalls nach dem Grund bzw. Motiv Ihrer Inhaftierung durch die Hamas befragt, diesbezüglich konnten Sie erneut keine konkreten Angaben machen, sodass Ihnen diesbezüglich ebenfalls kein Glauben geschenkt werden kann. Diese Überlegungen stützen sich erneut auf Ihre besonders detailarmen und vagen Behauptungen aus der Einvernahme:
"F: Weshalb wurden Sie eine Woche lang festgehalten? Können Sie das Motiv näher schildern?
A: Damit sie den Druck auf mich und meine Familie erhöhen, damit ich nicht mehr über sie spreche.
F: Können Sie näher konkretisieren, wie die Hamas einen Bezug zu Ihrer Person hergestellt hat?
A: Jede Organisation hat Personen die Informationen sammeln, sie haben mich spioniert.
F: Wer hat Sie konkret ausspioniert? Machen Sie bitte konkrete Angaben!
A: Das kann ich nicht sagen, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass sie ihre Spitzel bzw. Spione haben und einer von diesen war es.
F: Weshalb fragt die Hamas nach Ihnen, kennen Sie das Motiv?
A: Die Hamas hat mich länger nicht gesehen, drei Tage nach meiner Ausreise fragten sie, mein Bruder sagte zu ihnen, dass ich ausgereist bin!"
Aus Ihren inhaltlichen Angaben lässt sich kein Motiv bzw. kein nachvollziehbarer Grund erkennen, weshalb Sie für die Organisation der Hamas von Interesse wären, noch kann objektiv nachvollzogen werden, weshalb Sie überhaupt festgehalten worden wären. Ihre Angaben sind dermaßen vage und unkonkret, dass Ihnen diesbezüglich jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen war. Sie sprechen über Spione, Spitzel, die Hamas, eine Inhaftierung, aber Ihr gesamtes Vorbringen, sowie Ihre Angaben zu dem obigen Ausschnitt sind derart detailarm, dass Ihnen jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen war.
Sie konnten über Ihre Inhaftierung durch die Hamas überhaupt keine Angaben machen. Sie wurden nach den Personenkreis, sowie dem Ort, als auch dem Motiv der Inhaftierung befragt:
"F: Können Sie konkrete Angaben über den Personenkreis machen, der Sie geschlagen hatte?
A: Ich war auf den Weg nach Haus von Freunden, ich wurde eine Woche festgehalten ohne, dass meine Familie etwas davon erfahren hatte.
F: Wo wurden Sie festgehalten?
A: Ich war im Block 9 im Flüchtlingslager XXXX und wollte in den Block 3. Sie haben mich geschlagen und die Augen zugebunden, die Personen kenne ich nicht, den genauen Ort auch nicht. Sie sagten zu mir, dass wenn ich über ihre Führung spreche, werden sie mich zerstören bis zum Tod.
F: Weshalb wurden Sie eine Woche lang festgehalten? Können Sie das Motiv näher schildern?
A: Damit sie den Druck auf mich und meine Familie erhöhen, damit ich nicht mehr über sie spreche."
Obwohl Sie anführten von Mitgliedern der Hamas inhaftiert und festgehalten worden zu sein, dies über einen Zeitraum von einer Woche, konnten Sie in der Einvernahme diesbezüglich überhaupt keine Angaben machen. Für eine Person die solch einschneidende Erlebnisse durchlebt haben soll, und der mit ernsthaften Schaden, dem Tod gedroht worden wäre, konnten Sie nur sehr wenig berichten, ist dies jedoch nicht objektiv nachvollziehbar und dadurch auch nicht glaubhaft. Sie ließen während Ihrer Aussagen in der Einvernahme jegliche Details- und Merkmale außer Acht, die Ihr Vorbringen in einem realen und dementsprechend glaubwürdigen Licht hätten präsentieren können! Ihnen war unter Anbetracht Ihrer dermaßen oberflächlichen und ungenauen Angaben jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen.
Da Ihr gesamtes Fluchtvorbringen nicht glaubhaft ist, sind jedwede Rückkehrbefürchtungen in Bezug auf Ihre illegale Einreise und den Bezug zur Hamas nicht glaubhaft.
Während der Einvernahme gaben Sie an, dass Ihr Bruder, Herr XXXX im Alter von 22 Jahren "durch Israel getötet wurde". Diesbezüglich wurden Ihnen ebenfalls konkrete Fragen gestellt, um eine eventuelle, direkte Gefahrensituation für Ihre Person daraus erkennen zu können. Allerdings gaben Sie diesbezüglich an, dass Ihr Bruder aufgrund eines Durchschusses durch die israelische Armee getötet wurde. Offensichtlich handelte es sich hierbei um eine Situation, welche die allgemeine Kriegslage zwischen Palästina (Palästinensergebiet Gaza) und Israel beschreiben würde und ist eine konkrete, gegen Ihre Person gerichtete Verfolgung daraus nicht abzuleiten bzw. kann diese ebenso ausgeschlossen werden.
Zusammenfassend konnten Sie eine direkte, gegen Ihre Person gerichtete Verfolgung bzw. Furcht vor Verfolgung aufgrund Ihrer nicht nachvollziehbaren und mangelhaften Angaben nicht glaubhaft machen.
Auf Grund dessen ist davon auszugehen, dass Ihr Vorbringen beim BFA eine gedankliche Konstruktion darstellt!
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht haben bzw. eine solche Verfolgung zukünftig zu erwarten hätten.
-
Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:
Ihre Rückkehrgefährdung ergibt sich aus der in den Feststellungen genannten momentanen Lage im Palästinensischen Gebiet, welche wiederum grundsätzlich auf den Länderfeststellungen des BFA/Staatendokumentation zu den palästinensischen Gebieten (Gaza) fußen.
[ ]"
In der rechtlichen Beurteilung wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid Folgendes ausgeführt:
"[ ]
Im gegenständlichen Fall erachtet das BFA im Rahmen der Beweiswürdigung Ihre Angaben grundsätzlich als unwahr, sodass Ihre behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 09.05.1996, 95/20/0380).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gelangt nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht, dass Sie weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, noch Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt werden.
[ ]"
3. Gegen diesen dem Vertreter des Beschwerdeführers am 21.11.2017 zugestellten Bescheid wurde am 16.12.2017 fristgerecht Beschwerde erhoben.
Begründend finden sich in gegenständlicher Beschwerde allgemein gehaltene Ausführungen betreffend eine mangelhafte Verfahrensführung durch das BFA und Ausführungen zu Fragen der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).
Gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2.2. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG ist Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach dieser Bestimmung das Fehlen relevanter behördlicher Sachverhaltsermittlungen. Hinsichtlich dieser Voraussetzung gleicht die Bestimmung des § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG jener des § 66 Abs. 2 AVG, der als – eine – Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung gleichfalls Mängel der Sachverhaltsfeststellung normiert, sodass insofern – auch wenn § 66 Abs. 2 AVG im Gegensatz zu § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG als weitere Voraussetzung der Behebung und Zurückverweisung auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraussetzt – auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG zurückgegriffen werden kann.
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
3. Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen staatenlosen Palästinenser, der in einem Flüchtlingscamp in Gaza gelebt hat.
Durch die am 22.06.2017 erfolgte Vorlage einer Registrierungsbestätigung von UNRWA betreffend die Familie des Beschwerdeführers könnte sich möglicherweise ergeben, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen bei UNRWA registrierten Flüchtling handeln könnte.
Unabhängig von der Vorlage der Registrierungsbestätigung von UNRWA hat es die belangte Behörde vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer staatenlos und palästinensischer Herkunft ist und im palästinensischen Autonomieautonomiegebiet in Gaza gelebt hat, gänzlich unterlassen Ermittlungen dahingehend zu tätigen, ob er bei UNRWA registriert ist und sofern er bei UNRWA registriert ist, zu ermitteln, ob diese Registrierung noch aufrecht ist.
Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachte Registrierungsbestätigung für die Mutter des Beschwerdeführers ausgestellt wurde und der Beschwerdeführer lediglich als "Familienmitglied" in diese Karte eingetragen ist.
Sofern sich aus einer eingehenden Befragung des Beschwerdeführers oder aus einschlägigen Ermittlungen ergibt, dass der Beschwerdeführer bei UNRWA als Flüchtling registriert war oder ist und nach wie vor unter dem Schutz von UNRWA steht, ist es die Verpflichtung der belangten Behörde, zu ermitteln, weshalb der Beschwerdeführer nicht mehr den Schutz von UNRWA in Anspruch nimmt oder genommen hat, und zwar unabhängig davon ob ein Fluchtgrund iSd GFK glaubhaft gemacht wurde und unabhängig davon, ob ein behaupteter Fluchtgrund den Anforderungen an die Glaubhaftmachung entspricht oder nicht.
Diese unbedingt notwendigen Ermittlungen haben im gegenständlichen Fall weder im Ermittlungsverfahren noch in der angefochtenen Entscheidung ihren Niederschlag gefunden, weshalb der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage, ob der Beschwerdeführer über eine aufrechte UNRWA-Registrierung verfügt, leidet.
Damit hat die belangte Behörde im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Ermittlungen teils gänzlich unterlassen, wobei diese Ermittlungen nunmehr durch das Bundesverwaltungsgericht erstmals vorgenommen werden müssten.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll.
Da der maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Unterlassung notwendiger Ermittlungen der belangten Behörde nicht feststeht und diese Ermittlungstätigkeit sowie die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (erstmals) durch das Bundesverwaltungsgericht selbst vorgenommen werden müsste, war gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde vorzugehen.
Die belangte Behörde wird sich daher im fortgesetzten Verfahren – nach erfolgter Ermittlungen zum Vorliegen einer aufrechten UNRWA-Registrierung und einer neuerlichen Einvernahme des Beschwerdeführers – mit dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sachverhalt auseinander zu setzen haben.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsbehörde (lediglich) an die rechtliche Beurteilung des gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG aufhebenden und zurückverweisenden Beschlusses des Verwaltungsgerichtes gebunden ist (s. § 28 Abs. 3,
3. Satz VwGVG; vgl. auch z.B. VwGH 22.12.2005, Zl. 2004/07/0010, VwGH 08.07.2004, Zl. 2003/07/0141 zu § 66 Abs. 2 AVG); durch eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG tritt das Verfahren aber in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hatte (Wirkung der Aufhebung ex tunc,
s. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) Anm. 14 zu § 28 VwGVG; vgl. auch 22.05.1984, Zl. 84/07/0012), sodass die belangte Behörde das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete weitere Parteivorbringen zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs. 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass dieses ergänzt bzw. vervollständigt wird.
Des Weiteren muss im gegenständlichen Fall noch erwähnt werden, dass die belangte Behörde im Fall einer aufrechten und aktuellen UNRWA-Registrierung des Beschwerdeführers Folgendes zu beachten haben wird:
Gemäß Art 12 Abs. 1 lit a der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 (Statusrichtlinie) ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß
Art 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Wird ein solcher Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, genießt er ipso facto den Schutz dieser Richtlinie.
In seinem Erkenntnis vom 12.09.2013, U 1053/2012-14, führte der Verfassungsgerichtshof aus:
"Der Beschwerdeführer legte im Asylverfahren eine auf seine Person ausgestellte "UNRWA Registration Card" vor. Bei der UNRWA handelt es sich um eine Organisation der Vereinten Nationen iSd Art. 1 Abschnitt D der GFK, auf den sowohl Art. 12 Abs. 1 lit. a Status-RL sowie § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 Bezug nehmen. Die Rechtstellung von Asylwerbern, die grundsätzlich dem Schutz einer von Art. 1 Abschnitt D GFK erfassten Organisation unterstehen, unterscheidet sich in folgender Hinsicht von jener anderer Asylwerber: Art. 12 Abs. 1 lit. a Status-RL sieht – in Entsprechung des Art. 1 Abschnitt D GFK – einerseits vor, dass Drittstaatsangehörige oder Staatenlose von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen sind, wenn sie unter dem Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß Art. 1 Abschnitt D GFK stehen. Andererseits genießen vom Anwendungsbereich der genannten Bestimmungen erfasste Personen dann, wenn der Schutz oder Beistand einer solchen Organisation "aus irgendeinem Grund" nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, "ipso facto" den Schutz der Status-RL bzw. der GFK. Auf Grund dieses in Art. 12 Abs. 1 lit. a der Status-RL angeordneten "ipso facto"-Schutzes sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet, vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung erfassten Personen auf Antrag den Status von Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn der Beistand einer Organisation der Vereinten Nationen iSd Art. 1 Abschnitt D GFK "aus irgendeinem Grund" wegfällt und keiner der in Art. 12 Abs. 1 lit. b oder Abs. 2 und 3 Status-RL genannten Ausschlussgründe vorliegt (vgl. EuGH 19.12.2012, Rs. C-364/11, Mostafa Abed El Karem El Kott ua., Rz 76).
Österreich ist seiner Verpflichtung, die Status-RL und damit auch den genannten Art. 12 der Status-RL in innerstaatliches Recht umzusetzen, insoweit nachgekommen, als nach dem in § 6 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 normierten Asylausschlussgrund einem Fremden kein Asyl gewährt werden kann, "so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt". Eine ausdrückliche Regelung, die die – in Satz 2 des Art. 12 Abs. 1 lit. a der Status-RL vorgesehene – "ipso facto"-Zuerkennung von Asyl an Personen, denen gegenüber der Beistand der UNRWA "aus irgendeinem Grund" weggefallen ist, anordnen würde, enthält das AsylG 2005 jedoch nicht. Der "ipso facto"-Schutz bewirkt insofern eine Privilegierung von Personen, die unter dem Schutz der UNRWA gestanden sind, als diese – im Unterschied zu nicht unter Art. 12 Abs. 1 lit. a der Status-RL fallenden Personen – für die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten keine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A GFK genannten Gründen glaubhaft machen müssen, sondern nur darzutun haben, dass sie unter dem Schutz der UNRWA gestanden sind und dieser Beistand aus irgendeinem Grund weggefallen ist und dass keiner der in Art. 12 Abs. 1 lit. b oder Abs. 2 und 3 Status-RL genannten Ausschlussgründe vorliegt (vgl. EuGH, El Kott, Rz 76). Somit dürfte es sich bei Satz 2 des Art. 12 lit. a der Status-RL um eine den Einzelnen begünstigende unionsrechtliche Regelung handeln, die mangels Umsetzung in der am 10. Oktober 2006 abgelaufenen Umsetzungsfrist (vgl. Art. 38 Status-RL) unmittelbar anzuwenden sein dürfte." (Vgl. auch VfGH U 706/2012-15 vom 29.06.2013)
Im Urteil vom 17.06.2010, C31/09, Nawras Bobol, welchem der Antrag einer staatenlosen Palästinenserin aus Gaza an die ungarischen Behörden auf Anerkennung als Flüchtling nach Art. 1 Abschn. D 2. Satz der GFK zugrunde lag, zumal sie nunmehr außerhalb des Tätigkeitsgebiets der UNRWA lebe, stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass "für die Zwecke der Anwendung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 eine Person den Schutz oder Beistand einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR genießt, wenn sie diesen tatsächlich in Anspruch nimmt. Sofern sie diesen nicht tatsächlich in Anspruch nimmt, kann sie ihren Antrag auf Anerkennung als Flüchtling jedenfalls nach Art. 2 lit c der Richtlinie (sinngleich: Art. 1 Abschn. A der GFK) prüfen lassen. Mit der Registrierung der betreffenden Person bei der UNRWA liegt ein ausreichender Nachweis für die tatsächliche Inanspruchnahme der Hilfe der UNRWA vor" (Rn 52-54).
4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit dem Vorbringen in der Beschwerde feststeht, dass der angefochtene Bescheid zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen war.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) ab. Durch das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.
Schlagworte
Bescheinigungsmittel, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelndeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L507.2180482.1.00Zuletzt aktualisiert am
26.01.2018