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E000 EU- Recht allgemein;Norm
61996CJ0262 Sürül VORAB;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache des M in L, vertreten durch Mag. Klaus Übermasser, Rechtsanwalt in 4060 Leonding, Gewerbegasse 6, gegen den auf Grund des Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 28. Juli 1998, Zl. 4/1288/Nr.0739/98, betreffend Aussetzung eines Verfahrens über die Zuerkennung von Arbeitslosengeld gemäß § 38 AVG, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice sprach mit Bescheid vom 1. Juli 1998 aus, dass gemäß § 38 AVG das auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers eingeleitete Verfahren für die Gebührlichkeit nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz ausgesetzt werde. In der Begründung ist zu lesen, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, "dass nachstehende Vorfrage bei folgender Behörde rechtskräftig entschieden wird: Sie besitzen keine gültige Niederlassungsbewilligung. Erst nach der Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land kann weiter über den Antrag entschieden werden".
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung nicht statt und bestätigte den bekämpften Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Darin führte sie u.a. aus, dass infolge Regelung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich die Aussetzung beendet werde.
Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes teilte sie daraufhin mit, dass das Verfahren auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes fortgesetzt und mit Bescheid vom 10. März 1999 über den Anspruch vom 16. bis 22. Juni 1998, und mit Mitteilung vom 10. März 1999 über den Anspruch vom 23. Juni bis 21. Oktober 1999 abgesprochen worden sei.
Daraufhin bot der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer Gelegenheit, zur Frage Stellung zu nehmen, ob durch die Fortsetzung des Verfahrens und die dieses Verfahren abschließenden Erledigungen die Beschwerde gegenstandslos geworden und das Verfahren daher einzustellen sei.
Der Beschwerdeführer führte dazu in seiner Eingabe vom 20. April 2000 aus, die belangte Behörde habe ungeachtet des von ihm angefochtenen Bescheides tatsächlich das Verfahren fortgesetzt und mittlerweile über seine Ansprüche abgesprochen. Die Beschwerde vom 16. November 1998 sei daher gegenstandslos geworden. Da diese Klaglosstellung aber erst im März 1999, sohin lange nach Ablauf der Beschwerdefrist erfolgt sei, ersuche er um Zuspruch der entstandenen Kosten.
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Eine Klaglosstellung im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG tritt nur dann ein, wenn der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid formell aufgehoben wird. Wurde der angefochtene Bescheid durch keinen formellen Akt aus dem Rechtsbestand beseitigt, lässt der Beschwerdeführer aber erkennen, dass er kein rechtliches Interesse mehr daran hat, dass der Verwaltungsgerichtshof über den angefochtenen Bescheid entscheide, so ist festzustellen, dass die Beschwerde gegenstandslos geworden ist, nicht jedoch, dass diese durch eine Klaglosstellung des Beschwerdeführers herbeigeführt worden wäre (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, zu § 33 Abs. 1 wiedergegebene Rechtsprechung).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa den Beschluss vom 2. Juli 1981, Slg. Nr. 5608/F) hat im Falle der Aussetzung eines Verfahrens spätestens mit der das Verfahren abschließenden Entscheidung die Aussetzung ihre Wirkung verloren. Das mit einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof gegen einen Aussetzungsbescheid erreichbare Ziel, durch Aufhebung des Aussetzungsbescheides die Fortsetzung des Verfahrens herbeizuführen, ist mit dem Abschluss des Verfahrens durch Erlassung der Entscheidung gegenstandslos geworden und damit auch dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Grundlage entzogen.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Eine formelle Klaglosstellung mit den Kostenfolgen des § 56 VwGG liegt im Beschwerdefall nicht vor. Es kommt vielmehr § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung. Fällt danach bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Ein Zuspruch von Kosten setzt damit nach dieser Gesetzesstelle voraus, dass bereits ohne unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eindeutig ist, also entweder der angefochtene Bescheid offenkundig als rechtswidrig zu erkennen, oder die Beschwerde offenkundig unbegründet ist (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 7. Oktober 1997, 97/11/0094, vom 22. Oktober 1997, 97/12/0170, und vom 29. Juni 1999, 98/08/0006). Der Beschwerdeführer als türkischer Staatsangehöriger kann das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980, über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und deren Familienangehörige, für sich in Anspruch nehmen (zur unmittelbaren Wirkung und Anwendbarkeit dieser Bestimmung vgl. nunmehr EuGH 4. Mai 1999, Rs C-262/96 (Sürül), Rn. 57ff). Setzt demnach ein Leistungsbezug eine Aufenthaltsberechtigung nicht voraus, ist der Ausgang des Verfahrens zur Erlangung einer solchen nicht präjudiziell und kann nicht als Aussetzungsgrund herangezogen werden. Der angefochtene Bescheid wäre daher aufzuheben gewesen, weshalb dem Beschwerdeführer Aufwandersatz zusteht.
Wien, am 31. Mai 2000
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998080359.X00Im RIS seit
18.10.2001Zuletzt aktualisiert am
07.11.2011