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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des am 4. Jänner1967 geborenen S M in Wien, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntnerstraße 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. September 1998, Zl. SD 684/98, betreffend Versagung eines Reisepasses und Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. September 1998 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992 (PassG), BGBl. Nr. 839 idF BGBl Nr. 507/1995 die Ausstellung eines Reisepasses versagt und gemäß § 15 Abs. 1 iVm
§ 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG der von der Bundespolizeidirektion Wien am 24. Mai 1988 ausgestellte Reisepass mit der Nummer T 0157819 entzogen.
Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Jänner 1995 wegen teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 12 Abs. 1 und 3 Z. 3 des Suchtgiftgesetzes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Dem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit fünf weiteren Personen im bewussten und gewollten Zusammenwirken den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge aus- und eingeführt sowie in Verkehr zu setzen versucht habe, indem er am 13. Dezember 1994 rund 1,6 kg Heroin aus der Slowakei nach Österreich eingeführt und in Hainburg einem Unbekannten zu übergeben versucht habe. Hiebei sei beachtlich gewesen, dass die Menge des Suchtgiftes weit mehr als das Fünfundzwanzigfache der in § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz angeführten Menge ausgemacht habe. In einem angemieteten Fahrzeug hätten der Beschwerdeführer und eine Mittäterin das Heroin beim Grenzübergang Berg nach Österreich geschmuggelt, wo sie beim Versuch, es an einen verdeckten Fahnder zu verkaufen, festgenommen worden seien.
Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits eine übergroße Menge Rauschgift illegal nach Österreich eingeführt habe, und die Bedachtnahme auf die dem Suchtgifthandel anhaftende hohe Wiederholungsgefahr rechtfertigten vorliegend die Annahme, der Beschwerdeführer werde den Reisepass dazu benützen, neuerlich Suchtgift in einer großen Menge einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, dass der Beschwerdeführer am 13. August 1997 unter Nachsicht des Vollzugs eines Teils der Freiheitsstrafe bedingt entlassen worden sei. Auf Grund der Schwere des vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechens sei der seit der Tatbegehung insgesamt in Freiheit verbrachte Zeitraum (circa 13 Monate) zu kurz, um zu einer positiven Zukunftsprognose zu gelangen. Die (näher zitierte) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe sogar einen Zeitraum von etwas mehr als zwei Jahren für eine positive Zukunftsprognose als jedenfalls zu kurz beurteilt. Von einem langjährigen Wohlverhalten, das die in § 14 Abs. 1 Z. 3 zitierte Annahme nicht mehr rechtfertigte, könne daher keine Rede sei. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Möglichkeit, eine Beschäftigung in Seoul annehmen zu können, sei ebenfalls nicht dazu geeignet, eine andere als die getroffene Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch die belangte Behörde herbeizuführen. Da somit der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f erfüllt sei, sei die Versagung der Ausstellung des Reisepasses bzw. die Entziehung des bereits abgelaufenen Reisepasses zu Recht erfolgt.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des PassG haben folgenden
Wortlaut:
"§ 14 (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses sind zu versagen, wenn
...
3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um
...
f. entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, ...
§ 15 (1) Ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, ist zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen."
2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die von der belangten Behörde festgestellte Straftat begangen zu haben und deswegen zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden zu sein.
Gemäß § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz handelt es sich bei einer "großen Menge" an Suchtgift um eine solche, deren Weitergabe geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen. Der Beschwerdeführer hat das Suchtgiftdelikt hinsichtlich einer Menge begangen, die das 25-fache einer solchen "großen Menge" weit übersteigt. Wenn die Behörde im Hinblick auf diesen durch die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung feststehenden Handel des Beschwerdeführers mit Suchtgift unter Berücksichtigung des Erfahrungswissens, dass gerade bei Verstößen gegen § 12 des Suchtgiftgesetzes die Wiederholungsgefahr besonders groß ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 1999, Zl. 99/18/0025, mwH), zu dem Ergebnis gelangt ist, es sei die Annahme gerechtfertigt, der Beschwerdeführer werde den Pass dazu benützen, Suchtgift in einer großen Menge einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, so kann dies auf dem Boden der hg. Rechtsprechung im Fall des Beschwerdeführers, der sich unbestritten auch im Ausland aufgehalten hat, nicht als rechtswidrig erkannt werden. (Siehe zum Ganzen das zu einem vergleichbaren Fall ergangene hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 96/18/0473.) Dabei ist es nicht von Bedeutung, dass der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen auch seit seiner Haftentlassung zahlreiche Fahrten ins Ausland unternommen und sich dort aufgehalten hat. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer tatsächlich - so das Vorbringen in der Beschwerde - im Hinblick auf die gegenständliche Verurteilung bei seinen Aus- und Einreisen und seinen Auslandsaufenthalten stärkeren polizeilichen Kontrollen und Überprüfungen unterliegt als ein österreichischer Staatsbürger ohne Vorstrafen wegen Suchtgiftdelikten.
2.2. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer sei am 13. August 1997 auf Grund einer positiven Prognose über sein zukünftiges Verhalten aus der Strafhaft bedingt entlassen worden; er habe diese bis dato durch sein tatsächliches Wohlverhalten bestätigt. Es sei davon auszugehen, dass er sich auf Grund seines bisherigen Wohlverhaltens und insbesondere auf Grund des drohenden Vollzuges der bedingt nachgesehenen Strafhaft von 16 Monaten jedenfalls in jeder Hinsicht von der Beteiligung an irgendeiner Straftat fern halten werde.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass der seit der Begehung der Straftat nach dem Suchtgiftgesetz verstrichene Zeitraum - wobei die in Haft verbrachte Zeit für die Frage eines allfälligen Wohlverhaltens nicht zu berücksichtigen ist - angesichts der Suchtgiftdelikten innewohnenden großen Wiederholungsgefahr jedenfalls zu kurz ist, um einen Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr annehmen zu können. Dem Argument des Beschwerdeführers, auch das Vollzugsgericht habe angenommen, dass er sich in Hinkunft wohl verhalten werde, ist entgegenzuhalten, dass die Passbehörde die Frage des Vorliegens eines Passversagungsgrundes nach den hiefür vom Gesetz vorgegebenen Kriterien eigenständig zu beurteilen hat, ohne an die Erwägungen des Gerichtes bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung gebunden zu sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1999, Zl. 99/18/0267). Anders als die Beschwerde meint, ist der belangten Behörde bei der vorliegenden Entscheidung auch kein Ermessen eingeräumt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1998, Zl. 98/18/0017). Die belangte Behörde war vielmehr in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen verpflichtet, die Ausstellung des Reisepasses zu versagen bzw. die Entziehung des Reisepasses auszusprechen, sodass auch der Beschwerdevorwurf ins Leere geht, dass die belangte Behörden ihren "Ermessensspielraum" unrichtig ausgeübt habe.
2.3. Auch das weitere Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit erhalten, eine Beschäftigung bei einem näher bezeichneten Unternehmen in Seoul aufzunehmen und es wäre die Beibehaltung der Ablehnung der Ausstellung des Reisepasses zweifelsohne mit dem Verlust dieses Arbeitsplatzes verbunden, ist nicht zielführend, weil bei der Versagung eines Reisepasses nach dem Passgesetz auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 97/18/0443).
2.4. Abschließend sei noch angemerkt, dass die belangte Behörde zutreffend - entgegen der Ansicht der Beschwerde - die Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung als maßgeblich erachtet hat (vgl. dazu etwa Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Wien 1996, E 142 ff zu § 66 Abs. 4 AVG).
3. Nach dem Vorgesagten ist auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, den Akt über die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers beizuschaffen, um die darin enthaltenen "Ausführungen zur Zukunftsprognose" zu erheben und bei der eigenen Entscheidung zu berücksichtigen, der Boden entzogen.
Soweit die Beschwerde vorbringt, dem Beschwerdeführer sei im erstinstanzlichen Verfahren das ihm zukommende Recht auf Parteiengehör verwehrt worden und die belangte Behörde hätte den erstinstanzlichen Bescheid schon auf Grund dieser Mangelhaftigkeit aufheben und die Angelegenheit an diese zurückverweisen müssen, ist zu entgegnen, dass ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren jedenfalls durch die mit der Berufung gegebene (und im vorliegenden Fall vom Beschwerdeführer auch wahrgenommene) Gelegenheit zur Stellungnahme saniert ist.
4. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 31. Mai 2000
Schlagworte
Ermessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998180354.X00Im RIS seit
12.12.2001