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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
KFG 1967 §102 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Strasser, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Krems gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. September 2017, Zl. LVwG-S-1882/001-2017, betreffend Übertretungen des KFG (mitbeteiligte Partei: S in T),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Spruchpunkt 2. (des Straferkenntnisses vom 13. Juni 2017 betreffend Übertretung von § 106 Abs. 1 KFG) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen (hinsichtlich Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses vom 13. Juni 2017 betreffend Übertretung von § 102 Abs. 10 KFG) wird die Revision als unzulässig zurückgewiesen.
Der Antrag der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Soweit für dieses Verfahren noch von Bedeutung hat die revisionswerbende BH den Mitbeteiligten mit Straferkenntnis vom 13. Juni 2017 unter anderem schuldig erachtet, er habe am 14. März 2017 "als LenkerIn nicht dafür gesorgt", dass er mit seiner Zugmaschine höchstens zwei Personen befördert habe, indem er drei Personen befördert habe (Spruchpunkt 2.) sowie, dass er keine Warnkleidung mitgeführt habe (Spruchpunkt 3.).
2 Das Verwaltungsgericht gab der Beschwerde des Mitbeteiligten hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3. Folge, hob die genannten Spruchpunkte auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren in den beiden Punkten ein.
3 Nach der Begründung zu Spruchpunkt 2. sei Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Bezeichnung als "LenkerIn" im Spruch sei den verba legalia des § 106 Abs. 1 KFG nicht zu entnehmen, weshalb die Tatbeschreibung nicht als ausreichend im Sinne des § 44a VStG anzusehen sei. Die Tat sei daher dem Mitbeteiligten im Spruchpunkt 2. innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung nicht konkret genug angelastet worden.
4 Hinsichtlich Spruchpunkt 3. begründete das Verwaltungsgericht die Verfahrenseinstellung mit der geringen Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes.
5 Gegen die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens in den Spruchpunkten 2. und 3. richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
6 Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Voranzustellen ist, dass sich in der Revision keine Ausführungen zu Spruchpunkt 3. finden, weshalb die Revision hinsichtlich dieses Spruchpunktes als unzulässig zurückzuweisen war.
9 Hinsichtlich Spruchpunkt 2. sieht die revisionswerbende BH die Zulässigkeit der Revision darin begründet, dass das Verwaltungsgericht fälschlich Verjährung angenommen habe, obwohl die einjährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen sei.
10 Die Revision ist hinsichtlich Spruchpunkt 2. zulässig und berechtigt.
11 Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
12 Der Tatzeitpunkt im vorliegenden Verfahren war der 14. März 2017, die einjährige Verfolgungsverjährung war daher im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (Datum des Erkenntnisses 18. September 2017) noch nicht eingetreten.
13 Abgesehen davon erweist sich die Fassung von Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses vom 13. Juni 2017 nicht deswegen als den Anforderungen des § 44a VStG widersprechend, weil der Mitbeteiligte dort als "LenkerIn" bezeichnet wurde. Einerseits ist die Verwendung des Binnen-I mittlerweile in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen worden, andererseits konnte für den Mitbeteiligten im vorliegenden Fall kein Zweifel bestehen, dass der Begriff "LenkerIn", mit dem auch Personen des männlichen Geschlechtes gemeint sind, auch auf ihn zutrifft. Die Tat war daher durch diese Bezeichnung keinesfalls nicht ausreichend konkretisiert. Die Einstellung des Verfahrens wegen mangelnder Konkretisierung der Lenkerbezeichnung erweist sich daher als rechtswidrig.
14 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
15 Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf dem Umstand, dass das sich im VwGG für einen Ersatz des Schriftsatzaufwandes des Revisionswerbers vom Mitbeteiligten keine Grundlage findet.
Wien, am 11. Jänner 2018
Schlagworte
Mängel im SpruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017020220.L00Im RIS seit
30.01.2018Zuletzt aktualisiert am
09.02.2018