Entscheidungsdatum
08.01.2018Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §8 Abs4Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Burda über die Beschwerde des Herrn M. Ü. vom 29.11.2017 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 30.10.2017, Zl. MA 67-RV-085398/7/0, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 iVm § 8 Abs. 4 StVO 1960 zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, das sind 18,-- Euro, zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, am 30.11.2016 um 16.18 Uhr in Wien, A.-straße, als Lenker das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-... mit allen Rädern auf dem Gehsteig abgestellt gehabt zu haben, welcher hierdurch vorschriftswidrig benützt worden sei.
Wegen Übertretung des § 8 Abs. 4 StVO wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 90,-- Euro, bei Uneinbringlichkeit 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Ebenso wurde ihm gemäß § 64 VStG der gesetzliche Mindeststrafkostenbeitrag in Höhe von 10,-- Euro auferlegt.
In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, dass er an dem Tag kurz dort gestanden sei, weil er Paketlieferant sei. Er habe an der Adresse L.-gasse eine Zustellung gehabt.
Die Bestrafung beruht auf der Anzeige eines behördlichen Kontrollorgans, welche aufgrund der Angaben eines privaten Aufforderers erstattet wurde. Im Akt befinden sich auch zwei Fotos des vorschriftswidrig abgestellten Fahrzeuges.
In der Lenkerauskunft vom 18.9.2017 wurde vom Zulassungsbesitzer des Tatfahrzeuges der Beschwerdeführer als Lenker namhaft gemacht.
Eine behördliche Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.10.2017 wurde vom Beschwerdeführer nicht behoben.
In der Folge erging das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art verboten. Dieses Verbot gilt unter anderem nicht für das Überqueren von Gehsteigen mit Fahrzeugen auf den hiefür vorgesehenen Stellen.
Aufgrund der unbestritten gebliebenen Anzeigenangaben sowie der vom Aufforderer angefertigten Fotos steht die dem Beschwerdeführer angelastete Tat, nämlich das Tatfahrzeug zur Tatzeit an der Tatörtlichkeit mit allen vier Rädern auf dem Gehsteig abgestellt gehabt zu haben, in objektiver Hinsicht fest.
Zum Einwand des Beschwerdeführers, er habe in seiner Eigenschaft als Paketlieferant in der Nähe der Tatörtlichkeit eine Zustellung durchführen müssen, wird bemerkt:
Gemäß § 26a Abs. 4 StVO sind die Lenker
1. von Fahrzeugen der Österreichischen Post AG und der Telekom Austria AG,
2. von Fahrzeugen sonstiger Post-, Paket-, Telekommunikations- oder Fernmeldedienstanbieter,
3. von Fahrzeugen von Werttransportanbietern,
4. von Fahrzeugen der Fernmeldebüros oder
5. von Fahrzeugen, die im Auftrag eines der unter Z 1 bis 3 genannten Dienstanbieter fahren,
bei der Zustellung und Abholung von Postsendungen, bei der Instandhaltung von Telekommunikations- oder Fernmeldeeinrichtungen, bei der Zustellung und Abholung von Bargeld oder Edelmetallen sowie bei Einsätzen der Funküberwachung an Halte- und Parkverbote nicht gebunden, sofern dies der Betriebseinsatz erfordert und der übrige Verkehr dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Das bedeutet, dass Paketzusteller in Ausübung ihrer Tätigkeit das von ihnen gelenkte Kraftfahrzeug in beschilderten Halte- und Parkverboten sowie in zweiter Spur abstellen dürfen, um ihre Zustellfunktion ausüben zu können. Eine Abstellung des Fahrzeuges für Zustellzwecke auf einem Gehsteig wird jedoch vom Gesetzgeber keineswegs erlaubt und findet sich in der StVO auch keine diesbezügliche gesetzliche Bestimmung.
Da der Beschwerdeführer sein Fahrzeug daher auch zum Zwecke der Zustellung eines Paketes nicht auf dem Gehsteig abstellen hätte dürfen, hat er das Tatbild der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.
Da zum Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei Ungehorsamsdelikten besteht von vornherein die Vermutung in Form eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche von diesem jedoch widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hiezu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht glaubhaft machen können, dass ihm die Einhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war.
Es war somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite zumindest in Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen.
Der Beschwerde war daher hinsichtlich des Schuldausspruches keine Folge zu geben und war dieser seitens des Verwaltungsgerichtes Wien zu bestätigen.
Zur Strafbemessung wird bemerkt:
Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 726,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, oder 4 zu bestrafen ist.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des
Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse am strafrechtlich geschützten Rechtsgut, welches im gegenständlichen Fall in der Aufrechterhaltung eines ungestörten Fußgängerverkehrs zu sehen ist, weshalb die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als gering zu werten war.
Das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und dem Beschwerdeführer zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden, da weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift durch den Beschwerdeführer im konkreten Fall eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Bei der Strafbemessung waren dem Akteninhalt nach drei rechtskräftige und noch nicht getilgte Verwaltungsvorstrafen den ruhenden Verkehr betreffend als erschwerend zu werten. Mildernd war hingegen nichts zu werten.
Der Beurteilung seiner allseitigen Verhältnisse durch die belangte Behörde auf „durchschnittlich“ ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten, sodass auch das Verwaltungsgericht Wien von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen bei der Strafbemessung ausgehen konnte.
Unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Strafzumessungsgründe und den bis 726,-- Euro reichenden gesetzlichen Strafsatz erweist sich die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe selbst bei Annahme von Vermögenslosigkeit und etwaiger gesetzlicher Sorgepflichten des Beschwerdeführers durchaus als schuld- und tatangemessen und kam eine Strafherabsetzung nicht in Betracht.
Gemäß § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen und erweist sich auch diese im Hinblick auf die tatsächlich verhängte Geldstrafe als verhältnismäßig und gesetzeskonform verhängt.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch genannten Gesetzesstellen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien konnte im Hinblick auf § 44 Abs. 3 Z 1 und 3 VwGVG abgesehen werden, da in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung (nämlich, dass ein Paketzusteller sein Fahrzeug auf dem Gehsteig abstellen dürfe) behauptet und im angefochtenen Bescheid eine 500,-- Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Verfahrenspartei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Benützung von Gehsteigen; Abstellen eines Kfz für Zustellzwecke auf einem Gehsteig ist verbotenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.008.16588.2017Zuletzt aktualisiert am
29.01.2018