TE Lvwg Beschluss 2017/8/23 LVwG 30.3-1893/2017

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Veröffentlicht am 23.08.2017
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Entscheidungsdatum

23.08.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L40016 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung

Norm

VwGVG §50 Abs1
VStG §49 Abs2 dritter Satz
VStG §44a

Text

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter
Mag. Dr. Kundegraber über die Beschwerde der J K, geb. am
xx, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom
31. Mai 2017, GZ: VStV/917300548628/2017, folgenden

B E S C H L U S S

gefasst:

A. Gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde

stattgegeben

und das Straferkenntnis behoben.

B. Gegen den Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem „Einspruch vom 16.05.2017 gegen die Strafverfügung vom 10.04.2017 (siehe obige GZ) Folge gegeben“ und die Geldstrafe herabgesetzt. Als Rechtsgrundlage wurde der § 49 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 64 Abs 1 und 2 VStG angeführt.

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wird darauf hingewiesen, dass der Einspruch gegen die Strafverfügung auch dem Grunde nach erhoben wurde und offensichtlich die belangte Behörde nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe entschieden habe. Es wurden daher die Anträge gestellt, das Straferkenntnis zu beheben, in eventu von der Strafe gemäß § 45 Abs 1 VStG abzusehen, in eventu „mit Bescheid eine Ermahnung zu erteilen“, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark stellt hiezu fest:

§ 49 Abs 1 und Abs 2 VStG lautet:

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

Gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 10. April 2017,
GZ: VStV/917300548628/2017, mit dem die Beschwerdeführerin wegen einer Übertretung nach § 2 Abs 1 Steiermärkisches Landes-Sicherheitsgesetz (StLSG) bestraft wurde, erhob diese rechtzeitig Einspruch. Hiebei führte sie aus, dass der Einspruch „hinsichtlich der Begehung der Tat und der Strafe“ eingebracht wird. Bezüglich der verspäteten Einbringung des Einspruches wurde pauschal darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin vom 09. April 2017 bis 03. Mai 2017 auf Urlaub gewesen sei. Die übrigen Ausführungen betreffen Gründe für eine Strafminderung.

Die Landespolizeidirektion Steiermark wertete den Einspruch als Einspruch im Sinne des § 49 Abs 2 dritter Satz VStG („ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe“) und setzte die Strafe mit dem angefochtenen Straferkenntnis herab. Dass die Beschwerdeführerin ausdrücklich die „Begehung der Tat“ bestritt, wird im Straferkenntnis nicht erwähnt bzw. nicht näher darauf eingegangen.

Da sich somit der Einspruch vom 12. Mai 2017 nicht nur ausdrücklich auf die Strafhöhe bezieht, ist die gesamte Strafverfügung außer Kraft getreten und aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Somit konnte sich das angefochtene Straferkenntnis nicht auf das Vorliegen eines rechtskräftigen Schuldvorwurfes stützen und geht der Spruch – lediglich über die Strafhöhe neu zu entscheiden – ins Leere. Der Spruch eines Straferkenntnisses muss – da er nicht auf Einstellung lautet – den Kriterien des § 44a VStG entsprechen. Für das bekämpfte Straferkenntnis trifft dies für die Z 1 und 3 des § 44a VStG nicht zu, weil weder die als erwiesen angenommene Tat, noch die angewendete Gesetzesbestimmung hinsichtlich der verhängten Strafe enthalten sind (LVwG Tirol, LVwG-2017/25/0791-1).

Die Beschwerdeführerin ist mit ihrem Vorbringen im Recht, wenn sie bemängelt, dass das bekämpfte Straferkenntnis dem §§ 44a VStG nicht entspricht. Durch die rechtmäßige Einbringung des Einspruches dem Grunde und der Höhe nach ist die Strafverfügung außer Kraft getreten und hat die Beschuldigte ein subjektives Recht auf richtige und vollständige Ausführung des Spruches, insbesondere die Anführung der erwiesen angenommenen Tat und die angewendete Gesetzesbestimmung für die Verhängung der Strafe. Alleine mit der Anführung der Rechtsgrundlagen und der Hinweis auf § 49 Abs 2, 64 Abs 1 und 2 VStG ist dem Konkretisierungsgebot nicht entsprochen. Dem Gericht ist es verwehrt, eine entsprechende Verbesserung vorzunehmen und war daher das Straferkenntnis zu beheben (LVwG Steiermark, LVwG 30.3-2853/2015-2).

Über die weiteren Anträge von der Verhängung der Geldstrafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen, in eventu die Geldstrafe tat- und schuldangemessen zu reduzieren, wird die Verwaltungsbehörde in einem fortzuführenden Verfahren befinden, wobei sie zum einen die Rechtzeitigkeit des Einspruches nachzuprüfen haben wird und zum anderen sich mit dem Umstand auseinandersetzen müssen, ob nicht ein Verfolgungshindernis (Ehrenbeleidigung im Sinne des § 115 StGB) in concreto vorliegt.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Unrechtmäßige Annahme von Einspruch nur gegen Strafausmaß, Aufhebung Straferkenntnis, Strafverfügung tritt ex lege außer Kraft, kein rechtskräftiger Schuldspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2017:LVwG.30.3.1893.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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