Entscheidungsdatum
27.09.2017Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
ZustG §11 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Dr. Philipp Lindermuth über die Beschwerde des R G, geb. am xx, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 20.06.2017, GZ: BHGU-15.1-17887/2016,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet
a b g e w i e s e n.
II. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 28,00 zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 20.06.2017, dem Beschwerdeführer zugestellt am 28.06.2017, wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe § 103 Abs 2 KFG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 140,00, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 1 Tag und 4 Stunden verhängt werde. Begründend wurde – im Wesentlichen – ausgeführt, dass es der Beschwerdeführer trotz behördlicher Aufforderung unterlassen habe, binnen der gesetzlichen Frist eine Lenkerauskunft zu erteilen.
2.1. Mit E-Mail vom 06.07.2017 führte der Beschwerdeführer aus, er bitte um eine schriftliche Erklärung, wie es möglich sei, dass sowohl er als auch sein Vater dieselbe Strafe bekommen hätten. Er habe zum richtigen Zeitpunkt bereits angegeben, dass sein Vater und nicht er selbst das Kraftfahrzeug gelenkt habe. Nun habe er aber erneut ein Schreiben bekommen, dass er die Strafe bezahlen solle. Es sei ihm nicht einsichtig, dass sie beide dieselbe Strafe bezahlen sollten.
2.2. Auf Aufforderung der belangten Behörde um Bekanntgabe, ob es sich bei dieser E-Mail um eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 20.06.2017 handle, bestätigte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 29.07.2017, dass die E-Mail vom 06.07.2017 eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 20.06.2017 darstelle.
3. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Steiermark vor.
4. Auf Aufforderung des Landesverwaltungsgerichts Steiermark übermittelte die belangte Behörde mit Schreiben vom 22.08.2017 das deutschsprachige Referenzformular, dem das in polnischer Sprache abgefasste Schreiben vom 27.10.2016 vollinhaltlich entspricht, und gab bekannt, dass die Strafverfügung vom 14.12.2016 zunächst mittels Fensterkuvert zugestellt worden sei und daher nicht angegeben werden könne, wann der Beschwerdeführer diese erhalten habe. Unter einem gab die belangte Behörde bekannt, dass der vorgelegte Verwaltungsstrafakt vollständig sei.
5. Auf Aufforderung des Landesverwaltungsgerichts Steiermark gab der Beschwerdeführer bekannt, dass ihm die Strafverfügung ohne Zustellnachweis Anfang Jänner 2017 und zwar ungefähr im Zeitraum von 08.01.2017 bis 10.01.2017 zugestellt worden sei. Weiters führt der Beschwerdeführer aus, dass die Zustellung der Post sehr lange benötige.
II. Sachverhalt
1.1. Der Beschwerdeführer war am 29.07.2016, dem Zeitpunkt, auf den sich das Lenkerauskunftsbegehren bezieht, Zulassungsbesitzer des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen X. Auf Grund einer Anzeige der Landesverkehrsabteilung Steiermark vom 04.08.2017 wurde der Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer mit einer in polnischer Sprache abgefassten Lenkererhebung der belangten Behörde vom 27.10.2017 zur Bekanntgabe binnen zwei Wochen aufgefordert, wer den in Rede stehenden Personenkraftwagen zu dem in der Lenkererhebung genannten Zeitpunkt, nämlich dem 29.7.206 um 18:53 Uhr, gelenkt habe. Zugleich wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass eine Nichterteilung der Lenkerauskunft strafbar sei. Diese Lenkererhebung wurde dem Beschwerdeführer an dessen polnischer Adresse mittels Auslandsrückschein am 01.12.2016 zugestellt. In der Lenkererhebung wurden der Zeitpunkt, für den die Bekanntgabe des Lenkers erfolgen sollte, und der Inhalt der Bestimmung des §103 Abs 2 KFG wiedergegeben sowie darauf hingewiesen, dass die Nichterteilung bzw. die unrichtige, unvollständige oder nicht fristgerechte Erteilung der Lenkerauskunft strafbar sei.
1.2. Mit E-Mail vom 12.12.2016 an die belangte Behörde bat der Beschwerdeführer in deutscher Sprache um Aufklärung der in der Lenkererhebung genannten Straftat und ersuchte um Übermittlung eines Beweisfotos, weil er sich ziemlich sicher sei, dass er zum genannten Zeitpunkt nicht vor Ort gewesen sei. Angaben zum Lenker oder die Nennung einer Person, die die Auskunft erteilen könnte, finden sich in dieser E-Mail nicht und auch ansonsten hat der Beschwerdeführer diese Angaben nicht bis zum 15.12.2016 erteilt.
2.1. Mit in deutscher Sprache abgefasster Strafverfügung vom 14.12.2016 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe § 103 Abs 2 KFG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 140,00, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 28 Stunden, verhängt werde. Die Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer zunächst frühestens am 02.01.2017 ohne Zustellnachweis zugestellt und erneut mittels Auslandsrückschein am 13.01.2017 an dessen polnische Adresse versendet.
2.2. Gegen diese Strafverfügung richtet sich der fristgerechte Einspruch vom 13.01.2017, in dem der Beschwerdeführer erstmals angab, dass nicht er selbst, sondern sein Vater das Kraftfahrzeug gelenkt habe. Unter einem gab er Namen und Adresse seines Vaters an. Schließlich gab er hinsichtlich seiner finanziellen Verhältnisse an, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.500 polnischen Zloty (umgerechnet ca. 583 €) verfügt und für zwei Personen unterhaltsverpflichtet ist.
3. Der Beschwerdeführer ist der deutschen Sprache hinreichend mächtig, um die in einem behördlichen oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergehenden Schriftsätze und Erledigungen zu verstehen und in Reaktion darauf die zu seiner zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nötigen Schritte zu setzen.
4. In dem durch die belangte Behörde übermittelten Auszug aus der Verwaltungsstrafkartei scheinen keine einschlägigen Vorstrafen auf.
III. Beweiswürdigung
1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt und wurde durch den Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
2. Dass der Beschwerdeführer nicht binnen der mittels Lenkererhebung gesetzten Frist von zwei Wochen ab Zustellung am 01.12.2016, mithin bis 15.12.2016, die Auskunft über den Lenker oder eine zur Auskunft befähigte Person erteilte, ergibt sich daraus, dass in seiner E-Mail vom 12.12.2016 eine derartige Auskunft fehlt und der Beschwerdeführer darin ausschließlich um Übermittlung eines Beweisfotos zur Aufklärung der der Lenkererhebung zugrundeliegenden Verwaltungsübertretung ersuchte. Auch sonst findet sich im Verwaltungsstrafakt keine bis zum 15.12.2016 erteilte Auskunft über den Lenker oder eine zur Auskunft befähigte Person. Zwar gibt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an, er „habe schon früher in den richtigen Zeitpunkt es angegeben, dass es mein Vater gefahren ist nicht ich“, allerdings bezieht er sich dabei offensichtlich und wohl unter der irrtümlichen Annahme, dass auch eine Erteilung der Auskunft nach der zweiwöchigen Frist ab Zustellung noch rechtzeitig sei, auf seinen Einspruch vom 13.01.2017. Die Vollständigkeit des vorgelegten Verwaltungsstrafakts ergibt sich aus der Auskunft der belangten Behörde vom 22.08.2017, an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen.
3. Dass die Strafverfügung vom 14.12.2016 frühestens am 02.01.2017 zugestellt wurde, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, wonach die Strafverfügung Anfang Jänner, ungefähr am 08.01.2017 bis zum 10.01.2017, zugestellt worden sei. Es kann dahingestellt bleiben, an welchem Tag genau die Strafverfügung zugestellt wurde, weil die Zustellung frühestens am 02.01.2017 (der 01.01.2017 war ein Sonntag) jedenfalls zur rechtzeitigen Erhebung des Einspruchs führte. Dass die Strafverfügung erst Anfang Jänner 2017 und nicht bis Ende des Jahres 2016 zugestellt wurde, liegt auf Grund der Auslandszustellung und der Verzögerungen der Zustellung durch die Weihnachtsfeiertage innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung.
4. Die Feststellungen zu den zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung hinreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache ergeben sich aus den im Verwaltungsstrafakt befindlichen Schriftstücken des Beschwerdeführers, insbesondere der E-Mail vom 12.12.2016 und dem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 13.01.2017, in denen sich zwar vereinzelte grammatikalische Fehler, wie sie jedoch auch Personen mit deutscher Muttersprache mitunter unterlaufen, finden, ansonsten aber klar hervorgeht, dass der Beschwerdeführer dem Verfahrensablauf in verständiger Weise folgte und entsprechend darauf reagierte. Auch aus der Beschwerde, der E-Mail vom 29.7.2017 und der Auskunft vom 13.09.2017 geht zweifelsfrei hervor, dass die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers ausreichen, um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderliche Verfahrensschritte in Reaktion auf in deutscher Sprache abgefasste Erledigungen und Aufforderungen zu setzen.
IV. Rechtsgrundlagen
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267/1967 in ihrer zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 67/2016, (KFG 1967) lauten:
§ 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers
[…]
(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
[…]
§ 134. Strafbestimmungen
(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.
[…]“
Rechtliche Beurteilung:
1.1. Sehen internationale Abkommen die Übersetzung von Schriftstücken zwingend vor, ist die Zustellung eines entgegen der Übersetzungspflicht nicht übersetzten Schriftstücks nicht rechtswirksam. Auch eine Heilung dieses Zustellmangels iSd
§ 7 ZustG kann im Hinblick auf die Unvollständigkeit des Schriftstücks nicht eintreten (vgl. VwGH 19.05.1988, 87/16/0110).
1.2. Zwar sieht Art XIII Abs 4 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung eine unbedingte Übersetzungspflicht von Schriftstücken, die in Polen unmittelbar im Postweg zugestellt werden, vor. Dieser Vertrag wurde als Ergänzung zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959, BGBl. Nr. 41/1969, abgeschlossen und ist nach Ratifizierung und Kundmachung im BGBl. III Nr. 39/2005 am 01.05.2005 in Kraft getreten.
1.3. Hingegen sieht Art 5 Abs 3 des Übereinkommens vom 29.05.2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (ABl. C 197 vom 12.07.2000), BGBl. III Nr. 65/2005 idF BGBl. III Nr. 35/2015, (RHStRÜbk Eur 2005) das Erfordernis einer Übersetzung von in einem anderen Mitgliedstaat zugestellten Verfahrensurkunden nur für den Fall vor, dass der Zustellungsempfänger der Sprache, in der die Urkunde abgefasst ist, unkundig ist. Dieses Abkommen ist nach Ratifizierung und Kundmachung im Bundesgesetzblatt III Nr. 65/2005 in Österreich am 03.07.2005 in Kraft getreten. Gegenüber Polen trat es aber gemäß Art 28 RHStRÜbk Eur 2005 erst am 90. Tag nach der Ratifikation durch Polen am 28.07.2005 (vgl. dazu die Kundmachung BGBl. III Nr. 28/2008), mithin am 26.10.2005, in Kraft.
1.4. Dieser allfällige Normenkonflikt ist dahingehend zu lösen, dass dem Art 5 Abs. 3 RHStRÜbk Eur 2005 auf Grund seines späteren Inkrafttretens zum einen schon nach der lex posterior-Regel der Vorrang zukommt (siehe Art 30 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge). Zum anderen ist zu beachten, dass die genannten Vorschriften, wie sich schon aus dem Titel des RHStRÜbk Eur 2005 und aus Art 1 RHStRÜbk Eur 2005 ergibt, dazu dienen sollen, die Anwendung (u.a.) des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959, BGBl. Nr. 41/1969, zu „erleichtern“, sodass Art 5 Abs 3 RHStRÜbk Eur 2005 die „günstigere“ Bestimmung iSd Art 1 Abs 2 RHStRÜbk Eur 2005 darstellt und damit nach der letztgenannten Bestimmung Vorrang hat (vgl. dazu VwGH 01.03.2016, Ra 2015/11/0097).
1.4. Auf Grund der aus dem Akt ersichtlichen hinreichenden Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers liegt kein Verstoß gegen Art 5 Abs 3 RHStRÜbk Eur 2005 und damit kein unheilbarer Zustellmangel vor (vgl. dazu VwGH 01.03.2016, Ra 2015/11/0097; 19.05.1988, 87/16/0110). Das angefochtene Straferkenntnis wurde somit gegenüber dem Beschwerdeführer am 28.06.2017 rechtswirksam erlassen (VwGH 01.03.2016, Ra 2015/11/0097). Die am 06.07.2017 außerhalb der Amtsstunden per E-Mail eingelangte Beschwerde, die damit am 07.07.2017 als eingebracht galt, wurde fristgerecht eingebracht. Die Beschwerde entspricht auch den Form- und Inhaltserfordernissen des § 9 Abs 1 VwGVG, weshalb sie zulässig ist. Sie ist aber unbegründet:
2.1. Die Strafverfügung wurde frühestens am 02.01.2017 zunächst ohne Zustellnachweis zugestellt. Da einer erneuten Zustellung keine rechtliche Bedeutung mehr zukommt, weil gemäß § 6 ZustG der zugestellte Akt mit der ersten Zustellung als erlassen gilt (VwGH 06.10.2014, Ra 2014/11/0042; 05.12.1996, 94/09/0129), löste die erste Zustellung ohne Zustellnachweis bereits die zweiwöchige Frist zur Erhebung des Einspruchs aus. Der Einspruch langte am 13.01.2017 bei der belangten Behörde außerhalb der Amtsstunden ein und galt daher am nächsten Werktag, somit dem 16.01.2017, als eingebracht. Der Einspruch war daher jedenfalls rechtzeitig, wodurch die Strafverfügung gemäß § 49 Abs 2 VStG ex lege außer Kraft trat und daher der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses auch nicht entgegenstand (vgl. zB VwGH 04.05.1988, 87/03/0218, wonach es im Fall eines verspäteten Einspruchs der Behörde verwehrt ist, ein Strafverfahren einzuleiten und ein Straferkenntnis zu fällen).
2.2. Durch das Außerkrafttreten der Strafverfügung auf Grund der rechtzeitigen Erhebung des Einspruchs sind auch etwaige Rechtswidrigkeiten der Strafverfügung, wie etwa deren Ausfertigung bereits am 14.12.2016 und damit einen Tag vor Ablauf der zweiwöchigen Frist ab Zustellung der Lenkerauskunft am 01.12.2016, unerheblich.
3.1. Das nach § 103 Abs 2 KFG 1967 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 strafbare Verhalten liegt darin, dass der befragte Zulassungsbesitzer innerhalb der gesetzten Frist keine bzw. keine richtige Auskunft erteilt hat (vgl. VwGH 28.02.1996, 96/03/0028; 25.02.2015, Ra 2014/02/0179; 26.11.2015, Ra 2015/02/0168). Die Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 trifft auch den Inhaber einer ausländischen Zulassung eines Kraftfahrzeugs (VwGH 18.09.2000, 99/17/0192). Dabei besteht die Strafbarkeit der Verletzung der Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 unabhängig von der Strafbarkeit der zu Grunde liegenden Verwaltungsübertretung, die Anlass der Lenkererhebung war, und ist auch nicht davon abhängig, dass rechtmäßiger Weise eine Bestrafung des Lenkers erfolgen darf (VwGH 19.12.2014, Ra 2014/02/0081; 11.05.1990, 89/18/0177 mwN; VfGH 02.06.1973, B 71/73, VfSlg. 7056/1973).
3.2. Der in der Beschwerde vertretenen Meinung, wonach nicht über den Beschwerdeführer und den verspätet als Lenker angegeben Vater des Beschwerdeführers dieselbe Strafe verhängt werden könne, ist daher entgegenzuhalten, dass die Strafbarkeit für die nicht rechtzeitige Erteilung der Lenkerauskunft von der Strafbarkeit der zugrunde liegenden Verwaltungsübertretung unabhängig ist und somit beide Verwaltungsübertretungen nebeneinander bestraft werden können. Dem Beschwerdeführer wird eben nicht vorgeworfen, die der Anfrage zugrunde liegende Verwaltungsübertretung begangen zu haben, sondern eine verspätete Auskunft über die Person gegeben zu haben, die das auf den Beschwerdeführer zugelassene Kraftfahrzeug gelenkt hat.
3.3. Die an den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer gerichtete, klare und unmissverständliche Lenkererhebung wurde dem Beschwerdeführer am 01.12.2016 zugestellt. Die zweiwöchige Frist zur Lenkerauskunft ist somit am 15.12.2016 abgelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Beschwerdeführer als Zulassungsinhaber keine Auskunft darüber erteilt, wer dessen Kraftfahrzeug gelenkt habe. Die Erteilung der Auskunft, dass der Vater des Beschwerdeführers das Fahrzeug zum in der Lenkererhebung angegebenen Zeitpunkt gelenkt habe, erfolgte erst im Einspruch vom 13.01.2017, der – wie oben ausgeführt – am 16.01.2017 als eingebracht galt, und damit nach Fristablauf.
3.4. Da die Lenkerauskunft im vorliegenden Fall somit nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen erteilt wurde, ist das Tatbild des § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 erfüllt (vgl. VwGH 27.06.1997, 97/02/0249; 05.06.1991, 91/18/0009, wonach es für die Erfüllung des Tatbilds unerheblich ist, ob nach Ablauf der Frist des § 103 Abs 2 KFG eine richtige Auskunft erteilt wurde).
4.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es bei einer Übertretung des § 103 Abs 2 KFG 1967 um ein Ungehorsamsdelikt (vgl. etwa VwGH 28.03.2006, 2002/03/0264).
4.2. Gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG gilt bei Ungehorsamsdelikten die gesetzliche Vermutung des Vorliegens der fahrlässigen Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung, wenn das Vorliegen eines tatbildmäßigen Verhaltens festgestellt worden ist und das mangelnde Verschulden durch den Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht worden ist. Es ist sohin Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, zB durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl. zu § 103 Abs. 2 KFG 1967 etwa VwGH 3.9.2003, 2002/03/0012).
4.3. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde ausschließlich sein Unverständnis darüber geäußert, dass er und sein Vater bestraft worden seien. Sonstiges Vorbringen enthält die Beschwerde nicht. Der Beschwerdeführer wurde in der Lenkererhebung auch klar und unmissverständlich über die Pflicht zur rechtzeitigen Lenkerauskunft und die Strafbarkeit der nicht rechtzeitigen Erteilung der Lenkerauskunft hingewiesen, sodass auch ein etwaiger Einwand einer allfälligen Unkenntnis der Rechtslage in Österreich nichts an der fahrlässigen Begehung der Verwaltungsübertretung des § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 ändern würde. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ausländische Zulassungsinhaber „spätestens im Zeitpunkt, als diese ernsthaft mit der Verbringung des überlassenen Kraftfahrzeuges nach Österreich rechnen mussten, Anlass bestand, sich mit den einschlägigen Normen der österreichischen Rechtsordnung vertraut zu machen“ (vgl. VwGH 18.09.2000, 99/17/0192). Damit hätte der Beschwerdeführer aber zur Glaubhaftmachung, dass ihn an der Verletzung des § 103 Abs 2 KFG 1967 kein Verschulden trifft, durch ein mit Beweisanboten untermauertes konkretes Tatsachenvorbringen darzutun gehabt, dass er nicht ernsthaft damit habe rechnen müssen, dass sein Vater, dem er das Kraftfahrzeug überließ, dieses nach Österreich verbringen würde. Im Allgemeinen kann auch davon ausgegangen werden, dass sich ein Zulassungsbesitzer, der sein Fahrzeug einer anderen Person überlässt, nach dem Ort der beabsichtigten Verwendung erkundigen wird (vgl. VwGH 03.09.2003, 2002/03/0012). Weder hat der Beschwerdeführer Gründe vorgebracht, warum dies nicht auch in seinem Fall gelten solle, noch entsprechende Beweise für ein derartiges Vorbringen vorgelegt.
4.4. Somit konnte der Beschwerdeführer nicht iSd § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG glaubhaft machen, dass ihn hinsichtlich der tatbildlichen Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft und ist die Übertretung des § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.
Zur Strafbemessung:
5.1. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
5.2. § 103 Abs 2 KFG 1967 schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH 09.06.2015, Ro 2015/02/0010 mit Hinweis auf VwGH 22.03.2000, 99/03/0434); Sinn und Zweck der Bestimmung ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (VwGH 19.12.2014, Ra 2014/02/0081).
5.3. Auch wenn der Beschwerdeführer den Lenker des auf ihn zugelassenen Fahrzeugs zum Tatzeitpunkt in seinem Einspruch vom 13.01.2017 angegeben hat und somit gegen diesen ein Verwaltungsstrafverfahren innerhalb der Verfolgungsverjährung eingeleitet werden konnte, wurde durch die Bekanntgabe des Lenkers mehr als vier Wochen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Vater des Beschwerdeführers als Lenker doch erheblich verzögert.
5.4. Der Unrechtsgehalt der zu beurteilenden Tat ist somit als nicht unbeträchtlich einzustufen (so selbst für den Fall einer rechtzeitigen, aber unklaren Lenkerauskunft VwGH, 12.08.1994, 94/02/0241, zumal es „Sinn und Zweck der Regelung [sei], der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen“). Das Strafverfahren war daher weder einzustellen noch eine Ermahnung auszusprechen, da die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG, welche kumulativ vorliegen müssen (VwGH 20.06.2016, Ra 2016/02/0065), nicht erfüllt sind. Das Verschulden des Beschwerdeführers mag zwar noch gering gewesen sein, jedoch war weder die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts noch die Intensität der Beeinträchtigung als gering zu bewerten.
5.5. Als Milderungsgrund ist lediglich die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit – zumindest in Österreich – zu berücksichtigen, was von der belangten Behörde auch getan wurde. Weitere Strafmilderungsgründe sind im Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen. Auch das geringe Einkommen des Beschwerdeführers und die bestehenden Unterhaltspflichten für zwei Personen wurden von der Behörde bereits bei der Strafbemessung berücksichtigt. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Verhängung einer Geldstrafe selbst dann gerechtfertigt ist, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0027; 30.01.2014, 2013/03/0129).
5.6. Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in Höhe von € 140 befindet sich im untersten Bereich (2,8 %) des Strafrahmens in Höhe von € 5.000. In Anbetracht des geringen Einkommens des Beschwerdeführers und der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auf der einen Seite sowie des nicht unbeträchtlichen Unrechtsgehalts der Tat auf der anderen Seite erscheint die von der belangten Behörde verhängte Strafe im Sinne des § 19 VStG als tat- und schuldangemessen und den vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Einkommen-, Vermögens- und Familienverhältnissen angepasst. Deren Verhängung erscheint auch unter Beachtung spezial- und generalpräventiver Aspekte erforderlich, insbesondere um der Tatsache Nachdruck zu verleihen, dass Lenkerauskünfte rechtzeitig zu beantworten sind.
6.1. Gemäß § 16 Abs 1 VStG ist bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzulegen. Gemäß § 16 Abs 2 VStG ist diese Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.
6.2. Die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Ersatzfreiheitsstrafe ist den Strafzumessungskriterien angemessen und zur Geldstrafe verhältnismäßig.
Zu den Kosten:
7. Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts, mit dem ein Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten hat. Gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00 zu bemessen. Der Kostenbeitrag war daher im vorliegenden Fall mit € 28,00 festzusetzen.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
8. Gemäß § 44 Abs 3 Z 3 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da diese von keiner Partei beantragt wurde und die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe € 500,00 nicht übersteigt. Zudem war bei unstrittigem Sachverhalt bloß eine Rechtsfrage ohne besondere Komplexität zu lösen, sodass dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen (vgl. hiezu etwa EGMR 5.9.2002, Appl. Nr. 42.057/98, Speil [ÖJZ 2003, 117]).
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der – an der jeweiligen Stelle im Erkenntnis zitierten – bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Zustellung im Ausland, Zustellmangel, Übersetzungspflicht, Übereinkommen, Rechtshilfe, Strafsachen, Inkrafttreten, lex posterior, DerogationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2017:LVwG.30.4.2142.2017Zuletzt aktualisiert am
29.01.2018