Entscheidungsdatum
08.01.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
I413 1427652-3/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. Tunesien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 17.11.2016, Zl. 589949406-160389161, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 5 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters die Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a FPG.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.11.2016 trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer "gemäß § 46 Absatz 2a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, idgF (FPG)" auf, mit seiner zuständigen ausländischen Behörde seines Herkunftsstaates (Botschaft, Konsulat) Kontakt aufzunehmen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangungen eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Zugleich wurde er darüber informiert, dass er diesem Auftrag innerhalb von 6 Wochen, ab Durchsetzbarkeit dieses Bescheides, nachzukommen und dies der belangten Behörde nachzuweisen hat. Weiters wurde im angefochtenen Bescheid angemerkt, dass er mit der Verhängung einer Haftstrafe von 7 Tage rechnen muss, wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund (z.B. Spitalsaufenthalt) nicht Folge leistet (Spruchpunkt I.). Zudem schloss die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid "gemäß § 13 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013, idgF", aus (Spruchpunkt II.).
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer – mit dem am 20.12.2016 bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz – Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin im Wesentlichen eine mangelhafte Verfahrensführung und eine inhaltliche falsche Entscheidung.
4. Mit Beschluss vom 30.12.2016, GZ: I413 1427652-3/2Z, hob das Bundesverwaltungsgericht den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ersatzlos auf.
5. Mit Erkenntnis vom 14.04.2017, Zl. I413 1427652-3/3, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab.
6. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer Revision an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0102, dem Bundesverwaltungsgericht zugestellt am 14.12.2017, das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufhob.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer reiste am 01.09.2011 in das Bundesgebiet und wurde seine beiden Anträge auf internationalen Schutz rechtskräftig negativ entschieden und über ihn bereits zwei Ausweisungen nach Tunesien verfügt. Der Beschwerdeführer ist bislang nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist.
Der rechtskräftig wegen eines Urkundendeliktes vorbestrafte Beschwerdeführer besitzt keinen Reisepass. Er wurde von sich aus noch nicht bei seinen Vertretungsbehörden seines Heimatstaates vorstellig um sich einen Reisepass bzw. ein Heimreisezertifikat ausstellen zu lassen.
Die belangte Behörde beantragte bei der Botschaft der Republik Tunesien in Wien die Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Von der Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde von Seiten der tunesischen Botschaft abgesehen, da der Beschwerdeführer den tunesischen Behörden nicht bekannt ist.
Mit Bescheid vom 17.11.2016, Zl. 589949406/160389161, trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auf, mit seiner zuständigen ausländischen Behörde seines Herkunftsstaates Kontakt aufzunehmen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken und trug dem Beschwerdeführer auf binnen 6 Wochen ab Durchsetzbarkeit des Bescheides diesem Auftrag nachzukommen und dies der belangten Behörde nachzuweisen.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.
Die rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren werden durch die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes vom 16.07.2012, Zl. B10 427.652-1/2012/3E sowie vom 28.02.2013, Zl. B11 427.652-2/2012/4E belegt.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung bislang noch nicht freiwillig nachgekommen ist, beruht auf seiner diesbezüglich glaubhaften Angabe vom 15.03.2016 ("Der bestehenden Ausreiseverpflichtung bin ich nicht freiwillig nachgekommen.")
Dass der Beschwerdeführer kein Reisedokument besitzt, ergibt sich mehrfach aus seinen Angaben in den niederschriftlichen Einvernahmen durch die belangte Behörde. Ebenso gab der Beschwerdeführer selbst an, dass er sich bislang noch keinen Reisepass verfügte und er sich auch noch nicht um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hat.
Die Beantragung der Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch belangte Behörde leitet sich aus der sich diesbezüglich im Akt befindlichen Korrespondenz mit der tunesischen Botschaft in Wien ab.
Die Feststellung zum erteilten Auftrag ergibt sich aus Spruchpunkt I des bekämpften Bescheides.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Aufhebung des bekämpften Bescheides
Mit Erkenntnis VwGH 23.03.2017, Ro 2017/21/0005 (und diesem folgend VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0102), stellte der Verwaltungsgerichthof klar, dass es gemäß § 46 Abs 2a FPG allein Aufgabe der belangten Behörde ist, um die Ausstellung eines Einreisedokuments bei der ausländischen (Vertretungs-)Behörde zu ersuchen und die hierfür notwendigen Daten zu übermitteln. Der Fremde hat dagegen bei der amtswegig vorzunehmenden Erlangung des Ersatzreisedokuments lediglich "im erforderlichen Umfang" mitzuwirken. Insoweit kann dem Fremden auch ein die zu erbringende Mitwirkungsverpflichtung konkret umschreibender Auftrag mittels Bescheides nach dem ersten Satz des § 46 Abs 2a FPG erteilt werden. Dem Fremden kann hingegen nicht unter Androhung von Zwangsmaßnahmen selbst auferlegt werden, außerhalb einer behördlichen Amtshandlung aus Eigenem bei der ausländischen (Vertretungs-)Behörde die Erlangung eines Ersatzreisedokuments zu erwirken.
Im vorliegenden Fall enthielt der bekämpfte Bescheid aber einen solchen unzulässigen Auftrag. Es handelt sich bei dem bekämpften Bescheid nicht um eine Ladung nach § 19 AVG, sondern um den Auftrag nach § 46 Abs 2a FPG mit einem nach der vorzitierten Rechtsprechung nicht rechtmäßigen Inhalt. Daher war der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben (VwGH 14.11.2107, Ra 2017/21/0102).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im vorliegenden Fall stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH 14.11.2017, Ras 2017/21/0102, 23.03.2017, Ra 2017/21/0035 und 23.03.2017, Ro 2017/21/0005.
Schlagworte
Amtswegigkeit, Behebung der Entscheidung, ersatzlose Behebung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I413.1427652.3.00Zuletzt aktualisiert am
25.01.2018