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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der P KEG in Klagenfurt, vertreten durch die Geschäftsführerin S, diese vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 27. Mai 1999, Zl. Gew-2276/6/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Gewerbeangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 27. Oktober 1997 als verspätet zurückgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es dazu, der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt habe mit dem genannten Bescheid den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 6. Februar 1996 hinsichtlich einer Auflage berichtigt. Der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 27. Oktober 1997 sei an die Beschwerdeführerin zu Handen deren Geschäftsführerin S gerichtet und von letzterer am 29. Oktober 1997 übernommen worden. Die zwar mit einem begründeten Berufungsantrag versehene Berufung sei erst - gemeinsam mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1998, Zl. 98/04/0147) - am 14. November 1997 zur Post gebracht worden. Eine nach Ablauf der Berufungsfrist eingebrachte Berufung sei als verspätet zurückzuweisen. Der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 27. Oktober 1997 sei ordnungsgemäß im Sinne des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz zugestellt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
Im Grunde des § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen.
Die Beschwerde stützt sich erkennbar darauf, es liege hinsichtlich des Berichtigungsbescheides vom 27. Oktober 1997 ein Zustellmangel vor, weil dieser Bescheid dem - nach Auffassung der Beschwerdeführerin - auch für das gegenständliche Verfahren bevollmächtigten Rechtsvertreter nicht zugestellt, sondern erst (verspätet) im Sinne des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz tatsächlich zugekommen sei. Es könne nämlich kein Zweifel bestehen, dass das gegen die "P KEG, z.Hd. Frau S", eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren im allerengsten Zusammenhang mit dem gewerberechtlichen Verfahren der "P KEG, vertreten durch S", stehe. Es handle sich zwar um zwei verschiedene Verfahren, die aber von einem Beamten bearbeitet worden seien. Der Zusammenhang der beiden Verfahren sei evident. Der Rechtsvertreter habe sich im Verwaltungsstrafverfahren ausdrücklich als Vertreter der "P KEG, vertreten durch S", ausgewiesen, und die Berufungsschrift als Vertreter der P KEG gefertigt. Der angefochtene Bescheid ziehe sich begründungslos auf extreme und unhaltbare Formalstandpunkte zurück.
Die Beschwerde zeigt mit diesem - auf das Wesentliche zusammengefasste - Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 28. Februar 1995, Zl. 95/04/0023) ist die Behörde nicht berechtigt, auch wenn der Gewalthaber in einer Rechtssache eine allgemeine Vollmacht des Machtgebers vorgelegt hat, diesem im Verfahren über andere, bereits schwebende oder erst später anhängige Rechtsangelegenheiten ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, dass die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmissverständlich zu erkennen gegeben hat. Die Tatsache allein, dass in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt worden ist, die eine Bevollmächtigung zur Vertretung in allen Angelegenheiten beurkundet, reicht hiezu nicht aus.
Dass seitens der Beschwerdeführerin bzw. deren Geschäftsführerin unmissverständlich zu erkennen gegeben worden sei, sich auch in allen weiteren Rechtssachen (außer dem Verwaltungsstrafverfahren) eben dieses Vertreters zu bedienen, wird in der Beschwerde gar nicht behauptet und bietet sich hiefür nach der Aktenlage auch kein Anhaltspunkt. Damit ist aber bereits das Schicksal der Beschwerde entschieden, weil die Behörde rechtens davon ausgehen musste, die Bevollmächtigung beziehe sich nur auf das jeweilige (hier: Verwaltungsstraf-)Verfahren. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die zwei verschiedenen Verfahren von einem Beamten bearbeitet wurden.
Es liegt im Übrigen auch kein Fall vor, wonach ein so enger Verfahrenszusammenhang bestünde, dass von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden könne. Bei der Zustellung von verwaltungsbehördlichen Erledigungen an den in einem anderen Verfahren ausgewiesenen Prozessbevollmächtigten und Zustellungsbevollmächtigten ist nämlich von einem engen Begriff "derselben Angelegenheiten" auszugehen; nur in besonderen Verfahrenskonstellationen, was hier nicht der Fall ist, wird auch ein Verfahren als von der Zustellungsvollmacht miterfasst angesehen, das unter dem Gesichtspunkt der §§ 66 Abs. 4 und 68 Abs. 1 AVG nicht als dieselbe Sache bezeichnet werden könnte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1990, Zl. 90/10/0035). So etwa deckt nach der Rechtsprechung eine für das verwaltungsgerichtliche Verfahren erteilte Vollmacht die Zustellung des Klaglosstellungsbescheides der belangten Behörde (insofern geht die Judikatur offenbar über den Begriff der eadem res im eben genannten Sinn des AVG hinaus); die Zustellung weiterer Bescheide der erstinstanzlichen Behörde, "wenn auch im gleichen Gegenstand", wäre hingegen von dieser Vollmacht nicht mitumfasst und hätte an die Partei selbst zu erfolgen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 1955, Slg. Nr. 3.726/A). Nach der Rechtsprechung berechtigt - sogar - eine lediglich bei der Betriebsprüfungsstelle der Finanzlandesdirektion ausgewiesene Vollmacht das Finanzamt nicht zur Zustellung eines Steuerbescheides (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1959, Zl. 1296/58). Gleiches gilt, wegen der "Verschiedenheit der Verfahrensthemen" bezüglich einer allein für das Vollstreckungsverfahren nachgewiesenen Vertretungsbefugnis zur Zustellung in dem diesem zugrundeliegenden Titelverfahren (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1969, Zl. 1285/69). Schließlich - und für den vorliegenden Fall besonders vergleichbar - gilt die im gewerberechtlichen "Konzessionsverfahren" ausgewiesene Vollmacht nicht ohne weitere Parteienerklärung auch für ein Gewerbestrafverfahren (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 1971, Slg. 6474).
Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 31. Mai 2000
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Stellung des Vertretungsbefugten Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Rechtsmittel Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Vertretungsbefugter Zurechnung Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Zustellung Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999040127.X00Im RIS seit
20.11.2000